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Mittwochvormittag ist Seniorenschwimmen im Hallenbad BernaMare in Bernau am Chiemsee. Bedächtig ziehen einige ältere Menschen ihre Bahnen. „Störe ich?“, fragt der deutlich jüngere David Schmidtner, als er voll angezogen an den Beckenrand tritt und mit seiner Hand die Wassertemperatur fühlt. „Gar nicht“, erwidert eine der älteren Damen. „Wir sind nur froh, wenn uns das Bad erhalten bleibt.“

Für das BernaMare sieht es gut aus. Während viele Kommunen unter den hohen Kosten für ihre Schwimmbäder ächzen, hat die Gemeinde Bernau ihr Hallenbad bereits in den vergangenen Jahren stetig saniert. Dadurch kann sie ihren Bürgern und der Region das kleine Familienbad weiterhin erhalten. Dank David Schmidtner und der Bürgerenergie Chiemgau eG, deren Vorstand er ist, hat sich seit Kurzem auch die Energie- und Klimabilanz des Bads verbessert. Die Genossenschaft hat im Keller ein erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk installiert. Ein Motor produziert Strom für Licht und elektrische Geräte, die Abwärme wird genutzt, um Bad und Wasser zu heizen. Das Heizkraftwerk deckt rund 40 Prozent des Bedarfs an Strom und Wärme. Weil es viel effizienter arbeitet als der alte Gasbrenner, wird die Kommune jährlich um einen fünfstelligen Betrag entlastet. Positiver Nebeneffekt: Das neue Heizkraftwerk spart pro Jahr auch noch 200 Tonnen CO2 ein.

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Im Interview: Vorstandsvorsitzender David Schmidtner erklärt, wie das Blockheizkraftwerk im BernaMare funktioniert.

Drei Solaranlagen auf dem Dach

Das Blockheizkraftwerk hat die Genossenschaft erst vor wenigen Wochen eingeweiht. Aber das ist noch nicht alles: Zusätzlich betreibt sie drei Photovoltaik-Anlagen, die auf den Dächern der Rathäuser in Aschau und Frasdorf sowie auf der Grundschule in Aschau installiert sind. Die vier Projekte haben Modellcharakter: Sie zeigen, wie Bürger sowie Kommunen Klimaschutz und Energiewende Hand in Hand meistern können.

Die Projekte der Genossenschaft sind eng mit David Schmidtner verknüpft. Er ist nicht nur Vorstand der Bürgerenergie Chiemgau eG, sondern auch Klimaschutzbeauftragter der Gemeinden Aschau im Chiemgau und Bernau am Chiemsee. Als er diese Position im April 2016 antrat, hat er mögliche Maßnahmen für die Reduktion von CO2 ermittelt. Herausgekommen sind unter anderem die drei Dach-Anlagen und das Blockheizkraftwerk. Natürlich hätten die Gemeinden die Anlagen auch selbst errichten können, doch Schmidtner wollte bewusst die Bürger einbinden und konnte die Gemeinderäte davon überzeugen.

Blockheizkraftwerk (BHKW) im Hallenbad BernaMare, Gemeinde Bernau am Chiemsee

Das BHKW wurde am 12. Oktober 2017 in Betrieb genommen. Als Antrieb dient ein Gasmotor. Die Anlage liefert pro Jahr circa 150.000 Kilowattstunden Strom und 350.000 Kilowattstunden Wärme. Damit deckt sie rund 40 Prozent des Bedarfs an Wärme und Strom des Hallenbads. Jährlich werden dadurch 200 Tonnen CO2 eingespart.

PV-Anlage Rathaus, Gemeinde Aschau im Chiemgau

Die PV-Anlage auf dem Dach des Rathauses hat eine Spitzenleistung von 30 Kilowatt und produziert pro Jahr rund 30.000 Kilowattstunden Strom. Sie deckt rund 50 Prozent des Eigenbedarfs des Aschauer Rathauses. Jährlich werden so rund 14 Tonnen CO2 eingespart. Die PV-Anlage wurde am 6. Oktober 2017 in Betrieb genommen, ebenso wie die baugleiche Anlage auf dem Dach der Schule.

PV-Anlage Schulhaus, Gemeinde Aschau im Chiemgau

Die PV-Anlage auf dem Dach der Preysing-Grundschule hat ebenfalls eine Spitzenleistung von 30 Kilowatt und produziert pro Jahr rund 30.000 Kilowattstunden Strom. Sie deckt rund die Hälfte des Eigenbedarfs der Grundschule. Jährlich werden so rund 14 Tonnen CO2 eingespart.

