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Heike Hartmann, Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck: „Wir leben in einer modernen Arbeitswelt, die es Frauen erleichtert, Karriere und Privates zu vereinbaren.“

Heike Hartmann ist eine Macherin. Eine, bei der es so scheint, als ob sie das Wort „unmöglich“ nicht kennt, eine selbstbewusste Frau, die hartnäckig bleibt, bis sie ihre Ziele erreicht. Eine, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt und weiß, was sie kann und will.

Thüringen, Bremen, Niedersachen, Hessen: ­Für ihre Karriere in der Bankenbranche hat sie oft ihre Umzugskartons gepackt. Hartmann ist kreuz und quer durch Deutschland gezogen, um beruflich weiterzukommen. Ausbildung als Bankkauffrau bei der Deutschen Bank in Erfurt, weiter zu einer Privatbank, danach zur Sparkasse. 2004 landet sie in einer Genossenschaftsbank. Stufe für Stufe geht es auf der Karriereleiter nach oben, gleichzeitig bildet sie sich weiter, sie studiert berufsbegleitend, absolviert Management- und Führungsseminare. Mit 29 leitet sie eine Bankfiliale, mit 36 einen kompletten Marktbereich. Mit 39 wird sie Prokuristin. Mit 44 dann ein großer beruflicher Schritt: Für Hartmann geht‘s in die Vorstandsetage einer hessischen Raiffeisenbank.

Doch das ist nicht der Endpunkt ihrer Karriere. Sie zieht weiter nach Bayern, zur Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck. Dort ist sie seit 2020 Vorständin und führt gemeinsam mit Harald Löhner das genossenschaftliche Institut mit 70 Mitarbeitenden, fünf Geschäftsstellen und einem Raiffeisen-Lagerhaus. Hartmann fühlt sich in Bayern wohl. „Hier und nirgendwo anders möchte ich Vorständin sein“, betont sie.

„Es gibt natürlich Licht und Schatten, wenn man es nach oben schaffen will.“

Heike Hartmann, Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck

Dort angekommen zu sein, wo sie jetzt ist, habe natürlich Zeit in Anspruch genommen. Vorständin werde man schließlich nicht von heute auf morgen. „Ich habe mich da hineinentwickelt und hatte den Willen, mich für den Beruf zu verändern“, sagt die gebürtige Thüringerin. Bewusst habe sie sich auf Stellen in der Bankenbranche beworben, die sie weiterbringen. Das erforderte, immer wieder die Sachen zu packen, umzuziehen und das gewohnte Umfeld hinter sich zu lassen. „Es gibt natürlich Licht und Schatten, wenn man es nach oben schaffen will. Aber wir leben mittlerweile in einer modernen Arbeitswelt, die es Frauen erleichtert, Karriere und Privates zu vereinbaren“, sagt Hartmann. Homeoffice, flexibles oder mobiles Arbeiten, unterschiedliche Arbeitszeitmodelle – das alles biete Frauen mehr Spielraum, ihren Beruf an ihre Lebenssituation anzupassen und ihre Karriere nicht aus den Augen zu verlieren.

Diversität ist bei der Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck nicht nur irgendein Modewort, sondern wird gelebt. Das zeigt sich auch bei den Führungsposten, die mehrheitlich weiblich besetzt sind. „Darauf sind mein Vorstandskollege und ich sehr stolz“, sagt Hartmann. In ihrer Bank können Mitarbeitende Führungskraft werden, ohne Vollzeit zu arbeiten. Dieses Modell habe sich bewährt. „Es kommt auf den Output an. Wenn der stimmt, kann ein Mann oder eine Frau auch mit reduzierter Stundenanzahl erfolgreich eine leitende Funktion ausüben“, ist die 50-jährige Vorständin überzeugt.

