„Tiefgreifender Wandel“: Datev-Chef Robert Mayr erklärt, wie Genossenschaften von KI profitieren können und welche Erfahrungen sein Unternehmen beim Einsatz der Technologie gesammelt hat.
Die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte hat Anfang August eine eigene Stelle zum Thema Künstliche Intelligenz geschaffen. Diese Position nimmt Johannes Liebel ein. Liebel ist ein Eigengewächs des Kreditinstituts mit Sitz in Ingolstadt: Nach seiner Banklehre, die er im Februar 2019 erfolgreich abgeschlossen hat, war er in der IT-Administration tätig. Als „Spezialist Künstliche Intelligenz“ berichtet der angehende Absolvent eines Bachelor-Studiums im Bereich Wirtschaftsinformatik nun direkt an den Bereichsleiter Organisation/IT. Womit beschäftigt er sich? „Ich analysiere, welchen Einfluss Generative Künstliche Intelligenz auf unsere Geschäftsprozesse hat, führe in enger Zusammenarbeit mit Dienstleistern passende Tools ein und schule die Kolleginnen und Kollegen“, erklärt Liebel.
KI ist aus dem Arbeitsalltag der Zukunft nicht mehr wegzudenken
Das Beispiel zeigt, dass die bayerischen Kreditgenossenschaften dem Thema Künstliche Intelligenz einen immer höheren Stellenwert zumessen und zunehmend organisatorisch verankern. Auch Liebel ist davon überzeugt, dass die Bedeutung der Technologie zunehmen wird: „Aus dem Arbeitsalltag der Zukunft ist Künstliche Intelligenz nicht mehr wegzudenken.“ Als besonders interessant bezeichnet er die Entwicklungen im Bereich der Generativen Künstlichen Intelligenz. Generativ bedeutet, dass die Technologie auf Basis von eingegebenen Daten neue Inhalte produziert. Die Texte, Bilder oder Videos wirken so, als hätte sie ein Mensch erstellt. Prominentestes Beispiel dafür ist der Chatbot ChatGPT.
Workshops für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Die Bank hat sich erstmals ab Mai 2023 umfassend mit den Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz befasst. Auch Liebel war Teil des Projektteams „KI und Genossenschaftsbanken“. Im Mittelpunkt stand die Frage, in welchen Bereichen der Bank die Technologie künftig verstärkt zum Einsatz kommen könnte.
In zwei- bis dreistündigen Workshops haben Liebel und die weiteren Mitglieder des Projektteams gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachabteilungen mögliche Anwendungsbeispiele analysiert. Ein Beispiel: Bei der Marketing-Abteilung ging es vorwiegend um Unterstützung bei Social-Media-Beiträgen. Es wurde diskutiert, inwieweit KI-Anwendungen dabei helfen können, Inhalte für LinkedIn, Instagram und Co. zu produzieren. „Ziel des Workshops war es, die Möglichkeiten und Grenzen von Künstlicher Intelligenz aufzuzeigen. Wir wollten den Kolleginnen und Kollegen vermitteln, in welchen Bereichen sie die Technologie perspektivisch nutzen können“, resümiert Liebel. Das Feedback war sehr positiv.
Weitere Schulungen geplant, auch Gefahren im Blick
Auch in Zukunft wird Liebel die Mitarbeiter der Bank zu verschiedenen Aspekten der Künstlichen Intelligenz schulen. Ihm ist wichtig zu betonen, dass die Technologie auf der einen Seite viel Potenzial für Entlastungen bietet. Auf der anderen Seite möchte er auch über die Gefahren aufklären. Denn es ist zu befürchten, dass die Betrugsversuche künftig noch professioneller ablaufen als heutzutage. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz wird es so einfach wie nie sein, Bilder, Videos oder Stimmen zu fälschen. „Darauf müssen wir vorbereitet sein“, bekräftigt Liebel. Ebenfalls eine hohe Bedeutung würden die Themen Daten- und Verbraucherschutz einnehmen.
Chatbot für Mitarbeiter und Kunden
Künftig möchte die Bank zwei Anwendungen einführen, die auf Basis von Künstlicher Intelligenz funktionieren. Zum einen soll ein Chatbot sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kunden aufgesetzt werden. Der Chatbot könnte beiden Zielgruppen weiterhelfen, wenn sie konkrete Informationen suchen. Im Falle der Kunden beispielsweise, wie lange eine Filiale geöffnet ist oder welche Girokonto-Modelle es gibt.
Dokumente automatisch weiterleiten
Zum anderen möchte die Bank die eingehenden Dokumente klassifizieren und Daten extrahieren. Zielbild ist, dass ein System die Dokumente wie Briefe automatisch auswertet und an die richtige Stelle im Haus weiterleitet. „Beim Thema Künstliche Intelligenz gibt es derzeit sehr viel Bewegung und viele spannende Anwendungsfälle. Ich bin davon überzeugt, dass die Technologie massiven Einfluss auf unsere Arbeitsweise haben wird“, resümiert Liebel. Wenn die Regionalbanken sowohl die Vorteile von Künstlicher Intelligenz nutzen als auch den Kundinnen und Kunden weiterhin mit persönlichen Ansprechpartnern zur Seite stehen, dann sei die Entwicklung sehr chancenreich, ist Liebel überzeugt.