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Die EU-Kommission hat Vorschläge zur Überarbeitung der EU-Bankenregulierung (CRR und CRD) vorgelegt. Derzeit verhandelt das EU-Parlament, wie es sich dazu positioniert. In seinen Berichtsentwürfen stellt der federführende EU-Abgeordnete Peter Simon die zentrale Frage, welche Banken in Europa als „klein und nicht komplex“ einzustufen sind. Diese Kreditinstitute sollen von unnötigen bürokratischen Anforderungen entlastet werden. Die EU-Kommission hatte als alleiniges Abgrenzungskriterium die Bilanzsumme herangezogen und einen Schwellenwert von 1,5 Milliarden Euro empfohlen. Simon schlägt nun vor, diesen Wert um bis zu 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des jeweiligen Landes zu erhöhen. Im Fall Deutschlands könnte der Schwellenwert damit für 2019 auf 4,8 Milliarden Euro angehoben werden.

Ergänzt werden soll das Größenmerkmal um qualitative Kriterien, welche das Risikoprofil eines Instituts widerspiegeln – etwa den Verzicht auf großangelegte Handelsaktivitäten. Kleine, aber zugleich komplexe oder risikofreudige Institute unterliegen dadurch auch künftig strengeren Anforderungen. Dagegen werden kleine und nicht komplexe Institute von unnötigen Melde- und Offenlegungspflichten befreit. Zur Entlastung soll ein europaweit vereinheitlichtes Meldewesen mit einer zentralen Anlaufstelle für Datenabfragen beitragen. Auch hinsichtlich der Liquiditätsvorschriften sieht der Berichtsentwurf Erleichterungen vor: Anstatt der strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR) sollen kleine Institute eine vereinfachte Kennzahl anwenden.

Wie geht es weiter?

Derzeit werden die Berichtsentwürfe noch im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments diskutiert. Sobald sich die Abgeordneten dort auf eine gemeinsame Position geeinigt haben, segnet die Vollversammlung aller Abgeordneten den Text ab. Dies ist für die erste Jahreshälfte 2018 geplant. Parallel dazu erarbeiten die Mitgliedsstaaten im Rat der EU ihre gemeinsame Position zum Gesetzentwurf der EU-Kommission. Anschließend treten Parlament und Rat in Verhandlungen. Weil mit der EU-Kommission eine dritte Partei an den Verhandlungen beteiligt ist, werden diese auch als „Trilog“ bezeichnet. Sowohl der zuständige Berichterstatter im EU-Parlament, Peter Simon, als auch der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, streben eine Einigung im Laufe des Jahres 2018 an.

Problem

Ziel der Regulierung sollte es sein, sie mit dem Risiko der Banken in Einklang zu bringen. Es ist jedoch nicht zielführend, die Intensität der Regulierung allein an der Bilanzsumme auszurichten. Denn die ist hierbei nur einer von mehreren Faktoren.

Die Einbeziehung qualitativer Kriterien zur Abgrenzung „kleiner und nicht komplexer Banken“ im Berichtsentwurf ist deshalb zu begrüßen. Die dadurch erhöhte Risikosensitivität rechtfertigt eine Anhebung des Bilanzsummen-Schwellenwerts auf deutlich über 1,5 Milliarden Euro.

Der Umfang der geplanten bürokratischen Erleichterungen ist allerdings weiterhin zu knapp bemessen: Auch künftig sind Regionalbanken, die nicht börsennotiert sind, zur jährlichen Offenlegung bestimmter Schlüsselparameter verpflichtet. Die Offenlegungsberichte sollen institutionellen Investoren oder Ratingagenturen zu einer besseren Einschätzung der Risikolage verhelfen. Doch für Institute wie Genossenschaftsbanken oder Sparkassen läuft das Konzept ins Leere, weil sie nicht börsennotiert sind – es verursacht allein zusätzlichen Aufwand. Zweischneidig sind darüber hinaus die Pläne für eine europaweite Vereinheitlichung des Meldewesens: Es ist sinnvoll und notwendig, Mehrfachabfragen gleicher Daten durch verschiedene Behörden zu verhindern. Zugleich besteht die Gefahr, dass die Vielfalt der nationalen Märkte – etwa in puncto Rechnungslegungsstandards – in einem zentralen EU-Meldewesen nicht ausreichend berücksichtigt wird.

Lösung

Das Konzept zur Abgrenzung „kleiner und nicht komplexer“ Banken ist zielführend. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren muss daran festgehalten werden. Allerdings sollten kleine und nicht komplexe Institute von den Offenlegungspflichten vollständig ausgenommen werden, sofern sie nicht börsennotiert sind. Bevor eine zentrale Datensammelstelle eingerichtet wird, sollte vorrangig die Evaluierung der bestehenden Meldepflichten vorangetrieben werden.

Henning Herter ist Referent in der Stabsabteilung beim Genossenschaftsverband Bayern.

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