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Der Beruf Bankkaufmann beziehungsweise Bankkauffrau gilt seit Jahrzehnten als einer der Klassiker unter den dualen Erstausbildungen und als Synonym für einen soliden Einstieg in die Arbeitswelt. Nach über 20 Jahren wurde die Verordnung aus dem Jahr 1998 grundlegend überarbeitet und modernisiert. Zur Erinnerung: 1998 steckte das World Wide Web noch in den Kinderschuhen, die Handys hatten herausziehbare Antennen und in vielen Haushalten begann das Modem zu kreischen, wenn der PC mit dem Internet verbunden wurde. In der Bank füllten die Kunden ihre Überweisungsformulare mit Kugelschreiber aus und einmal im Jahr wurden die Zinsen auf dem Sparbuch nachgetragen.

Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick

  • Das aktualisierte Berufsbild Bankkaufmann/-frau stellt die Kundenbeziehung unter verstärkter Nutzung digitaler Kanäle konsequent in den Mittelpunkt.
  • Neben einer ganzheitlichen Kundenberatung präzisiert die neue Verordnung die zu vermittelnde Tiefe der Finanzprodukte.
  • Die modernisierte Ausbildungsordnung ergänzt methodische Kompetenzen, die im Zusammenhang mit projektorientierter Arbeitsweise sowie bei der Optimierung und Weiterentwicklung von standardisierten Prozessen relevant sind.

In den vergangenen zwei Jahren haben die Sozialpartner des Bankgewerbes deshalb die Berufsausbildung reformiert und eine neue Ausbildungsordnung für Bankkaufleute geschaffen, die einerseits die klassischen bankfachlichen Inhalte aufgreift und andererseits auch neue berufliche Kompetenzen in die Ausbildung integriert. Die neue Ausbildungsordnung zum Bankkaufmann beziehungsweise zur Bankkauffrau tritt zum 1. August 2020 in Kraft.

Aufgrund der Verlagerung vom klassischen Schaltergeschäft hin zu fast vollständig digital gewordenen Geschäftsprozessen berücksichtigt die neue Ausbildungsordnung nicht nur die klassischen Geschäftsfelder eines Kreditinstituts, sondern nimmt auch Aspekte einer sich digitalisierenden Arbeitswelt auf. Sie ist offen für neue Geschäftsfelder und bildet sowohl analoge als auch digitale Kundenbeziehungen und Arbeitsmittel ab.

Die Eckdaten zur neuen Ausbildung Bankkaufmann/-frau

Titel: Bankkaufmann/-frau
Ausbildungsdauer: Drei Jahre (36 Monate)
Aufbau des Berufs: Monoberuf ohne Differenzierungen
Grundlage der betrieblichen Ausbildung: Ausbildungsrahmenplan mit Mindestinhalten
Schulische Ausbildungsinhalte: 13 Lernfelder laut Rahmenlehrplan der Kultusministerkonferenz
Abschlussprüfung: gestreckte Prüfung (bestehend aus Teil 1 und Teil 2)

Ziel der Neuordnung war es, das hohe Qualifikationsniveau des Berufsbilds beizubehalten. Es wird weiterhin eine generalistische Ausbildung geben, die Grundlage für die Einsatzfähigkeit in allen Bereichen von Kreditinstituten ist. Die Ausbildungsordnung und der dazugehörige Ausbildungsrahmenplan wurden vollständig neu konzipiert. Dabei wurde darauf geachtet, dass nicht nur die erforderlichen bankfachlichen Inhalte auf dem Lehrplan stehen, sondern auch kommunikative Fähigkeiten wie die Beratungskompetenz vermittelt werden.

Hochwertige Ausbildung

Im Jahr 2018 haben bundesweit 8.262 junge Menschen eine Ausbildung zum Bankkaufmann beziehungsweise zur Bankkauffrau begonnen. Mit insgesamt 22.638 Auszubildenden in Deutschland – davon 1.621 bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken – gehört der Beruf Bankkaufmann/-frau zu den größten Ausbildungsberufen in Deutschland und steht im bundesweiten Ranking auf Platz 15 der 326 staatlich anerkannten Ausbildungsberufe. Im Ranking der beliebtesten kaufmännischen Ausbildungsberufe lagen die Bankkaufleute in den vergangenen Jahren immer auf Platz eins oder zwei.

