Afrikanische Schweinepest: Ein Handbuch hilft den Genossenschaften, bei einem Ausbruch der Tierseuche die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Nachhaltigkeit sowie das Denken in Kreisläufen sind für die deutsche Agrarwirtschaft seit jeher Grundpfeiler des Wirtschaftens. Die Landwirtinnen und Landwirte sowie ihre Genossenschaften kennen sich bestens mit nachhaltigem Wirtschaften aus. Entscheidungen auf den Betrieben werden für Generationen getroffen und das genossenschaftliche Prinzip garantiert seit über 150 Jahren gemeinschaftlichen Wohlstand. Eine wesentliche Grundlage dafür ist, dass es der Agrarsektor schafft, einen ausgewogenen Ausgleich zwischen ökologischen und sozialen Erwartungen auf der einen und ökonomischen Notwendigkeiten auf der anderen Seite herzustellen.
Die Nachhaltigkeit hält nun auch Einzug in die Finanzwirtschaft. Diese steht unter einem immer weiter zunehmenden Regulationsdruck. Zukünftig soll die Finanzwirtschaft nach dem Willen der Europäischen Union auch eine Lenkungsfunktion hin zu nachhaltigen Anlageformen übernehmen. Grundlage dafür soll ein Klassifizierungssystem („Grüne Taxonomie“) bilden. Darin soll für verschiedene Branchen definiert werden, was ökologische Nachhaltigkeit ist. Als ein Ergebnis soll festgelegt werden, welche Tätigkeiten als nachhaltig und damit als investitionswürdig anzusehen sind. Zu den von der Taxonomie betroffenen Branchen zählt neben der Immobilien- und Energiewirtschaft auch die Land- und Forstwirtschaft.
„Wir bewerten die Einführung einer Grünen Taxonomie für unsere Branche als kontraproduktiv und lehnen dieses Ansinnen ab.“
Andere Branchen mögen von einer Klarstellung profitieren, für die Agrarwirtschaft ist diese jedoch unnötig – es gibt sie bereits. Über zahlreiche gesetzliche Regelungen wie das Naturschutzgesetz, Bundesboden- und Wasserhaushaltsgesetz sowie durch Dünge- und Pflanzenschutzmittelregelungen ist die Nachhaltigkeit bereits heute im Fachrecht fest verankert. Wir bewerten daher die Einführung einer Grünen Taxonomie für unsere Branche als kontraproduktiv und lehnen dieses Ansinnen ab. Maßstab für die Bewertung der Nachhaltigkeit muss ausschließlich das Fachrecht auf europäischer und nationaler Ebene bleiben. Für Investitionen in die Landwirtschaft wäre es zielführender, einen Verweis auf die bestehenden strengen Regelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU in der Taxonomie-Verordnung aufzunehmen. Andernfalls würde ein zweites, paralleles und unmittelbar geltendes System entstehen.
Hinzu kommt, dass eine solche Verordnung im Gegensatz zu einer auf EU-Ebene entwickelten Richtlinie keiner nationalen Umsetzung bedarf. Es kann folglich nicht an die jeweiligen Besonderheiten in den einzelnen Mitgliedsstaaten angepasst werden. Eine Aushöhlung des bestehenden Fachrechts durch die geplanten finanzwirtschaftlichen Regelungen wäre die Folge. Darüber hinaus müssten die Betroffenen die Einhaltung der Vorgaben der Taxonomie-Verordnung beweisen. Es ist zu befürchten, dass dadurch ein kaum noch zu bewältigender bürokratischer Aufwand entstünde. Wir als Deutscher Raiffeisenverband (DRV) haben vor diesem Hintergrund die Initiative ergriffen und uns gemeinsam mit anderen führenden Verbänden der Agrarwirtschaft an der Konsultation zur Taxonomie-Verordnung beteiligt und uns gegenüber der EU-Kommission in einer Stellungnahme positioniert.
Auch wenn sich die derzeit diskutierte Taxonomie-Verordnung nur auf „Green Bonds“, also festverzinsliche Anleihen bezieht, können wir perspektivisch Auswirkungen auf das Agrar-Kreditgeschäft nicht ausschließen. Dies zeigt sich bereits jetzt in einem unlängst zur Konsultation veröffentlichten Merkblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Thema Nachhaltigkeit. Die Aufsichtsbehörde will Banken, Versicherungen und Kapitalverwaltungsgesellschaften zukünftig verpflichten, Aspekte der Nachhaltigkeit in ihr Risikomanagement einzubeziehen. Verbindliche gesetzliche Regelungen sollen dadurch nicht abgeschwächt oder erweitert werden.
„Die Agrarwirtschaft ist durch einen hohen Investitionsbedarf in besonderem Maße auf die Verfügbarkeit von Kapital angewiesen.“
Es scheint, als wolle die BaFin Finanzinstitute verpflichten, ein unternehmensbezogenes Nachhaltigkeitsmanagement aufzusetzen. Durch diese Vorgaben sind jedoch mittelbare Auswirkungen auf das Kreditgeschäft zu erwarten. So sollen Banken bei der Kreditvergabe zukünftig verpflichtet werden, Nachhaltigkeitsrisiken der Kreditnehmer zu berücksichtigen. Daher ist damit zu rechnen, dass Kreditnehmer aus der Land- und Agrarwirtschaft in Zukunft Auskunft über Fragen rund um die Nachhaltigkeit geben werden müssen.
Die Agrarwirtschaft ist durch einen hohen Investitionsbedarf in besonderem Maße auf die Verfügbarkeit von Kapital angewiesen. Deshalb muss unbedingt vermieden werden, dass durch die aktuellen Diskussionen über die Nachhaltigkeit weitere Hemmnisse für den Agrarsektor entstehen. Sonst würde ein Sektor in seiner Entwicklungsfähigkeit beeinträchtigt, der eine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit einnimmt. Das wäre definitiv nicht nachhaltig.
Franz-Josef Holzenkamp ist Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV).