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Bankaufsichtliche Sonderprüfungen nach § 44 Kreditwesengesetz (KWG) sowie Besuche der Aufsicht sind ein bisschen wie unangekündigte Leistungstests in der Schule: Weil niemand weiß, wann es so weit ist und was genau abgefragt wird, können sich selbst die Klassenbesten einer gewissen Nervosität nicht erwehren.

Den Kreditinstituten ergeht es da nicht anders. §44 KWG erlaubt es der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bankgeschäfte und Geschäftsprozesse der Institute zu durchleuchten, ohne dass diese zuvor auffällig geworden sind. „Ein Institut oder ein übergeordnetes Unternehmen (…) haben der Bundesanstalt (…) sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Kopien anzufertigen; dies gilt auch für Auslagerungsunternehmen (…). Die Bundesanstalt kann, auch ohne besonderen Anlass, bei den Instituten (…) Prüfungen vornehmen und die Durchführung der Prüfungen der Deutschen Bundesbank übertragen“, heißt es im Gesetzestext.

Nächste 44er-Prüfung dürfte bald bevorstehen

Im Schnitt müssen die Banken alle zehn Jahre mit so einer Sonderprüfung rechnen, umgangssprachlich mit einem gewissen Respekt auch 44er-Prüfung genannt. Bei der Münchner Bank dürfte es bald wieder so weit sein. „Unsere letzte Sonderprüfung war 2012, wir haben die magische Zehn-Jahres-Grenze also bereits überschritten“, berichtet Vorstandsmitglied Michael Dandorfer. Weil BaFin und Bundesbank wegen der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren nicht so viele Sonderprüfungen durchführen konnten wie eigentlich vorgesehen, war die Münchner Bank im vergangenen Jahr noch nicht an der Reihe.

Doch über kurz oder lang wird auch bei der Münchner Bank wieder ein Brief der BaFin eingehen, in dem diese mit einem Vorlauf von sechs bis acht Wochen das Eintreffen der Sonderprüfer ankündigt und das Institut auffordert, vorab alle benötigten Dokumente kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Darauf wollten Michael Dandorfer und seine Kollegin Sandra Bindler, Vorstandsvorsitzende der Münchner Bank, bestmöglich vorbereitet sein.

Umfassende Vorbereitung auf 44er-Prüfung

Da kam das Angebot des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) wie gerufen. Dieser unterstützt seine Mitglieder dabei, sich umfassend auf eine 44er-Prüfung vorzubereiten. Ein Schreiben des GVB machte den Risikovorstand auf die Leistung aufmerksam. „Wir bekommen jährlich Post vom Verband, in der dieser seine Unterstützungsangebote zur Vorbereitung auf eine 44er-Prüfung vorstellt und uns diesbezüglich über aktuelle Feststellungen und Entwicklungen informiert. Wir haben uns schon die Jahre zuvor mit dem Thema Sonderprüfung beschäftigt. Das Angebot des GVB hat uns dazu bewogen, Nägel mit Köpfen zu machen und die Leistung zu buchen“, berichtet der Vorstand der Münchner Bank.

Im Vorfeld besprach Michael Dandorfer gemeinsam mit seinen zuständigen Führungskräften sowie mit den Spezialisten Roland Boxhorn und Bernhard Dollinger vom GVB die Erwartungshaltung der Münchner Bank. Dabei wurden Fragen diskutiert wie: Wo setzt die Aufsicht bei der Sonderprüfung ihre Schwerpunkte? Aktuell sind das Werthaltigkeits- sowie Prozessprüfungen im Kreditbereich, die Gesamtbanksteuerung generell sowie die Auslagerung von Leistungen. Wo profitiert die Bank am meisten von einem Check-up des GVB? „Da ging es auch um die Frage, wo wir gefühlt schon gut aufgestellt sind und wo vielleicht ein Blick von außen nicht schaden würde“, erläutert Michael Dandorfer.

Organisationshandbuch und Gesamtbanksteuerung im Check

Am Ende beauftragte die Münchner Bank den GVB, die relevanten Bereiche des Organisationshandbuchs zur Gesamtbanksteuerung und zum Kreditgeschäft einem Check zu unterziehen. 2018 hatte die BaFin mit dem Leitfaden zur „Neuausrichtung der aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und deren prozessualer Einbindung in die Gesamtbanksteuerung“ (RTF-Leitfaden) einen Paradigmenwechsel in der Gesamtbanksteuerung eingeläutet, der spätestens zum 1. Januar 2023 von allen Banken vollzogen werden musste.

