„Bereicherung“: Ein Gespräch mit GVB-Präsident Jürgen Gros über das diesjährige Verbandsjubiläum.
Zweimal dreht Silvia Lolli Gallowsky den Schlüssel im Schloss, dann gibt die schwere Stahltür den Weg frei in das Archiv des Historischen Vereins bayerischer Genossenschaften – für Historiker eine wahre Schatzkammer. Seit 1996 sammelt der Verein, dessen Geschäftsführerin Gallowsky ist, im Keller des Hauses der bayerischen Genossenschaften in München historisch bedeutende Dokumente, Fotos und andere Archivalien von früheren und aktuellen Mitgliedern des Verbands. Zu beiden Seiten erstrecken sich die Regale bis in die Tiefe des Raums. Mittlerweile umfasst die Sammlung knapp 1.000 laufende Meter. Im Archiv finden sich unter anderem alte Werbe- und Informationsfilme von und über Genossenschaften, ausrangierte Hinweisschilder mit dem Giebelkreuz sowie sämtliche Geschäftsberichte des Verbands und seiner Vorgängerorganisationen.
Die Geschäftsführerin des Vereins öffnet vorsichtig einen grauen Karton: Darin befinden sich die Originale von zahlreichen Glasdias aus den 1950er Jahren, die in Kinos gezeigt wurden und mit unverwechselbarer Ästhetik für Sparbuch und Reiseschecks warben. Erst jüngst hat das Archiv die Dias zusammen mit historischen Werbeplakaten bayerischer Genossenschaftsbanken aus den 1950er bis 1970er Jahren digitalisiert. „Profil“ zeigt zehn der schönsten Motive. Diese lassen sich auch hochauflösend herunterladen. Plakate und Dias wurden dem Verein von der VR-Bank Rottal-Inn und der Raiffeisenbank Ichenhausen als Leihgabe zur Verfügung gestellt und werden in deren Archive zurückkehren.
1. Geld in jeder Währung
Ab den 1960er-Jahren konnten sich immer mehr Menschen in Bayern Urlaube ins Ausland leisten. Um in Österreich, Italien oder Spanien mit Schilling, Lira oder Peseten zu bezahlen, deckten sie sich mit Sorten, Reiseschecks und Reisekreditbriefen ein. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken stellten den Reisenden die passenden Angebote bereit, wie das Werbeplakat zeigt. Foto: VR-Bank Rottal-Inn.
2. Überweisungen in Raketengeschwindigkeit
In den 1950er- und 1960er-Jahre lieferten sich die USA und die Sowjetunion den „Wettlauf ins All“: Beide Nationen wollten möglichst schnell in den Weltraum. Die Werbung der Volksbanken und Raiffeisenbanken griff das Thema auf und verknüpfte es mit den Eilüberweisungen – diese sollten so schnell erledigt sein, wie eine Rakete ins All fliegt, so lautete die Botschaft dieses Dias. Foto: Raiffeisenbank Ichenhausen.
3. „Wer spart, kann motorisieren“
Goggomobil, BMW Isetta, VW Käfer oder Fiat 500: Die 1950er- und 1960er-Jahre brachten viele Ikonen der Automobilgeschichte hervor. Kein Wunder, schließlich konnten sich immer mehr Menschen einen eigenen Wagen leisten. Dafür mussten sie allerdings einige Zeit sparen – die Volksbanken und Raiffeisenbanken griffen das Thema auf. Foto: VR-Bank Rottal-Inn.
4. Im Dienst der heimischen Wirtschaft
Beim Wiederaufbau Bayerns nach dem Zweiten Weltkrieg spielten die Volksbanken und Raiffeisenbanken eine wesentliche Rolle: Sie reichten Mittelstandskredite aus, finanzierten Infrastrukturprojekte und den Hausbau. Das machten die Genossenschaftsbanken auch in der Werbung deutlich. Mit Erfolg: Das Volumen der ausgereichten Darlehen wuchs zwischen 1948 und 1958 von 17,4 Millionen Deutsche Mark auf 670,1 Millionen Deutsche Mark. Foto: VR-Bank Rottal-Inn.