PV-Anlage Rathaus 2, Gemeinde Frasdorf

Die PV-Anlage auf dem Rathausdach hat eine Spitzenleistung von 30 Kilowatt und produziert pro Jahr rund 30.000 Kilowattstunden Strom. Sie deckt rund 50 Prozent des Eigenbedarfs des Frasdorfer Rathauses. Jährlich werden auf diese Weise rund 14 Tonnen CO2 eingespart. Die Anlage läuft seit dem 13. Oktober 2017.

Bürgergruppe schließt sich zur Genossenschaft zusammen

„Die Menschen in der Region sollen sich an den Klimaschutzprojekten beteiligen und mit den Projekten identifizieren. Nur so gelingt es, sie für das Thema zu sensibilisieren“, sagt Schmidtner. Gesagt, getan: Er stellte die Projekte in einer Bürgerversammlung im November 2016 vor. Daraus entwickelte sich eine Lenkungsgruppe, die sich regelmäßig traf, um die Gründung einer Genossenschaft vorzubereiten. Die Entscheidung für die Rechtsform eG fiel schnell. Schmidtner: „Wir wollten eine Unternehmensform, die nicht aufgekauft werden kann und an der sich die Bürger basisdemokratisch beteiligen können.“ Er betont, dass die Genossenschaft ein Werkzeug für Bürger und Kommunen sein soll, um Energiezukunft und Klimaschutz mit regionaler Wertschöpfung umzusetzen.

Auch die Kommunen saßen bald mit im Boot. Einstimmig beschlossen die Gemeinderäte, die Dächer der Rathäuser und der Schule für die PV-Anlagen sowie den Platz für das Blockheizkraftwerk bereit zu stellen. Nachdem alle vertraglichen Details geklärt waren, gründete sich am 8. März 2017 die Bürgerenergie Chiemgau eG mit 134 Mitgliedern aus der Region. Besonders aktiv im Gründungsprozess waren Philipp Ramming und Georg Beyschlag, die neben Schmidtner in den Vorstand gewählt wurden. Ihr ehrenamtliches Engagement ist auch ein halbes Jahr nach der Gründung ungebrochen: Jeden Mittwoch treffen sich die drei im Bernauer Rathaus für mehrere Stunden, um weitere Projekte voranzubringen.

Für die drei baugleichen PV-Anlagen hat die Genossenschaft ein Mietmodell angewandt. Das sieht so aus: Die Bürgerenergie Chiemgau eG ist Eigentümer der Anlage und hat sich um die Finanzierung sowie den kompletten Planungs- und Bauprozess gekümmert. Dafür erhält sie monatlich einen festen Mietzins von den Gemeinden. Sie sind die Betreiber der Anlagen und haben diese beim Energieversorger angemeldet, um eine Personenidentität zwischen Betreiber und Abnehmer herzustellen. Zusätzlich wird der Strom beim Eigenverbrauch nicht durch das öffentliche Netz durchgeleitet.

Jährlich 42 Tonnen CO2 einsparen

Das Modell bringt für die Kommunen drei Vorteile: Erstens setzen sie sich aktiv für den Klimaschutz ein. Pro PV-Anlage sparen sie jährlich rund 14 Tonnen CO2 ein. Zweitens müssen die Kommunen kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen, weil die nötigen Investitionen von der Energiegenossenschaft getragen werden. Und drittens werden sie finanziell entlastet, da etwa die Hälfte des benötigten Stroms selbst produziert wird und von einer reduzierten Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) profitieren. Sollte überschüssiger Strom produziert werden, etwa an Sonntagen, wenn das Rathaus geschlossen hat, wird dieser gegen eine Vergütung ins Netz eingespeist. Ähnlich funktioniert das Mietmodell beim Blockheizkraftwerk im Hallenbad.

Die Vorstände der Bürgerenergie Chiemgau sind zuversichtlich, dass sie bald weitere Projekte umsetzen können. Da sich das Mietmodell für PV-Anlagen bewährt hat, sollen zusätzliche Anlagen auf den Dächern zweier Kindergärten, eines Seniorenheims und einer Schule in den drei Gemeinden Aschau, Bernau und Frasdorf installiert werden. Zudem könnte das Modell modifiziert für Gewerbeobjekte umgesetzt werden. Perspektivisch möchte die Genossenschaft dezentrale Stromspeicher aufbauen und die E-Mobilität vorantreiben. „Die Ideen gehen uns nicht aus. Doch was immer wir machen, uns ist es wichtig, die Bürger der Gemeinden zu beteiligen. Nur so gelingt die Energiewende“, sagt Schmidtner.

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