„Wir waren bei der Einführung der barwertigen Steuerung unserer Bank Pioniere“, berichtet Dandorfer. Die Bank habe die barwertige Steuerung nach bestem Wissen und Gewissen umgesetzt und sei bei der Kreditvergabe grundsätzlich sehr risikobewusst. „Trotzdem wollten wir sicherstellen, dass unsere Steuerungssystematik auch der strengen Prüfung der Aufsicht standhält. Deshalb haben wir den GVB gebeten, auch das Steuerungs- und Überwachungssystem im Kreditgeschäft zu durchleuchten“, sagt Michael Dandorfer. Wie identifiziert, quantifiziert und steuert die Bank ihre Risiken? Warum hat sie sich bei der Steuerung ihrer Risiken für diese oder jene Prämisse entschieden? Wie konsistent sind die Vorgaben zu anderen Regeln der Bank? Solche und ähnliche Fragen stellen die Aufseher in Sonderprüfungen immer wieder. Darauf wollte die Bank vorbereitet sein.

GVB arbeitet rund 1.000 Seiten Dokumente durch

Um die Münchner Bank bestmöglich vorzubereiten, simulierten Roland Boxhorn und Bernhard Dollinger vom GVB die Sonderprüfung möglichst praxisnah. „Das war im Grunde identisch zum Vorgehen der Bundesbank“, berichtet der Bankvorstand. Die Kreditgenossenschaft erhielt vom GVB eine Liste der Unterlagen, die sie sechs Wochen vor der eigentlichen Prüfung einreichen musste. „Wir haben dann unter anderem alle Organisationshandbücher, die Geschäftsstrategie, die Risikoberichte, die Risikoinventur sowie die dazugehörigen Begleitdokumente digital übermittelt, alles in allem rund 1.000 Seiten“, erläutert Michael Dandorfer. Die beiden Spezialisten des GVB arbeiteten die Unterlagen durch und glichen ab, wo es bei anderen Banken bei einer 44er-Prüfung Feststellungen der Aufsicht gab. Außerdem brachten sie ihre eigene Erfahrung ein, worauf die Aufsicht ihren speziellen Fokus legt. Daraus entwickelten Boxhorn und Dollinger einen Fragenkatalog für die Gesprächsrunden mit der Bank.

In verschiedenen Konstellationen schlüpften die GVB-Experten an zwei Tagen in die Rolle der Prüfer und fühlten dem früheren Wirtschaftsprüfer Dandorfer sowie den zuständigen Führungskräften der Münchner Bank auf den Zahn. In jeder Gesprächsrunde befragten sie zwei bis drei Fachverantwortliche des Instituts. Michael Dandorfer war bei jeder Runde dabei. Er erlebte die Gespräche sowohl als Hauptansprechpartner im Interview mit dem Vorstandsteam als auch als Beisitzer. „Die beiden Spezialisten waren extrem tief in alle Dokumente eingearbeitet und haben sehr präzise nachgefragt“, lobt der Bankvorstand.

Praxisnahe Simulation der Gespräche

Neben den fachlichen Inhalten ging es bei den Gesprächen auch um die Methoden der Befragung. Denn nach der Erfahrung vieler Banken wenden die Sonderprüfer spezielle Fragetechniken an. So würden diese zum Beispiel offene Fragen stellen, ohne Feedback zu geben, ob sie mit der Antwort zufrieden sind. Ebenso würden Antworten kritisch hinterfragt, auch wenn sie eigentlich zur Zufriedenheit der Prüfer ausgefallen sind. Mögliches Ziel dieser Techniken sei, die Befragten in einem Gefühl der Unsicherheit zu belassen. Geraten diese beim Antworten ins Schwimmen, gibt das den Prüfern Gelegenheit, nachzuhaken.

Die beiden GVB-Spezialisten werteten die Gespräche anschließend nicht nur inhaltlich aus, sondern gaben auch Hilfestellung, wie man sich als Befragter in solchen Situationen am besten verhält. „Es ist zum Beispiel in Ordnung, eine Frage auch mal nicht zu beantworten, wenn man sich bei der Antwort nicht sicher ist“, berichtet Dandorfer. Statt einer vagen Aussage, die die Prüfer nur zum Nachhaken verleitet, könne es besser sein, die korrekte Antwort nachzuliefern.

Extrem wertvolle Erfahrung

Laut Dandorfer waren diese Befragungen für alle Personen, die daran teilgenommen haben, eine extrem wertvolle Erfahrung. „Ich kann diese Vorbereitung nur empfehlen. Man muss solche Gesprächssituationen selbst erlebt haben, um sie richtig einschätzen zu können. Das Feedback des GVB gibt uns Sicherheit, mit solchen Situationen umzugehen.“ Es sei gut gewesen, dass sich auch die zuständigen Führungskräfte der Bank den Befragungen stellen mussten, denn diese stehen bei einer Sonderprüfung ebenfalls im Fokus der Aufsicht. Wegen des langen Zeitraums zwischen zwei Sonderprüfungen gebe es in der Bank kaum Erfahrung mit solchen Befragungen. „Die meisten Mitarbeitenden kennen so etwas nicht. Deshalb sind solche Simulationen auch ein gutes Training.“

