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1818

Am 30. März wird Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Hamm an der Sieg geboren. Sein Vater Gottfried Friedrich Raiffeisen (1782-1849) ist der Bürgermeister des Orts, muss sein Amt aber kurze Zeit später aufgrund einer Lungenkrankheit sowie Nervenleiden aufgeben. Fortan bringt Raiffeisens Mutter Amalie Christina Susanna Maria (1784-1859) die Familie mit ihren neun Kindern – Friedrich Wilhelm ist der Drittjüngste – alleine durch.

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Ein Ausschnitt aus dem Film „Wo ein Wille… - Vom Werden und Wirken der Raiffeisen-Organisation“ aus dem Jahr 1958. Quelle: Archiv des Historischen Vereins bayerischer Genossenschaften

1820er Jahre

Raiffeisen besucht die Volksschule. Zusätzlich erhält er Privatunterricht von seinem Patenonkel, dem Pfarrer Georg Seippel. Ein Studium kann er im Anschluss nicht aufnehmen. Die Familie ist zu arm.

1835

Mit 17 Jahren tritt Raiffeisen in die Offizierslaufbahn der preußischen Armee in Köln ein. Drei Jahre später wird er zum Unteroffizier befördert und nach Koblenz an die Inspektionsschule versetzt. In Preußen gibt es nur drei solche Einrichtungen für spätere Heerführer.

1840

Raiffeisen besteht sein Examen als „Oberfeuerwerker“, also als Munitionsfachkundiger. Seine erste Arbeitsstation ist die Sayner Hütte, eine Eisengießerei bei Koblenz. Dort erkrankt er an einem Augenleiden und muss die Militärkarriere bald aufgeben.

1843

Raiffeisen strebt eine Beamtenlaufbahn an. Auf Vermittlung seines Onkels nimmt er eine unbezahlte Tätigkeit als Beamtenanwärter in Koblenz auf. Im selben Jahr wird Raiffeisen nach Mayen in der Eifel versetzt, wo er eine bezahlte Stelle als Kreissekretär antritt.

1845

Raiffeisen wird Bürgermeister in Weyerbusch im Westerwald. Im selben Jahr heiratet er die Apothekertochter Emilie Storck (1827-1863) aus Remagen (Rheinland). In seiner Amtszeit als Bürgermeister von Weyerbusch, die bis 1848 dauert, lässt er eine Schule errichten, eine befestigte Straße bauen und reformiert die Verwaltung.

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Eine weitere Szene aus „Wo ein Wille… - Vom Werden und Wirken der Raiffeisen-Organisation“ über Raiffeisens Zeit in Weyerbusch, Flammersfeld und Heddesdorf. Quelle: Archiv des Historischen Vereins bayerischer Genossenschaften

1847

Wegen der schlechten Ernte leiden die Menschen Hunger. Raiffeisen lässt in Weyerbusch einen „Konsumverein“ gründen. Dort bringen wohlhabendere Bürger Ersparnisse ein, damit Getreide für die Armen gekauft werden kann. Zudem entsteht ein gemeinschaftliches Backhaus.

1848

Raiffeisen wird Bürgermeister von Flammersfeld, das aus 33 Gemeinden mit insgesamt mehr als 3.000 Einwohner besteht. Im Dezember wird auf sein Betreiben hin der „Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte“ gegründet. Dieser gewährt Darlehen an bedürftige Bauern, damit sie Vieh kaufen können.

1852

Raiffeisen wechselt zur Bürgermeisterei Heddesdorf, heute ein Stadtteil von Neuwied. In seinem Amtsbezirk wohnen rund 9.000 Menschen.

1854

Auf Raiffeisens Initiative entsteht der „Heddesdorfer Wohltätigkeitsvereins“. Dieser vergibt nicht nur Darlehen an Landwirte, sondern kümmert sich zusätzlich um soziale Aufgaben wie die Kindererziehung
oder die Vermittlung einer Arbeitsstelle für ehemalige Sträflinge.

1862

In Segendorf bei Heddesdorf wütet eine Typhusepidemie. Raiffeisen erkrankt an Nervenfieber, seine gesundheitliche Lage verschlechtert sich. Ein Jahr später stirbt Ehefrau Emilie.

1864

Der Heddesdorfer Wohltätigkeitsverein wird in einen Darlehenskassenverein umgewidmet, der als Urtyp der modernen Genossenschaftsbank gilt. Wer einen Kredit brauchte, musste Vereinsmitglied sein.

1865

Raiffeisen tritt in den vorgesetzten Ruhestand ein. Die Pension ist dürftig. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, versucht er sich als Unternehmer. Er gründet eine Zigarrenfabrik, später eine Weinhandlung.

1866

Raiffeisen veröffentlicht sein berühmtes Buch „Die Darlehenskassen-Vereine“, um die Grundlagen seiner Genossenschaftsidee für die ländliche Bevölkerung festzulegen und zu verbreiten.

