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Wer ist wer in diesem Interview?

  • Anja Stolz ist Leiterin des Bereichs Kundenmanagement und Marketing der R+V.
  • Daniel Auer ist Leiter der Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost der R+V, zu der auch Bayern gehört.
  • Marcus Eppinger ist Leiter des Bereichs Vertriebssteuerung und Technologie der R+V.

Herr Auer, als Sie Ende 2022 Leiter der R+V-Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost und damit auch von Bayern wurden, haben Sie in „Profil“ angekündigt, dass das Ziel Wachstum heißt. Wie lief das vergangene Jahr für die R+V in Bayern?

Daniel Auer: In Bayern haben wir die Provisionen in den Bereichen Lebens- und Kompositversicherung um 3,9 Millionen Euro und im Bereich der Gesundheitsversicherung um 350.000 Euro gesteigert – also ein Zuwachs allein in der Provisionswertschöpfung von ungefähr 4,25 Millionen Euro. Was den Provisionszuwachs anbelangt, ist uns der Start gelungen, von unserer Ambition sind wir aber noch ein gutes Stück entfernt.

„Was den Provisionszuwachs anbelangt, ist uns der Start gut gelungen, von unserer Ambition sind wir aber noch ein gutes Stück entfernt.“

Daniel Auer, Leiter der Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost der R+V.

Wie sehen die bayerischen Zahlen beim Kundenwachstum aus?

Auer: Hier gibt es ein differenziertes Bild. Die Gesamtkundenanzahl hat im vergangenen Jahr stagniert. Dennoch können wir auf eine positive Entwicklung im Bereich Vollkunden blicken. Hier beträgt unser Wachstum circa 10.000 Kunden – also Kunden, die mindestens je einen Vertrag in den Sparten Lebens-, Komposit- und Gesundheitsversicherung plus der Dialogeinwilligung bei uns haben. Die Dialogeinwilligung ist wichtig, damit wir mit unseren Kunden auf allen Kanälen in Kontakt treten können. Außerdem haben wir unsere Anbindungsquoten – also wie viele Verträge ein Kunde im Schnitt hat – im Jahr 2023 von 2,17 auf 2,22 angehoben. Das ist eine tolle Vertriebsleistung, die nur durch das Zusammenspiel der verschiedenen Kanäle, die hervorragenden zentralen Unterstützungsleistungen und natürlich durch die klasse Zusammenarbeit unseres Außendienstes mit den Banken vor Ort funktioniert hat.


Frau Stolz, als Verantwortliche für Kundenmanagement und Marketing in der Wiesbadener R+V-Zentrale haben Sie die Omnikanalstrategie, die dieses Zusammenspiel beflügeln soll, maßgeblich im Geschäftsmodell der R+V verankert und verantworten sie im gesamten Haus. Worum geht es dabei?

Anja Stolz: Wir bauen das gesamte Geschäftsmodell der R+V in Richtung omnikanaler Kundenversteher um. Dabei geht es nicht nur um die Anbindung und das Zusammenspiel von Vertriebswegen oder Kommunikationskanälen, sondern zum Beispiel auch darum, modulare Produkte zu schaffen, die den Kundenwunsch erfüllen, es geht um KI- und datenbasierte Kundeninteraktionssteuerung, die Skalierung der Direktvertriebskanäle oder auch um Steuerungs- und Vergütungsthemen.

„Unser CRM-System ,emma‘ versetzt uns in die Lage, unsere Kunden besser zu verstehen und über den richtigen Kanal an sie heranzutreten.“

Anja Stolz, Leiterin Kundenmanagement und Marketing der R+V

Wo steht die R+V aktuell beim Umbau des Geschäftsmodells?

Stolz: Wir haben neun Millionen R+V-Kunden und 30 Millionen Kunden im Verbund mit den Volks- und Raiffeisenbanken. Diese große Zahl lässt sich nur datenbasiert oder datenunterstützt bearbeiten. Herzstück für das Kundenbeziehungsmanagement innerhalb der R+V ist unser CRM-System „emma“. Es versetzt uns in die Lage, unsere Kunden besser zu verstehen und über den richtigen Kanal an sie heranzutreten – und zwar zur richtigen Zeit mit dem richtigen, modularen Produkt und der passenden Ansprache. Das CRM-System funktioniert, die Außendienstkollegen im Bankenvertrieb, die Generalagenturen sowie die Direktberater- und Servicecenter arbeiten damit. Sie erhalten vom System Impulse und können Kundeninformationen einsehen. Die zentrale Kundeninteraktion via Customer Journeys oder Mailings profitiert natürlich ebenso.