Daneben wurden digitale Aspekte und Kompetenzen in die einzelnen Ausbildungsbereiche integriert. Diese werden im Zusammenhang mit beruflichen Handlungen vermittelt und können dadurch besser verständlich gemacht werden. Die Ausbildungsordnung wurde technikneutral und somit auch zukunftsfähig formuliert, so dass sie künftig nicht bei jeder neuen technologischen Entwicklung angepasst werden muss.

Weil moderne Arbeitsformen und Arbeitsmethoden (Stichwort „agile working“") in der Berufspraxis an Bedeutung gewinnen, wurden auch Formen der Projektarbeit und der Prozessorientierung als eigenständige Ausbildungsinhalte aufgenommen, um Auszubildende für die Abläufe in der modernen Arbeitswelt fit zu machen.

Die Inhalte des neuen Berufsbilds im Überblick

Folgende Tätigkeitsprofile skizzieren das künftige Berufsbild für Bankkaufleute. Sie geben einen Überblick über die Inhalte der aktualisierten Ausbildungsordnung.

Serviceleistungen anbieten

Zum Beispiel Kunden willkommen heißen, service- und kundenorientiert kommunizieren, Kundenanliegen mittels analoger/digitaler Kommunikationswege aufnehmen, Aufträge bearbeiten und gegebenenfalls weiterleiten, über vertragliche Bedingungen sowie rechtliche Regelungen informieren.

Kunden ganzheitlich beraten

Zum Beispiel Kundenbestand auf Beratungsanlässe prüfen, Kundensituationen ganzheitlich analysieren, Gespräche systematisch vorbereiten, in wertschätzender Atmosphäre durchführen und nachbereiten.

Kunden gewinnen und Kundenbeziehungen intensivieren

Zum Beispiel Produkte mit jenen der Mitbewerber vergleichen, Neukunden aktiv ansprechen und gewinnen, Daten pflegen, Datenschutz einhalten, Werbemittel/-träger einsetzen, bei Erfolgskontrolle mitwirken.

Liquidität sicherstellen

Zum Beispiel zu Kontoarten und -modellen beraten, zu Besonderheiten bei der digitalen Nutzung von Konten aufklären, Konten eröffnen, führen und schließen, Zahlungsverkehr abwickeln.

Vermögen bilden mit Sparformen

Zum Beispiel zu Anlagemöglichkeiten auf Konten, Bausparverträgen, Zinsgutschriften sowie staatlichen Fördermöglichkeiten beraten beziehungsweise informieren, rechtliche Regelungen einhalten.

Vermögen bilden mit Wertpapieren

Zum Beispiel zu Anlagemöglichkeiten in Aktien, Renten, Fonds und Zertifikaten sowie über Ertragsgutschriften und deren steuerliche Auswirkungen informieren, bei der Abwicklung von Wertpapierorders mitwirken, Kunden über den digitalen Wertpapierhandel aufklären.

Zu Vorsorge und Absicherung informieren

Zum Beispiel Grundzüge sozialer Sicherungssysteme veranschaulichen, Kunden anlassbezogen über Möglichkeiten und Produkte der Vorsorge, Absicherung und Kapitalanlage informieren.

Konsumentenkredite anbieten und Abschlüsse vorbereiten

Zum Beispiel Kreditgespräche anlassbezogen vorbereiten und führen, Kosten und Provisionen für Kreditarten berechnen, Gefährdungen von laufenden Finanzierungen erkennen und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten.

Baufinanzierungen vorbereiten und bearbeiten

Zum Beispiel Anfragen für Baufinanzierungen bearbeiten, Beratungsgespräche vorbereiten und an diesen mitwirken, Voraussetzungen für Kreditaufnahmen prüfen, Bewertungsmethoden anwenden.

An gewerblichen Finanzierungen mitwirken

Zum Beispiel Rechtsformen, Finanzierungsarten und Sicherheiten bei gewerblichen Kunden unterscheiden, Kennzahlen und Kundenbilanzen einschätzen, Voraussetzungen für Kreditaufnahmen bewerten.

