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125 Hektar umfasst der Solarpark Bundorf im unterfränkischen Landkreis Haßberge. Die 69.400 Module liefern in einem durchschnittlichen Jahr 131 Millionen Kilowattstunden Strom. Das entspricht rechnerisch dem Jahresstrombedarf von rund 37.500 Haushalten und spart gegenüber fossilen Energien 91.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein. „Bundorf gehört zu den größten zusammenhängenden Solarparks Deutschlands, in Bayern ist er die Nummer eins“, berichtet Pascal Lang, Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft Inn-Salzach eG (EGIS eG). Zur Einweihung im September 2023 kamen auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (siehe Titelfoto, gemeinsam mit Pascal Lang) und Staatsministerin Judith Gerlach, im Herbst 2023 noch zuständig für Digitales.

30 Prozent des Solarparks gehören der EGIS eG, die daraus ein Bürgerbeteiligungsprojekt machte, nach Angaben von Pascal Lang das größte in Bayern. Um die Strommengen aus dem Solarpark überhaupt in das öffentliche Netz einspeisen zu können, beschaffte die EGIS eG gemeinsam mit ihrem Projektpartner MaxSolar GmbH zwei je 82 Tonnen schwere Großtransformatoren, die den Strom auf Mittelspannung transformieren. So kann er direkt in das übergeordnete Netz eingespeist werden. MaxSolar gehören die restlichen 70 Prozent des Solarparks.

Wäre die EGIS eG ein normaler Investor, wäre die Geschichte an dieser Stelle wahrscheinlich schon auserzählt. Sie hätte 20 Jahre lang den Strom des Solarparks vermarktet und von der EEG-Förderung profitiert. Was danach gekommen wäre? Niemand weiß es, aber ein normaler Investor hätte wahrscheinlich das Interesse an dem Solarpark verloren, sobald dieser nach Auslaufen der EEG-Förderung nicht mehr die erwartete Rendite erzielt.

Ein Wärmenetz zum Bürgersolarpark

Die EGIS eG ist aber kein normaler Investor, sondern eine Energiegenossenschaft, die die Energiewende mit innovativen Projekten vorantreiben will. Deshalb blieb es nicht bei dem Solarpark mit Bürgerbeteiligung. Stattdessen plante die Genossenschaft gleich auch noch ein Wärmenetz für Bundorf, das zu zwei Dritteln mit Sonnenstrom aus dem Bürgersolarpark betrieben wird. 1,5 Hektar des Parks sind eigens dafür reserviert. Dieser Teil der PV-Anlage speist seinen Strom nicht in das öffentliche Netz ein, sondern ist über ein eigenes Kabel direkt mit dem Heizwerk des Wärmenetzes verbunden. Dort laufen mit dem Sonnenstrom zwei Großwärmepumpen. Deren Leistung reicht aus, um das von der EGIS eG betriebene Wärmenetz von Frühjahr bis Herbst mit Wärme zu versorgen. Für die kalten Tage im Jahr ist im Heizwerk eine Hackschnitzelheizung eingebaut. Außerdem gibt es noch einen Power-to-Heat-Kessel für den kurzfristigen Wärmebedarf. Solche Anlagen funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie ein elektrisch betriebener Heizstab, den man ins Wasser hält.

Im Dezember 2023 wurden die ersten Gebäude mit Wärme versorgt, im Endausbau sollen rund 40 Häuser an das Bundorfer Wärmenetz angeschlossen werden. Um das Projekt abzurunden, installierte die EGIS eG in Bundorf auch noch zwölf Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, die zu 100 Prozent mit ökologischem EGIS-Strom aus dem Bürgersolarpark betrieben werden.

35,7 Millionen Euro Investitionssumme

So wurde aus Bundorf das EGIS-Energiedorf Bundorf. 35,7 Millionen Euro investierte die EGIS eG, davon 32,5 Millionen Euro in den Bürgersolarpark, 1,8 Millionen Euro in das Wärmenetz (inklusive 40 Prozent Förderung) sowie 1,4 Millionen Euro in den PV-Park, der eigens für das Wärmenetz reserviert ist. Mit einem großen Bürgerfest feierte die EGIS eG Anfang Mai die Einweihung des Wärmenetzes. Damit sind alle Bausteine des Energiedorfs in Betrieb. Am Einweihungstag berichteten ARD, BR und SAT.1, sogar in die Tagesschau schaffte es das EGIS-Energiedorf (siehe Video).

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Die ARD berichtete am 2. Mai 2024 in der Tagesschau über die Einweihung des Bürgersolarparks Bundorf der EGIS eG. Quelle: ARD

Bürgerbeteiligung macht Solarpark erst möglich

Ursprünglich wollte sich ein kommerzieller Investor die Fläche sichern, auf der heute der Solarpark mit Bürgerbeteiligung steht. Doch Pascal Lang ist sich sicher: „Ohne die EGIS eG würde es das Projekt nicht geben.“ Denn der Bundorfer Gemeinderat war erst einmal skeptisch, als er von den Plänen für den Solarpark erfuhr. Doch die Bürgerbeteiligung und eine Besichtigung der Flächen im August 2020 überzeugte die Räte, und auch der Besitzer des Grundstücks entschied sich dazu, der EGIS eG und ihrem Partner MaxSolar den Zuschlag zu geben. Mit einer Bürgerbeteiligung war die Wahrscheinlichkeit bedeutend höher, dass der Gemeinderat das Projekt am Ende auch genehmigen würde.