Was sind Ihre nächsten Pläne?

Stolz: In diesem Jahr werden wir den ersten „emma“-Anschluss in den genossenschaftlichen Verbund legen. Damit schaffen wir die Basis, gemeinsam erfolgreich mit den Kunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken zu interagieren. Und wahrscheinlich bis ins nächste Jahr hinein binden wir das interne Dienstleistungsmanagement der R+V an das CRM-System an, so dass wir die gesamte Kundenreise – die Customer Journey – letztlich im Auge haben. Insgesamt gesehen sind wir zu zwei Dritteln dort, wo wir im Zielbild sein wollen.


Herr Eppinger, Sie leiten bei der R+V den Bereich Vertriebssteuerung und Technologie. Was verbirgt sich aus technischer Sicht hinter dem Omnikanalmodell?

Marcus Eppinger: In erster Linie unsere gemeinsame Infrastruktur. Was wir als R+V Versicherung tun, wird so auch auf der Plattform der Banken abgebildet. Dafür sind wir technisch tief ineinander integriert, bei den Daten und bei den Prozessen. Diese Integration vertiefen wir kontinuierlich. Dabei arbeiten wir eng mit dem genossenschaftlichen IT-Dienstleister Atruvia zusammen. Dadurch hat unser Verbund eine Reihe von Vorteilen sowohl für die Kunden als auch für die Banken.

„Unsere Abschluss- und Serviceprozesse können wir den Banken und deren Kunden eins zu eins mit der gleichen Bedienoberfläche und in der gewohnten Optik zur Verfügung stellen.“

Marcus Eppinger, Leiter Vertriebssteuerung und Technologie der R+V

Welche meinen Sie konkret?

Eppinger: Zum einen die Daten: Wir haben einen gemeinsamen Datenhaushalt, den wir zusammen nutzen. Zum anderen die einheitlichen Prozesse. Unsere Abschluss- und Serviceprozesse können wir den Banken und deren Kunden eins zu eins mit der gleichen Bedienoberfläche und in der gewohnten Optik zur Verfügung stellen. Es gibt für die Kunden und Bankberater keine Medienbrüche, und das Kundenerlebnis ist aus einem Guss. Egal, ob der Kunde beim Bankberater, beim Außendienst oder in der Direktberatung ist.

Stolz: Zudem sind wir personell tief integriert und arbeiten gemeinsam an den Anwendungsfällen. Diese Anwendungsfälle entwickeln Datenwissenschaftler der R+V zusammen mit ihren Kollegen von Truuco, der Smart Data Company der genossenschaftlichen Finanzgruppe.

„Geplant ist, die komplette Beratung ab Mitte 2025 omnikanal über ,emma‘ abzuwickeln und auch die Produktabschlüsse von dort aus starten zu können.“

Marcus Eppinger, Leiter Vertriebssteuerung und Technologie der R+V

Welche Rolle spielt das CRM-System „emma“?

Eppinger: „emma“ ist zukünftig für unseren Außendienst das eine Vertriebstool. Darin sind heute schon die Kundendaten, Verträge, Services und Kontakte sichtbar. Mit der Anwendung „emma empfiehlt“ werden dem Außendienst dabei wertvolle Impulse zur Kontaktaufnahme mit dem Kunden ausgespielt. Geplant ist, die komplette Beratung ab Mitte 2025 omnikanal über „emma“ abzuwickeln und auch die Produktabschlüsse von dort aus starten zu können. Gleichzeitig entwickeln wir gemeinsam mit der Atruvia auch direkt im Banking-Workspace die gleichen Funktionen. Für Kunde und Berater kommt somit alles aus einer Hand. Wichtig auch dabei: eine gemeinsame Datenbasis.

Stolz: Wenn wir in unserem Ökosystem mit der gleichen Datenbasis wie die Volks- und Raiffeisenbanken arbeiten, natürlich mit Regelwerken und datenschutzkonform, haben wir ein klares Alleinstellungsmerkmal und einen enormen Wettbewerbsvorteil. Hinzu kommt unser genossenschaftlicher Ansatz, der Sinn stiftet: unser Purpose. Das sind Alleinstellungsmerkmale, die nicht zu kopieren sind.

