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Immer mehr Kunden der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken wollen mit ihrer Kreditgenossenschaft über digitale Kanäle kommunizieren. Das betrifft bislang vor allem Finanzdienstleistungen. Doch auch ihre Mitbestimmungsrechte können die Mitglieder einer Genossenschaftsbank mittlerweile im Internet ausüben – indem sie online über die Zusammensetzung der Vertreterversammlung abstimmen.

Die Vertreterversammlung

“Bei Genossenschaften mit mehr als 1.500 Mitgliedern kann die Satzung bestimmen, dass die Generalversammlung aus Vertretern der Mitglieder (Vertreterversammlung) besteht”, heißt es in § 43a Genossenschaftsgesetz. Dann ist die Vertreterversammlung das höchste Entscheidungsorgan der Genossenschaft. Sie bestimmt über Änderungen der Satzung, genehmigt den Jahresabschluss, entlastet Vorstand und Aufsichtsrat und entscheidet über Auflösungen oder Fusionen. Die Vertreter werden von den Mitgliedern geschlossen gewählt oder abgelehnt, indem sie über die Kandidatenliste des Wahlausschusses abstimmen. Mindestens 150 Mitglieder können zusammen eine eigene Liste einreichen. Vertreter müssen Mitglied der Genossenschaft sein und dürfen weder dem Vorstand noch dem Aufsichtsrat angehören.

Einige Genossenschaftsbanken haben das schon gemacht, darunter die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte mit Sitz in Ingolstadt und die VR Bank Kitzingen. Bei den Oberbayern wählte 2016 rund die Hälfte der Wähler die Vertreter online. Die anderen Stimmen wurden per Brief oder in der Filiale abgegeben. „Die Rückmeldungen auf unser neues Angebot waren ausschließlich positiv“, sagt Michael Miehling, Bereichsdirektor Vorstandsstab bei der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte. Das Institut kann sich deshalb vorstellen, die nächste Abstimmung 2020 nur über das Netz und per Briefwahl durchzuführen. Das Voting in der Filiale sei sehr arbeitsintensiv und es kämen immer weniger Mitglieder in die Bank, so Miehling.

Genau das macht die Münchner Bank eG bei ihrer Vertreterwahl im Dezember 2018. „Wir treiben die Digitalisierung unseres Hauses voran und bieten den Mitgliedern gleichzeitig an, ihre Stimme komfortabel abzugeben“, sagt Thomas Schnitzlein, Leiter der Abteilung Vorstandsstab / Gremienservice / Recht bei der Münchner Bank. Davon abgesehen spart sich das Institut dadurch sehr viel Papier und Zeit für das Auszählen der Stimmzettel durch die Mitarbeiter.

Der GVB berät

Um den Mitgliedern eine Online-Vertreterwahl zu ermöglichen, müssen Volksbanken und Raiffeisenbanken in der Regel ihre Wahlordnung und/oder Satzung ändern. Deshalb sollten sie die Umsetzung mindestens ein Jahr vor der eigentlichen Abstimmung beginnen. Auch die Volksbank Raiffeisen Bayern Mitte hat ihre Wahlordnung mit ausreichend Vorlaufzeit ändern lassen. Dabei hat sie die Rechtsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) unterstützt.

Partner der Münchner Bank ist der Dienstleister Polyas, der sich auf die Durchführung von Online-Wahlen spezialisiert hat. Auch die beiden anderen Institute haben auf das Berliner Unternehmen gesetzt. Es hat bereits zahlreiche Online-Wahlen von Unternehmen und Vereinen begleitet. Beispielsweise stimmte die FDP Nordrhein-Westfalen nach der Landtagswahl 2017 mit dem Tool der Firma über den Koalitionsvertrag mit der CDU ab. Polyas stellt die Webseite zur Verfügung, über die die Wahl abgewickelt wird. Die Server stehen in Deutschland, das Unternehmen wirbt mit hohen Sicherheitsstandards. „Der Schutz unserer Mitgliederdaten hat höchste Priorität. Deshalb haben wir uns für einen erfahrenen Anbieter entschieden“, sagt Thomas Schnitzlein von der Münchner Bank.

ID und TAN im Online-Banking-Postfach

Bei der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte lief die Vertreterwahl wie folgt ab: Alle Mitglieder wurden per Newsletter, auf der Webseite und in den Filialen auf die Wahl hingewiesen. Entschieden sie sich für die Online-Abstimmung, wurde ihnen ein Link auf die externe Polyas-Wahlseite sowie eine Identifikationsnummer (ID) und eine TAN an ihr Online-Banking-Postfach geschickt. Die Wahl war also nur für Mitglieder möglich, die Online-Banking nutzen und dort ihr elektronisches Postfach aktiviert hatten. „Ansonsten wäre die Durchführung technisch sehr komplex geworden“, sagt Michael Miehling.

Um ihre Stimme abzugeben, besuchten die Mitglieder die Wahlseite von Polyas und gaben dort ihre Zugangsdaten ein. Dann konnten sie die Wahlordnung einsehen und der Wahlliste zustimmen, sie ablehnen oder auch eine ungültige Stimme abgeben. Die Online-Wahl lief ohne Zwischenfälle ab. Besonders positiv bewertet Miehling, dass die Online-Wähler keine Fragen stellten. „Unsere Informationspolitik im Vorfeld und während der Wahl hat sich gelohnt“, sagt er.

Parallel dazu konnten alle anderen Mitglieder wie gewohnt in der Filiale wählen. Eine zweifache Stimmabgabe im Internet und vor Ort war ausgeschlossen: In den Listen der berechtigten Wähler waren diejenigen markiert, die sich für die Online-Abstimmung registriert hatten.

Eine reine Online-Wahl in München

Die Münchner Bank plant, die Wahl im Dezember 2018 ähnlich durchzuführen. Hier soll jedoch nur die Online-Stimmabgabe möglich sein. Das bedeutet, dass allen Mitgliedern die Zugangsdaten für die Wahl-Seite in ihr elektronisches Postfach im Online-Banking übermittelt werden. Auf Wunsch erhalten die Mitglieder auch einen Brief mit Internetlink, ID und TAN.

Für Kunden ohne PC ist ebenfalls gesorgt: In allen Filialen des Instituts steht die nötige Hardware zur Verfügung. In der Vertreterversammlung 2017 hat die Münchner Bank eine 100-prozentige Zustimmung für das Verfahren erhalten, welches sie bereits im Rahmen von Info-Veranstaltungen vorgestellt hatte. „Für die Online-Wahl gab es von Anfang an eine maximale Akzeptanz. Das zeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben“, sagt Schnitzlein.

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