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Nachhaltigkeit ist ein ambivalenter Begriff: Einerseits führen die damit zusammenhängenden Gesetze und Informationspflichten in der Wirtschaft zu viel Frust und Bürokratie, andererseits bietet das Thema auch Chancen: Wer sein Unternehmen auf mehr Nachhaltigkeit trimmt, erschließt Innovationspotenziale und optimiert Prozesse. Das hilft dabei, die Effizienz zu steigern – und stärkt so die Wettbewerbsfähigkeit.

In diesem Spannungsfeld bewegte sich auch das Nachhaltigkeitsforum 2024, das der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) Anfang November 2024 zum zweiten Mal für seine Mitglieder ausrichtete. Knapp 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von GVB-Mitgliedsunternehmen waren gekommen, um sich im Tagungszentrum der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) in Beilngries darüber auszutauschen, wie Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit trotz aller Belastungen für sich nutzen können. Mit dabei waren Vertreterinnen und Vertreter genossenschaftlicher Molkereien, des Raiffeisen-Warenhandels sowie von Volks- und Raiffeisenbanken, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Unternehmen brauchen Freiraum, um kreativ zu sein

Bei der ausufernden Regulatorik zur Nachhaltigkeit dränge sich das Gefühl auf, dass die eigentlichen Klimaschutzziele immer mehr in den Hintergrund geraten, bekannte Ludwig Huber, Leiter des Bereichs Beratung Ware und Dienstleistung beim GVB, in seinen einleitenden Worten. „Man gewinnt den Eindruck, dass die Unternehmen hauptsächlich damit beschäftigt sind, Einschränkungen und Verbote einzuhalten, anstatt dass man ihnen den Freiraum gibt, kreativ zu sein und Innovationen zu entwickeln“, sagte Huber mit Blick auf das Lieferkettengesetz oder die Entwaldungsverordnung, deren erstmalige Anwendung von der EU auf Ende 2025 verschoben worden ist.

Besonders kritisch sieht Huber die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die er als „Monstrum“ bezeichnete. „Laut dem von der Bundesregierung Anfang September vorgelegten Gesetzentwurf mit einem Umfang von 176 Seiten ergibt sich für die Wirtschaft nach vollständiger Einführung der Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2028 ein jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1,58 Milliarden Euro“, betonte Huber. Dieser Betrag setze sich ausschließlich aus Bürokratiekosten durch die Erfüllung der Informationspflichten zusammen. Das betreffe zahlreiche Unternehmen unmittelbar oder mittelbar, auch die bayerischen Genossenschaften. Trotzdem warb Huber dafür, auch die Chancen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu sehen: „Gerade für jüngere Mitarbeitende ist das Thema Nachhaltigkeit von großer Bedeutung, es motiviert, schafft Teamspirit, macht den Arbeitgeber attraktiver. Wenn am Schluss für das Unternehmen Vorteile im Marketing herausspringen und ein Imagegewinn bleibt, dann lässt sich die Kröte ,Berichterstattung‘ leichter schlucken“, sagte Huber.

Nachhaltigkeit braucht einen guten Matchplan

Erika Henger ist Teil des Teams Nachhaltigkeit beim GVB. Sie griff den Faden von Ludwig Huber auf und warb ebenfalls für eine positive Denkweise, wenn Unternehmen über ihr Engagement zu Nachhaltigkeit Bericht erstattet müssen. Ihre Idee: Nachhaltigkeit als Teamsport zu betrachten. „Dabei geht es nicht nur um das Zusammenspiel der Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, sondern auch um die Menschen im Unternehmen.“ Die Spielregeln lieferten die EU-Richtlinie zur Berichterstattung von Nachhaltigkeit in Unternehmen (CSRD) sowie die europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS). „Mit diesen Spielregeln gilt es nun, eine gute Strategie und den richtigen Matchplan zu entwickeln“, meinte Henger. Ihr Matchplan sieht fünf Schritte vor:

Schritt 1: Das richtige Team aufstellen

Wie im Sport sei es auch bei der Erstellung einer Nachhaltigkeitsstrategie wichtig, dass verschiedene Personen aus dem Unternehmen ihre individuellen Fähigkeiten einbringen. „Jeder Spieler muss an der richtigen Position stehen, damit das Team optimal aufgestellt ist. Haben wir schnelle Stürmer, die Chancen ergreifen? Oder eine starke Abwehr, die Risiken absichert? Auch mögliche Schwachstellen müssen wir kennen, um die Strategie entsprechend anzupassen“, meint Henger.

