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Auf immer mehr Verpackungen für Trinkmilch und andere Molkereiprodukte prangt das Siegel „Ohne Gentechnik“, gut erkennbar an der grasgrünen Farbe und der Rautenform. Auch die bayerischen Molkereigenossenschaften bieten immer mehr Milchprodukte mit diesem Siegel an. Denn gentechnikfreie Molkereiprodukte kommen bei den deutschen Verbrauchern gut an. In einer aktuellen Forsa-Umfrage wurden die Teilnehmer gefragt, aus welchen Gründen sie sich beim Kauf von Milch oder Milchprodukten für oder gegen eine Marke entscheiden. 77 Prozent der Befragten gaben an, für sie spiele es eine große oder sehr große Rolle, ob die Milch ohne den Einsatz von sogenannten gentechnisch veränderten Organismen (GVO) hergestellt wurde.

Handel und Hersteller haben die steigende Bedeutung der Angabe „Ohne Gentechnik“ als Kaufargument erkannt: Zwischen August 2016 und Juli 2017 wurden 15 Prozent der neu eingeführten Milchprodukte so gekennzeichnet, im Vorjahreszeitraum lag dieser Wert noch bei 7 Prozent, berichtet Julia Büch vom Marktforschungsinstitut Mintel. Sie kennt auch den Grund für diese Entwicklung: Die vermehrte Kennzeichnung von Milchprodukten als gentechnikfrei führe den Verbrauchern zunehmend vor Augen, dass Milchkühe nicht nur frisches Gras, Heu oder Silage zu fressen bekommen, sondern auch mit gentechnisch verändertem Getreide und Soja gefüttert werden können. Gentechnisch veränderte Lebensmittel stoßen bei den Verbrauchern jedoch zunehmend auf Ablehnung. Diese achten immer bewusster auf die Herkunft und die Qualität ihrer Nahrungsmittel.

Bayerns Molkereigenossenschaften sind gut vorbereitet

Die bayerischen Molkereigenossenschaften haben im Bereich gentechnikfreie Milch und Milchprodukte die Zeichen der Zeit erkannt und sich auf diesen Trend vorbereitet. Während in Deutschland im Jahr 2016 der Anteil der Milch aus gentechnikfreier Fütterung nach Schätzungen der Agrarmarkt Informationsgesellschaft mbH bei durchschnittlich 12 Prozent lag und 2017 voraussichtlich auf knapp 30 Prozent steigen wird, betrug der Anteil in Bayern 2016 bereits 34,1 Prozent (mit Biomilch 39,6 Prozent) und wird 2017 voraussichtlich auf 55 Prozent (inklusive Biomilch) steigen.

Eine Erhebung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) ergab, dass die genossenschaftlichen Molkereien im Freistaat Ende 2017 schon nahezu 80 Prozent ihrer Milch aus gentechnikfreier Fütterung erfassen werden. Von elf genossenschaftlichen Unternehmen, die in Bayern Milch abholen, werden Ende 2017 neun Betriebe gentechnikfreie Milch verarbeiten. Noch weiter in der Erfassung und Verarbeitung von Milch ohne Gentechnik ist nur Österreich, wo die gentechnikfreie Fütterung der Milchkühe bereits zum Standard geworden ist.

Große Handelsketten fordern nachhaltige Produkte

Treiber zur Vermarktung von GVO-freier Milch in Deutschland sind die großen Handelsketten. In keinem EU-Mitgliedstaat ist die Konzentration des Lebensmitteleinzelhandels soweit fortgeschritten wie in Deutschland. Vier Unternehmen beherrschen mit einem Anteil von über 80 Prozent den Markt. Der anhaltende Konkurrenzkampf spiegelt sich in harten Preisauseinandersetzungen und einem ungebremsten Wettbewerb um die beste Qualität wieder. Die Eigenmarken des Handels haben nicht zuletzt wegen ihrer hohen Qualität bei den Deutschen einen guten Ruf und sind mittlerweile zu einem festen Bestandteil des Einkaufs vieler deutscher Verbraucher geworden. Etwa 58 Prozent der Molkereiprodukte werden im Durchschnitt als Handelsmarken gekauft. Das hohe Preisbewusstsein der Deutschen nutzt der Handel derzeit, um seine Eigenmarken als „nachhaltig“ zu positionieren und sich von den Konkurrenten und den Markenherstellern abzuheben.

