Evolution: Wie hat sich die Prüfungsarbeit des GVB gewandelt? Und welche aktuellen Entwicklungen gibt es in diesem Bereich? Vorstand Siegfried Drexl gibt Auskunft.
Nach 38 Jahren beim Genossenschaftsverband Bayern (GVB), davon zuletzt zwei Jahren im Vorstand, ist Siegfried Drexl in den Ruhestand verabschiedet worden. Bei einer Feierstunde im Münchner Spatenhaus mit dem GVB-Vorstand sowie den Mitgliedern des Verbandsrats erhielt Drexl aus den Händen von Gerhard Walther die Goldene Ehrennadel des Verbands. „Diese ist Dank und Anerkennung für Ihre Lebensleistung“, betonte der ehrenamtliche Verbandspräsident sowie Verbandsratsvorsitzende des GVB.
In seiner Rede griff Walther zu Beginn einen Spruch Friedrich Wilhelm Raiffeisens zur Unternehmensführung bei Genossenschaften auf. „Ohne Betätigung eines guten Geistes und ohne das gute Beispiel von Seiten der geschäftsführenden Personen wird auch von Gemeinsinn und gemeinnütziger Tätigkeit in einer Genossenschaft nicht die Rede sein können“, zitierte Walther den Genossenschaftspionier. Diesen Wortlaut griff er auf und betonte, dass Drexls gesamte Laufbahn beim Verband von seinem guten Geist und seinem guten Beispiel geprägt haben. Ob als Prüfer, als Marktbereichsleiter oder als Vorstand: „Sie sind seit 38 Jahren eine Identifikationsfigur für junge Verbandsprüfer, für Vorstände und für den gesamten GVB“, sagte Walther zu Drexl.
38 Jahre beim GVB
Siegfried Drexl trat 1985 als Prüfungsassistent in den Genossenschaftsverband Bayern ein, ab 1988 war er als Revisor im Einsatz. In den 1990er Jahren machte er die Abschlüsse zum Steuerberater und zum Wirtschaftsprüfer. 2000 wurde Drexl zum Abteilungsleiter des damaligen Prüfungsbezirks Schwaben ernannt, der 2006 mit Oberbayern zum Marktbereich Süd zusammengelegt wurde. Von 2010 bis 2021 war er zudem Leiter des Sprecherausschusses der Leitenden Angestellten im Verband. Seit Januar 2022 ist Drexl Prüfungsvorstand beim GVB, zum Jahreswechsel 2023/24 geht er in den Ruhestand.
Vertrauen, Offenheit und Kooperation
Der ehrenamtliche Verbandspräsident stellte vor allem drei Eigenschaften Drexls heraus. Erstens dessen Pflichtbewusstsein sowie die Loyalität den bayerischen Genossenschaften gegenüber. Als im Winter 2021 ein neuer Vorstand gesucht wurde, sei Drexl sofort bereit gewesen, Verantwortung zu übernehmen. Walther bescheinigte ihm eine ruhige und ordnende Hand, die Arbeitsweise sei stets von Vertrauen, Offenheit und Kooperation geprägt gewesen.
Zweitens verwies Walther auf die hohe Qualität der Prüfung. Als Prüfungsvorstand habe Drexl die Termintreue entscheidend nach vorne gebracht, die Fertigstellung der Prüfung sei stets wie vereinbart erfolgt. „Das ist eine herausragende Qualitätsleistung unter Ihrer Führung“, resümierte Walther. Sehr wichtig sei zudem der Ansatz der betreuenden Prüfung gewesen. Weil die Prüferinnen und Prüfer nicht nur die Bücher unter die Lupe nehmen, sondern auch konstruktive Informationen liefern, wie die Genossenschaft etwas besser machen kann, helfe das Vorständen und Aufsichtsräten bei anstehenden Entscheidungen.
Drittens verwies Walther auf den partizipativen Führungsstil. Drexl habe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stets aktiv eingebunden und dadurch die Unternehmenskultur des Verbands gestärkt. Seinen Nachfolger Alexander Leißl habe er bei der Einarbeitung top unterstützt. Zum Schluss seiner Rede wünschte Walther dem kommenden Ruheständler gute Gesundheit und viel Freude bei seinen Hobbies: „Haben Sie viel Spaß bei fordernden Radrennstrecken, spannenden Marathonläufen und der ein oder anderen Reise“, bekräftigte Walther.
Scheller: Haben gemeinsam viel umgesetzt
Sowohl bei der Feierstunde im Spatenhaus als auch bei einer Verabschiedung im Verbandsgebäude und einem Live-Stream mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verbands bedankte sich GVB-Präsident Gregor Scheller bei Drexl. Gemeinsam führten sie den Verband von Anfang Januar 2022 und Ende Dezember 2024. „Damit geht eine für uns beide spannende und turbulente Zeit zu Ende“, betonte Scheller. Es sei gerade zu Beginn ein großer Vorteil gewesen, dass Drexl auf viele Jahre GVB-Erfahrung zurückgreifen konnte. „Ich war von Anfang an sehr froh, Dich an meiner Seite zu haben“, sagte Scheller.
Der GVB-Präsident lobte Drexl als allseits angesehenen, kompetenten und besonnenen Gesprächspartner. Der Austausch mit ihm sei stets wertvoll gewesen. Wie auch Walther betonte Scheller, dass Drexl eine Integrationsfigur im Verband und auch bei den Mitgliedern sei. In den zurückliegenden zwei Jahren habe man viel umgesetzt, sagte Scheller. Gemeinsam habe man es geschafft, den Mitgliedern in Zeiten der Zinswende und großer Unsicherheiten zur Seite zu stehen. Außerdem habe man mehrere Themen vorangetrieben. Als Beispiel griff er die Unterstützung der Mitglieder bei der Energiewende oder beim Zukunftsprojekt „MiA 2027 – Miteinander im Aufbruch“ heraus.
