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Wenn Rudolf Büttner die Auswirkungen des Hitzesommers auf die Landwirte im Geschäftsgebiet der Raiffeisen Waren und Handels GmbH Altmühlfranken darstellen möchte, dann zeigt er auf einer Karte auf die Autobahn 6. Diese teilt das Geschäftsgebiet in eine südliche Hälfte, die vor allem die Landkreise Weißenburg-Gunzenhausen sowie Roth einnimmt, und eine nördliche Hälfte, die hauptsächlich die Landkreise Ansbach sowie Fürth umfasst. „Im südlichen Gebiet hatten wir eine gute Ernte, die Erträge liegen im Durchschnitt“, sagt der Geschäftsführer.

Dann jedoch wandert sein Finger immer weiter in den Norden, zum Markt Dietenhofen etwa. „Dort ist die Lage eine einzige Katastrophe“, fährt er fort. Was Büttner zudem beunruhigt: In Mittelfranken regnete es regional extrem ungleichmäßig. Einige Landwirte freuten sich über Niederschlag genau zur richtigen Zeit, sie konnten eine Vollernte einfahren.

Andere Landwirte hingegen mussten erhebliche Einbußen hinnehmen, obwohl ihre Felder nur wenige Kilometer entfernt liegen. Bei ihnen gab es von April bis in den Sommer hinein keinen nennenswerten Regen. Durch den Wassermangel hat es besonders die Wintergerste erwischt. Büttner rechnet damit, dass mancherorts nur ein Drittel der sonst üblichen Menge geerntet werden konnte. Andere Getreidearten schlagen mit Ausfallraten von bis zu 50 Prozent zu Buche. Beim Mais rechnet Büttner mit Ertragseinbußen zwischen 50 und 70 Prozent. Immerhin beim Weizen sieht es gut aus, der wächst allerdings vorwiegend im südlichen Geschäftsgebiet des Warenbetriebs.

Jedes Gewitter an der Ernte ablesen

In Mittelfranken zeigt sich exemplarisch, was diesen Sommer auch in den anderen nördlichen Regierungsbezirken Bayerns zu beobachten war. Zum Beispiel an der Grenze zwischen Oberfranken und der Oberpfalz bei Marktredwitz, wo die VR-Bank Fichtelgebirge-Frankenwald ihren Sitz hat. Das Kreditinstitut unterhält einen Raiffeisen-Warenbetrieb mit drei Standorten. „Auch unser Geschäftsgebiet war von der Trockenheit betroffen“, sagt Vorstand Christian Mandel. Ernteausfälle gab es besonders in den westlichen Gebieten im Frankenwald und in Süd-Thüringen, im Raum Fichtelgebirge waren sie weniger stark ausgeprägt. „Wir können heuer jedes einzelne Gewitter an der Ernte ablesen“, sagt Mandel. Dort, wo es geregnet hat, fällt die Ernte deutlich besser aus.

Vor allem beim Raps und dem Wintergetreide gab es Ernteausfälle zu beklagen – die Ausbeute lag bei rund 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Erfreuliche Ergebnisse brachte hingegen die Braugerste. Sie macht etwa 30 Prozent der Ackerfläche in Oberfranken aus, die Erträge waren heuer leicht überdurchschnittlich und die Qualität gut. „Beim Getreide sind wir noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Mandel. Anders stellt sich die Situation beim Viehfutter dar. Da der dritte und vierte Schnitt bei Wiesengras, Luzerne und Co. sehr mager war oder komplett ausfiel, konnten die Landwirte wenig Eigenfutter produzieren. Auch beim Silomais gab es Einbußen von bis zu 40 Prozent. „Die Situation ist gerade bei den Landwirten mit Milchviehhaltung sehr ernst“, sagt Mandel.

Erträge unter dem Vorjahresniveau

Der Südwesten der Oberpfalz spürt ebenso die Folgen der Trockenheit. „Die Unterschiede zwischen benachbarten Gemeinden sind enorm“, sagt Markus Ott, Geschäftsführer der Raiffeisen-Waren-GmbH Parsberg-Velburg, einer 100-prozentigen Tochter der Raiffeisenbank Parsberg-Velburg.

So konnten beispielsweise die Pflanzen auf einem Feld in voller Blüte stehen, während sie auf einem Feld wenige 100 Meter entfernt verdorrten. „So extrem habe ich das noch nie beobachtet“, fährt Ott fort. Die größten Einbußen gab es beim Wiesengras. Hier ist der dritte Schnitt ausgefallen. Auf rund 30 Prozent schätzt Geschäftsführer Ott den Ertragsausfall. Beim Getreide gab es ähnliche Ausfallraten: Wintergerste und Braugerste liegen bei rund 25 bis 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau, Weizen bei rund 15 Prozent. Mais und Raps lieferten stabile Erträge. „Im Großen und Ganzen hat es gepasst, es hätte deutlich schlimmer kommen können“, sagt Ott.

Ein außergewöhnlicher Sommer

Der Sommer 2018 war außergewöhnlich heiß und trocken. Laut dem Deutschen Wetterdienst regnete es im ganzen Land nur 130 Liter pro Quadratmeter und damit lediglich 54 Prozent der Soll-Menge. Um einen noch trockeneren Sommer zu finden, mussten die Statistiker ins Jahr 1911 zurückgehen. Damals war die Niederschlagsmenge mit 124 Litern pro Quadratmeter noch geringer.