„Die Omnikanalstrategien des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und der R+V passen strategisch und kulturell perfekt zueinander. Das ist wie Schlüssel und Schloss.“

Anja Stolz, Leiterin Kundenmanagement und Marketing der R+V

Wie funktioniert die Abstimmung im Verbund?

Stolz: Die Omnikanalstrategien des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und der R+V passen strategisch und kulturell perfekt zueinander. Das ist wie Schlüssel und Schloss. Wir haben bei der Datenteilung, der Kundenansprache und der stärkeren Personalisierung die gleichen Ideen. Technisch haben wir zwar nicht aufeinander gewartet, aber wir achten darauf, dass die Techniken schnell zusammensteckbar sind.

Eppinger: Das ist der entscheidende Punkt: Dass wir im Verbund unsere Kunden gezielt ansprechen, weil sie einen Bedarf haben. Wer das am Ende macht, ob die R+V oder die Bank, der Bankberater oder das Kundenservice-Center, der Außendienst oder die Direktberatung, ist zunächst egal. Wichtig ist, möglichst viele Kunden genau zur richtigen Zeit anzusprechen.

Wie geht es nach der Kundenansprache weiter?

Eppinger: Danach folgt eine Kundenreise, die friktionsfrei ist. Unser entscheidender Vorteil ist, dass wir diese Customer Journey gemeinsam gewährleisten, weil wir sie aus einem Guss denken. Die Kundenreise kann beispielsweise auf der Banking-App mit einer beliebigen Aktion beginnen. Dann kann der Kunde unmittelbar einen Termin buchen, in eine Ad-hoc-Beratung gehen oder zum Bankberater. Wir wollen die komplette Kundenreise so automatisieren, dass sie für den Kunden perfekt ist und er genau bekommt, was er will – sei es eine persönliche oder eine digitale Beratung oder in Zukunft vielleicht einen Chat.


Wie erleben die Mitarbeitenden das in ihrem Vertriebsalltag konkret?

Auer: Aktuell stellen wir fest, dass in diesem Zusammenspiel eine deutlich höhere Trefferquote am Kundenkontaktpunkt herauskommt und wir unsere Zeit sehr viel effektiver und effizienter nutzen können. Von daher hilft uns das Omnikanalmodell enorm. Das Thema ist aber bei Weitem noch nicht überall im Tagesgeschäft integriert.

„Für uns sind Digitalisierung und Omnikanal kein Selbstzweck, sondern es geht darum, die Kundenanforderungen zu erfüllen.“

Daniel Auer, Leiter der Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost der R+V

Warum ist das Thema noch nicht überall im Tagesgeschäft integriert?

Auer: Weil es für unsere Kolleginnen und Kollegen einen Wandel bedeutet. Sie müssen Zeit aufwenden, um sich mit der Technik vertraut zu machen und sie anzuwenden. Und sie müssen Vertrauen entwickeln. Letztlich lernen unsere Beraterinnen und Berater, die Technik im Verkauf noch besser einzusetzen, und gleichzeitig lernt das CRM-System durch die Rückmeldungen unseres Außendienstes. Somit können wir unsere wertvolle Vertriebszeit künftig noch besser einsetzen.

Stolz: Genau. Das Ganze ist ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine und keine Verdrängung. Der Mensch ist in der Beziehungsarbeit deutlich stärker, und die Maschine bleibt ohne den Menschen dumm. Unsere Stärke bei der R+V sind die Menschen. Wo unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nah am Kunden sind, ist auch der Zufriedenheitswert der Kunden extrem hoch. Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir dieses Alleinstellungsmerkmal riskieren würden. Den Faktor Mensch können wir mit unserem CRM-System sogar noch verstärken.

Inwiefern machen sich die Digitalisierung und das Omnikanalmodell schon in der Kundenberatung bemerkbar?

Auer: Unser Kundenzufriedenheitswert ist im letzten Jahr um sechs Prozentpunkte gestiegen und verzeichnet damit ein höheres Wachstum als der Markt. Ich führe das darauf zurück, dass wir noch qualifizierter auf bestimmte Bedarfe eingehen können, weil wir sie einfach eher erkennen. Für uns sind Digitalisierung und Omnikanal kein Selbstzweck, sondern es geht darum, die Kundenanforderungen zu erfüllen. Das Omnikanalmodell wird uns nicht die Vertriebsarbeit abnehmen, sondern eine tatkräftige Unterstützung sein. Aber wenn wir die Systeme nicht anwenden, bringen sie uns nicht weiter. Deshalb auch hier das Angebot an alle Vertriebspartner: Gehen Sie mit uns aktiv in den Austausch.

