Das Original lesen
1866 veröffentlichte Friedrich Wilhelm Raiffeisen sein Hauptwerk „Die Darlehnskassen-Vereine“. Darin schildert er, wie die von ihm gegründeten Einrichtungen der armen Bevölkerung helfen und gibt praktische Anleitungen für die Gründung und die Organisation. So erklärt Raiffeisen beispielsweise, welche Rechte und Pflichten die Vereinsmitglieder haben, was die Aufgabe des Vorstands ist und wie die Geldmittel verwendet werden sollten.
Zudem formuliert er die heute noch gültigen genossenschaftlichen Grundideen der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Bis zu Raiffeisens Tod im Jahr 1888 erschienen insgesamt fünf Auflagen des Werks, in denen er Kapitel ergänzte und sich weiteren landwirtschaftlichen genossenschaftlichen Zusammenschlüssen widmete.
Die alten Auflagen sind heute nur noch antiquarisch verfügbar. Wer den Originaltext lesen möchte, muss ihn entweder im Internet suchen oder kann eine jüngst von Marvin Brendel herausgegebene Ausgabe erwerben. Der Wissenschaftler hat die erste Auflage von 1866 orthografisch modernisiert und eine kurze Biografie des Genossenschaftspioniers beigefügt. Raiffeisens Buch ist eine anspruchsvolle Lektüre, die auch heute aktuell und lesenswert ist. Denn es zeigt einerseits, auf welchem Fundament die damaligen Vereine standen. Andererseits lässt sich gut vergleichen, wie sich die moderne Genossenschaft weiterentwickelt hat.
Die kompakte Biografie
Die Kindheit in Hamm verbracht, eine Militärausbildung in Köln absolviert, als Bürgermeister im Westerwald der Landbevölkerung geholfen und schließlich bis zu seinem Tod in Heddesdorf die Genossenschaftsbewegung vorangetrieben: Ohne Frage hat Friedrich Wilhelm Raiffeisen ein bewegtes Leben geführt.
Und das sind nur die großen Linien. Wer sich für seinen detaillierten Lebenslauf und die vielen spannenden Episoden in Raiffeisens Leben interessiert, aber auf Ausschweifungen keinen Wert legt, dem sei die Biografie „Christ – Reformer – Visionär“ von Michael Klein empfohlen. Der Autor ist ein Raiffeisenexperte: Bereits in seiner 1997 veröffentlichten Dissertation widmete er sich dem Wirken des Genossenschaftspioniers.
Im jetzt erschienenen Werk zeichnet Klein den Lebensweg chronologisch nach. Dabei nimmt er immer wieder Bezug auf den christlichen Hintergrund des Genossenschaftspioniers. Aufgelockert wird der Fließtext durch einige Bilder, beispielsweise von Raiffeisens Bürgermeisterhaus in Flammersfeld. Das Buch lässt sich – auch bedingt durch die Einteilung in übersichtliche Kapitel – flüssig lesen. Eine kompakte und spannende Biografie.
Was den Genossenschaftspionier antrieb
Friedrich Wilhelm Raiffeisen war ein tiefreligiöser Mann. Aus dem Glauben schöpfte er die Kraft, selbst schwerkrank den Aufbau des Genossenschaftswesens voranzutreiben. Doch Raiffeisens persönliche Motivation reicht nicht aus, um zu erklären, warum sich das Modell der Darlehnskassenvereine so rasch ausbreitete. Was dazu kam, ergründet Michael Kopsidis in einem Aufsatz über Raiffeisen, der im Sammelband „Sozialreformer, Modernisierer, Bankmanager. Biografische Skizzen aus der Geschichte des Kreditgenossenschaftswesens“ abgedruckt ist.
Kopsidis beschreibt, was den jungen Raiffeisen prägte, wie er das Modell der Darlehenskasse entwickelte und wieso dieses noch zu seinen Lebzeiten zum Erfolg wurde. Gleichzeitig skizziert er den neuesten Forschungsstand und bewertet auf dessen Grundlagen Raiffeisens Handeln. Damit verdeutlicht Kopsidis unter anderem den Gegensatz zwischen dessen konservativem ideellen Ansatz und der Modernität seiner Maßnahmen.
Der Sammelband umfasst Portraits über 16 führende Akteure der Genossenschaftsgeschichte. Der Beitrag über Raiffeisen lohnt sich vor allem für diejenigen, die an einer Einordnung seiner Leistungen in das damalige Zeitgeschehen interessiert sind und nachlesen möchten, warum gerade er es schaffte, das erfolgreiche Modell der Darlehenskassenvereine mit zu entwickeln. Auch für diejenigen, die tiefer in die Raiffeisen-Forschung eintauchen möchten, ist der Aufsatz ein guter Ausgangspunkt. Dabei hilft die sehr verständliche Sprache von Kopsidis.
Der biografische Roman
In Hamm an der Sieg im Westerwald leiden die Einwohner Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Zinswucher raffgieriger Händler. Doch ein kleiner Junge stellt sich ihnen in den Weg und hilft den Menschen, gegen das Unrecht vorzugehen. Sein Name: Friedrich Wilhelm Raiffeisen.