Baugenehmigung nach nur einem Jahr

So kam es dann auch – sogar mit einer Überraschung. „Ursprünglich sollte der Solarpark 100 Hektar umfassen. Der Gemeinderat hat sich dann dafür ausgesprochen, das Projekt auf 125 Hektar zu erweitern. Es kommt selten vor, dass ein Gemeinderat bei der Genehmigung von Solarparks über das hinausgeht, was beantragt wurde“, sagt Pascal Lang. Begleitend zum Genehmigungsverfahren ging die EGIS eG in den Austausch mit den Bürgern, um ihnen das Projekt zu erklären. „Es gab viele Veranstaltungen und Diskussionen, aber am Ende gab es im Verfahren keinerlei negative Einwände, nach nur einem Jahr hatten wir die Baugenehmigung. Für ein Projekt solcher Größe ist das eine kurze Zeit“, sagt Lang.

Mitgliederboom bei der EGIS eG

Die Investitionssumme von 35,7 Millionen Euro finanzierte die EGIS eG in der Hauptsache über die Ausgabe von Genossenschaftsanteilen, die von den Mitgliedern für dieses Projekt gezeichnet werden konnten. Der Zuspruch war groß, wie Pascal Lang berichtet. Viele Bürger in und um Bundorf seien der Genossenschaft beigetreten, um Anteile zeichnen zu können. „Wir haben im vergangenen Jahr 600 neue Mitglieder aufgenommen, die meisten davon sind beigetreten, weil sie das EGIS-Energiedorf Bundorf unterstützen wollten“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 nahm die Genossenschaft 310 neue Mitglieder auf. Stand Ende Dezember 2023 verzeichnete die EGIS eG insgesamt 2.313 Mitglieder. „Wir haben also unsere Mitgliederzahl innerhalb eines Jahres um rund ein Drittel gesteigert“, rechnet Pascal Lang vor.

Größtes Bürgerbeteiligungsprojekt in Bayern

Von dem Projekt profitiert nicht nur das Klima, sondern auch die Bürger vor Ort. „Fast 36 Millionen Euro sind eine enorme Investitionssumme für den ländlichen Raum. Das Geld muss man erst einmal aufbringen“, sagt Lang. Mit dem Kapital der Genossenschaftsmitglieder habe die EGIS eG dieses große Projekt stemmen können. „In Bayern ist es das größte Bürgerbeteiligungsprojekt“, sagt Lang stolz – und dazu noch eins, das Schule macht. „Wir gehen mit gutem Beispiel voran. Viele andere Gemeinden und Genossenschaften interessieren sich für das Energiedorf. Wir können uns vor Anfragen für Vorträge kaum retten“, berichtet der EGIS-Vorstandsvorsitzende.

Immer mehr Bundesländer und Kommunen würden bei der Genehmigung von Solar- und Windparks eine Bürgerbeteiligung zur Bedingung machen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern. Die EGIS eG zeige, wie das geht. „Bürgerbeteiligung funktioniert am einfachsten über eine Genossenschaft, an der sich Bürger und auch die Kommunen beteiligen können“, sagt Lang. So erhielten diese nicht nur ein Mitspracherecht bei den Projekten, sondern profitierten auch finanziell durch die Dividende auf die Genossenschaftsanteile.

Langfristiger Mehrwert für die Region

Darüber hinaus fühlten sich Energiegenossenschaften im Gegensatz zu renditeorientierten Investoren der Region verpflichtet. „Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und wollen einen langfristigen Mehrwert für die Region schaffen, wie wir das in Bundorf mit dem Wärmenetz und den Ladepunkte für E-Autos getan haben. Ein normaler Investor hätte das Wärmenetz zusätzlich zu dem Solarpark nie gebaut“, ist sich Lang sicher. Zudem seien Genossenschaften für die Kommunen ein zuverlässiger und Ansprechpartner, der nicht nach 20 Jahren den Rückzug aus der Region antritt, wenn die Rendite nicht mehr den Erwartungen entspricht.

Weil bei Genossenschaften der Mitgliedernutzen und nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, würden die Bürger vor Ort dauerhaft profitieren. „Wir bieten mehr als Dividende, nämlich Wärme, Strom und Mobilität, regional erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen. Außerdem bieten wir im Fall des Wärmenetzes stabile Wärmepreise, auf die sich die Nutzer verlassen können“, betont Lang.

Genossenschaftlicher Pioniergeist

Zudem seien Genossenschaften bereit, auch neue Themen anzudenken, von denen andere Investoren vielleicht die Finger lassen würden. „Irgendeiner muss den Anfang machen, auch wenn manche Projekte noch nicht den Praxistest bestanden haben. Genossenschaften haben diesen Pioniergeist. Indem sie innovative Projekte vorantreiben, gestalten sie die Energiewende vor Ort. Das nützt am Ende allen“, sagt Lang. Wegen ihrer Zuverlässigkeit und weil sie bereit sind, neue Wege zu gehen, hätten Energiegenossenschaften einen guten Ruf bei den Kommunen. „Deswegen bringen uns Bürger und Kommunen einen hohen Vertrauensvorschuss entgegen. Den gilt es, auch in Zukunft zu halten“, sagt Lang.

Bundorf war erst der Anfang

Der Vorstandsvorsitzende der EGIS eG ist motiviert, gemeinsam mit den Kommunen innovative Projekte voranzutreiben und damit die Energiewende zu gestalten. „Bundorf war ein Hammerprojekt, aber es war erst der Anfang. Wir nehmen die Pläne als Blaupause, um sie auch in anderen Gemeinden voranzutreiben und immer weiter zu verbessern“, kündigt Lang an. Die Energiewende vor Ort gemeinsam mit den Bürgern zu gestalten, sei aber nur ein Grund für das Engagement der EGIS eG, wie der Vorstandsvorsitzende sagt. Es gebe noch einen anderen, der eher persönlicher Natur ist, viele Mitglieder aber ähnlich stark motiviert. „Bei der Energiewende Vorreiter zu sein, macht einfach Spaß.“

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