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Grundsteuer Reform Bundesfinanzminister Olaf Scholz

Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. April 2018 die aktuelle Berechnungsmethode der Grundsteuer gekippt. Die seit mehr als 50 Jahren nicht mehr angepassten Einheitswerte für Grundstücke seien völlig überholt und führten zu gravierenden Ungleichbehandlungen der Grund- und Immobilienbesitzer, so das Urteil. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis Ende 2019 eine Neuregelung zu schaffen – andernfalls entfällt die Grundsteuer. Die Zeit drängt, denn bislang gibt es noch keinen Gesetzentwurf.

Von der geplanten Neuregelung der Grundsteuer sind alle Eigentümer von bebauten und unbebauten Grundstücken in Deutschland betroffen – also auch alle bayerischen Genossenschaften mit Grund- und Immobilienbesitz. Zwar sind für ein Grundstück durchschnittlich nur circa 400 Euro jährlich an Grundsteuer zu zahlen, doch sie ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Kommunen. Ein Wegfall würde die Städte und Gemeinden empfindlich treffen. Bei einer Neuberechnung sind rund 35 Millionen Grundstücke steuerlich neu zu bewerten – schnell wurden deshalb Forderungen laut, die Kosten für die Verwaltung und den bürokratischen Aufwand niedrig zu halten.

Die Grundsteuer

  • betrifft 35 Millionen bebaute und unbebaute Grundstücke in Deutschland,
  • ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Das Steueraufkommen beträgt rund 14 Milliarden Euro,
  • wird jährlich von den Gemeinden erhoben. Fällig wird sie zu je einem Viertel ihres Jahresbeitrags am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November,
  • wird fällig für Eigentümer von Grundstücken und Immobilien. Vermieter können die Grundsteuer als Nebenkosten auf den Mieter umlegen,
  • wird als Grundsteuer A (agrarisch) auf Grundstücke der Landwirtschaft erhoben und als Grundsteuer B (baulich) für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude.

Bemessungsgrundlage: Einheitswert und örtlicher Hebesatz

Die Grundsteuer wird derzeit in einem komplizierten Verfahren mit Steuerbescheiden durch das Finanzamt (Grundlagenbescheid) und Festsetzungsbescheiden durch die Kommunen geregelt. Eine allgemein gültige Aussage zur Höhe der Grundsteuer für ein Grundstück oder eine Immobilie lässt sich nicht treffen, da diese nicht pauschal berechnet wird. Sogar in der gleichen Straße kann es ganz unterschiedliche Grundsteuern geben, da diese abhängig ist vom Einheitswert, der für jedes Grundstück gesondert durch das Finanzamt festgestellt wird.

Dieser Einheitswert wird mit der Grundsteuermesszahl und mit dem von der Gemeinde festgesetzten Hebesatz multipliziert. Indem sie die Höhe der Hebesätze festlegen, können die Gemeinden individuell und aktiv Einfluss auf die Höhe der Grundsteuer nehmen.

Einheitswerte seit 1964 nicht geändert

In den Einheitswert eines Grundstücks fließen Wert, Art der Nutzung und die steuerrechtliche Zurechnung des Grundbesitzes ein. Grundlage sind die Wertverhältnisse zur Zeit des Hauptfeststellungszeitpunkts 1. Januar 1964. Für Ostdeutschland werden die Werte sogar zum Stichtag 1. Januar 1935 festgestellt. Das war dem Bundesverfassungsgericht zu viel. Die veralteten Wertverhältnisse seien nicht mehr mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gerechte Ausgestaltung des Steuerrechts vereinbar und daher nicht mehr maßgeblich. Der Gesetzgeber muss nun bis spätestens 31. Dezember 2019 eine Neuregelung verabschieden, bis dahin gilt das bisherige Recht weiter.

Die Grundsteuer ist eine Jahressteuer. Wird ein Grundstück im Laufe eines Jahres verkauft, zahlt der Alteigentümer die Grundsteuer weiterhin. Erst ab dem folgenden Jahr zahlt der neue Eigentümer die Grundsteuer. Darüber hinaus besteht die Grundsteuerpflicht so lange, bis vom Finanzamt eine geänderte Feststellung auf den neuen Eigentümer vorliegt. Viele Kommunen sind jedoch bereit, den neuen Eigentümer mit der Grundsteuer ab dem Übergabetermin zu belasten, wenn eine entsprechende Übernahmeerklärung mit beiden Unterschriften abgegeben wird. So hat zum Beispiel die Landeshauptstadt München ein entsprechendes Formular zur Übernahmeerklärung auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Grundsteuerreform: Verschiedene Modelle

Bei der anstehenden Grundsteuerreform werden nun mehrere Modelle mit unterschiedlich großem Aufwand bei der Neufestsetzung von Gebäudewerten diskutiert, auch eine Bemessung der Steuer allein nach den Bodenrichtwerten wird erörtert:

  • Das wertabhängige Modell (WAM) berücksichtigt folgende Werte: Nettokaltmiete, Wohnfläche, Baujahr, Grundstücksfläche und regionaler Bodenrichtwert. Diese Variante gilt als aufwendig und kompliziert, es könnte zu einer Klagewelle kommen.
  • Beim wertunabhängigen Modell (WUM) orientiert sich die Grundsteuer an der Größe beziehungsweise Fläche des Grundstücks und des Gebäudes. Zwar sind die Zahlen einfach zu berechnen, es gilt jedoch als ungerecht, wenn der Wert des Grundstücks rein nach der Fläche berechnet wird.
  • Beim Bodenwertmodell wird allein der Bodenwert eines Grundstücks unter Einbeziehung der von der Kommune festgelegten Bodenrichtwerte zur Steuerberechnung herangezogen.

Das Steueraufkommen steht allein den Kommunen zu – doch die Gesetzgebungskompetenz liegt ausschließlich beim Bund. Bund und Länder haben sich am 1. Februar 2019 auf Eckpunkte für die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts verständigt und setzen auf ein wertabhängiges Modell. Bei der Berechnung der Grundsteuer sollen zukünftig der regionale Bodenrichtwert, das Alter der Gebäude und die in der Region durchschnittlichen Mietkosten als Basis genommen werden.

Der vorliegende Kompromiss gilt bei mehreren Bundesländern – allen voran Bayern – als bürokratisch und teuer. Sie wollen erneut verhandeln. Vor allem die fiktive Miete bei Eigennutzung ist umstritten. Andere Bundesländer überlegen, wie die Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer vom Bund zu den Ländern übergehen könnte.

Genossenschaften sind betroffen

Die Neuregelung betrifft auch alle Betriebsgrundstücke von Genossenschaften. Spätestens ab 2020 müssen die Grundstücke neu bewertet sowie die dazugehörige Grundsteuer neu berechnet werden. Bislang hat die Bundesregierung noch keinen Gesetzesentwurf vorgelegt. Wie die konkrete Neuregelung durch den Gesetzgeber aussehen wird, bleibt daher vorerst unklar. Der Genossenschaftsverband Bayern wird seine Mitglieder unter anderem im GVB-Mitgliedernetz informieren, sobald ein Gesetzentwurf vorliegt.

Edeltraud-Maria Schmid ist Steuerberaterin beim Genossenschaftsverband Bayern.

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