Erfolgsfaktor: Auch die bayerischen Genossenschaften spüren den Fachkräftemangel. Was unternehmen sie, damit die Arbeit trotzdem erledigt wird?
Anzeige
Anzeige
Wie können sich genossenschaftliche Kreditinstitute als attraktive Arbeitgeber positionieren? Die Volksbank Raiffeisenbank Dachau hat in Kooperation mit dem Unternehmen sira Kinderbetreuung eine Mini-Kita eröffnet, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erhöhen. Die Einrichtung „VRechDAcHse“ (VR steht für VR-Bank, DAH für Dachau) bietet Platz für bis zu zwölf Kinder. Es könnte das erste Mal sein, dass eine VR-Bank eine betriebliche Kindertagesstätte geschaffen hat.
Bank erleichtert den Wiedereinstieg ins Berufsleben
Mit dem Projekt verfolgt das Kreditinstitut vor allem zwei Ziele. Erstens möchte es frischgebackenen Eltern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein attraktives Angebot machen – vor allem Frauen, die oft einen Großteil der Kinderbetreuung übernehmen. „Mehr als die Hälfte unserer Belegschaft sind Frauen mit wichtigen und verantwortungsvollen Aufgaben. Mit der Kita möchten wir dazu beitragen, ihnen den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Schließlich ist es in unserem Geschäftsgebiet nördlich von München oft nicht einfach, einen passenden Betreuungsplatz für den Nachwuchs zu finden“, erklärt Johann Schöpfel, Vorstandssprecher der Volksbank Raiffeisenbank Dachau. Dazu kommen strukturelle Probleme: Viele Kitas müssen regelmäßig Gruppen schließen, weil das Personal krank ist oder es an Fachkräften mangelt. Im schlimmsten Fall bleibt den Eltern nichts anderes übrig, als Stunden zu reduzieren oder ein weiteres Jahr Elternzeit zu nehmen – obwohl sie eigentlich gerne arbeiten gehen würden.
Zweites Ziel ist es, die Bank in der Öffentlichkeit als interessanten Arbeitgeber zu positionieren und das Image zu verbessern. Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge wird sich die Bevölkerungszahl im Landkreis Dachau bis 2040 um 9,7 Prozent erhöhen. Also braucht es neben Wohnraum und vielen weiteren Dingen auch Kita-Plätze.
Geeignete Immobilie fußläufig zur Bankzentrale gefunden
Die Idee zum Aufbau einer Kita gibt es in der Bank seit einigen Jahren. Aus verschiedenen Gründen wurden die Pläne bis dato nicht realisiert. Im Laufe des Jahres 2023 kamen dann mehrere Faktoren zusammen, die es ermöglichten, das Projekt zum Erfolg zu führen. So gab es mit dem Hörhammer-Stadl am Widerstandsplatz in der Dachauer Altstadt, fußläufig zur Hauptstelle der Bank gelegen, eine geeignete Immobilie. Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte hinter sich, war früher unter anderem Bierlager, Kaufhaus, Kino und Disco. „Die Suche nach der passenden Immobilie hat einige Zeit in Anspruch genommen. Zwischenzeitlich haben wir uns sogar überlegt, selbst zu bauen. Diese Idee haben wir aus Kostengründen aber verworfen. Dass wir auf den Hörhammer-Stadl gestoßen sind, war ein Glücksfall“, sagt Schöpfel. Der Besitzer sei Kunde der Bank und habe die Idee positiv aufgenommen.
Kooperationspartner kümmert sich um den operativen Betrieb
Zudem habe die Bank ein Unternehmen gefunden, das die Kita betreibt. Die sira Kinderbetreuung ist spezialisiert auf die Großtagespflege (Betreuung von maximal zehn Kindern zwischen null und sechs Jahren) sowie die bayerischen Mini-Kitas (Betreuung von maximal zwölf Kindern zwischen null und drei Jahren). Das Unternehmen unterhält rund 50 Standorte, vor allem in der Metropolregion München sowie in Straubing. Die Aufgabenteilung sieht wie folgt aus: Die Bank hat die Räumlichkeiten im Hörhammer-Stadl nutzbar gemacht. Dazu hat sie einmalig Geld in die Hand genommen. Außerdem gewährt das Kreditinstitut monatlich einen Betriebskostenzuschuss. Die sira Kinderbetreuung ist Mieterin und Betreiberin der Kita. Das Unternehmen kümmert sich um den operativen Betrieb und stellt auch das Personal. „Da sira Kinderbetreuung zahlreiche Standorte betreibt, hat sie große Expertise beim Aufbau einer Kita. Beispielsweise, worauf man bei der Gestaltung und Einrichtung der Räumlichkeiten achten muss, welche Anforderungen der Behörden umgesetzt werden müssen, welche Spielsachen gut ankommen, und so weiter. Die enge Zusammenarbeit von Anfang an hat sich absolut bewährt“, bekräftigt Schöpfel.