In Bayern gab es besonders im Nordwesten große Ernteausfälle, da dort Niederschlag fehlte. Vergleichsweise ist der Freistaat aber gut weggekommen. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern war Bayern 2018 das zweitkühlste und regenreichste Bundesland. Das Dörfchen Mauth im Landkreis Freyung-Grafenau meldete Anfang Juni gar die bundesweit größte Tages-Niederschlagsmenge des Sommers mit 166,5 Liter pro Quadratmeter.

Landwirte verkaufen weniger

Auf die Raiffeisen-Warenbetriebe haben die Ernteausfälle konkrete Auswirkungen. Das zeigt sich zum einen bei der Erfassung von Futtergetreide. „Die Mengen liegen bis zu 50 Prozent unter Vorjahresniveau“, sagt Büttner von der Raiffeisen Waren und Handels GmbH Altmühlfranken. Das liegt daran, dass die Landwirte die geringen Mengen selbst als Futter für die Tiere benötigen und nicht an die Raiffeisen-Warenbetriebe verkaufen. Beim Lebensmittelgetreide sind die Ablieferungsquoten auf Vorjahresniveau. Ähnliche Beobachtungen haben auch die Raiffeisen Ware VR-Bank Fichtelgebirge-Frankenwald und die Raiffeisen-Waren-GmbH Parsberg-Velburg gemacht.

Bedingt durch die Trockenheit gibt es bei der Raiffeisen Ware VR-Bank Fichtelgebirge-Frankenwald eine ungewöhnlich hohe Nachfrage nach Saatgut von Gräsern. Viele Landwirte hoffen auf eine Ernte im Spätherbst, um ihre Defizite beim Grundfutter minimieren zu können. Dazu mussten sie Ende August neues Gras säen. Da es in den vergangenen Wochen sehr trocken blieb, ist allerdings fraglich, ob diese Rechnung aufgeht.

Lkw, Raiffeisen Ware VR-Bank Fichtelgebirge-Frankenwald.
Ein Lkw wird bei der Raiffeisen Ware VR-Bank Fichtelgebirge-Frankenwald beladen.
Lagerhäuser der Raiffeisen-Waren-GmbH Parsberg-Velburg.
Eines der Lagerhäuser der Raiffeisen-Waren-GmbH Parsberg-Velburg.
Der Standort Neuendettelsau der Raiffeisen Waren und Handels GmbH Altmühlfranken.
Der Standort Neuendettelsau der Raiffeisen Waren und Handels GmbH Altmühlfranken.

Weil die Landwirte kaum eigenes Futtergetreide produzieren konnten, ist die Nachfrage bei den Raiffeisen-Warenbetrieben entsprechend hoch. „Dafür zahlen die Landwirte oft das Doppelte wie in den vergangenen Jahren“, sagt Mandel. Das bestätigt auch die Raiffeisen Waren und Handels GmbH Altmühlfranken. „Es war abzusehen, dass die Ware knapp wird. Deshalb haben sich viele Landwirte frühzeitig mit Futtermitteln eingedeckt. Die Nachfrage hat das Angebot deutlich übertroffen“, sagt Büttner.

Zurückhaltung bei Investitionen

Die befragten Warenunternehmen rechnen nicht damit, dass die Landwirte aufgrund des schlechten Sommers ihre Höfe aufgeben müssen. Die meisten Betriebe könnten ein oder zwei Missernten verkraften, so der Tenor. Problematisch sei jedoch, dass die Landwirte die höheren Kosten für die Futtermittel nicht über einen höheren Milch- oder Schlachtviehpreis zurückbekommen würden. „Ganz im Gegenteil, durch die Futterknappheit und das damit erhöhte Schlachtaufkommen von Rindern ist der Rinderpreis derzeit stark im Fallen“, sagt Mandel.

Aufgrund der zu erwartenden finanziellen Verluste werden wohl viele Landwirte weniger dringende Investitionen wie Reparaturen auf die lange Bank schieben. „Hier wird es wohl zu einem Investitionsstau kommen“, sagt Markus Ott. Länger geplante Projekte, die die Zukunftsfähigkeit des Betriebs sichern sollen, werden aber wohl trotzdem durchgeführt.

Dabei lohnt sich für die Landwirte, dass sich die bayerischen Genossenschaftsbanken als ihre Partner verstehen. Speziell, wenn sie durch eventuelle Ertragseinbußen einen höheren Kapitalbedarf haben. „Bei der Beratung setzen wir auf speziell ausgebildete Landwirtschaftsberater. Sie sind über die Situation bestens informiert und kennen die aktuellen Sorgen unserer Agrarkunden. Auf diese Weise können sie diese optimal begleiten“, sagt Vorstand Christian Mandel von der VR-Bank Fichtelgebirge-Frankenwald.

Erntebericht 2018

Die diesjährigen Ernteergebnisse sowohl bei Getreide als auch bei Raps sind weit unterdurchschnittlich. Dagegen zeichnen sich bei Obst und Wein überdurchschnittliche Erträge ab. Das sind die zentralen Ergebnisse des Ernteberichts 2018 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Bei der Getreideernte ohne Körnermais wird mit 34,5 Millionen Tonnen gerechnet, was der geringsten Ausbeute seit 1994 entsprechen würde. Um den Landwirten zu helfen, hat Bayern Anfang August finanzielle Hilfen etwa für den Zukauf von Futtermitteln beschlossen. Der Bund kündigte Ende August an, Gelder in Höhe von 340 Millionen Euro auszuschütten.

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