Schritt 2: Das Spiel analysieren

Ein erfolgreiches Spiel erfordert auch, den Gegner beziehungsweise das Umfeld gut zu beobachten – in diesem Fall die Konkurrenz, die Markttrends und vor allem die Stakeholder. Welche Themen oder Produkte treiben andere Unternehmen voran? Gibt es bestimmte „Schlüsselspieler“ unter den Stakeholdern, die besonders stark sind? „Ein guter Teamkapitän analysiert die Stärken und Schwächen des Gegners. Genauso sollten die Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit Chancen und Risiken frühzeitig erkennen. Die Erkenntnisse aus dieser Analyse helfen uns, flexibel und strategisch auf Chancen zu reagieren und Risiken zu minimieren“, sagt Henger.

Schritt 3: Die Spielphilosophie festlegen

Auf welche Themen, Produkte und Wertschöpfungsketten will sich das Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit konzentrieren und diese näher analysieren? Die Erkenntnisse sind wichtig für die zukünftige Ausrichtung. Je nach Ausgangslage bietet sich eine offensive oder defensive Herangehensweise an. „Eine offensive Strategie bedeutet, vorausschauend Chancen zu nutzen und das Unternehmen als Vorreiter in Nachhaltigkeitsfragen zu positionieren. Zum Beispiel durch ambitionierte Ziele in der CO₂-Reduktion oder innovative Produkte. Eine defensive Strategie dagegen ist darauf ausgerichtet, Risiken zu minimieren und bestehende Standards zu sichern. Diese Ausrichtung hilft, das Spiel unter Kontrolle zu halten“, meint Henger.

Schritt 4: Standardsituationen vorbereiten

Wie ein Team, das sich auf Ecken und Freistöße vorbereitet, brauchen auch Unternehmen Standards, um auf das ESG-Spiel vorbereitet zu sein. Die europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) geben eine klare Grundlage dafür. Henger: „Zu den offensiven Standards zählen die ESG-Kennzahlen, die im Bericht sauber und transparent aufbereitet werden sollten. Sie ermöglichen es, Fortschritte und Erfolge zu zeigen. Gleichzeitig ist es wichtig, auch defensive Standards bereitzuhalten – detaillierte Daten und Dokumentationen, die bei Rückfragen oder Prüfungen Sicherheit bieten. So ist das Unternehmen nicht nur gut vorbereitet, sondern kann auf Standardsituationen flexibel und souverän reagieren.“

Schritt 5: Alle mit an Bord holen

Ein strategischer Plan funktioniert nur, wenn alle Spieler die Taktik kennen und verstehen. Kommunikation ist der Schlüssel dafür – jedes Teammitglied muss wissen, was es beizutragen hat, und sich sicher in seiner Rolle fühlen. Doch ein guter Plan bringt wenig ohne Motivation. „Für den Erfolg sind die Spieler entscheidend, die an die Taktik glauben und für das gemeinsame Ziel kämpfen. Nachhaltigkeit ist ein langfristiges Ziel, das nur gemeinsam erreicht werden kann. Das sollten alle im Unternehmen erkennen. Die Motivation, für eine bessere Zukunft zu spielen, wird so zum entscheidenden Vorteil“, sagt Henger.

Das Spiel geht los: Erste Halbzeit und Anpassungen

Zu Beginn des Spiels muss sich das Unternehmen entscheiden: Spielt es abwartend, um den Gegner zu beobachten, oder geht es von Anfang an in die Offensive? Die richtige Herangehensweise hängt von der Position ab und kann entscheidend sein. „Ein guter Spielplan bleibt flexibel. Wenn wir zum Beispiel merken, dass sich eine Strategie nicht bewährt, müssen wir situativ anpassen – wie ein Trainer, der bei Rückstand offensiver oder bei Führung defensiver spielt. Eine dynamische Nachhaltigkeitsstrategie bedeutet, jederzeit auf Veränderungen reagieren zu können und flexibel zu bleiben“, betont Henger.