Viel Platz zum Toben, Spiel und Ausruhen
Die Kita umfasst eine Fläche von 160 Quadratmetern. Integriert sind eine Gemeinschaftsküche und ein Spieltisch, zudem steht viel Platz für die Kinder zum Toben, Spielen und Ausruhen bereit. Der Schlafraum ist abgetrennt, zudem gibt es ein kindgerechtes Bad und ein Büro für die Mitarbeiter. Um die Kinder kümmern sich ein Erzieher sowie zwei Kinderpflegerinnen. Betreuungszeit ist zwischen 8 Uhr und 15:30 Uhr. „Ich finde das Kleingruppenkonzept der Mini-Kita klasse. Das hohe Qualitätsniveau, die familiäre Atmosphäre und die Möglichkeit, individuell auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen, sind die großen Vorteile dieser Betreuungsform“, sagt Schöpfel.
Kinderbusse für Ausflüge
Zum Start der Kita „VRechDAcHse“ hat die Volksbank Raiffeisenbank Dachau zwei Kinderbusse mit Platz für je sechs Personen angeschafft. So kann das Kita-Personal gemeinsam mit den Kindern zu Spielplätzen und in Parks in der Umgebung fahren. Angetrieben werden die Busse von Elektromotoren. „Wenn man die Kinder in den Bussen sitzen sieht und sie einen Ausflug unternehmen, geht einem wirklich das Herz auf“, sagt Bankvorstandssprecher Johann Schöpfel.
Betrieb läuft seit mehreren Monaten erfolgreich
Die offizielle Einweihung der Kita fand im Juni 2024 statt, in Betrieb ist die Einrichtung seit Oktober 2023. Die zwölf Plätze waren von Anfang an belegt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksbank Raiffeisenbank Dachau haben ein Vorzugsrecht, um ihre Kinder anzumelden. Gibt es noch freie Plätze, gehen diese an Kooperationspartner sowie die Stadt Dachau. Derzeit ist ein Kind von einem Bankmitarbeiter in der Kita. „Das Angebot muss sich erst einmal etablieren. Die Nachfrage wird kommen. Das hat uns auch die sira Kinderbetreuung aus ihrer Erfahrung berichtet“, sagt Schöpfel. Im Vorfeld hatte die Bank in der Belegschaft anonym das Interesse abgefragt. Ergebnis: Viele Mitarbeiter können sich vorstellen, das Angebot in den kommenden Jahren zu nutzen.
Die bisherigen Erfahrungen mit der Mini-Kita seien ausschließlich positiv, berichtet Schöpfel. Sowohl von intern als auch von extern würde es viel Lob geben. „Die Mutter eines Kindes, das bei den VRechDAcHsen betreut wird, ist selbst Mitarbeiterin bei einer anderen Kinderbetreuung. Sie ist bei der Einweihung auf mich zugekommen und hat mir erzählt, wie klasse sie das Konzept findet“, berichtet der Vorstandssprecher.
Benefits für die Mitarbeiter
Die Mini-Kita ist ein Baustein der Bank, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erhöhen. Zu den weiteren Benefits zählt beispielsweise die Möglichkeit, individuelle Teilzeitmodelle zu vereinbaren. Auch Führung in Teilzeit ist möglich. 2022 ist das Kreditinstitut dem Familienpakt Bayern beigetreten. Die Initiative der Staatsregierung sowie von Wirtschaftsverbänden hat sich zum Ziel gemacht, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stärken. Im Netzwerk werden Best-Practice-Beispiele geteilt und Kontakte zu anderen Unternehmen geknüpft.
Ratschläge für andere VR-Banken
Welche Ratschläge würde Johann Schöpfel anderen VR-Banken geben, die eine betriebliche Kindertagesstätte einrichten wollen? Der Vorstandssprecher empfiehlt, zwei Punkte zu beachten. Erstens, von Anfang an mit einem professionellen Betreiber zusammenzuarbeiten. Spezialisierte Unternehmen wissen, worauf es bei der Einrichtung und dem Betrieb ankommt. Zweitens, eine geeignete Immobilie zu finden. Wenn zudem die Führungskräfte hinter dem Projekt stehen und es Bedarf in der Belegschaft gebe, seien zentrale Hürden überwunden. „Mit der betrieblichen Kindertagesstätte präsentieren wir uns als attraktiver Arbeitgeber. Wir sind froh, dass wir nicht nur geredet, sondern gehandelt haben und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter verbessern konnten“, resümiert Schöpfel.