Kooperation: R+V und Union Investment wollen gemeinsam Marktanteile bei fondsgebundenen Versicherungen gewinnen. Daniel Auer und Harald Biefel erläutern ihre Pläne.
Herr Auer, Herr Biefel, seit Anfang 2024 nehmen Sie verstärkt gemeinsam die Marktbearbeitung im Bereich der fondsgebundenen Rentenversicherung mit den bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken in den Fokus. Wie bewerten Sie die bisherige Zusammenarbeit?
Daniel Auer: Ziel war und ist es, Synergien zu heben und somit mehr Nutzen für Kunden- und Vertriebspartner zu generieren. Außerdem geht es darum, die Erträge für die von uns betreuten Volks- und Raiffeisenbanken deutlich auszubauen und die Kundenreichweite zu erhöhen. Durch die gezielte Zusammenarbeit mit den Volks- und Raiffeisenbanken haben wir die Stärke des jeweiligen Partners genutzt, um das Thema Altersvorsorge wieder stärker in den Mittelpunkt unserer genossenschaftlichen Beratung zu stellen. Der Schwerpunkt lag dabei auf der privaten Altersvorsorge, insbesondere auf der steuerlich begünstigten VR-RürupRente. Unser Ziel heißt, den Marktanteil in diesem Segment auf 20 Prozent in Bayern zu steigern und die genossenschaftlichen Werte in der Kundenberatung zu festigen.
Harald Biefel: Für Union Investment ist die Entwicklung des gemeinsamen Geschäftsfelds eine Erfolgsgeschichte, die noch nicht zu Ende geschrieben ist. Langfristig möchten wir zehn Prozent des Netto-Fondsabsatzes im fondsgebundenen Rentenversicherungsgeschäft erwirtschaften. Wir verstehen das nicht als Kannibalisierung des eigenen Geschäftsmodells, sondern als Ergänzung. Das Thema Altersvorsorge ist dafür ein gutes Beispiel: Union Investment ist seit Jahren in der sogenannten zweiten Schicht – also der kapitalgedeckten Zusatzvorsorge – mit der UniProfiRente für chancenorientierte Kunden unterwegs, so wie die R+V mit ihrem Riesterprodukt für eher sicherheitsorientierte Kunden. Mit der fondsgebundenen Rentenversicherung ist es möglich, auch die erste und dritte Schicht im Absatz zu erschließen, also die Basisvorsorge und die private Rentenversicherung. Die Kooperation zwischen R+V und Union Investment in Bayern trägt dazu bei, die vorhandenen Marktpotentiale zu heben. Diese sind, aus unserer Sicht, noch lange nicht ausgeschöpft.
Das Drei-Schichten-Modell
Mit dem Alterseinkünftegesetz wurde die Altersvorsorge ab 2005 in drei Schichten (Förderungsstufen) unterteilt:
1. Schicht: Basisvorsorge (gesetzliche Rente, Basisrente)
2. Schicht: kapitalgedeckte Zusatzvorsorge (Riester-Rente, betriebliche Altersversorgung wie zum Beispiel Pensionsfonds, Pensionskasse)
3. Schicht: übrige Vorsorge (private Rentenversicherung, Kapitallebensversicherung).
Wo trägt die Zusammenarbeit bereits konkret Früchte und wo gibt es noch Gestaltungsmöglichkeiten?
Biefel: Die Zusammenarbeit beginnt mit einem gleichen Verständnis für das Geschäftsfeld der fondsgebundenen Rentenversicherungen. R+V und Union Investment arbeiten hier mit unterschiedlichen Kennzahlen. Für Union Investment ist zum Beispiel das Nettogeschäft wichtig. Die R+V berechnet ihr Geschäft nach bewerteter Beitragssumme. Hier war es notwendig, ein gemeinsames Verständnis zur Bewertung der Vertriebsergebnisse zu schaffen. Zusammen wurden Kennziffern entwickelt, mit denen das gelingt. Hervorzuheben ist auch, dass sich der Austausch und die Abstimmung zwischen beiden Vertriebsorganisationen intensiviert hat. Hier gibt es sicher noch die eine oder andere Lücke. Gemeinsame Erfolge in der Marktbearbeitung haben aber positive Abstrahleffekte, so dass sich diese Lücken immer mehr schließen. Mit Blick auf die Ertragssituation der Banken bleibt festzuhalten: Wir haben mit der Doppelwertung des fondsgebundenen Rentenversicherungsgeschäfts ein Modell, dass im Verbund einmalig ist. Konkret heißt das: Eine Bank erfüllt mit dem Vertrieb dieser Policen immer zwei Absatzziele – im Rentenversicherungsgeschäft mit der R+V und im Fondsgeschäft mit Union Investment. Dass dieser Ertrag zuwendungsfrei den Banken zufließt, wird in den nächsten Jahren noch bedeutsamer. Ich glaube, dass wir hier noch Potenzial haben, mehr Banken von diesen Vorzügen zu überzeugen.
