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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Ende Februar entschieden, dass Fahrverbote für Diesel-Autos grundsätzlich zulässig sind. Städte können die Fahrzeuge auf bestimmten Strecken aussperren oder – als letztmögliche Option – gar komplett dieselfreie Zonen einrichten. Im Freistaat drohen in vier Städten Fahrverbote: Augsburg, München, Nürnberg und Regensburg. Dort werden an bestimmten Messstellen die Grenzwerte für Stickoxide überschritten.

Die 15 bayerischen Taxigenossenschaften mit mehr als 2.500 Mitgliedern haben den Urteilsspruch genau verfolgt – Panik löst er jedoch nicht aus.

Taxiunternehmer reagieren gelassen

 „Ich finde das Urteil gar nicht so schlecht“, sagt etwa Wolfgang Ziegler, Vorstand der Taxi-Zentrale Nürnberg eG. So habe das Bundesverwaltungsgericht einerseits verdeutlicht, bei der Prüfung von Verkehrsverboten die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Betroffene Städte müssen zunächst ihre Luftreinhaltepläne ändern und können nicht willkürlich Diesel aussperren. Andererseits haben die Richter Ausnahmeregelungen für Handwerker und Anwohner ins Spiel gebracht. „Ich gehe davon aus, dass es für Taxis ebenfalls Sondergenehmigungen gibt. Immerhin sind wir Teil des öffentlichen Personennahverkehrs“, sagt Ziegler.

Zudem machen die Taxigenossenschaften darauf aufmerksam, dass in einem ersten Schritt nur Autos bis zur Abgasnorm Euro 4 mit Fahrverboten belegt werden sollen. Beispiel München: In der Landeshauptstadt gibt es insgesamt rund 3.000 Taxen. Frank Kuhle, Vorstand der Taxi München eG, schätzt, dass weniger als 15 Prozent von ihnen mit einer Euro-4-Plakette unterwegs sind.

Problematisch wären allerdings Fahrverbote für Autos mit Euro-5-Norm – das Bundesverwaltungsgericht hat diese ab dem 1. September 2019 nicht ausgeschlossen. „Eine solche Anordnung hätte dramatische Folgen für uns, da rund die Hälfte unserer Flotte mit dieser Abgasnorm fährt“, sagt Kuhle. Er hofft deshalb auf entsprechende Ausnahmegenehmigungen: „Die Politik muss mit Augenmaß vorgehen, um unseren Mitgliedern nicht die Lebensgrundlage zu entziehen.“

Die Taxi Augsburg eG gibt sich gelassen. „Bei uns werden die Grenzwerte nur leicht überschritten. Ich gehe nicht davon aus, dass es zu Einschränkungen für unsere Mitglieder kommt“, sagt Vorstand Heinrich Kantor. Er ist davon überzeugt, dass die Maßnahmen der Augsburger Verwaltung ausreichen, um die Luftqualität zu verbessern. Die Stadt möchte beispielsweise E-Autos fördern, intelligente Ampeln einrichten und den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausbauen.

Es fehlen umweltfreundliche Autos

Dass Fahrverbote überhaupt drohen, machen die Taxigenossenschaften vor allem an der Angebotspolitik der Autoindustrie fest. „In unserem Gewerbe gibt es eine große Bereitschaft, in umweltfreundliche Fahrzeuge zu investieren. Das Angebot passt jedoch nicht zu unseren Bedürfnissen“, sagt Kuhle. Die meisten Taxi-Unternehmer tauschen ihre Fahrzeuge alle drei bis sechs Jahre aus. Doch viele von ihnen zögern mit der Entscheidung. Sie können nicht einschätzen, ob ein heute gekauftes Diesel-Auto mit Euro-6-Norm in Zukunft ohne Einschränkungen fahren darf.

Emissionsfreie Autos scheiden als Alternative aus. Der Toyota Mirai etwa, ein Auto mit Wasserstoffantrieb, kostet rund 80.000 Euro und hat nur vier statt der üblichen fünf Sitze. Außerdem gibt es im Großraum München erst vier Wasserstoff-Tankstellen. Bei den E-Autos sind die Ladezeiten noch zu lang und die Reichweiten zu kurz – zehn Minuten laden, 300 Kilometer fahren gibt Kuhle als Ziel für einen rentablen Betrieb aus.

Genossenschaften lassen „Eco-Taxis“ fahren

Um selbst zur guten Luft in den Städten beizutragen, kooperieren die Taxigenossenschaften in Augsburg, München und Nürnberg mit dem ADAC für das Projekt „Eco-Taxi“. Das entsprechende Label erhalten Autos, die beim Umwelttest mindestens vier von fünf Sternen erlangt haben und weniger als 145 Gramm CO2 pro Kilometer unter realitätsnahen Bedingungen ausstoßen. „Das Modell hat sich bewährt, rund ein Viertel aller Münchner Taxler sind mit solchen Fahrzeugen unterwegs“, sagt Kuhle.

Probleme gibt es jedoch bei der Auswahl der Wagen. Das Paradoxon: „Die Hersteller reden viel von E-Mobilität – praktikable Fahrzeuge gibt es bei den Händlern aber nicht“, sagt Ziegler von der Taxi Nürnberg eG. Er empfiehlt seinen Mitgliedern in der Kategorie der schadstoffarmen Autos lediglich den Toyota Prius Plus. Ziegler hofft, dass die Industrie auf Druck der Politik verstärkt die Hard- und Software älterer und aktueller Diesel-Modelle nachrüstet und auch deutsche Hersteller zeitnah Fahrzeuge mit geringem Schadstoffausstoß für den Taxiverkehr anbieten.

Die Mitglieder der Taxigenossenschaften sind aufgrund der aktuellen Debatte dennoch in Sorge. Die Vorstände berichten, dass vor allem die Fahrer an den Taxiständen untereinander sehr kontrovers über die Auswirkungen möglicher Diesel-Fahrverbote diskutieren. Keiner weiß, was wirklich kommt. „Wir hoffen, dass die Politik schnell Klarheiten schafft“, sagt Kuhle.

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