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Herr Müller, herzlich willkommen im GVB. Sie sind jetzt seit zwei Monaten an Bord. Wie ist es Ihnen in dieser Zeit ergangen?

Stefan Müller: Vielen Dank. Die zwei Monate sind wie im Fluge vergangen. Mein Kalender war schon sehr voll, mit einer Vielzahl von Begegnungen. Dabei habe ich zahlreiche neue Eindrücke gewonnen und einen Vorgeschmack auf die Themen, mit denen sich der Verband befasst. Im Verband habe ich bei den Kolleginnen und Kollegen eine große Offenheit erlebt. Das hat es mir leicht gemacht, mich einzufinden. Und ich bin beeindruckt von der Themenvielfalt, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer großen Expertise abdecken – von klassischen Bankthemen über Energie bis Milchwirtschaft.

„Die Heimatverbundenheit der Genossenschaften ist ein großes Plus.“

Was ist Ihr Eindruck von den 1.200 Mitgliedsunternehmen?

Müller: Auch wenn ich die Genossenschaftswelt seit Langem kenne und vor vielen Jahren selbst bei einer VR-Bank gearbeitet habe: Die neue Perspektive zeigt mir noch einmal ganz deutlich, wie groß und leistungsfähig die genossenschaftliche Gruppe ist und wie viel Kraft in ihr steckt. In den bisherigen Terminen vor Ort habe ich erleben können, wie eng verwurzelt die Unternehmen in der Region sind. Diese Heimatverbundenheit der Genossenschaften ist ein großes Plus. Beim Verbandstag im Juli auf dem Nockherberg und auch im Umgang mit aktuellen Herausforderungen war außerdem immer eines spürbar: der genossenschaftliche Zusammenhalt. Dieser ist nicht nur eine leere Worthülse, sondern gelebte Realität.

Was macht für Sie die Besonderheit von Genossenschaften aus?

Müller: Das Miteinander und das Bewusstsein, nicht nur einer Tätigkeit nachzugehen, sondern ein Ziel zu verfolgen: nämlich die Mitglieder zu fördern. Es geht nicht nur um Geschäftszahlen, sondern regionale Verankerung und den Anspruch, Mitgestalter zu sein. Ohne jetzt Selbstverständlichkeiten äußern zu wollen: Genossenschaften leben die Werte der Sozialen Marktwirtschaft. Sie sind solidarisch, leisten einen Beitrag zur Gesellschaft, setzen jedoch auf Eigenverantwortung und Unternehmertum. Das, eingebunden in ein starkes Netzwerk, macht für mich die Besonderheit und die Faszination aus. Das gilt für die Bankenseite ebenso wie für die Seite der Waren und Dienstleistungen. Dafür würde ich gerne weiter werben.
 

Was meinen Sie damit?

Müller: Ich glaube, dass das Genossenschaftsmodell für weit mehr Unternehmen, Branchen und Unternehmensideen geeignet ist, als vielen Akteuren womöglich bewusst ist. Daher würde ich diese Idee gerne in weitere Bereiche hineintragen. Man sieht am aktuellen Gründungsgeschehen, dass da auch jede Menge passiert. Derzeit wächst die Gruppe der Energiegenossenschaften besonders stark. In diesem Bereich sind die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort besonders groß – aber auch die Chancen für Genossenschaften, die Menschen zusammenbringen und unmittelbar beteiligen. Ich bin mir sicher, dass Genossenschaften auch in anderen Bereichen einen wertvollen und sinnstiftenden Beitrag leisten können – ich denke hier an die Bereiche Gesundheit und Pflege. Auch da passiert viel, ich bin aber überzeugt, dass hier die Chancen und Möglichkeiten von Genossenschaften noch nicht so klar herausgearbeitet sind, wie es möglich wäre.

„Ich möchte dazu beitragen, den GVB noch stärker als kraftvolle Stimme des Mittelstands zu etablieren.“

Warum haben sie sich für den GVB entschieden?