Genossenschaft vermarktet GVO-freies Fleisch

Nicht nur im Milchbereich besteht Nachfrage nach GVO-freien Produkten, sondern auch im Fleischbereich. Die Handelsriesen Lidl und Netto suchen bereits gentechnikfreies Rindfleisch, Einkäufer der anderen Ketten und Discounter denken darüber nach, entsprechende Produkte einzuführen. Die Viehvermarktungsgenossenschaft Oberbayern-Schwaben eG mit Sitz in Waldkraiburg, eine der größten Vermarktungsorganisationen für Nutz- und Schlachtvieh in Bayern, ist als eines der ersten Unternehmen überhaupt in die Vermarktung von GVO-freiem Rind- und Schweinefleisch eingestiegen. Möglich war das, weil in Bayern aufgrund der Vorreiterrolle bei der Milch bereits viele Schlachtkühe als GVO-frei vermarktet werden können.

Die Anforderungen zur Herstellung und Verarbeitung von Milch ohne Gentechnik und auch von GVO-freiem Fleisch sind im sogenannten „VLOG-Standard“ des „Verbands Lebensmittel ohne Gentechnik“ (VLOG) hinterlegt. Auf jeder Stufe der Erfassung und Verarbeitung müssen Betriebsbeschreibungen, Organigramme und Verantwortlichkeiten hinterlegt, Mitarbeiter geschult sowie Wareneingangskontrollen durchgeführt werden. Zudem müssen die Warenströme getrennt und die Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein.

Dokumentation und Kontrolle der Futtermittel

Da sich die GVO-freie Fütterung in tierischen Produkten nicht nachweisen lässt, ist eine GVO-freie Produktion nur durch Dokumentation und Kontrolle der Futtermittel und eine entsprechende Rückverfolgbarkeit in den Verarbeitungsunternehmen zu gewährleisten. Wichtig auf der Stufe der Landwirtschaft ist insbesondere, dass die sogenannten Mindestfütterungsfristen eingehalten werden, also die Zeit, in der das Vieh vor der Schlachtung nur noch gentechnikfreies Futter zu fressen bekommt. Sie beträgt bei Milchvieh drei Monate, bei Rindern für die Fleischerzeugung zwölf Monate, auf jeden Fall mindestens drei Viertel ihres Lebens, und bei Schweinen vier Monate.

Die Vorgaben aus dem Standard verursachen dabei auf allen Stufen zusätzliche Kosten. Kontrolliert werden Molkereien, Schlachthöfe, Futtermittelhersteller und Landwirte zur Einhaltung der Herstellungs- und Verarbeitungsvorschriften vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik beziehungsweise von anerkannten Zertifizierungsstellen in regelmäßigen Audits. Die zunehmende GVO-freie Fütterung in Bayern hat auch eine gewisse Vorreiterrolle der genossenschaftlichen Futtermittelieferanten zur Folge: Im Freistaat erfüllen überdurchschnittlich viele Futtermittelhändler und -lieferanten die Anforderungen nach dem neuen VLOG-Standard. Ausländische Unternehmen müssen sich dagegen erst noch zertifizieren lassen, um nach Deutschland exportieren zu können.

Klare Vorteile für die Bauern in Österreich

In Österreich haben sich durch die Einführung der GVO-freien Fütterung klare Vorteile für die Molkereien und die Bauern ergeben: Die Molkereien sicherten sich Marktanteile im eigenen Land und hielten gleichzeitig die Preise für Trinkmilch auf einem hohen Niveau. Ob dies in Deutschland auch gelingen wird, bleibt abzuwarten. Noch erhalten die Landwirte höhere Preise für die Produkte mit gentechnikfreier Fütterung, die im Durchschnitt bei rund 0,9 Cent pro Kilogramm (Ct/kg) Milch und bei etwa 15 bis 20 Ct/kg Schlachtgewicht beim Rind liegen und damit die zusätzlichen Kosten weitgehend decken.

Sobald jedoch alle Molkereien nur noch gentechnikfreie Milch verarbeiten und Milch aus gentechnikfreier Fütterung Standard wird, wird dieser Preisvorteil vermutlich entfallen. Lidl hat bereits im Juli 2016 damit geworben, dass die Verbraucher für gentechnikfreie Produkte im Sortiment keinen Aufschlag zahlen müssen.

Dr. Stefanie Gabler ist Beraterin im Bereich Beratung Ware und Dienstleistung beim Genossenschaftsverband Bayern.

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