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Für ein gutes Klassenfoto braucht es Zeit und Muße, doch beides ist häufig knapp: Die Schüler sollen zurück in den Unterricht, der Fotograf muss zum nächsten Termin, und schon entstehen lieblose Gruppenporträts, die beim Betrachten eher Enttäuschung hervorrufen als freudige Erinnerung an die Mitschüler.

Das wollen wir ändern, dachten sich neun Schüler der Dietrich-Bonhoeffer-Realschule in Neustadt an der Aisch, die alle zusammen in ihrer Freizeit gerne fotografieren. Ihr Vorteil: Weil sie sich flexibler Zeit nehmen können und mit ihren Schulkameraden auf gleicher Wellenlänge liegen, können sie dem Wunsch der Schüler nach individuellen Klassenfotos besser gerecht werden als professionelle Fotografen.

Bankvorstand empfiehlt Genossenschaft

Doch wie setzt man so einen Plan in die Tat um? Die Nachwuchsfotografen suchten Rat bei ihren Lehrern Martina Neumeister und Michael Gerling. Schließlich hatte Neumeister die Idee, eine Schülerfirma zu gründen. Eher beiläufig erzählte sie Klaus Gimperlein von dem Vorhaben. Eine Steilvorlage für den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der VR meine Bank Fürth│Neustadt│Uffenheim: Gimperlein schlug als Rechtsform eine Schülergenossenschaft vor und bot die Partnerschaft seiner Bank an.

Dieser Vorschlag fiel wiederum bei Realschulrektorin Martina Paulini auf fruchtbaren Boden, und so kam eins zum anderen: Nachdem im September die Partnerschaft mit der VR meine Bank besiegelt worden war, trafen sich die neun Mitglieder Ende November vor großem Publikum zur Gründungsversammlung der Schülergenossenschaft „BonhoefferStudios eSG“ im Pädagogischen Zentrum der Realschule. Mit dabei: Klaus Gimperlein, Rektorin Martina Paulini, der Landrat des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, Helmut Weiß, viele Schüler und einige Eltern.

Schülergenossenschaften

Schülergenossenschaften beruhen auf den genossenschaftlichen Unternehmensprinzipien Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung und werden von den Schülern eigenverantwortlich geführt. Sie entwickeln Produkte und Dienstleistungen, die sowohl schulintern als auch außerhalb der Schule vertrieben werden. Jeder Schülergenossenschaft steht eine echte Genossenschaft als Partner zur Seite, die mit Praxistipps hilft.

Die Patenbank als Kunde

„Weil in einer Genossenschaft Entscheidungen nicht von Einzelnen, sondern immer gemeinsam getroffen werden, leben die Schüler demokratische Werte in ihrem eigenen Unternehmen. Und sie lernen, nachhaltig zu wirtschaften. Eine Fähigkeit, die in Zeiten knapper Ressourcen immer wichtiger wird“, sagte Gimperlein zu Beginn der Veranstaltung und kündigte an: „Auch die VR meine Bank wird die Dienstleistungen der BonhoefferStudios in Anspruch nehmen.“

„Ich werde fleißig für Euch die Werbetrommel rühren“, versprach auch Rektorin Paulini. Zusammen mit Katrin Zeilinger, Regionaldirektorin bei der VR meine Bank, hatten die Schüler im Vorfeld die Satzung der Genossenschaft und einen Finanzplan ausgearbeitet. Außerdem analysierten sie das Marktumfeld. Auch den Namen „BonhoefferStudios“ sowie das Logo entwickelten die Schüler selbst. „Sie waren sehr gewissenhaft und haben zum Beispiel mögliche Wettbewerber oder die Kosten für Fotoabzüge genau recherchiert. Das haben sie gut gemacht“, lobte Zeilinger. Die Regionaldirektorin wird die „BonhoefferStudios“ auch weiterhin begleiten. Dazu wurde sie neben den Schülern Jonas Thoma, Jamie Müller und Jonas Schwemmer in den Aufsichtsrat gewählt.

Snacks aus dem Schulgarten

Die „BonhoefferStudios“ gehören zu den ersten Schülergenossenschaften in Bayern. Darüber hinaus betreut die Raiffeisenbank Unteres Vilstal die Schülergenossenschaft „Der grüne Daumen“ der Mittelschule Ensdorf. Sie kümmert sich um den Schulgarten. Die Ernte wird zum Beispiel zu Trockenfrüchten, Müsli oder Marmeladen verarbeitet und selbstständig vermarktet. Am Nikolaus-Kopernikus-Gymnasium im schwäbischen Weißenhorn entwickelt die Schülergenossenschaft „Sloffline“ eine App, mit deren Hilfe Jugendliche motiviert werden sollen, ihr Smartphone bewusster zu benutzen. Betreut werden die Schüler von der VR-Bank Neu-Ulm.

Nun muss sich die Schülergenossenschaft bewähren und weitere Mitstreiter gewinnen. Auch Eltern und Lehrer können Mitglied werden – ein Genossenschaftsanteil kostet fünf Euro. „Wir wollen die Klassenfotos preisgünstiger verkaufen als professionelle Fotografen. Weil wir als Schüler ohnehin vor Ort sind, können wir zudem leichter Termine vereinbaren und die Fotos zeitnah vermarkten“, erklärt Hendrik Lautner, der zusammen mit Julian Beck und Fabian Wlasak in den Vorstand gewählt wurde. In ihrem Finanzplan gehen sie davon aus, dass 80 Prozent ihrer Mitschüler ein oder zwei Klassenfotos kaufen werden. Insgesamt werden an der Realschule Neustadt rund 1.100 Kinder und Jugendliche in 39 Klassen unterrichtet. Auf Basis dieser Kalkulation wollen sie 2,50 Euro für ein Gruppenfoto verlangen. Wer zwei kauft, muss 4 Euro bezahlen.

Bewerbungsfotos für Schulabgänger

„Außerdem wollen wir Bewerbungsfotos für unsere Schulabgänger anbieten“, sagt Lautner. Weil die Schüler nicht wissen, wie hoch der Bedarf sein wird, kalkulieren sie sehr vorsichtig mit 30 Anfragen im ersten Jahr. Ein 4er-Pack Bewerbungsfotos soll 7,50 Euro kosten. Darüber hinaus werden die Mitglieder das Schulleben fotografisch dokumentieren. Die Erstausstattung der Schülergenossenschaft, insbesondere einen leistungsfähigen Rechner zur Bildbearbeitung und eine hochwertige Kamera, stellt die Schule. „Mit dem Gewinn wollen wir uns weiteres Equipment zulegen oder Workshops buchen, um unser Foto-Können zu verbessern“, sagt Lautner.

Zum Schluss der Gründungsversammlung zollte auch Landrat Helmut Weiß den Mitgliedern der Schülergenossenschaft seinen Respekt. Sollte es doch einmal ein kleines Defizit geben, könnten sich die Schüler gerne an ihn wenden, bot er an. Rektorin Paulini lehnte dankend ab. Die Genossenschaft habe zusammen mit der VR meine Bank gute Vorarbeit geleistet. „Ich bin mir sicher, das wird nicht nötig sein.“

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