Nach dem Spiel: Analyse und kontinuierliche Verbesserung

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Sobald das Unternehmen erste Schritte seiner Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt hat, gilt es, die Ergebnisse zu analysieren. Was hat funktioniert? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf? Die Erkenntnisse aus dieser Analyse fließen in die Anpassung der Strategie ein und machen das Unternehmen stärker für zukünftige Herausforderungen. „Nachhaltigkeit bedeutet, einen Zyklus des Planens, Handelns, Messens und Steuerns zu etablieren. Transparenz und Dokumentation sind entscheidend, um nachvollziehbare Ergebnisse zu schaffen und aus jedem Schritt zu lernen. So wird das Team Nachhaltigkeit nicht nur flexibler, sondern kann sich auch besser auf neue Situationen vorbereiten“, sagt Henger. Am Ende zähle eben nicht nur der Plan – sondern das Tun. „Echte Veränderungen entstehen nur durch Handeln“, appellierte die GVB-Beraterin an die Teilnehmenden. Deshalb laute das Motto des GVB-Nachhaltigkeitsforum auch „Einfach mal machen!“

Neue Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung

Mit der Richtlinie zur Berichterstattung von Nachhaltigkeit in Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) läutet die EU eine neue Ära der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein: Der Anwenderkreis und der Umfang von bestehenden Berichtspflichten werden erheblich erweitert. Ab 2025 müssen stufenweise insgesamt etwa 13.000 Unternehmen in Deutschland, darunter auch Banken, ihre Nachhaltigkeitsberichte als Teil ihres jährlichen Lageberichts veröffentlichen. Betroffen sind alle Unternehmen, die mindestens zwei der drei Kriterien erfüllen:

  • mindestens 25 Millionen Euro Bilanzsumme,
  • mindestens 50 Millionen Euro Umsatz,
  • mindestens 250 Beschäftigte.

Europaweit einheitliche Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), sollen die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichte erhöhen. Die Bedeutung der Berichte ist nicht unerheblich: Als Teil des Lageberichts ist die Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung zukünftig verpflichtend – so soll die Verlässlichkeit gesichert werden.

Schritt für Schritt zur Wesentlichkeitsanalyse

Wie die Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit konkret ins Tun kommen können, erläuterten die weiteren Referentinnen und Referenten. Cathrin Westermann ist Nachhaltigkeitsberaterin beim Genossenschaftsverband Weser-Ems. Sie informierte, wie Unternehmen eine Wesentlichkeitsanalyse erstellen können. Diese ist ein wichtiger Baustein jeder Nachhaltigkeitsstrategie. „Wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, analysiert man die Situation und setzt Prioritäten. Nichts anderes macht man bei einer Wesentlichkeitsanalyse. Sie ist der Schlüssel zu einer effektiven Nachhaltigkeitsstrategie“, brachte es Westermann auf den Punkt.

Mit der Wesentlichkeitsanalyse werden Themen identifiziert, die sich auf die finanzielle Situation des Unternehmens sowie auf Menschen, Umwelt und Gesellschaft wesentlich auswirken. Sie hilft Unternehmen, ihre Ressourcen gezielt einzusetzen und sich auf Nachhaltigkeitsthemen zu konzentrieren, die sowohl für die Geschäftsentwicklung als auch für Stakeholder einen hohen Wert haben. Dabei ist die Wesentlichkeitsanalyse der Ausgangspunkt und das Fundament für das Nachhaltigkeitsmanagement eines Unternehmens. „Die Erkenntnisse aus der Wesentlichkeitsanalyse müssen nahtlos in die übergeordnete Unternehmensstrategie integriert werden, damit Nachhaltigkeit kein isoliertes Ziel bleibt, sondern in alle Entscheidungsprozesse einfließt“, betonte Westermann. Ziel sei es, Risiken zu minimieren, Chancen zu erkennen und langfristig Wert für das Unternehmen sowie die Stakeholder zu schaffen, indem ESG-Kriterien als integraler Bestandteil der Entscheidungsfindung betrachtet werden.

Um bei der Wesentlichkeitsanalyse den Überblick zu behalten, empfiehlt Westermann ein Vorgehen Schritt für Schritt: Erst die Anspruchsgruppen (Stakeholder) und die Wertschöpfungsketten des Unternehmens bestimmen, daraus auf einer Longlist tatsächliche und potenzielle Themen identifizieren und die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt sowie die finanziellen Chancen und Risiken für das Unternehmen beschreiben. Auf einer Shortlist werden die Themen eingedampft, die Anspruchsgruppen eingebunden und am Ende werden die Ergebnisse in einer Wesentlichkeitsmatrix dargestellt. Laut Westermann eignet sich für diesen Prozess ein Workshop-Format mit Bereichsleitern, Abteilungsleitern und Fachexperten. Wichtig sei eine breite, diverse Besetzung, um alle ESG-Themen über die gesamte Wertschöpfungskette zu beleuchten.

