Bärenstark: Bayerns Volksbanken und Raiffeisenbanken wachsen und bauen ihre Kapitalpuffer weiter aus. Das Ergebnis hat sich 2018 normalisiert, aber der Ausblick bleibt positiv, wie beim Bilanzpressegespräch deutlich wird.
In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres haben die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken eine noch immer rege Kreditnachfrage ihrer mittelständischen Firmenkunden verzeichnet. „Viele kleinere und mittlere Unternehmen hat die aktuelle Wachstumsflaute offenkundig bisher nicht erreicht“, sagte GVB-Präsident Jürgen Gros beim Halbjahrespressegespräch der Kreditgenossenschaften Ende August in München. Die Betriebe profitierten von der stabilen Binnenkonjunktur. Von der Schwäche der exportabhängigen Industrie seien sie bislang nur wenig betroffen.
Der an Firmenkunden ausgereichte Kreditbestand der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Bayern wuchs im ersten Halbjahr um immerhin 3,6 Prozent auf 55,2 Mrd. Euro. „Das ist eine erfreuliche Entwicklung, auch wenn die Dynamik gegenüber dem Vorjahr leicht nachgelassen hat“, kommentierte Gros. Im Privatkundenbereich legten die Institute ebenfalls zu: Aufgrund der ungebrochen hohen Nachfrage nach Baufinanzierungen weiteten sie das Kreditvolumen um 1,8 Prozent auf 46,7 Mrd. Euro aus. Unter dem Strich stiegen die Ausleihungen über alle Kundensegmente hinweg um 2,7 Prozent auf 105,2 Mrd. Euro.
Auch im Einlagengeschäft standen die Zeichen im ersten Halbjahr weiter auf Wachstum. Die den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken anvertrauten Kundengelder erhöhten sich um 1,6 Prozent auf 132,1 Mrd. Euro. „Die Sparer bevorzugen trotz mangelnder Zinsperspektiven sichere Bankkonten für ihr Erspartes. Leider schreckt die unnötige Bürokratisierung der Wertpapieranlage manche Sparer davon ab, am Kapitalmarkt nach renditestarken Anlageformen zu suchen“, sagte Gros mit Blick auf die umstrittene Wertpapierrichtlinie MiFID 2.
Die bayerischen Volksbanken Raiffeisenbanken zum 30.06.2019
Bilanzsumme | 170,3 Mrd. Euro |
Ausleihungen | 105,2 Mrd. Euro |
- davon Firmenkunden | 55,2 Mrd. Euro |
- davon Privatkunden | 46,7 Mrd. Euro |
Kundengelder | 132,1 Mrd. Euro |
- davon Firmenkunden | 34,6 Mrd. Euro |
- davon Privatkunden | 87,7 Mrd. Euro |
„Die erste Jahreshälfte ist für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken zufriedenstellend verlaufen“, stellte Gros fest. Und so überrascht es nicht, dass die Institute bei der jüngsten GVB-Konjunkturumfrage zur Jahresmitte ihre Lage fast ausnahmslos (99 Prozent) positiv beurteilen. Die von der EZB gesetzten Rahmenbedingungen sowie die Konjunkturflaute bereiten den Kreditgenossenschaften nach den Worten des Verbandspräsidenten aber zunehmend Sorgen. Fast ein Drittel der Kreditgenossenschaften (30 Prozent) erwartet deshalb in den kommenden Monaten eine ungünstigere Geschäftsentwicklung. Gegenüber der vorherigen Umfragewelle zu Jahresbeginn hat sich der Anteil der Pessimisten damit sichtlich erhöht.
Für den Herbst rechnen die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit einem tendenziell nachlassenden Kreditbedarf ihrer Firmenkunden, wie Gros deutlich machte. Zwar gehen nach wie vor vier von fünf Institute von einer stabilen oder sogar steigenden Kreditnachfrage aus. Mit 18 Prozent steigt der Anteil der Pessimisten unter den befragten Banken allerdings deutlich an. Zuletzt waren die Erwartungen zur Jahreswende 2012/13 auf ein ähnlich niedriges Niveau gesunken, als die deutsche Wirtschaft eine durch die Eurokrise verursachte Mini-Rezession durchlief.
Zuversichtlicher zeigen sich die Institute beim Privatkundengeschäft. Für die kommenden Monate gehen die befragten Institute von einem Verbleib der Kreditnachfrage auf dem aktuell hohen Niveau aus. Verantwortlich dafür ist offensichtlich der Zinsrutsch der vergangenen Monate, den die EZB mit ihrem abermaligen Einschwenken auf Lockerungskurs ausgelöst hat. Allen voran erreichten die Bauzinsen neue Rekord-Tiefstände. Das mache den Immobilienerwerb für die Kunden erschwinglicher, stelle aber die Institute zunehmend vor betriebswirtschaftliche Herausforderungen.
„Die Institute und ihre Kunden werden sich den Auswirkungen der nachlassenden Konjunktur nicht dauerhaft entziehen können“, fasste der Verbandspräsident die Umfrageergebnisse zusammen. Der GVB setzt sich deshalb dafür ein, die bewährten Strukturen der Mittelstandsfinanzierung zu erhalten. Bei der anstehenden Finalisierung des Regelwerks Basel III sollten zur Disposition gestellte Errungenschaften wie der sogenannte KMU-Korrekturfaktor beibehalten werden. Dieser erleichtert den Banken die Vergabe von Darlehen an kleine und mittlere Betriebe. Gros: „Die Kreditversorgung des Mittelstands sollte nicht noch durch unnötige regulatorische Eingriffe künstlich verknappt werden.“
Christoph Schroeter ist Chefvolkswirt des Genossenschaftsverbands Bayern. Florian Ernst ist Pressesprecher des Genossenschaftsverbands Bayern.