Instrumente der kaufmännischen Steuerung und Kontrolle nutzen

Zum Beispiel Aufbau der betrieblichen Kosten- und Leistungsrechnung darstellen, Auswirkungen von Geschäftsvorfällen auf den Betriebserfolg bewerten, statistische Daten aufbereiten und auswerten.

Projektorientiert arbeiten

Zum Beispiel projektorientierte Arbeitsweisen anwenden, Abläufe und Ergebnisse dokumentieren und reflektieren, Projekte von Linienaufgaben unterscheiden.

Die berufsschulischen Lernfelder wurden parallel zu den betrieblichen Inhalten aktualisiert und mit diesen abgestimmt. Auch die Prüfungsanforderungen und die Durchführung werden modernisiert und an die berufliche Realität angepasst. Es wird mit der neuen Ausbildungsordnung eine sogenannte gestreckte Abschlussprüfung eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Abschlussprüfung in zwei zeitlich auseinander fallenden Teilen. Somit entfällt die bisherige Zwischenprüfung und Teil 1 der Abschlussprüfung zählt bereits für die Endnote. Das heißt, die Auszubildenden müssen frühzeitig in Betrieb und Schule auf die Abschlussprüfung vorbereitet werden.

Bei der mündlichen Prüfung bleibt das Prüfungsinstrument „Kundenberatungsgespräch“ erhalten, in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht wurden jedoch einige Änderungen vorgenommen, beispielweise die mögliche Zulassung digitaler Beratungsmittel. Damit können künftig auch digitale Kompetenzen Gegenstand der Prüfung sein.

Auch bei den bayerischen Genossenschaftsbanken ergeben sich durch die fortschreitende Digitalisierung und die Erschließung neuer Geschäftsfelder gerade für Berufseinsteiger viele Chancen, aber auch neue Herausforderungen. Eine Kernkompetenz der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) liegt darin, Auszubildende erfolgreich durch ihre Ausbildung im Beruf Bankkaufmann/-frau zu begleiten und sie damit auf die IHK-Prüfung und die Bankpraxis vorzubereiten. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken und den Berufsschulen. Bei allen Seminaren setzt die ABG auf situations- und handlungsorientiertes Lernen. Moderne, digitale Lernelemente sind obligatorischer Bestandteil des Bildungsangebots, wodurch Berufseinsteiger optimal auf die berufliche Zukunft vorbereitet werden.

Das von der ABG entwickelte Ausbildungskonzept „VR active plus“ wurde inhaltlich und methodisch speziell auf die neue Ausbildungsordnung abgestimmt und begleitet Auszubildende in mehreren Online- und Präsenzmodulen flexibel und individuell durch die einzelnen Phasen der Berufsausbildung. Zusatz- und Spezialmodule dienen der Erweiterung und Festigung notwendiger Kompetenzen und dem letzten „Feinschliff“ für die IHK-Prüfungen.

Das neue Ausbildungskonzept „VR active plus“ der ABG gliedert sich in mehrere Module. Grafik: ABG

Die Module des ABG-Ausbildungskonzepts „VR active plus“ sind auf die IHK-Prüfungen für Bankkaufleute abgestimmt. Grafik: ABG

Mit dem „Blended-Learning-Konzept“ setzt die ABG auf eine Lernform, die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen und modernen Formen von E-Learning anstrebt. Das Ausbildungskonzept „VR active plus“ verbindet die Effektivität und Flexibilität von elektronischen Lernformen mit den sozialen Aspekten der Face-to-Face-Kommunikation, indem es verschiedene Lernmethoden, Medien sowie lerntheoretische Ausrichtungen miteinander kombiniert. Durch dieses hybride Lernarrangement gelingt es optimal, verschiedene Lerntypen anzusprechen und neben fundiertem Fachwissen auch wichtige kreditwirtschaftliche Handlungskompetenzen zu vermitteln, die im neuen Berufsbild einen hohen Stellenwert genießen.

Nach seiner Modernisierung bleibt der Beruf Bankkaufmann/-frau auch in Zukunft eine starke und bekannte „Premiummarke“ in der kaufmännischen Erstausbildung. Eine genossenschaftliche Bankausbildung wird somit auch für zukünftige Berufseinsteiger sehr attraktiv sein.
 

Michael Horndasch  ist Dozent Berufsstart an der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG).

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