Den Nutzen einer Wesentlichkeitsanalyse beschreibt Westermann in vier Punkten:

  • Strategische Planung: Identifikation der wichtigsten Themen, die langfristigen Einfluss auf das Unternehmen haben.
  • Risikominimierung: Erkennung und Bewältigung von Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit.
  • Stakeholder-Beziehungen: Verbesserung der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens durch gezielte Kommunikation.
  • Effizienzsteigerung: Der Fokus auf wirklich relevante Themen vermeidet unnötige Kosten und Aufwand.

Auch beim Einstieg ins Nachhaltigkeitsmanagement empfiehlt Westermann ein Vorgehen in kleinen, pragmatischen Schritten. „Nachhaltigkeitsmanagement ist ein kontinuierlicher Prozess, der Flexibilität und Engagement erfordert.“ Dazu gehöre, Themen zu erkennen und anzugehen, bei denen man schnelle Erfolge feiern könne, zum Beispiel bei Energieeinsparungen, sowie kleinere Pilotprojekte zu starten, um Erfahrungen zu sammeln. Die gesammelten Erfahrungen können dann dazu genutzt werden, um die Prozesse schrittweise zu verbessern. In der Kommunikation sei es wichtig, Erfolge intern zu feiern, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, und nach außen transparent über Fortschritte und Herausforderungen zu berichten, um die Glaubwürdigkeit bei den Anspruchsgruppen zu erhöhen.

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex als Wegbereiter

Seit 2011 unterstützt der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) Unternehmen dabei, einen einfachen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu finden, wie Florian Harrlandt, Leiter Grundsatzfragen Nachhaltigkeit beim DNK, erläuterte. Entwickelt wurde der DNK vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) im Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Finanzmarkt, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Ziel ist es, ein flexibel handhabbares Instrument für die Nachhaltigkeitsberichterstattung anzubieten und daneben nachhaltiges Wirtschaften zu fördern sowie Unternehmen darin zu unterstützen, soziale und ökologische Belange aktiv in ihre Unternehmensstrategien zu integrieren.

Inzwischen nutzen rund 1.300 Unternehmen den Deutschen Nachhaltigkeitskodex. Am Ende steht nicht nur ein Nachhaltigkeitsbericht. Noch entscheidender sind die unternehmensinternen Veränderungsprozesse, die durch die Analyse der eigenen Wertschöpfungskette und Aktivitäten angestoßen werden und wichtige Impulse liefern, um Geschäftsmodelle nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu gestalten.

Um die Umsetzung der CSRD und der europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen zu erleichtern, investiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) rund 20 Millionen Euro in die Weiterentwicklung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex. Das Ziel dieser Initiative ist es, durch umfangreiche Unterstützungsangebote den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich zu reduzieren, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (siehe dazu auch die Pressemitteilung des Rates für Nachhaltige Entwicklung). Dazu wird auch eine neue Webplattform entwickelt. Ab 2025 können sowohl berichtspflichtige Unternehmen als auch freiwillig berichtende Unternehmen von den Angeboten profitieren, um ihre Berichte gemäß der CSRD zu erstellen.

Weitere Informationen zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex und zu den Unterstützungsangeboten gibt es auf der DNK-Webseite.

Spagat zwischen Verantwortung und Vorgaben

Mirko Raddatz, Leiter der Stabsstelle Nachhaltigkeit bei der Molkerei Bayernland eG, berichtete über den Spagat zwischen Verantwortung und Vorgaben, den Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit meistern müssen. Er plädierte ebenfalls dafür, die Chancen für Transformation und Innovation zu nutzen. Auch in den USA, China oder Indien gebe es Gesetze und Richtlinien zur Förderung von Nachhaltigkeit, berichtete Raddatz.

Als Trends und Treiber beim Thema Nachhaltigkeit nannte er neben der Gesetzgebung auch die Erwartungen von Verbrauchern und Kunden, die Anforderungen von Investoren und den Wettbewerbsdruck. So sei der Trend zu nachhaltigen Produkten weiterhin da, Klimaschutz und Ressourcenschonung spielten bei Verbrauchern eine stärker werdende Rolle. Nachhaltige Investitionen könnten aber auch ein Imagebooster sein. Darüber hinaus erwarteten Partner in der Lieferkette Engagement im Bereich Nachhaltigkeit. Zudem müssten Unternehmen mit dem Wettbewerb Schritt halten, wenn die Konkurrenz zum Beispiel ein CO2-neutrales Produkt anbietet.