1869

Raiffeisen liegt sich mit dem anderen bekannten deutschen Genossenschaftspionier Hermann Schulze-Delitzsch wegen praktischer Fragen zur Ausgestaltung der Vereine in den Haaren. Beispiel Kreditfristen: Während Schulze-Delitzsch eine Rückzahlung binnen drei Monaten anstrebt, möchte Raiffeisen auch langfristige Kredite vergeben. Der Konflikt wird bis in die Mitte der 1870er Jahre öffentlich ausgetragen.

1870er Jahre

Raiffeisen widmet sich dem Aufbau der Darlehenskassen-Vereine. Dazu unternimmt er Vortragsreisen, führt Briefkorrespondenzen, begrüßt Gäste in seinem Haus und publiziert Schriften.

1872

In Anwesenheit Raiffeisens gründen elf Darlehenskassenvereine erstmals eine Zentralkasse, die Rheinische landwirtschaftliche Genossenschaftsbank. Zwei Jahre später folgte die Deutsche landwirtschaftliche Generalbank. Beide Häuser sind Vorgängerinstitute der heutigen DZ Bank.

1876

Ende des „Systemstreits“ mit Hermann Schulze-Delitzsch. Raiffeisen muss die Satzungen seiner Vereine ändern. Beispielsweise müssen Mitglieder zwingend Geschäftsanteile erwerben. Zudem werden die Zentralkassen neu gegründet, es entsteht die Landwirtschaftliche Central-Darlehenskasse. 1877 folgt der Anwaltschaftsverband ländlicher Genossenschaften, der Urtyp aller Regionalverbände.

1880

Raiffeisen reist auf Einladung des preußischen Landwirtschaftsministers nach Schlesien. Er soll Vorschläge machen, wie sich die Not der Bevölkerung lindern lässt. Im selben Jahr hält er einen Vortrag in Regensburg.

1880er Jahre

Obwohl sein Gesundheitszustand immer schlechter wird, treibt Raiffeisen die Entwicklung der Genossenschaften voran. 1887 erscheint die fünfte Auflage seines Buchs: „Die Darlehenskassen-Vereine“.

1881

Raiffeisen gründet die Warenzentrale „Raiffeisen & Cons.“ in Neuwied. Diese sollte das Warengeschäft der Darlehenskassen koordinieren.

1888

Friedrich Wilhelm Raiffeisen stirbt am 11. März im Alter von 69 Jahren. Er wird auf dem Heddesdorfer Friedhof begraben. Zum Zeitpunkt seines Tods sind über 400 Spar- und Darlehenskassenvereine aktiv.

1902

In Neuwied wird ein Denkmal für Friedrich Wilhelm Raiffeisen errichtet.

1958

Die Deutsche Bundespost bringt die Sondermarke „Helfer der Menschheit“ mit dem Portrait von Raiffeisen heraus. Der Wert beträgt 7 + 3 Pfennig, die Auflage liegt bei 6,65 Millionen.

1968

Zum 150. Geburtstag produziert die Hamburgische Münze die 5-DM-Gedenkmünze „Friedrich Wilhelm Raiffeisen“. Sie ist aktuell rund 15 Euro wert.

1984

Der Abschnitt der Bundesstraße 256 zwischen Hamm (Sieg) und Neuwied wird in „Historische Raiffeisenstraße“ umbenannt. Sie führt durch zahlreiche Orte, in denen Raiffeisen gewirkt hat. Startpunkt ist die 485 Meter lange Raiffeisenbrücke, die den Rhein bei Neuwied überquert.

1988

Noch eine Briefmarke: Zum 100. Todestag veröffentlicht die Deutsche Bundespost eine Sondermarke mit dem Konterfei Raiffeisens. Der Wert beträgt 80 Pfennig, die Auflage liegt bei 35 Millionen Stück.

1996

In dem Haus in Flammersfeld, in dem Raiffeisen zwischen 1848 bis 1852 mit seiner Familie lebte und arbeitete, wird eine Gedenkstätte eingerichtet. Heute ist dort, an der Raiffeisenstraße 11, ein Museum untergebracht.

1997

Zum 150. Gründungstag des Konsumvereins wird in Weyerbusch ein Denkmal eingeweiht. Es stellt Raiffeisen dar, wie er einen Laib Brot an zwei Kinder gibt.

2012

Die Vereinten Nationen rufen das Internationale Jahr der Genossenschaften aus.

2016

Die Genossenschaftsidee wird in die repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Am 11. Mai 2017 überreicht Staatsministerin Maria Böhmer bei einem Empfang in Berlin die offizielle Urkunde an die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft und die Deutsche Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft. Die beiden Gesellschaften hatten die Nominierung der Genossenschaftsidee gemeinsam vorangetrieben. GVB-Präsident Jürgen Gros twittert:

2018

Die Genossenschaftsorganisation feiert bundesweit das Jubiläumsjahr zu Raiffeisens 200. Geburtstag. In Deutschland gibt es mittlerweile mehr als 22 Millionen Genossenschaftsmitglieder.
 

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