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Der Modernisierungsprozess hat die Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten nachhaltig verändert. Maschinen machen den Einsatz von menschlichen Arbeitskräften immer öfter überflüssig. Gleichzeitig verschärft sich das Nachfolgeproblem: Weil Erben fehlen, die eigenen Kinder der Landwirtschaft den Rücken kehren oder nicht bereit sind, notwendige Investitionen zu stemmen, werden Jahr für Jahr zahlreiche Bauernhöfe aufgegeben – auch in Bayern.

Die Landwirte haben gelernt, aus diesen Rahmenbedingungen das Beste zu machen. Allerdings zeichnen sich Entwicklungen ab, die den wirtschaftlich-technischen Strukturwandel noch einmal erheblich beschleunigen werden. Dazu zählen insbesondere die Digitalisierung, die auch vor der Landwirtschaft nicht Halt macht, sowie der bevorstehende Renteneintritt der Landwirte aus der Generation der Baby-Boomer. Damit sind die geburtenstarken Jahrgänge ab Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre gemeint. Langfristig droht deshalb der Abschied vom traditionellen Wirtschaftsmodell der bayerischen Landwirtschaft – dem bäuerlichen Familienbetrieb.

Mehr Effizienz durch digitale Anwendungen

Digitale Anwendungen treffen aus einer Flut unterschiedlicher Daten eine intelligente Auswahl und vernetzen sie so, dass sich zum Beispiel Produktionsabläufe effizienter gestalten lassen. Das trifft auch auf den Agrarsektor zu. Beispielsweise ermöglichen Informationen zu Beschaffenheit und Temperatur der Böden in Verbindung mit GPS-Daten eine zeitlich optimierte Aussaat sowie eine räumlich punktgenaue Düngung und Schädlingsbekämpfung. Zukünftig wird die Automatisierung des Feldanbaus auch von Erkenntnissen des autonomen Fahrens profitieren.

Doch Investitionen in die Digitalisierung erhöhen den Druck, größere betriebliche Einheiten zu schaffen, und tragen zum Arbeitsplatzabbau in der Landwirtschaft bei. Hinzu kommt das Nachfolgeproblem, das sich zunehmend verschärft und von dem viele Höfe betroffen sind. Spätestens wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Ruhestand gehen, ist mit einer Beschleunigung des Höfesterbens zu rechnen.

Zahl der Höfe könnte um zwei Drittel sinken

Bei nichtlandwirtschaftlichen Arbeitnehmern werden die ersten Baby-Boomer bereits ab 2020 ihren Ruhestand antreten. Selbstständige Landwirte arbeiten häufig deutlich länger. Die „Verrentungswelle“ bayerischer Bauern wird sich daher vor allem in den 2030er-Jahren abspielen. In diesem Jahrzehnt werden viele ihre Höfe aufgeben. Die Zahl der Betriebe dürfte von heute 88.600 auf etwa 30.000 im Jahr 2040 sinken. Bei einer kaum veränderten Agrargesamtfläche steigt die durchschnittliche Betriebsgröße im gleichen Zeitraum von derzeit 35 Hektar auf knapp 100 Hektar je Betrieb. Damit bleibt sie immer noch weit unter der derzeitigen Durchschnittsgröße in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt.

Agrarbetriebe in Ostdeutschland am größten

Produktion wird immer kapitalintensiver

Immer größere Betriebe erfordern jedoch immer höhere Investitionen in Maschinen und Technik. Insgesamt wird die landwirtschaftliche Produktion in Bayern noch kapitalintensiver, als sie es heute bereits ist. Das Flächenwachstum der Höfe erfolgt vor allem über zugepachtete Felder von Bauern, die ihren Betrieb aufgeben. Durch die Digitalisierung der Landwirtschaft sinkt zwar der Arbeitskräftebedarf. Gleichzeitig erfordern neue Techniken und größere Betriebe zusätzliche fachliche Qualifikationen. Viele Landwirte haben dies erkannt: Sie bilden sich selbst weiter und sorgen für eine gute Ausbildung des Nachwuchses als Landwirtschaftsmeister oder über ein Hochschulstudium.

Künftig werden immer stärker zwar inhabergeführte, aber große, kapitalintensive und betriebswirtschaftlich organisierte Agrarunternehmen die Branche prägen. Diese neue Generation landwirtschaftlicher Unternehmen nutzt intensiv modernste Technik und greift trotz rückläufigem Arbeitskräfteeinsatz zunehmend auf familienfremde Fachkräfte zurück. Im Laufe der Zeit werden auch in Bayern immer häufiger managergeführte Agrarbetriebe zu finden sein. Beste „Überlebenschancen“ hat der traditionelle bäuerliche Familienbetrieb vor allem in der Spezialisierung und in der Öko-Landwirtschaft.

Erweiterter genossenschaftlicher Förderauftrag?

Der skizzierte Strukturwandel ist für die ländlichen Genossenschaften in Bayern mit besonderen Herausforderungen verbunden: So zielt der genossenschaftliche Förderauftrag auf einen Ausgleich der Wettbewerbsnachteile kleiner bäuerlicher Familienbetriebe ab. Das geschieht durch Kooperation, Bündelung der Nachfrage, Verarbeitung der Erzeugnisse und Erschließung von Absatzmärkten. Die landwirtschaftliche Urproduktion blieb bisher aber immer in der Hand selbstständiger Bauern.

Vor dem Hintergrund der langfristigen Perspektiven ist zu überlegen, ob Genossenschaften ihren Förderauftrag um die Verpachtung von Feldern aufgegebener Bauernhöfe oder gar um die landwirtschaftliche Urproduktion auf solchen Flächen erweitern sollten. Spätestens wenn die „Verrentungswelle“ der geburtenstarken Jahrgänge unter den Landwirten anrollt, stellt sich die Frage, wer künftig die Felder bewirtschaftet und die Anlagen nutzt. Sonst könnten immer weniger, dafür aber größere Betriebe verbleiben, die Land pachten oder aufkaufen und ihre lokale Marktmacht nutzen, um die Pachtpreise zu drücken. Leidtragende wären die ehemaligen Bauern und ihre Familien – es sei denn, sie sind Mitglieder und damit gemeinsame Eigentümer einer Genossenschaft, die Felder, Stallungen und Anlagen von ihren Mitgliedern gebündelt verpachtet beziehungsweise selbst pachtet und bewirtschaftet.

Michael Stappel ist Leiter Makroökonomik und Branchenresearch bei der DZ Bank.

Dr. Claus Niegsch ist Volkswirt bei der DZ Bank.

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