In der praktischen Umsetzung des Themas Nachhaltigkeit machte Raddatz drei Kernprobleme aus:

  • Nachhaltigkeit hat oftmals kurzfristig kaum positive (monetäre Effekte): Die Umsetzung langfristig wirksamer Veränderungen fällt deshalb oft schwer.
  • Veränderungsdruck ist noch kein Auftrag für Veränderung: Trotz hoher regulatorischer Verpflichtungen und Anforderungen von Stakeholdern sind umfassende Transformationsaufträge und die dazugehörige Ressourcenausstattung in Unternehmen selten.
  • Anspruch und Wirklichkeit in der Umsetzung passen nicht zusammen: Trotz bestehender Nachhaltigkeitsstrategie fehlt es an einer konsequenten Umsetzung des Themas in den Unternehmen.

Um die Voraussetzungen für eine nachhaltige Transformation des Unternehmens zu schaffen, empfahl Raddatz, zuerst die internen Ziele klar zu definieren, dann alle (relevanten) Abteilungen einzubinden, feste Ansprechpartner zu finden, Projektteams zu bilden, geeignete Softwarelösungen zu finden, Abläufe zu automatisieren und gegebenenfalls externe Hilfe zu holen. Eine wichtige Voraussetzung für die nachhaltige Transformation sei die Digitalisierung, betonte Raddatz. Komplexe Lieferketten und moderne Produktionsverfahren erzeugen große Datenmengen, die es zu managen gilt. Zudem erfordere die schnelle und effiziente Bearbeitung von Kundenanfragen ein gutes Datenmanagement. Zudem könne die digitale Analyse großer Datenmengen dabei helfen, Muster zu erkennen und unnötigen Ressourcenverbrauch minimieren, etwa im Energiebereich.

CO2-Reduktion lohnt sich bald auch finanziell

Benjamin Arnold, Energieauditor und Berater beim GVB, beschrieb den Weg zur CO2-Bilanzierung für Unternehmen. Gerechnet wird dabei in CO2-Äquivalenten. Diese Maßeinheit wird verwendet, um die Auswirkungen verschiedener Treibhausgase auf die Erderwärmung auf eine gemeinsame Rechenbasis zu stellen. Weil der CO2-Ausstoß über Zertifikate bepreist wird, lohnt es sich perspektivisch auch finanziell, die Emission von Klimagasen zu reduzieren, wie Arnold betonte. Laut dem GVB-Energieauditor ist davon auszugehen, dass bis zum Jahr 2030 Zertifikate für eine Tonne CO2-Emissionen mehr als 100 Euro kosten werden.

Eine CO2-Bilanz müsse die wesentlichen Emissionen eines Unternehmens wiedergeben, betonte Arnold. Dabei komme es auch auf eine präzise Erfassung und eine konsistente Methodik an, um die Vergleichbarkeit der Daten über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Um die Transparenz der CO2-Bilanz zu gewährleisten, sollten die Datenquellen offengelegt werden. Die Hauptemittenten lassen sich zum Beispiel mit einer Wesentlichkeitsanalyse, einem Energieaudit oder einer Analyse der Betriebsabläufe bestimmen. Geeignete Datenquellen sind die Finanzbuchhaltung und das Controlling, der Hausmeister, Lieferanten oder auch die Personalabteilung, die über die Geschäftsreisen der Mitarbeitenden Bescheid weiß. „Aus diesen Daten lässt sich ableiten, wie viel CO2 bei diesen Reisen ausgestoßen wurde, abhängig davon, ob die Mitarbeitenden mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug unterwegs waren“, sagt Arnold.

Der GVB unterstützt

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt seine Mitglieder unter anderem beim Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements sowie bei der Erstellung von CSRD-Nachhaltigkeitsberichten. Zur Beratung für die Berichterstattung gehören die Wesentlichkeitsanalyse, der Einbezug von Interessensgruppen und die Ermittlung der ESRS-Datenpunkte. Ebenso prüft der GVB Nachhaltigkeitsberichte.

Weitere Informationen und Unterstützungsleistungen zum Thema Nachhaltigkeit finden VR-Banken im GVB-Mitgliederportal und im MuV-Manager sowie WuD-Genossenschaften ebenfalls im GVB-Mitgliederportal.

Ansprechpartnerin für WuD-Genossenschaften: Erika Henger, ehenger(at)gv-bayern.de, +49 89 2868-3579.

Ansprechpartner für VR-Banken: Jonas Rott, jrott(at)gv-bayern.de, +49 89 2869-3607.

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