Ausbildungsordnung: Ab 1. August 2020 werden angehende Bankkaufleute nach einem neuen Lehrplan unterrichtet. Was ändert sich für die Genossenschaftsbanken und ihre Azubis?
Die wichtigsten Informationen
- Anfang August tritt die neue Ausbildungsordnung für das Berufsbild Bankkaufmann/-frau in Kraft. Die ABG hat ihr Ausbildungskonzept „VR active plus“ inhaltlich und methodisch darauf ausgerichtet.
- Die vier Module von „VR active plus“ decken die Themenbreite des IHK-Stoffkatalogs ab und bereiten zielgenau auf die beiden Teile der Abschlussprüfung vor.
- Zusatzleistungen für Auszubildende sind etwa die Lernvideos von „Prüfungs.TV“ oder das Modul „Digitale Ausbildungsbegleitung“ auf VR-Bildung. Dort können sie sich mit anderen Auszubildenden oder den ABG-Dozenten austauschen.
Zum 1. August ist es soweit: die neue Ausbildungsordnung zum Bankkaufmann beziehungsweise zur Bankkauffrau tritt in Kraft. Das aktualisierte Berufsbild stellt die Kundenbeziehung unter verstärkter Nutzung digitaler Kanäle stärker in den Fokus. Ergänzt durch methodische Kompetenzen, wie beispielsweise eine projektorientierte Zusammenarbeit, wird die Ausbildung dadurch modernisiert. Obwohl die Ausbildungsordnung bereits 2019 beschlossen wurde, passt sie gut zur aktuellen Entwicklung: Die Corona-Pandemie hat Banken gezeigt, wie wichtig neben der klassischen analogen Kundenbeziehung auch digitale Vertriebswege und Kontaktmöglichkeiten sind. Genau diese Mischung aus klassischen Geschäftsfeldern und digitalen Geschäftsprozessen steht bei der neuen Ausbildungsordnung im Mittelpunkt.
Die Ausbildung zum Bankkaufmann beziehungsweise zur Bankkauffrau hatte auch bisher ein sehr hohes Qualifikationsniveau. Das soll mit der Neuordnung ebenso beibehalten werden wie der Aspekt, dass es sich um eine generalistische Ausbildung handelt, die danach zum Einsatz in allen Bereichen eines Kreditinstituts befähigt. Neu ist hingegen, dass die Auszubildenden ihr Können und Wissen in einer „gestreckten Abschlussprüfung“ nachweisen müssen. Dabei handelt es sich um eine Abschlussprüfung in zwei zeitlich auseinanderfallenden Teilen. Sie ersetzt die bisherige Zwischenprüfung.
Digitale Beratungsmittel sind erlaubt
Die mündliche Abschlussprüfung findet nach wie vor in Form eines „Kundenberatungsgesprächs“ statt, es gibt jedoch sowohl inhaltliche als auch zeitliche Anpassungen. Ein Vorteil: In Zukunft können die Prüflinge digitale Beratungsmittel einsetzen. Da diese bereits heute in vielen Fällen zum Standard im Kundengespräch gehören, passt sich die Ausbildungsordnung damit der Realität an.
Für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken bedeutet die Neuordnung, dass sie auch weiterhin eine zukunftsorientierte Ausbildung zum Bankkaufmann beziehungsweise zur Bankkauffrau anbieten können. Der stärkere Fokus auf die Digitalisierung und die Kundenbeziehung zahlt sich dabei an verschiedenen Stellen aus: Einerseits steigert er die Attraktivität des Ausbildungsberufs bei potenziellen Bewerbern, andererseits unterstützt er die Banken bei der Entwicklung hin zu Geschäftsmodellen, in welchen digitale Vertriebsprozesse neben den analogen Kundenbeziehungen eine tragende Rolle spielen. Denn klar ist: Auch in Zukunft benötigen die Kreditinstitute qualifizierte und motivierte Mitarbeiter mit einer hochwertigen Ausbildung.
Praxisberichte bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken
Wie bereiten sich die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken auf die neue Ausbildungsordnung vor? Drei Stimmen aus der Praxis von Mario Gebhardt (Volksbank-Raiffeisenbank Amberg), Stefan Jörg (VR-Bank Landsberg-Ammersee) und Lena Sailer (Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost).
