Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Herr Ferber, Mitte Juni hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments über das Bankenpaket abgestimmt. Wie wird sich die Bankenregulierung dadurch verändern?

Markus Ferber: Die Bankenregulierung wird verhältnismäßiger. Ich habe mich immer dafür ausgesprochen, dass wir die Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie und der Eigenkapitalverordnung, CRD und CRR, dafür nutzen, einige grundsätzliche Fragen im Bereich Verhältnismäßigkeit anzugehen und bin froh, dass der Wirtschafts- und Währungsausschuss diese Gelegenheit genutzt hat.
 

Warum?

Ferber: Als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise gab es eine erhebliche Verschärfung der Bankenregulierung mit dem Ziel, einer Krise, wie wir sie 2008/2009 erlebt haben, vorzubeugen. Dabei wurde jedoch an einigen Stellen über das Ziel hinausgeschossen. Anstatt nur große systemrelevante Banken stärker zu regulieren, hat es alle Institute getroffen. Der gesunde Menschenverstand sagt aber bereits, dass eine international tätige Investmentbank ein anderes Risikoprofil hat als eine kleine Genossenschaftsbank, die lediglich Mittelstands- und Privatkundengeschäft betreibt. Diese Unterscheidung muss sich auch in der Regulierung widerspiegeln - andernfalls können kleine Institute den administrativen Aufwand, der mit einer schärferen Regulierung und Aufsicht einhergeht, irgendwann nicht mehr leisten.

Wo setzen die Vorschläge des Wirtschafts- und Währungsausschusses konkret an, um Regionalbanken von überzogenen Regulierungs- und Meldevorschriften zu entlasten?

Ferber: Zunächst einmal haben wir anhand einer Obergrenze von 5 Milliarden Euro und einigen qualitativen Kriterien erst einmal definiert, was ein kleines Institut, das in den Genuss einer leichteren Regulierung kommen sollte, überhaupt ist. Ein Institut, das diese Kriterien erfüllt, profitiert dann von deutlichen Erleichterungen bei Offenlegungs- und Meldepflichten, kann von einer vereinfachten strukturellen Liquiditätsquote profitieren und von einigen Vorgaben bei der Liquiditätsüberwachung ausgenommen werden. Außerdem haben wir auf meine Initiative hin den Schwellenwert für die Besserstellung von Mittelstandskrediten verdoppelt und der Europäischen Bankenaufsicht den Arbeitsauftrag gegeben, das Meldewesen weiter zu vereinfachen.
 

Welchen konkreten Nutzen bringt das Bankenpaket der Realwirtschaft – insbesondere dem Mittelstand – und den Bankkunden?

Ferber: Wenn Banken weniger Zeit für Compliance aufbringen müssen, bleibt mehr Zeit, um sich um die Bedürfnisse der Kunden zu kümmern und dem Kerngeschäft nachzugehen - das ist definitiv im Sinne der Kunden. Darüber hinaus hilft die Verdopplung des Schwellenwerts, bis zu dem Mittelstandskredite von einem Abschlag von den Kapitalunterlegungspflichten profitieren, bei der Ausgabe von Mittelstandskrediten. Davon profitieren vor allem kleine Institute mit einem großen Portfolio an Mittelstandskrediten und natürlich ihre Kunden.
 

Zur Person

Markus Ferber ist Erster stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie Sprecher des Parlamentskreises Mittelstand im Europäischen Parlament. Dort vertritt er seit 1994 die Interessen seiner Heimat Bayerisch-Schwaben und der bayerischen Wirtschaft.

Mit dem Beschluss des Wirtschafts- und Währungsausschusses ist die Überarbeitung der EU-Eigenkapitalregeln ein gutes Stück vorangekommen. Wie geht es jetzt weiter?

Ferber: Im nächsten Schritt gibt es Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission. Hier gilt es, die guten Ergebnisse aus dem Bericht des Wirtschafts- und Währungsausschusses zu verteidigen. Wenn diese Verhandlungen abgeschlossen sind, muss noch einmal das Plenum des Europäischen Parlaments über das Endergebnis abstimmen.

Mit welchen Erwartungen sehen Sie den Verhandlungen des EU-Parlaments mit den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission über das Bankenpaket entgegen?

Ferber: Ich sehe keine massiven Differenzen zwischen Mitgliedsstaaten und Parlament, aber der Teufel steckt oftmals im Detail. Sowohl im Parlament als auch im Ministerrat wird das Dossier mit hoher Priorität behandelt, um die Verhandlungen noch vor der Europawahl im Mai 2019 abzuschließen und durchs Parlament zu bringen. Ich erwarte entsprechend ergebnisorientiere, aber harte Verhandlungen.

Herr Ferber, vielen Dank für das Interview!

Artikel lesen
Positionen