„Diversität steigert den Erfolg eines Unternehmens, davon bin ich überzeugt. Das spiegelt sich auch beim Recruiting wider.“

Heike Hartmann, Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck

Dass in der Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck viele Frauen führen, wirke sich auf die Arbeitgeberattraktivität aus. In Vorstellungsgesprächen habe sie erfahren, dass sich einige Bewerberinnen bewusst auf eine Stelle beworben hätten, weil der Anteil an weiblichen Führungskräften hoch und der Vorstand geschlechterparitätisch besetzt ist. „Diversität steigert den Erfolg eines Unternehmens, davon bin ich überzeugt. Das spiegelt sich auch beim Recruiting wider“, betont Hartmann.

Was sie anderen Frauen mit auf den Weg geben will, die nach oben wollen? „Seid mutig, neugierig und selbstbewusst. Versteckt Euch nicht und kommuniziert gegenüber Führungskräften klar, welche Ambitionen ihr habt“, sagt die Vorständin. Für ihre eigene Karriere sei es wichtig gewesen, dass es Menschen gab, die ihr Türen geöffnet, Hände gereicht und ihr Talent entdeckt haben. „Durch die Tür muss jedoch jeder selbst gehen“, gibt sie zu bedenken.

Anita Linzmeier, VR GenoBank DonauWald: „Vielleicht müssen Arbeitgeber auch in der ersten Führungsebene über unterschiedliche Beschäftigungsmodelle nachdenken.“

Dass man durch offene Türen auch gehen muss, bestätigt auch Anita Linzmeier, seit 1. Januar 2021 Vorständin bei der VR GenoBank DonauWald. Gemeinsam mit Günther Bernreiter und Egon Gröller führt sie das Kreditinstitut. Linzmeier ist Genossenschafts-Bankerin durch und durch. 1995 absolviert sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Volksbank Deggendorf. Nach ihrer Lehre bleibt sie dort und arbeitet 16 Jahre in der Kundenberatung. Sie studiert berufsbegleitend und absolviert 2003 ihr Diplom zur Bankbetriebswirtin. 2011 wechselt sie ins Controlling/Rechnungswesen. Ihr Antrieb? „Ich wollte andere Bereiche der Bank kennenlernen“, erzählt die 44-Jährige.

Zwei Jahre später leitet sie die Abteilung, Linzmeier ist zum ersten Mal Führungskraft und hat 14 Mitarbeitende in ihrem Team. 2016 fusioniert die Bank ein weiteres Mal und firmiert ab sofort unter dem Namen VR GenoBank DonauWald. 2018 klettert Linzmeier auf der Karriereleiter eine weitere Stufe hoch, sie übernimmt die Bereichsleitung „Marktfolge Aktiv“. Drei Jahre später wird sie in den Vorstand berufen und leitet mit ihren beiden Vorstandskollegen das genossenschaftliche Institut mit 350 Mitarbeitenden.

Linzmeiers Arbeitswoche ist durchgetaktet und weit weg von einem 9-to-5-Job. Vorstandssitzungen, Besprechungen mit Bereichsleitern, Meetings, Termine außer Haus und vieles mehr. „Oft bräuchte der Tag mehr als 24 Stunden. Das Arbeitspensum ist hoch und manchmal kommt die Freizeit zu kurz“, sagt die Bankerin. Ist das der Grund, wieso bisher so wenig Frauen im Vorstand bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken zu finden sind? Weil der Spagat zwischen Beruf und Privatleben einfach zu groß ist? Das sei ein Grund, aber nicht der einzige. „Es herrscht in Bayern immer noch ein klassisches Rollenverständnis: Vorwiegend gehen die Männer Vollzeit arbeiten, Frauen kümmern sich um die Kinder und üben einen Teilzeitjob aus.“ Frauen bekämen in der heutigen Zeit meist zwischen 30 und 40 Jahren Nachwuchs – also genau dann, wenn viele Männer ihren ersten großen Karrieresprung machen. Ein Teilzeitjob könne dann dazu führen, dass die Karriere in den entscheidenden Jahren, in denen im Beruf die Weichen gestellt werden, einen Knick bekommt oder zumindest stagniere.