„Respekt vor Deiner Lebensleistung im Dienste des GVB, seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und seiner Mitglieder.“
Gregor Scheller
Zum Schluss seiner Rede betonte Scheller: „Du bist allen Menschen in Deinem Umfeld mit Respekt begegnet. Jetzt ist es Zeit, Dir Respekt zu zollen! Respekt vor Deiner Lebensleistung im Dienste des GVB, seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und seiner Mitglieder. Vielen Dank dafür und alles Gute für Deinen neuen Lebensabschnitt. Prüfe alles und behalte das Beste – wie Du es immer zu sagen pflegst.“
Leißl: Nah an den Mitgliedern, fest verankert bei den Mitarbeitern
Siegfried Drexls Nachfolger als Prüfungsvorstand, Alexander Leißl, arbeitete über viele Jahre hinweg vertrauensvoll mit ihm zusammen. „Du bist insbesondere für die Banken im Süden Bayerns das Bild des GVB nach außen“, sagte Leißl mit Blick auf Drexls langjährige Tätigkeit als Marktbereichsleiter Süd. Er sei nah an den Mitgliedern und fest verankert bei den Mitarbeitern. Ihn zeichneten ein überzeugendes Engagement für den Verband und seine Mitglieder, Bodenständigkeit, Geradlinigkeit und pragmatische Fachlichkeit aus. „Du bist sattelfest in der Problemwahrnehmung und lösungsorientiert in Detaildiskussionen“, zollte Leißl seinem Vorgänger Respekt. Die Art des Umgangs mit Mitgliedern und Mitarbeitenden stand immer im Vordergrund, Menschen und deren Probleme zu verstehen. Das war für Drexl auch Grundlage, aus unerwarteten Situationen das Beste zu machen. „Planung ist das halbe Leben, aber man kann nicht alles planen.“ Drexls Umgang mit Unsicherheit hatte zuweilen unorthodoxe, aber erlaubte Entscheidungen zur Konsequenz.
Drexl: Ehre und Freude
Auch Drexl blickte in seiner internen Abschiedsrunde mit Zufriedenheit und Dankbarkeit auf seine Kolleginnen und Kollegen. 38 Jahre und neun Monate sei er für den GVB tätig gewesen. „Eine ganze Generation lang.“ Es sei ihm in der Gesamtsicht „Ehre und Freude“ gewesen. Um in der Prüfung erfolgreich neue Wege zu gehen, brauche es fachliches Know-how. Bei allem Respekt vor den schlichten vier Grundrechenarten im Tagesgeschäft, ebenso richtig ist es aber auch, kreativen Rechenkünsteleien um ihrer selbst willen eine Absage zu erteilen, zog Drexl in der ihm eigenen Art einen sinnbildlichen Zahlenspiegel heran. Noch wichtiger sei jedoch die zwischenmenschliche Chemie als die „fünfte Grundrechenart“, um Menschen zu bewegen. Der Ton mache die Musik und nicht reine Rechthaberei. Oft müsse man sich auch in Geduld und erlaubter Nachsicht üben, sagte Drexl. „Es braucht alles seine Zeit.“
„Frei von persönlichen Pflichten, frei von lieb gewonnenen Belastungen, aber auch frei für neue Interessen und Neigungen.“
Siegfried Drexl
Das Rückgrat des Verbands als Dienstleister sind dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, betonte Drexl. Dies zeige sich im Besonderen bei gelegentlichen Besuchen im Maschinenraum der operativ tätigen Kolleginnen und Kollegen. Auch für die Zukunft sei der GVB gut aufgestellt, weil er in seine Mitarbeitenden und deren Kompetenzen investieren wird. Unabdingbar für weiterhin überdurchschnittliche Leistungen sei eine gute Unternehmenskultur. Dazu kämen die Talente von vielen, der Zufall einer guten Ressourcenmischung und sehr viel Fleiß von vielen zusammenarbeitenden Händen. Wichtig sei auch Erfahrung, also frei übersetzt, die Summe der suboptimalen Lösungsansätze in der Vergangenheit gepaart mit dem Mut, auch mal „Abkürzungen“ zur Lösungsfindung zu gehen. Ein weiteres Berufsfazit ist aber auch: „Alte Muster können hilfreich sein, aber nicht immer“, betonte der scheidende Prüfungsvorstand.
Zum Abschluss sprach Drexl noch seine Gefühlslage an. Vor Kurzem habe ihm ein Mitarbeiter des GVB bei einem Gespräch auf dem Gang eine überraschende Frage gestellt: Wie fühlen Sie sich? Darüber habe er kurz nachdenken müssen, berichtete Drexl. Schnell sei ihm aber die Antwort klar geworden. Er fühle sich frei. „Frei von persönlichen Pflichten, frei von lieb gewonnenen Belastungen, aber auch frei für neue Interessen und Neigungen.“ Es gelte nun, im Ruhestand das richtige Maß zu finden und wie bei den griechischen Gottheiten Chronos und Kairos die Zeit zu nutzen, aber auch den Augenblick zu genießen. Gelegenheiten für beides dürften sich dem passionierten Rad- und Ausdauersportler zur Genüge bieten, wie er sich selbst eingestand: „Auf mich wartet eine Fülle an sportlichen Versuchungen. Aber die Dosis macht den Genuss.“