Gut gerüstet für eine mögliche Sonderprüfung

In einer Abschlussbesprechung übergaben Boxhorn und Dollinger zudem eine Empfehlungsliste an die Münchner Bank, wo diese in der Strategie oder der Steuerung noch etwas optimieren kann. So entdeckte der GVB zum Beispiel kleinere Inkonsistenzen im Organisationshandbuch, etwa wann notleidende Kredite ein Fall für die Intensivbetreuung werden. Außerdem empfahl der GVB, die Geschäftsstrategie an der einen oder anderen Stelle etwas konkreter zu fassen. „Wir haben daraus gleich ein Projekt gemacht und die Empfehlungen umgesetzt“, berichtet Dandorfer.

Der Vorstand sieht die Münchner Bank nun gut gerüstet für eine mögliche Sonderprüfung. Auch wenn der GVB am Ende keine größeren Anmerkungen gehabt habe, so sei es dennoch gut gewesen, alle Unterlagen an einem Stück durchzugehen und auf Widersprüche sowie Unklarheiten abzuklopfen. „Normalerweise macht man das zerstückelt übers Jahr, so hat man innerhalb von wenigen Tagen alles durchgesprochen und kann gegebenenfalls gezielt nacharbeiten.“

Umfangreiche Sanktionsmöglichkeiten der BaFin

Auf alle Eventualitäten gut vorbereitet zu sein, entspreche dem Selbstanspruch der Münchner Bank – denn es gehe auch darum, möglichen Schaden von dem Institut abzuwenden. Das schließt die aufsichtlichen Prüfungen mit ein. Denn der Vorstand weiß natürlich auch, welche Sanktionsmöglichkeiten die Aufsicht hat, sollte sie bei einer Prüfung Mängel feststellen. „Gravierende Feststellungen werden mittlerweile auf der Webseite der BaFin veröffentlicht, sie haben also auch eine externe Wirkung und stellen ein Reputationsrisiko dar. Allein deshalb hat die Bedeutung der Sonderprüfung nochmal zugenommen“, sagt der Vorstand.

Das Instrumentarium der BaFin geht aber noch weiter. So kann sie bei den Kapitalvorgaben einen Zuschlag festsetzen. Je mehr aufsichtsrechtliches Eigenkapital eine Bank vorhalten muss, desto stärker ist sie in ihren Geschäftsentscheidungen eingeschränkt, weil zum Beispiel bei der Kreditvergabe stärker auf die Einhaltung der Eigenkapitalquoten geachtet werden muss. „Die Aufsicht kann aber auch Auflagen für den Geschäftsbetrieb erlassen, etwa das Neukundengeschäft reglementieren oder festlegen, dass ein externer Geldwäscheaufseher den Zahlungsverkehr permanent überwacht. Das kann einer Bank sehr weh tun“, betont Michael Dandorfer. Im Extremfall könne die BaFin sogar den Vorstand abberufen, wenn eine Bank die Vorgaben zur Geschäftsorganisation nach §25a KWG nicht einhält. „Das ist das schärfste Schwert der Aufsicht.“

Die Unterstützung des GVB bei der Vorbereitung auf eine mögliche Sonderprüfung bewertet der Vorstand der Münchner Bank insgesamt als hochprofessionell. „Wir waren extrem zufrieden und haben die Leistung auch anderen Instituten empfohlen“, berichtet Michael Dandorfer. Auch bei Nachfragen des eigenen Aufsichtsrats könne er nun guten Gewissens antworten, dass die Münchner Bank von einer möglichen Sonderprüfung nicht überrascht wird. Wer sich mit dem Thema erst beschäftige, wenn sich die Prüfer schon angekündigt haben, gerate bei der Koordination aller Aufgaben und der Zusammenstellung der Unterlagen schnell in Zeitnot. Abgesehen davon seien negative Bewertungen der Aufsicht auch schlecht für das Arbeitsklima, findet der Vorstand. „Niemand bekommt gerne schlechte Noten. Das ist für alle frustrierend. Deshalb gilt in der Bank wie in der Schule: Wer regelmäßig seine Hausaufgaben macht, muss sich vor Prüfungen nicht fürchten, auch wenn sie überraschend kommen.“

Kontakt zum GVB

Kreditinstitute, die sich bei der Vorbereitung auf eine 44er-Prüfung oder auf einen Besuch der Aufsicht Unterstützung vom Genossenschaftsverband Bayern wünschen, können sich an Roland Boxhorn (rboxhorn(at)gv-bayern.de) und Bernhard Dollinger (bdollinger(at)gv-bayern.de) wenden.

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