„Oft bräuchte der Tag mehr als 24 Stunden. Das Arbeitspensum ist hoch.“

Anita Linzmeier, VR GenoBank DonauWald

Das Rollenbild werde sich nicht von heute auf morgen verändern, deshalb seien andere Maßnahmen erforderlich, um Frauen zu fördern. Kürzlich habe ihr eine angehende Vorständin einer anderen Bank erzählt, dass sie sich den Vorstandsposten mit einer Frau teilt. Zuerst sei Linzmeier skeptisch gewesen, Vorständin in Teilzeit – wie soll das funktionieren? Doch dann kam sie ins Grübeln und fand den Gedanken Jobsharing in der Vorstandsetage interessant. „Vielleicht müssen Arbeitgeber auch in der ersten Führungsebene über unterschiedliche Beschäftigungsmodelle nachdenken, um für Mitarbeitende mit Karriereambitionen das Vorstandsamt attraktiver zu gestalten“, gibt Linzmeier zu bedenken. Sie spricht hier bewusst von Mitarbeitenden, denn sowohl für Frauen als auch für Männer sei Flexibilität in der heutigen Zeit ein entscheidender Faktor, um im Job und im Privaten glücklich zu sein.

Pia Weinkamm, Volksbank Raiffeisenbank Würzburg: „Manchmal wechsle ich ins Homeoffice und bin auch mal zwei, drei Stunden einfach nur Mutter.“

Flexibilität war auch für Pia Weinkamm, Vorständin bei der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg, entscheidend, um Karriere zu machen. Nach Abstechern in eine New Yorker Anwaltskanzlei und zu einem internationalen Softwarekonzern in München startet die promovierte Juristin Anfang 2001 bei der Würzburger Fürstlich Castell'schen Bank als Juristin. Einmal in der Finanzbranche zu landen, war ursprünglich nicht ihr Plan. „Eigentlich wollte ich in einer Musikagentur als Anwältin arbeiten“, sagt die 48-Jährige rückblickend. Gekommen ist es anders. „Ich bin im Bankwesen hängen geblieben, weil es immer Spaß gemacht hat“, erzählt die Juristin und lacht.

2014 hat sie die Chance, Vorständin zu werden. Sie lehnt ab. „Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen, meine operative Tätigkeit als Juristin aufzugeben“, sagt Weinkamm. 2019 ändert sie ihre Meinung. Sie rückt ins Vorstandsgremium der Fürstlich Castell'schen Bank. Dort bleibt sie bis 2021. In diesem Jahr wechselt sie schließlich zur Volksbank Raiffeisenbank Würzburg und wird erst Generalbevollmächtigte, dann 2023 Vorständin. Seitdem ist sie Teil des Vorstandstrios neben Joachim Erhard und Claus Reder.

Weinkamm ist gelungen, wovor viele Frauen immer noch zurückschrecken: Karriere und Kind zu verbinden. In der Fürstlich Castell'schen Bank war sie damals die erste Alleinerziehende in einem anspruchsvollen Leitungsjob. Mittlerweile ist ihr Sohn 15. Das mache vieles leichter.

„Was ich kann, das können andere Frauen auch. Also traut Euch.“

Pia Weinkamm, Volksbank Raiffeisenbank Würzburg

Früher, als ihr Kind noch kleiner war, sei es natürlich herausfordernd gewesen, alles zu wuppen. „Eines war mir aber immer bewusst: Wenn ich einen anspruchsvollen Job ausüben will und gleichzeitig meiner Mutterrolle gerecht werden möchte, dann brauche ich ein gewisses Maß an Flexibilität, was meine Arbeitszeit angeht“, sagt sie. Ihr Arbeitgeber und sie fanden gemeinsam ein Modell, das ihr ein Nebeneinander von Karriere und Kind ermöglichte. Auch heute als Vorständin ist es ihr wichtig, ihre Arbeit so zu gestalten, dass ihr Sohn nicht zu kurz kommt. „Manchmal wechsle ich ins Homeoffice und bin auch mal zwei, drei Stunden einfach nur Mutter. Danach schalte ich den Laptop wieder an und arbeite bis in die Abendstunden“, erklärt Weinkamm.