„Wir haben die Menschen zusammengebracht und für ein einheitliches Verständnis bei Union Investment und der R+V gesorgt.“
Daniel Auer, R+V
Auer: Das sehe ich genauso. Für mich war besonders ein Thema wichtig: Wir haben die Menschen zusammengebracht und für ein einheitliches Verständnis bei Union Investment und der R+V auf Führungs- und Mitarbeiterebene gesorgt. Wir haben es gemeinsam geschafft, eine einheitliche Planung für die fondsgebundene Rentenversicherung und den daraus sich ergebenden Fondsabsatz zu erstellen. Gemeinsam sind wir damit auf die Volks- und Raiffeisenbanken zugegangen, um füreinander Mehrwerte zu erzielen. Wir sind hier einen guten Schritt vorangekommen. Jetzt heißt es dranbleiben und weitergehen: Das heißt, wir müssen die Beratung so auf die Bedürfnisse des Kunden in der Altersvorsorge und bei der Vermögensübertragung ausrichten, dass es den höchsten Mehrwert für den Kunden schafft.
Inwiefern schlägt sich die Zusammenarbeit auch in den Absatzergebnissen im fondsgebundenen Rentenversicherungsgeschäft nieder?
Auer: Die abgestimmte Zusammenarbeit spiegelt sich in den Absatzergebnissen der R+V in Bayern für die fondsgebundene Rentenversicherung wider. Aktuell erreichen wir in Bayern eine Steigerung im Fondsabsatz um 45 Prozent. Mit Blick auf unsere VR-RürupRente konnten wir den Absatz – Stand Oktober 2024 – fast verdreifachen. Ein erster Schritt, die Altersvorsorge wieder stärker in den Markt zu tragen, ist uns gelungen. Marktführer in Bayern zu werden, ist noch ein langer Weg.
R+V und Union Investment haben 2024 erstmals zusammen eine Kampagne zur VR-RürupRente an den Start gebracht. Wie sind die Erfahrungen?
Biefel: Wir haben zum ersten Mal ein gemeinsames Marktbearbeitungsthema gefunden, das von der Konzeption bis zur Umsetzung von beiden Unternehmen gestaltet wurde. Das war eine neue Erfahrung, die wertvoll für künftige gemeinsame Themen ist. Die Kampagne ist ja nicht nur auf gemeinsame Marketingaktivitäten ausgerichtet, sondern umfasst auch das Vorgehen in der Marktbearbeitung der Banken. Dass erfordert andere Abstimmungen, die Koordinierung von Aktivitäten und mehr Verbindlichkeit. Aus diesen Erfahrungen haben wir gemeinsam gelernt. Für mich ist aber auch deutlich geworden, wo wir im Verbund noch besser werden können. Die Ergebnisse, die wir in Bayern in den letzten Jahren im Rürup-Geschäft hatten, sind die Blaupause für eine bessere gemeinsame Marktbearbeitung. 20 Prozent Marktanteil sind ambitioniert, aber angesichts der Situation der Vorsorgesysteme in Deutschland eine Riesenchance.
