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Deutschland hat gewählt. Jetzt stehen Sondierungen, Koalitionsverhandlungen und die Bildung einer neuen Regierung an. Viel Zeit haben die künftigen Koalitionäre nicht. Denn die Herausforderungen sind vielfältig und dringend. Neben Sicherheitspolitik geht es dabei auch um die Wirtschaft. Denn Deutschland steckt in einer wirtschaftspolitischen Sackgasse. Die Produktivität stagniert, die Wettbewerbsfähigkeit nimmt ab, und der Mittelstand leidet unter einem wachsenden Dschungel an Vorschriften. Andere Regionen haben höheres Wachstum, sind innovativer und nehmen Reformen in Angriff. Auch in Deutschland gibt es Wachstum – aber am falschen Ende. Während die Wirtschaft schrumpft, müssen Angestellte mittlerweile 22 Prozent ihrer Arbeitszeit für bürokratische Tätigkeiten aufwenden. Und wir haben weltweit die höchsten Energiekosten. All das bringt das Geschäftsmodell Deutschland in Gefahr.

Während der neu gewählte US-Präsident Donald Trump ankündigt, in den kommenden Jahre 500 Milliarden Dollar in Künstliche Intelligenz investieren zu wollen, beschäftigen wir uns mit der Aufbewahrungsfrist von Belegen. Der wirtschaftspolitische Kurs muss sich dringend ändern. Daher muss für die nächste Bundesregierung gelten: Deutschland braucht dringend ein Effizienzprogramm.

Weniger Bürokraten, weniger Bürokratie

Der Staat hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter ausgedehnt. In den Bundesministerien wurden Tausende neuer Stellen geschaffen. Das Ergebnis von deren Arbeit landet dann als Auflagenflut bei den Unternehmen. Die schlichte Logik: Mehr Bürokraten produzieren auch mehr Bürokratie. Statt überregulierter Prozesse braucht es ein Entfesselungspaket für den Mittelstand: weniger Dokumentationspflichten, eine praxistaugliche Verbraucherschutzpolitik, eine klare Fokussierung auf die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft und das Leitbild aufgeklärter Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ein Beispiel: Die Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wurde durch ein Gerichtsurteil so verkompliziert, dass Banken und Kunden mit enormem Mehraufwand belastet werden. Obwohl der jetzige Rechtszustand niemandem nutzt und Lösungsvorschläge auf dem Tisch lagen, hat es die Politik in drei Jahren nicht geschafft, eine praktikable gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen.

Bürokratieabbau darf nicht weiterhin nur ein Schlagwort bleiben. Die nächste Bundesregierung muss einen verbindlichen Abbauplan vorlegen. Für jedes neue Gesetz müssen zwei alte raus, um Überregulierung aktiv zu reduzieren.

Digitalisierung: Nicht diskutieren, sondern machen

Wachstumsfelder von morgen bleiben auf der Strecke. Jeder kennt es – schlechte Mobilfunkverbindungen und langsames W-Lan. Und fast jeder erlebt es im Urlaub, andernorts funktioniert all das besser. Das Fazit ist erschütternd: Verwaltungsprozesse sind kompliziert, der Breitbandausbau stockt, und digitale Behördengänge enden oft analog, am Drucker beziehungsweise im Briefkasten. Deutschland bleibt in veralteten Strukturen gefangen, verschickt Faxe und heftet Akten ab. Uns allen muss klar sein: Im Schlafwagen bleibt man nicht an der Weltspitze.

Die neue Bundesregierung muss daher einen Digitalisierungsturbo zünden: Die digitale Infrastruktur bedarf massiver Investitionen, und der Mittelstand muss endlich von unnötigen Meldepflichten entlastet werden. Nur so können Unternehmen ihre Ressourcen wieder in Innovation, Produkte und Kundenkontakte investieren, statt in Dokumentation.

Regulierung mit Augenmaß: Proportionalität statt Gleichmacherei

Auch bei der Bankenregulierung steht Deutschland sich selbst im Weg. Wir haben eine besondere Bankenstruktur mit einem hohen Anteil an regionalen Instituten. Das passt zur mittelständischen Wirtschaftsstruktur, macht uns flexibler und stabiler. Dennoch wird oft nicht zwischen globalen Großbanken und regionalen Instituten unterschieden. Das ist, als würde man für ein Segelflugzeug die gleichen Sicherheitsauflagen verlangen wie für einen Jumbojet.

Die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken sind stabile Finanzierer des Mittelstands, werden aber durch exzessive Anforderungen ausgebremst. Eine verhältnismäßige Regulierung ist dringend notwendig, um die Kreditvergabe an Unternehmen nicht zu gefährden.

Eine leichtere Kreditvergabe, verbunden mit einer geringeren Steuerbelastung der Unternehmen, wäre ein echter Turbo für die Wirtschaft. Steuern sind in Deutschland zu hoch und zu kompliziert. Die Unternehmenssteuerquote sollte 25 Prozent nicht überschreiten, die Einkommenssteuer reformiert werden, um Leistungsanreize zu setzen, und die Gewerbesteuer muss mittelstandsfreundlicher gestaltet werden. Steuerliche Anreize für Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit sind unerlässlich, um Deutschland zukunftsfähig zu halten.

Energiesicherheit und Wohnungsbau: Anreize statt Bremsen

Zukunftsfähig muss auch die Energieversorgung für den Industriestandort Deutschland sein. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie effizient und wirtschaftlich tragfähig gestaltet wird. Energiegenossenschaften leisten hier bereits einen wertvollen Beitrag. Damit der Ausbau erneuerbarer Energien nicht weiter behindert wird, brauchen wir schnellere Genehmigungsverfahren und echte Bürgerbeteiligung. An einem beschleunigten Netzausbau führt kein Weg vorbei. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen effizienter gestaltet werden, um den Ausbau erneuerbarer Energien nicht zu blockieren.

Gleiches gilt für den Wohnungsbau: Anstatt immer neue, strengere und damit teure Auflagen zu schaffen, sollte die Politik auf steuerliche Anreize und eine Senkung der Grunderwerbssteuer setzen.

Zeit zu handeln

Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands entscheidet sich in dieser Dekade. Die Politik hat es in der Hand: Setzt sie weiter auf Regulierung, Bevormundung und verzettelt sich im Klein-Klein? Oder entschlackt sie den Staat, reduziert Bürokratie und vertraut auf eine dynamische Wirtschaft sowie Wettbewerbsfähigkeit? Für uns als Genossenschaftsverband Bayern ist klar: Deutschland braucht ein Effizienzprogramm, das den Mittelstand stärkt, Innovationen fördert und die Wettbewerbsfähigkeit sichert.

Wir brauchen Mut, Innovationskraft und Leistungsbereitschaft. Nur durch konsequente Reformen kann Deutschland seinen Spitzenplatz als Wirtschaftsstandort verteidigen. Die Weichen müssen jetzt gestellt werden – für Wachstum, Wohlstand und eine starke Zukunft.
 

Stefan Müller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern.
Zu seinem Profil auf LinkedIn.

Dieser Text ist in ähnlicher Form am 19. Februar 2025 im Handelsblatt erschienen.

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