Die 48-Jährige hat nie bewusst geplant, in der ersten Führungsreihe eines Unternehmens zu stehen. Und dennoch hat sie es geschafft und ist glücklich. Sie ist sich sicher: „Was ich kann, das können andere Frauen auch. Also traut Euch.“ 

Angelika Koller, VR-Bank Passau: „Ich habe es geschafft, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bekommen.“

Eine weitere Frau, die in einer bayerischen VR-Bank den Ton angibt, ist Angelika Koller. Seit 1. Januar 2024 ist sie Vorständin bei der VR-Bank Passau und leitet mit drei Männern das genossenschaftliche Kreditinstitut, in dem rund 400 Mitarbeitende tätig sind. Was war Kollers Erfolgsrezept auf dem Weg nach oben? „Ich habe mir über Jahrzehnte Fachkompetenz aufgebaut. Das ist der Grund, wieso ich heute Vorständin bin“, sagt Koller. Von einer Frauenquote in der Finanzbranche hält die 46-Jährige nichts. Im Gegenteil. „Es wäre für jede Frau, die es mit Fachwissen, Überstunden, Fleiß und Durchhaltevermögen nach oben geschafft hat, ein Schlag ins Gesicht, wenn jeder sagen würde: Sie ist doch nur die Quotenfrau.“

Koller hat sich ihren Erfolg erarbeitet. Bei der VR Bank Passau absolviert sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Danach ist sie im Marketing und Vertrieb tätig, sie studiert berufsbegleitend. Mit 23 wird sie Firmenkundenberaterin, dort bleibt sie 14 Jahre. In dieser Zeit merkt die Bankerin, dass sie bereit ist, mehr Verantwortung zu übernehmen. Sie möchte ihre eigene Abteilung, will selbst gestalten und Mitarbeitende führen. Es wird eine Stelle in der zweiten Führungsebene frei, sie bewirbt sich und bekommt den Job als Leiterin der Abteilung Meldewesen/Rechnungswesen. Weitere Jahre vergehen und Koller wird Prokuristin. 2024 gelingt ihr dann der Sprung ins Vorstandsgremium der VR-Bank Passau.

„Frauen stehen sich oft selbst im Weg. Deshalb mein Appell: Glaubt an Euch und Eure Fähigkeiten. Wir brauchen Euch in der Finanzbranche.“

Angelika Koller, VR-Bank Passau

In der Zeit, als Koller als Firmenkundenberaterin tätig ist, bekommt sie zwei Kinder. Ihr Mann bleibt zu Hause. Koller geht nach dem Mutterschutz wieder Vollzeit arbeiten. Für sie war das kein leichter Schritt und manchmal auch eine Zerreißprobe, gerade als die Töchter noch klein waren. „Natürlich habe ich mich oft gefragt, ob ich das Richtige tue. Es schlagen zwei Herzen in deiner Brust: die Liebe zu den Kindern und die Leidenschaft für den Beruf“, gibt die Vorständin zu bedenken. Von ihrem Umfeld hätte sie sich in dieser Zeit mehr Unterstützung erwartet. „Ich bekam vor allem Gegenwind von Frauen, die mich fragten, ob ich als Vollzeit-Berufstätige meiner Mutterrolle gerecht werden kann.“ Daran verschwendet die Vorständin heute keinen Gedanken mehr. „Ich habe es geschafft, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bekommen, meine Töchter und mein Mann sind stolz auf mich“, betont sie. Und diesen Weg, den sie gegangen ist, können auch andere Frauen schaffen. Sie möchte deshalb Frauen mit Karrierewunsch dazu ermutigen, sich zu trauen: „Wir stehen uns oft selbst im Weg. Deshalb mein Appell: Glaubt an Euch und Eure Fähigkeiten. Seid mutig und probiert es aus. Wir brauchen Euch in der Finanzbranche.“

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