Mehr Raum für Projektmanagement (Mario Gebhardt, Leiter Personal der Volksbank-Raiffeisenbank Amberg):
„Es war an der Zeit, die Ausbildungsordnung zum Bankkaufmann sowie zur Bankkauffrau zu überarbeiten. Viele Vorschriften standen im Gegensatz zur Lebenswirklichkeit einer Generation, die vieles ausschließlich digital erledigt. Ein Beispiel ist die mündliche Abschlussprüfung. Nach der alten Ordnung gab es ein 20-minütiges Gespräch, bei dem die Azubis keine technischen Hilfsmittel nutzen durften. Das entspricht nicht der Realität, erstens sind ganzheitliche Beratungsgespräche deutlich zeitintensiver, zweitens arbeiten wir im Rahmen der Genossenschaftlichen Beratung intensiv mit der Banksoftware agree. Bei der neuen Abschlussprüfung dürfen die Auszubildenden nun digitale Hilfsmittel einbinden, zudem dauert die Prüfung immerhin zehn Minuten mehr.
Weiterhin ist positiv zu bewerten, dass dem Management von Projekten eine größere Bedeutung zukommt. Bei uns im Haus gibt es fast keinen Mitarbeiter, der nicht in mindestens ein Vorhaben involviert ist. Wir haben zwar bisher immer Azubiprojekte realisiert, doch natürlich war der Stellenwert viel geringer als jetzt.
In den vergangenen Wochen gab es einiges zu tun. Wir haben unter anderem den Einsatzplan überarbeitet, die Führungskräfte informiert und Checklisten vorbereitet. Dieses Jahr starten vier junge Menschen eine Ausbildung in unserem Haus. Damit sind wir sehr zufrieden. Wir haben es geschafft, uns in den vergangenen Jahren einen Namen als attraktiver Arbeitgeber zu machen. Beispielsweise erhalten alle Azubis ein eigenes iPad. Außerdem übernehmen wir sie, sofern die Leistungen stimmen. Generell fürchte ich jedoch, dass es in Zeiten von Corona nicht leicht ist, junge Menschen für eine Ausbildung bei uns zu begeistern. Wir präsentieren uns normalerweise auf Azubimessen oder in Schulen, das ist heuer nicht möglich. In Zukunft wollen wir deshalb verstärkt auf den digitalen Kanälen wie Instagram werben.“
Junge Mitarbeiter auf die Erfordernisse einer zukunftsfähigen Bank vorbereiten (Stefan Jörg, Vorstandsvorsitzender VR-Bank Landsberg-Ammersee):
„Unsere Ausbildung haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder angepasst, unter anderem, in dem wir sie mehr und mehr kunden- sowie vertriebsorientiert ausgerichtet haben. Die Kundenbetreuung sowie ganz besonders die Genossenschaftliche Beratung stehen bei uns seit Langem im Fokus und sind fest in der Geschäftsphilosophie verankert.
Aus diesem Grund freuen wir uns, dass die neue Ausbildungsordnung jetzt ebenfalls den Kunden und die Beratung in den Mittelpunkt stellt sowie – was längst überfällig war – den digitalen Wandel in den Banken berücksichtigt. Sie ist eine Chance für alle Banken, die jungen Mitarbeiter noch mehr auf die Erfordernisse einer zukunftsfähigen Bank vorzubereiten. Dazu durchlaufen die Auszubildenden in unserem Haus alle Bereiche und arbeiten aktiv mit, sie sind betrieblich komplett integriert. Wir legen Wert darauf, die Ausbildungszeit praxis- und handlungsorientiert zu gestalten, eine rein theoretische Wissensvermittlung halte ich für nicht zielführend. Eine der Anpassungen, die wir aufgrund der neuen Ausbildungsordnung vornehmen werden, ist, dass wir das projektorientierte Arbeiten verstärkt fördern.