Müller: Die genossenschaftlichen Werten Solidarität, Subsidiarität und Verbundenheit haben mir schon immer viel bedeutet. Und die Kombination von Finanz- und Realwirtschaft im GVB ist meiner Ansicht nach einzigartig. Die meisten Mitglieder gehören dem klassischen Mittelstand an. Das gilt auch für einen Großteil von deren Kunden. Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und ein Garant für den Wohlstand. Der Erfolg des Standorts Deutschland erklärt sich auch mit dieser starken Diversifikation. Daher möchte ich gerne dabei beitragen, den GVB noch stärker als kraftvolle Stimme des Mittelstands zu etablieren.

Sie haben rund 20 Jahre dem Bundestag angehört, zuletzt als Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU. Ist Ihnen der Abschied von so einem Amt schwergefallen?

Müller: Als Abgeordneter kann man viel gestalten und helfen, Probleme zu lösen. Das habe ich immer als sehr erfüllend erlebt. Ich bin sehr dankbar für die Zeit und das Vertrauen, das mir die Wählerinnen und Wähler immer wieder entgegengebracht haben. Ich bin aber der Überzeugung, dass solche öffentlichen Ämter nur auf Zeit vergeben werden sollten. Außerdem habe ich gespürt, dass es an der Zeit ist, etwas Neues zu wagen. Ich gebe zu, dass ich wahrscheinlich noch nicht die Zeit hatte, das alles zu verarbeiten, dazu waren die ersten Wochen beim GVB auch zu ereignisreich. Aber ich kann mit Fug und Recht sagen: Ich sehe nicht in Wehmut zurück, sondern bin überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

„Der Verband kann nur erfolgreich sein, wenn seine Mitglieder erfolgreich sind.“

Was reizt Sie an der Aufgabe GVB-Präsident?

Müller: Der GVB, mit allen Kolleginnen und Kollegen, ist ein leistungsfähiger, innovativer Dienstleister für seine Mitglieder. Aber der Verband kann nur erfolgreich sein, wenn seine Mitglieder erfolgreich sind. Der Verband muss Vordenker sein und seinen Mitgliedern Mehrwert bieten. Er muss schon heute wissen, wo die Mitglieder morgen der Schuh drückt. Im Verbund sehe ich den GVB als Impulsgeber. Anspruch muss es sein, eigene Akzente zu setzen. Diesem Ziel dient auch, dass der GVB seine Gremienstruktur neu aufstellt. Kernaufgabe eines Verbands ist die Interessenvertretung gegenüber Aufsicht, Politik und Öffentlichkeit. Das bedeutet: Es gibt jede Menge an Gestaltungsspielraum. Das reizt mich. Und an diesen Stellen würde ich gerne gemeinsam mit dem gesamten GVB-Team anpacken.

„Mein Ziel ist es, den Verband weiterzuentwickeln und die genossenschaftliche Idee zu fördern.“

Was können die Mitglieder des Verbands von Ihnen erwarten?

Müller: Die Mitglieder können von mir Engagement, Transparenz und einen offenen Dialog erwarten. Ich möchte ihre Anliegen und Bedürfnisse verstehen und den GVB so ausrichten, dass er ihnen bestmöglich dient. Mein Ziel ist es, den Verband weiterzuentwickeln und die genossenschaftliche Idee zu fördern. Durch die Arbeit der vergangenen Jahre wurde eine starke Grundlage gelegt, auf der mein Vorstandskollege Alexander Leißl und ich aufbauen können. Dabei setze ich auf eine enge Zusammenarbeit mit den Mitgliedern und auf innovative Lösungen, um die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam zu meistern.
 

Zum Abschluss eine private Frage: Sie sind regelmäßig mit dem Rennrad unterwegs. Was schätzen Sie daran?

Müller: Das Rennradfahren ist für mich ein perfekter Ausgleich zum beruflichen Alltag. Es gibt mir die Möglichkeit, den Kopf freizubekommen und gleichzeitig körperlich aktiv zu sein. Zudem genieße ich die Zeit in der Natur und die Freiheit, die das Radfahren mit sich bringt. Es ist eine großartige Möglichkeit, neue Energie zu tanken und die bayerische Landschaft zu erkunden.


Herr Müller, vielen Dank für das Gespräch!

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