Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Ich möchte Sie zu einer gedanklichen Reise einladen. Stellen Sie sich vor, Sie sind leidenschaftlicher Bergsteiger. Regelmäßig wandern Sie mit einer Gruppe in den Bergen. Sie sind in einer Seilschaft auf gut ausgebauten Routen unterwegs und genießen die Bergwelt.  Sie tun alles dafür, das Risiko so gering wie möglich zu halten. Sie achten aufeinander. Sollte einer aus der Gruppe auf riskante Abwege geraten, springen ihm die anderen fürsorglich zur Seite und bringen ihn zurück auf sicheres Terrain. All das ist finanziert aus gemeinsamen Beiträgen.

Von dieser Absicherung haben auch Extrem-Kletterer in anderen Ländern gehört. Sie sind nur auf den gefährlichsten Routen Europas unterwegs, ohne Seil und Partner, der auf sie achtet. Der europäische Gesetzgeber aus Brüssel möchte hier für mehr Sicherheit sorgen. Sein Vorschlag: eine gemeinsame Versicherung, in die alle einzahlen. Diejenigen, die vorsichtig sind und durch die Seilschaft viel besser abgesichert waren, ebenso wie jene, die keine Vorsorge treffen. Ein Geschäft, das aus Sicht der Freeclimber verlockend ist, jedoch nicht für die Bergsteiger aus Deutschland, die die Risiken der anderen mit absichern sollen. So belohnt man Risiko statt Solidität.

Genossenschaftliche Institutssicherung hat sich bewährt

Kluge Köpfe der Volks- und Raiffeisenbanken hatten vor mehr als 90 Jahren eine fantastische Idee. Als erste Bankengruppe riefen sie eine genossenschaftliche Institutssicherung ins Leben. Durch diese unterstützen sich alle Mitgliedsbanken gegenseitig, um Schieflagen zu vermeiden und Kundeneinlagen zu schützen. Das genossenschaftliche System hat sich bewährt und garantiert den Kunden besonders hohe Sicherheit: Noch nie hat ein Sparer seine Einlagen bei seiner Volks- und Raiffeisenbank durch eine Bankenpleite verloren. Die Institutssicherung ist daher ein wichtiger Eckpfeiler der genossenschaftlichen Bankengruppe.

Europaweite Lösung würde das bewährte System gefährden

Diese Sicherheit ist nun in Gefahr. Die EU-Kommission drängt auf eine gemeinsame europäische Einlagensicherung, kurz EDIS. Der Plan: Weg mit den nationalen Sicherungssystemen, stattdessen eine europäische Lösung, in die alle Banken einzahlen und die EU-weit das Geld der Sparerinnen und Sparer schützen soll.

Das könnte bedeuten, dass solide wirtschaftende deutsche Kreditgenossenschaften einspringen müssen, wenn Institute anderswo gerettet werden müssen. Das ist einer der Gründe, weshalb der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) im Namen seiner Mitgliedsbanken eine einheitliche europäische Einlagensicherung strikt ablehnt. EDIS würde keinen Nutzen für unsere Finanzstabilität bringen. Im Gegenteil: EDIS gefährdet das bewährte genossenschaftliche Sicherungssystem.

Prävention, regionale Strukturen, hohe Finanzausstattung, geringe Risiken und wenige ausfallgefährdete Kredite – dafür stehen die Volks- und Raiffeisenbanken. Regionale Heimatbanken brauchen EDIS nicht und sollten deshalb die Möglichkeit haben, bei EDIS außen vor zu bleiben. Die Volks- und Raiffeisenbanken haben bereits ein funktionierendes System – ein Sicherungsseil, das seit Jahrzehnten stabil und solide ist.


Dieser Beitrag erschien zuerst in der Bayerischen Staatszeitung Nr. 50 vom 15. Dezember 2023.

Artikel lesen
Positionen