Im September starten dieses Jahr drei Auszubildende – darunter ein Verbundstudent – ihre Karriere bei uns. Wir haben keine festgelegte Zahl an Plätzen, sondern wählen jedes Jahr die jungen Menschen aus, die uns mit ihrer Bewerbung und im persönlichen Gespräch überzeugen. Die Anzahl variiert zwischen drei – wie in diesem Jahr – und bis zu sechs Auszubildenden. Die Ausbildung bei uns ist nach wie vor sehr attraktiv: Wir bieten einen Arbeitsplatz in Wohnortnähe und den Azubis eine dauerhafte Anstellung, wenn sie die Lernziele erreichen. Außerdem unterstützen wir sie auch später bei Weiterbildungen innerhalb des Genossenschaftssektors – sowohl mit Fachwissen als auch durch eine finanzielle Beteiligung.
Wir handeln nach dem Motto: „Wir sind da, wo unsere Kunden sind“. Potenzielle Bewerber lernen wir so häufig auf Ausbildungsmessen, in Schulen oder bei einer unserer vielen Veranstaltungen im Geschäftsgebiet kennen. Es ist eben so, dass man auf Festen oder dem Fußballplatz künftige Kollegen ganz anders kennenlernen kann als in Bewerbungsgesprächen. Auch werden gerade die Jugendlichen bei diesen Gelegenheiten auf uns als Arbeitgeber aufmerksam. Ebenfalls sehr beliebt sind Praktika für Schüler. Wegen Corona mussten wir diese in diesem Jahr leider ausfallen lassen, werden sie aber so bald wie möglich wieder anbieten. Viele Schüler haben angefragt, ob sie die Praktika auch in ihrer Freizeit – außerhalb der Schulpraktika – nachholen können. Generell sind sie eine gute Möglichkeit, um jungen Menschen einen Einblick in das Berufsbild zu geben und ihnen unsere Unternehmenskultur näherzubringen. Ebenso bietet sich für uns die Gelegenheit, besser einschätzen zu können, ob der jeweilige Praktikant zu uns passen würde.“
Mehr als eine Bank (Lena Sailer, Personalmanagement Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost):
„Wir haben unser Ausbildungskonzept in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt. Dennoch gibt es durch die überarbeitete Ausbildungsordnung einige Neuerungen, die wir berücksichtigen müssen. Ein Beispiel dafür ist das Projektmanagement. Wir werden dem Thema in Zukunft einen deutlich größeren Platz einräumen. Bei der Weiterentwicklung unseres Ausbildungskonzepts helfen uns die Materialien, die uns die ABG, der DG Verlag und die IHK zur Verfügung stellen. Gerade die Auftaktveranstaltung der ABG in Beilngries, bei der wir Einblicke in die neue Ausbildungsordnung erhalten haben, war dabei sehr hilfreich.
Für eine Ausbildung in unserem Haus werben wir mit verschiedenen Argumenten. Beispielsweise legen wir Wert darauf, dass wir tief in der Region verankert sind. Außerdem zeigen wir, dass wir mehr als eine Bank sind: Die jungen Menschen lernen im Rahmen der Ausbildung unsere Tochter-Unternehmen Raiffeisen Waren GmbH und VR Immobilien GmbH kennen.
Um Jugendlichen zu zeigen, warum eine Banklehre bei uns eine gute Wahl ist, bieten wir normalerweise Praktika an. Wegen Corona haben wir das gestoppt, in Kürze können die ersten Schüler – natürlich unter Einhaltung sämtlicher Hygienevorschriften – wieder kommen. Für den Ausbildungsstart im Herbst 2021 haben wir bereits einige Bewerbungen vorliegen und auch erste Gespräche geführt. Das stimmt mich optimistisch, dass wir auch in Zukunft junge Menschen von einer Ausbildung bei uns überzeugen können.“
Das Unterstützungsangebot der ABG
Die Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) unterstützt die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken weiterhin dabei, die Auszubildenden erfolgreich durch ihre Ausbildung zu begleiten. Dazu hat die ABG das neu entwickelte Ausbildungskonzept „VR active plus“ inhaltlich und methodisch konsequent an der neuen Ausbildungsordnung ausgerichtet. Die Akademie begleitet die Auszubildenden in mehreren Online- und Präsenzmodulen flexibel und individuell durch die einzelnen Phasen der Berufsausbildung und bereitet sie dadurch sowohl auf die IHK-Abschlussprüfungen als auch auf die Arbeit in der Bank vor.