Bereits die erste Szene aus Franz Braumanns Roman „Ein Mann bezwingt die Not“ zeigt, dass es in diesem Buch nicht um historische Genauigkeit geht. Vielmehr möchte der Autor anschaulich vermitteln, wie Raiffeisen seine Ideen entwickelte, welche Umstände ihn beeinflussten und was ihn persönlich antrieb. Dazu verbindet er Biografie und Fiktion.
Jedes Kapital beschreibt eine prägende Szene aus Raiffeisens Leben: Wie er sich als Bürgermeister in Weyerbusch für den Bau einer Schule einsetzt, oder wie er sich mit seiner Frau verlobt. Im Mittelpunkt des Buchs stehen die Vereinsgründungen in Flammersfeld und Heddesdorf. Die Sprache Braumanns ist manchmal allzu gefühlvoll, teilweise gleitet die Darstellung in Richtung Gut-gegen-Böse ab. Nichtsdestotrotz gelingt es dem Autor, die Lebensgeschichte Raiffeisens spannend und informativ darzustellen. Ein kurzweiliges Buch für lange Winterabende. Das Buch erschien erstmals 1959 und wurde 2017 neu aufgelegt
Eine Zitatesammlung zur Inspiration
„Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele.“ Diesen Ausspruch von Friedrich Wilhelm Raiffeisen kennt jeder.
Doch es gibt noch mehr kluge Gedanken, Überlegungen und Theorien des genossenschaftlichen Urvaters. GVB-Präsident Jürgen Gros und der Historiker Ludwig Hüttl haben sie in dem 2008 erschienenen Buch „Es gilt das historische Wort“ zusammengefasst. Die Zitate sind mal nachdenklich, mal zugespitzt, mal provozierend, aber auf wundersame Weise höchst aktuell, wie es im Vorwort heißt. Das macht das Buch zu einem Fundus für Redenschreiber, aber auch zu einer Quelle der Inspiration für jeden, der sich für Wirtschafts- und Genossenschaftsgeschichte interessiert. Wussten Sie beispielsweise, dass auch folgendes Zitat von Raiffeisen stammt? „Wenn man fortwährend, man kann fast sagen, Tag und Nacht, nur für Genossenschaften arbeitet und nur davon hört, so ist es nicht zu verargen, wenn man zuweilen an eine Ausspannung denkt.“ Wie wahr.
Auf Raiffeisens Spuren im Westerwald
Raiffeisen wanderte viel und häufig. Einerseits um nachzudenken, andererseits aber auch, um die Landschaft des Westerwalds zu genießen. „Die vielen Naturschönheiten, welche ich so außerordentlich liebe, haben mich reichlich entschädigt für die Mühen des Marsches“, so Raiffeisen.
Der Westerwaldsteig, ein 235 Kilometer langer Fernwanderweg, bietet die Gelegenheit, es ihm gleich zu tun. Die sechste Etappe führt von Flammersfeld nach Weyerbusch und damit in zwei Orte, in denen Raiffeisen Bürgermeister war.
Das Buch „Westerwaldsteig“ von Renate und Olaf Goebel informiert über die An- und Abreise, Strecke, Sehenswürdigkeiten, Einkehrmöglichkeiten und Unterkünfte. Eine Karte und GPS-Daten sind ebenfalls enthalten. Und so lernt der Wanderer, dass es auf der 14,5 Kilometer langen Etappe von Flammersfeld nach Weyerbusch nicht nur das Raiffeisenhaus oder ein Raiffeisendenkmal zu sehen gibt, sondern auch noch eine 1.000-jährige Eiche sowie den Ort Mehren, der mit einer im Jahr 1200 erbauten Pfeilerbasilika, einem Freilichttheater und dem alten Dorfgefängnis lockt. Das Buch ist ein informativer Begleiter für jeden, der auf Raiffeisens Spuren durch den Westerwald unterwegs ist und zeigt weitere touristische Highlights wie die Zisterzienserabtei Marienstatt.
Gewinnen Sie ein Buch zu Raiffeisen!
Sie wollen die Lebensgeschichte von Raiffeisen detailliert nachlesen? Oder in seinen Weisheiten schmökern? „Profil – das bayerische Genossenschaftsblatt“ verlost jeweils eines der sechs vorgestellten Bücher. Wer gewinnen will, muss nur folgende Frage beantworten: Friedrich Wilhelm Raiffeisen wurde am 30. März 1818 in Hamm an der Sieg geboren. In welchem Bundesland liegt die Ortsgemeinde heute?
a) Nordrhein-Westfalen
b) Sachsen
c) Rheinland-Pfalz
Schicken Sie die richtige Antwort zusammen mit Ihrem Namen, Ihrer Adresse mit Telefonnummer und dem Betreff „Raiffeisen“ an redaktion(at)profil.bayern. Einsendeschluss ist Mittwoch, 31. Januar 2017. Die Bücher werden unter allen Teilnehmern mit richtiger Antwort verlost. Die Gewinner werden per E-Mail benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.