MiFID II: Die Wertpapierrichtlinie erschwert es Privatanlegern, in Unternehmensanleihen zu investieren. Gerade versierte Investoren fühlen sich bevormundet.
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Das BMF zur ex-ante-Kosteninformation:
„MiFID does not differentiate between inexperienced retail clients, who need all of the information and protection provided for in MiFID, and experienced retail clients, who are very active in financial markets and therefore might not have the same need for information. It should be examined how such a semi-professional client could be defined properly and how information requirements could be limited in such a way that they apply only to inexperienced retail clients. In any case, it should be assessed whether the information requirements that apply to experienced retail clients can be limited to certain types of information (e.g. standardised ex-ante cost information).“
Dazu meine ich: „Seit MiFID II in Kraft getreten ist, müssen Banken ihre Kunden über sämtliche Kosten beim Kauf und Verkauf eines Wertpapiers detailliert informieren. Kunden müssen diese Kosteninformationen rechtzeitig vor der Wertpapier-Order, also „ex-ante“, erhalten. Die Kosten sind auf einem dauerhaften Datenträger aufzulisten und zuzustellen, also etwa per Post oder per E-Mail. Dadurch kann sich die Abwicklung des Wertpapiergeschäfts verzögern. Unter Umständen müssen Anleger in Kauf nehmen, dass sich das gewünschte Wertpapier in der Zwischenzeit verteuert hat.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) setzt sich deshalb dafür ein, dass künftig zwischen unerfahrenen und erfahrenen Privatanlegern unterschieden wird. Für erfahrene Anleger soll eine standardisierte ex-ante-Kosteninformation möglich sein. Damit müssten die Informationen nicht mehr vor jeder einzelnen Wertpapier-Order bereitgestellt werden. Anleger und Kreditinstitute würden so von unnötiger Bürokratie befreit. Das BMF ist damit auf dem richtigen Weg. Durch die Vorschläge könnten Wertpapiergeschäfte schneller und effizienter abgewickelt werden. Kunden sollen frei entscheiden können, worauf sie im Einzelfall größeren Wert legen: Eine schnelle Auftragsausführung oder eine umfassende Vorab-Kosteninformation.“
Das BMF zur Telefonaufzeichnungspflicht:
„The implementation of the recording requirement (Art. 16 (7) MiFID) causes high costs for investment firms, raises data privacy concerns for customers, and has the potential to impair the confidentiality of communication between investment firm and client. The German Ministry of Finance is therefore in favour of deleting the provision. At a minimum, clients should be allowed to waive the telephone recording requirement, under the condition that they are provided with information regarding the risks of not being able to use a telephone recording as proof in cases of dispute with an advisor.“
Dazu meine ich: „Die Finanzmarktrichtlinie MiFID II schreibt vor, dass alle telefonischen Gespräche zur Anlageberatung aufgezeichnet werden müssen. Das gilt unabhängig davon, ob ein Wertpapiergeschäft abgeschlossen wird oder nicht. Wie das Bundesministerium der Finanzen richtig erkannt hat, ist die Pflicht zur Telefonaufzeichnung für Anleger und ihre Banken problematisch. Die Bereitstellung der nötigen technischen Infrastruktur verursacht hohe Kosten. Teilweise bieten Banken telefonische Wertpapierberatung daher gar nicht mehr an. Vor allem aber stellt die Pflicht zur Aufzeichnung aus Sicht der Kunden einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre dar.
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass zahlreiche Kunden mit den Regeln zur Telefonaufzeichnung nicht glücklich sind: Immer wieder werden Wertpapier-Orders abgebrochen. Zwei Drittel der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken berichten von negativer Kundenresonanz auf die Telefonaufzeichnungspflicht. Ich teile daher die Meinung des BMF: Die Aufzeichnungspflicht von Telefongesprächen in der Anlageberatung gehört abgeschafft. Zumindest müssen die Kunden eine Wahlmöglichkeit erhalten, ob sie eine Aufzeichnung wünschen oder nicht.“
Das BMF zur Harmonisierung und Überprüfung von Produktinformationsblättern:
„The MiFID and PRIIPS provisions on the information that must be provided to clients, particularly as regards costs should be harmonised to avoid a misleading duplication of information. Under the current provisions, the cost information for the same product may differ depending on whether MiFID or the PRIIPs KID is applied, due to different calculation methods. […] For some products, the current provisions lead to misleading presentations of performance scenarios. PRIIPs manufacturers are forced to add written comments that the presentation should be disregarded. This situation is contrary to the Regulation’s objective of ensuring that retail clients are properly informed about packaged investment products and its potential future performance.“
Dazu meine ich: „Die Produktinformationsblätter, die Banken ihren Kunden in der Wertpapierberatung zur Verfügung stellen müssen, sind derzeit tatsächlich schwer verständlich und verwirrend. Momentan existieren ein halbes Dutzend unterschiedlicher Informationsblätter – teilweise mit abweichenden gesetzlichen Vorgaben. So werden die Kosten bestimmter Anlageprodukte im Basisinformationsblatt nach PRIIPs anders berechnet als in der Kosteninformation auf Basis der Richtlinie MiFID II.
Ein weiteres Beispiel sind die sogenannten „Performance-Szenarien“, die die mögliche Wertentwicklung des Wertpapiers darstellen. Das Produktinformationsblatt nach deutschem Recht enthält Performance-Szenarien auf Basis realisierter Ergebnisse, während für das europäische Basisinformationsblatt aufwendige Simulationen durchgeführt werden müssen. Teilweise ergeben sich beim europäischen Basisinformationsblatt derart realitätsferne Szenarien, dass sie vom Emittenten mit dem Hinweis „bitte ignorieren“ versehen werden sollen. Hier müssen die europäischen Gesetzgeber nachbessern. Ziel muss sein, die Verständlichkeit von Finanzprodukten zu erhöhen und Vergleichbarkeit zu schaffen.
Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.