Eppinger: Die hohe Kundenzufriedenheit mit der persönlichen Beratung zeigt zudem, dass unser Außendienst auch mit den Tools, die wir heute haben, eine richtig gute Leistung erbringt. Unser Ziel im gesamten Omnikanalmodell ist es, immer wieder möglichst viele Kunden in die persönliche Beratung zu bekommen. Wir wissen: Dann sind die Kunden am zufriedensten, dann steigen Cross- und Up-Selling und wir generieren den größten Mehrwert für unsere Bankpartner.

„Wir haben neun Millionen Kunden. Es muss uns gelingen, mit möglichst vielen dieser Kunden den Kontakt zu halten.“

Anja Stolz, Leiterin Kundenmanagement und Marketing der R+V

Wie wollen Sie mehr Kunden in die persönliche Beratung bekommen?

Stolz: Wir haben neun Millionen Kunden. Es muss uns gelingen, mit möglichst vielen dieser Kunden den Kontakt zu halten. Wir wissen, dass wir bisher mit zehn bis 15 Prozent der Kunden pro Jahr einen Kontakt hatten. Im Umkehrschluss heißt das jedoch, dass wir mit bis zu 85 Prozent keinen qualifizierten Kontakt hatten. Da setzen das CRM-System und das datenbasierte Arbeiten an. Wir versuchen, die Frequenz der Kundenkontakte deutlich nach oben zu bringen. Das Ziel ist, in Zukunft mit jedem Kunden vier Kontakte pro Jahr zu haben. Durch die Hilfe des CRM-Systems haben wir die Frequenz mittlerweile auf etwas mehr als zwei Kundenkontakte pro Jahr gesteigert. Wegen des qualifizierten Kontakts mit Feedback-Möglichkeiten und Response-Themen fühlen sich diese Kontakte für den Kunden gut an. Wir sehen, dass das allein schon den Kundenzufriedenheitswert und die geschäftlichen Chancen steigert.

„Wir glauben fest daran, dass die Vernetzung aller Vertriebskanäle die Zukunft ist – und nicht die Verdrängung einzelner Vertriebskanäle.“

Marcus Eppinger, Leiter Vertriebssteuerung und Technologie der R+V

Gibt es dennoch im Vertrieb Befürchtungen wegen der zunehmenden Automatisierung?

Auer: Klar überlegt sich der eine oder andere, wie sich solche Themen weiterentwickeln. Wir gehen sehr stark mit den Kolleginnen und Kollegen in den Dialog, sprechen mit ihnen über die Dinge und erproben in der Praxis, wie sie sie anwenden können. Daher glaube ich, dass die omnikanale Herangehensweise eher als Hilfestellung und Bereicherung wahrgenommen wird, und nicht als etwas, wovor man Angst haben muss.

Eppinger: Schließlich wollen wir im persönlichen Vertrieb wachsen. Während viele Wettbewerber oder andere Branchen schauen, wie sie etwas automatisieren können, um weniger Leute einzusetzen, wollen wir bei der R+V im verkaufenden Außendienst netto Personal aufbauen. Wir glauben fest daran, dass die Vernetzung aller Vertriebskanäle die Zukunft ist – und nicht die Verdrängung einzelner Vertriebskanäle.

„In Bayern haben wir 2023 den Netto-Zuwachs beim Personal erfolgreich gestemmt. Wir haben rund 50 Auszubildene und fast 100 neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt.“

Daniel Auer, Leiter der Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost der R+V

Wie kommen Sie beim Personalaufbau voran?

Auer: In Bayern haben wir 2023 den Netto-Zuwachs beim Personal erfolgreich gestemmt. Wir haben rund 50 Auszubildene und fast 100 neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt. Wir sehen, dass wir als genossenschaftliche Finanzgruppe und als R+V sehr attraktiv sind, nicht nur aufgrund unserer Produkte und der Vergütungsthemen, sondern auch aufgrund unserer Prozesse, die die Beratung einfacher machen. Auch in diesem Jahr werden wir wieder sehr intensiv in weitere Spezialisten und Nachwuchskräfte investieren.

Stolz: Aber das ist eine Reise und kein Sprint. Wir erledigen ein Thema nach dem nächsten, so dass in den kommenden Jahren noch vieles an Vereinfachungen kommen wird.


Frau Stolz, Herr Auer und Herr Eppinger, vielen Dank für das Interview!

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