„20 Prozent Marktanteil sind ambitioniert, aber angesichts der Situation der Vorsorgesysteme in Deutschland eine Riesenchance.“
Harald Biefel, Union Investment
Auer: Diesen letzten Punkt möchte ich noch ergänzen. Unser Kernauftrag als Versicherer ist es, für unsere Privat- und Firmenkunden da zu sein, wenn es darauf ankommt. Im Grunde sind es zwei Themen: eine Top-Beratung mit einer gesamthaften Risiko- und Vorsorgeanalyse bei unseren Privat- und Firmenkunden, um die eigenen Risiken zu kennen, und zum anderen die Leistung im Schadenfall. Gemeinsam stehen wir in einer starken Gemeinschaft füreinander ein. Wir sorgen für Stabilität und Zuversicht über Generationen hinweg. Damit ermöglichen wir Wachstum und Zukunft. Sicherheit in der Altersvorsorge bedeutet, dass den lebenslangen Ausgaben des Kunden lebenslange Einnahmen gegenüberstehen. Die gemeinsame Marktbearbeitung im Jahr 2024 hat genau beim Thema VR-RürupRente gezeigt, dass die Kunden durch individuelle, bedürfnisorientierte Beratungsansätze ein hohes Maß an Wertschätzung und Zufriedenheit empfinden. Unsere kundenzentrierte Beratung zeigt in der Altersvorsorge ihre besondere Stärke, weil sie auf persönliche Bedürfnisse und Wünsche der Kunden eingeht. Wir intensivieren das Kundenerlebnis und geben somit Sicherheit.
„Die Erfahrungen beider Verbundunternehmen zu bündeln, kann ein Weg sein, um den Genossenschaftsbanken Mehrwerte zu liefern.“
Harald Biefel, Union Investment
Für 2025 planen Sie die nächste gemeinsame Vertriebsinitiative zur Vermögensübertragung. Was versprechen sich R+V und Union Investment davon?
Biefel: Wenn es um den Kundenbedarf Vermögensübertragung geht, habe ich immer eine Zahl präsent. In diesem Jahr werden in Deutschland wieder 400 Milliarden Euro vererbt. Die Frage ist doch, ob wir hier nur zuschauen wollen oder unsere Kunden bedarfsgerecht beraten. Mir ist aber auch klar, dass die Beratung in diesem Bedarfsfall sehr anspruchsvoll ist. Die Erfahrungen beider Verbundunternehmen zu bündeln, um daraus Vertriebserfolge zu erzielen, kann ein Weg sein, um den Genossenschaftsbanken einen Mehrwert zur Verfügung zu stellen. Das fondsgebundene Geschäft wird gerne beschrieben als das Geschäft mit dem „Besten aus zwei Welten“. Wenn wir die Kompetenz von Union Investment bei der Fondsanlage mit den steuerlichen und rechtlichen Möglichkeiten einer Rentenversicherung als Gestaltungsrahmen verbinden, können wir Kunden und Mitgliedern unserer Genossenschaftsbanken einen emotionalen Nutzwert bieten, der in diesem Bedarfsfeld marktentscheidend sein kann.
„Wir möchten gemeinsam die Erkenntnisse und Erfahrungen aus unserer langjährigen Zusammenarbeit weiterführen und intensivieren.“
Daniel Auer, R+V
Auer: Ich möchte das noch ergänzen. Mit unserer gemeinsamen Marktoffensive im Jahr 2025 wollen wir das Thema der „klugen Vermögensübertragung“ einer breiten Zielgruppe zugänglich machen. Wir sollten bei der Vermögensübertragung nicht immer nur an große Summen denken. Dieses Thema geht jeden Kunden etwas an, der sich fragt „Was mache ich mit meinem Vermögen?“ beziehungsweise „Wem möchte ich etwas schenken beziehungsweise übertragen?“. Dabei geht es genauso um vermögende Privatkunden der Volks- und Raiffeisenbanken wie um den Großvater, der seinen Enkeln etwas schenken möchte. Oder es soll innerhalb einer Familie Vermögen von einer Generation auf die nächste übertragen werden, um ein Lebenswerk zu sichern und gegebenenfalls die Übertragung steuerlich zu optimieren. Diese Fragen finden sich häufig im Kundenkontakt bei den Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern. Wir möchten gemeinsam die Erkenntnisse und Erfahrungen aus unserer langjährigen Zusammenarbeit, nicht nur bei fondsgebunden Rentenversicherungen, weiterführen und intensivieren. Frei nach dem Slogan: Morgen kann kommen, gemeinsam und füreinander.
Herr Auer, Herr Biefel, vielen Dank für das Interview!