5. Ein Bankkonto für alle
Bis in die 1960er- und 1970er-Jahre erhielten Arbeitnehmer ihren Lohn in „Lohntüten“ bar ausgezahlt. Doch als die Automatisierung und Digitalisierung im Bankgewerbe einsetzte, gingen immer mehr Unternehmen dazu über, die Gehälter auf Konten zu überweisen. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken stellten dafür die notwendige Infrastruktur bereit. Das Motiv spiegelt übrigens das damalige Zeitgeschehen wider – ab 1957 durften Frauen ohne Einverständnis ihres Mannes ein eigenes Bankkonto eröffnen. Foto: VR-Bank Rottal-Inn.
6. "Und außerdem ist ein Sparbuch angenehm!“
Ab 1950, als das Vertrauen in die Deutsche Mark langsam wuchs, legten immer mehr Menschen in der Bundesrepublik Geld zurück. Die Sparquote der privaten Haushalte stieg zwischen 1950 und 1970 von 3,0 auf 13,8 Prozent. Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken priesen in ihrer Werbung gezielt Sparprodukte wie das Sparbuch an. Foto: VR-Bank Rottal-Inn.
7. Kontoinhaber sparen Zeit
Längere Zeit beim Amt anstehen, um sich die Rente auszahlen zu lassen – mit einem Konto bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken brauchte er das nicht mehr. Zudem erhielten die Menschen Zinsen. Mit diesen Vorteilen warben die genossenschaftlichen Kreditinstitute in den 1960er-Jahren verstärkt für ihre Kontoangebote. Foto: Raiffeisenbank Ichenhausen.
8. Volksbank vergibt Baukredit
Die Kreditvergabe gehört zu den Grundaufgaben der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die Privathaushalte nutzen das Geld vor allem, um ein Haus zu bauen. Eine wichtige Rolle dabei nahm das Bausparen ein, das der Staat ab 1952 mit der Wohnungsbauprämie förderte. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken warben entsprechend für eine Baufinanzierung. Foto: VR-Bank Rottal-Inn.
9. „Wohin mit dem Geld?“
Sparen für die Zukunft: Das war die Kernbotschaft in der Werbung vieler bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken nach der Währungsreform. Die Kreditinstitute machten in dieser Zeit mit verschiedenen Aktionen wie dem Gewinnsparen, dem Prämiensparen oder dem hier abgebildeten steuerfreien Sparen auf sich aufmerksam und sammelten viele Spareinlagen ein: Zwischen 1948 und 1968 stiegen die Einlagen bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken von 192 Millionen Deutsche Mark auf 6,7 Milliarden Deutsche Mark. Foto: Raiffeisenbank Ichenhausen.
10. Andere für Sie arbeiten lassen
Die Volksbanken und Raiffeisenbanken vergaben ab 1974 Darlehen auch an Nichtmitglieder. In der Folgezeit stiegen die Kundenzahlen stark an – immer mehr Menschen eröffneten ein Girokonto bei den bayerischen Kreditgenossenschaften. Der passende Slogan dazu: „Banken für Jedermann“. Foto: Raiffeisenbank Ichenhausen.
Schicken Sie uns Fotos von Genossenschaftsexponaten
Haben Sie persönlich oder Ihre Bank historische Exponate mit Bezug zu den Volksbanken und Raiffeisenbanken oder zur Genossenschaftsorganisation gesammelt? Dann schicken Sie uns doch Fotos der Materialien an redaktion[at]profil.bayern. Als Dank versenden wir eine gedruckte Ausgabe der Chronik zum 125. Jubiläum. Wer seine Bestände gerne abgeben möchte, kann sich an die Geschäftsführerin des Historischen Vereins Bayerischer Genossenschaften wenden: Dr. Silvia Lolli Gallowsky (sgallowsky[at]gv-bayern.de). Der Verein freut sich, seine Sammlung zu erweitern.