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Die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD (Insurance Distribution Directive) ergänzt bisher bestehende Verpflichtungen für Versicherungsvermittler. Sie bringt aber auch neue gesetzliche Anforderungen, auf die sich alle Beteiligten am Versicherungsvertrieb einstellen müssen. Die Vorlaufzeit, in der die Versicherungsgesellschaften und -vermittler die neuen Vorgaben umsetzen müssen, wurde vom Gesetzgeber jedoch äußerst knapp bemessen. Zudem sind noch nicht einmal alle Detailregeln bekannt. „Profil“ gibt einen Überblick über die wichtigsten Veränderungen durch die IDD.

Neue Informationspflichten

In einem ergänzenden Rechtsakt zur IDD hat die EU-Kommission am 21. September 2017 neue Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten veröffentlicht. Diese Verordnung gilt ab dem 23. Februar 2018 und regelt für Versicherungsgesellschaften und Versicherungsvermittler, wie Interessenskonflikte zukünftig zu ermitteln sind und wie mit ihnen umzugehen ist. So müssen die Banken beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten zukünftig eine sogenannte Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung durchführen. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Kunden nur solche Versicherungsprodukte erhalten, die für sie passen.

Nach derzeitigem Stand wird die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung in den IT-Beratungssystemen der Verbund- und Versicherungspartner hinterlegt. Für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken besteht dazu im Moment kein direkter Handlungsbedarf. Gleichwohl müssen sich die einzelnen Versicherungsvermittler in den Kreditinstituten auf die IDD vorbereiten. Die Schulungen zu den einzelnen IT-Beratungsprozessen übernehmen die Versicherungspartner selbst. Darüber hinaus bietet die Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) den Banken unter anderem ein eLearning-Modul an, um die im Versicherungsvertrieb tätigen Mitarbeiter zu schulen, wie die IDD in der Beratung umgesetzt wird.

Änderungen im Versicherungsaufsichtsgesetz

Das deutsche IDD-Umsetzungsgesetz wurde am 20. Juli 2017 verabschiedet und ist ebenfalls ab dem 23. Februar 2018 anzuwenden. Mit diesem Gesetz wurden insbesondere Änderungen in der Gewerbeordnung, aber auch im Versicherungsvertragsgesetz und im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) beschlossen. Letzteres betrifft in erster Linie die Versicherungsgesellschaften. Unter anderem wird Versicherungsunternehmen und -vermittlern in § 48 b VAG verboten, Versicherungsnehmern über die Vertragsleistung hinaus Sondervergütungen wie etwa die Weitergabe einer Provision zu versprechen oder zu gewähren. In der Branche wird dieses Provisionsabgabeverbot begrüßt. Darüber hinaus dürfen Regeln etwa zu Vertriebsvergütungen nicht zu Interessenkonflikten führen oder gegen das Kundeninteresse verstoßen. Diese Vorgabe der Aufsicht für die Versicherer wird auch die Versicherungsvermittler betreffen.

Die Änderungen in der Gewerbeordnung dürften bei den Genossenschaftsbanken nach aktuellem Kenntnisstand keinen großen Handlungsbedarf auslösen. Die meisten Volksbanken und Raiffeisenbanken in Bayern haben bereits im Jahr 2007 eine Erlaubnis als ungebundener Versicherungsvertreter beantragt und sind im Versicherungs-Vermittlerregister der Deutschen Industrie- und Handelskammer eingetragen.

Verordnungsentwurf noch nicht abgestimmt

Eine weitere Rechtsgrundlage, die an die IDD angepasst wird, ist die Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV). Allerdings liegen die Änderungen bislang nur als Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vor. Zudem wurde dieser Verordnungsentwurf noch nicht mit dem Bundesfinanz- und -justizministerium abgestimmt. Die wesentlichen Eckpunkte werden sich aber vermutlich bis zur finalen Verordnung nicht mehr ändern. Neben ergänzenden Vorschriften für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten sollen zukünftig auch neue Anforderungen an die Geschäftsorganisation der Versicherungsvermittler gestellt werden. Beispielsweise ist das Versicherungsgeschäft wie auch das Wertpapiergeschäft gemäß MiFID II im Beschwerdemanagement der Genossenschaftsbanken zu verankern.

Überzogene Bürokratie bei Weiterbildungen

Die VersVermV konkretisiert allerdings auch das IDD-Umsetzungsgesetz, das unter anderem eine Weiterbildungspflicht von mindestens 15 Stunden pro Jahr für alle am Vertrieb beteiligten Mitarbeiter fordert. Insbesondere werden die Inhalte und Formate von Weiterbildungen festgelegt. Zu drei zentralen Punkten der VersVermV hat der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) die Anliegen der Volksbanken und Raiffeisenbanken in den politischen Prozess eingebracht.

  • Der Verordnungsentwurf sieht für alle Weiterbildungsformate eine Lernerfolgskontrolle vor. Bei Beratungstrainings im Rahmen von Kundengesprächen oder bei Kongressbesuchen ist die Durchführung einer solchen Kontrolle jedoch praktisch kaum möglich. Damit bewährte Weiterbildungsformate auch in Zukunft genutzt werden können, sollte auf eine Lernerfolgskontrolle verzichtet werden. Der GVB setzt sich dafür ein, die Weiterbildung stattdessen durch Teilnahmebestätigungen zu dokumentieren.
  • Der GVB kritisiert die unverhältnismäßig hohen Anforderungen an die Planung, Organisation und Durchführung von einzelnen Weiterbildungsmaßnahmen.
  • Die aktuell vorgesehene jährliche Nachweispflicht der Weiterbildungsmaßnahmen gegenüber den Industrie- und Handelskammern ist mit einem erheblichen administrativen und bürokratischen Aufwand für die Mitgliedsbanken verbunden. Der GVB plädiert im Interesse der Mitgliedsbanken für eine weniger bürokratische Lösung.

GVB begleitet die Umsetzung

Der Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der IDD in deutsches Recht sehr viel Zeit gelassen. Es dürfte den Versicherungsvermittlern einiges abverlangen, alle Anforderungen fristgerecht bis zum 23. Februar 2018 zu erfüllen. Der GVB steht derzeit in direktem Austausch mit den Versicherungspartnern der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie mit den Industrie- und Handelskammern. Dabei unterstützt der Verband die praktische Umsetzung der IDD. Außerdem begleitet er den weiteren Gesetzgebungsprozess im Sinne der Mitgliedsbanken. Dies ist insbesondere wichtig, da weiterhin unklar ist, welche Weiterbildungsanforderungen sich zukünftig aus der Versicherungsvermittlungsverordnung ergeben werden.

Weil sich die Regierungsbildung im Bund weiter hinauszögert, ist es unwahrscheinlich, dass eine finale VersVermV bereits zum 23. Februar 2018 vorliegt beziehungsweise von den Genossenschaftsbanken umgesetzt werden muss. Die bayerischen Verbund- und Versicherungspartner sowie das Referat Versicherungsgeschäft des GVB werden die Kreditgenossenschaften über die Entwicklung informieren, sobald belastbare Informationen vorliegen.

Quirin Fischer leitet das Referat Versicherungsgeschäft im Genossenschaftsverband Bayern.

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