Die Module 1 bis 4 des Ausbildungskonzepts „VR active plus“ stehen jeweils unter einem thematischen Motto und decken die Themenbreite des IHK-Stoffkatalogs ab:
- Modul 1: Konten führen und Zahlungen abwickeln,
- Modul 2: Anschaffungen finanzieren,
- Modul 3: Vermögen ansparen, anlegen und optimieren,
- Modul 4: Finanzierungsvorhaben begleiten und Risiken absichern.
Die Inhalte der Module wurden im Hinblick auf die gestreckte IHK-Abschlussprüfung so angeordnet, dass die Auszubildenden nach Modul 1 und 2 auf die IHK-Abschlussprüfung Teil 1 sowie nach Modul 3 und 4 auf die IHK-Abschlussprüfung Teil 2 vorbereitet sind. Neben den relevanten fachlichen Inhalten ist in allen vier Modulen ein ausführlicher Block zur Genossenschaftlichen Beratung eingebaut, der zusätzlich zur Vorbereitung auf die IHK-Prüfung bereits einen ersten Einblick in das Strategiethema KundenFokus Privatkunden verschafft.
Ergänzend zum Aufbau eines ganzheitlichen Beratungsgesprächs lernen die Auszubildenden auch die Besonderheiten der einzelnen Beratungsthemen und -felder intensiv kennen. Im Themenbereich Kontoeröffnung sind hier beispielsweise einige der digitalen Angebote der genossenschaftlichen FinanzGruppe im Rahmen der Digitalisierungsoffensive enthalten. Gefestigt wird das Wissen rund um die Genossenschaftliche Beratung, indem die Auszubildenden in jedem Modul ein eigenes Beratungsgespräch trainieren. Auch das neue Beratungsfeld „Risiken absichern“, das laut der neuen Ausbildungsordnung Thema des Beratungsgesprächs in der mündlichen Prüfung sein kann, wurde in das Ausbildungskonzept integriert.
Ergänzt um Zusatz- und Spezialmodule, die der Erweiterung und Festigung notwendiger Kompetenzen und dem letzten „Feinschliff“ vor den IHK-Abschlussprüfungen dienen, bietet das Ausbildungskonzept „VR active plus“ ein Komplettpaket für die Auszubildenden der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Durch den modularen Aufbau ist eine individuelle und flexible Gestaltung ganz nach den Wünschen der Kreditinstitute möglich.
Digitale Lernhilfen wie Videos nutzen
Der zunehmenden Digitalisierung trägt das Ausbildungskonzept auf vielfältige Weise Rechnung. Neben der digitalen Vorbereitung auf die einzelnen Präsenzveranstaltungen stehen den Auszubildenden die Lernvideos von „Prüfungs.TV“ der ABG für die komplette Dauer der Ausbildung zur Verfügung. Zusätzlich erhalten die Auszubildenden über die Plattform VR-Bildung das Modul „Digitale Ausbildungsbegleitung“, auf das sie während der gesamten Ausbildung Zugriff haben. Das Modul beinhaltet unter anderem Bausteine zur Wiederholung sowie aktuelle Informationen zu den IHK-Abschlussprüfungen. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, mit anderen Auszubildenden und den Dozenten der ABG in Austausch zu treten. Darüber hinaus stellt das digitale Modul Inhalte zu den „integrativ zu vermittelnden Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten“ zur Verfügung und rundet damit das Ausbildungskonzept „VR active plus“ ab. So haben die Auszubildenden ein kompaktes, digitales Nachschlagewerk zur Ausbildungsbegleitung, das einen individuellen und selbstgesteuerten Lernprozess unterstützt.
Insgesamt verbindet das Ausbildungskonzept der ABG die Effektivität und Flexibilität von digitalen Lernformaten mit den sozialen Aspekten von Lernen in Präsenz. Durch die hybride Ausrichtung sowie die Kombination verschiedener Lernmethoden, Medien und lerntheoretischen Ausrichtungen gelingt es, verschiedene Lerntypen anzusprechen.
Kontakt
Weitere Fragen beantworten Michael Horndasch (Mail: michael.horndasch[at]abg-bayern.de, Telefon 08461 / 650 – 1360) und Lisa Schabdach (Mail: lisa.schabdach[at]abg-bayern.de, Telefon: 08461 / 650 – 1341).
Michael Horndasch ist Dozent Berufsstart bei der ABG, Lisa Schabdach ist Produktmanagerin sowie Dozentin Berufsstart bei der ABG.