Omnikanal: Die VR-Bank Würzburg bietet in ihrem KundenDialogCenter nicht nur Service, sondern auch Beratung an. Wie sind die Erfahrungen?
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Ein bisschen Aberglaube ist bei einer neuen Geschäftsstelle erlaubt, findet Carsten Krauß. Besonders, wenn es sich um ein Prestige-Projekt wie das „RaiBaCenter“ handelt, die neu gebaute Hauptniederlassung der Raiffeisenbank Roth-Schwabach. Also fieberte der Vorstandsvorsitzende dem allerersten Beratungsgespräch in den Räumlichkeiten entgegen – und hoffte auf einen Erfolg. Der stellte sich ein: „Wir haben mit einem wichtigen Kunden ein gutes Geschäft im ‚Hopfenzimmer‘ abgeschlossen. Das war ein Auftakt nach Maß in unserer neuen Beratungswelt“, erzählt Krauß.
Das RaiBaCenter liegt direkt an der Ausfahrt „Schwabach-Süd“ der Autobahn 6. Zweieinhalb Etagen des sechsstöckigen Neubaus mit einer Geschossfläche von 7.700 Quadratmetern hat die Bank im Dezember 2018 selbst bezogen, die anderen sind vermietet. Für die Privat- und Firmenkunden des Instituts werden im RaiBaCenter alle Leistungen des Kreditinstituts und der Verbundpartner an einem Ort gebündelt. Außerdem sind interne Einheiten eingezogen, die vorher an zwei Standorten in der Schwabacher Innenstadt untergebracht waren. „Dort haben die Kapazitäten nicht mehr ausgereicht, da wir in den zurückliegenden Jahren stark gewachsen sind“, sagt Krauß.
Mitten in der Schwabacher Innenstadt bleibt die Raiffeisenbank dennoch vertreten. Hier hat sie Mitte Januar zusätzlich zum RaiBaCenter eine neue Filiale eröffnet. „Die Innenstadtlage ist uns sehr wichtig, viele Kunden schätzen den kurzen Weg, wenn sie in der Goldschlägerstadt unterwegs sind“, sagt Krauß. Im kernsanierten Gebäude finden die Kunden auf 160 Quadratmetern einen SB-Bereich sowie zwei Beratungszimmer. In den oberen Etagen werden fünf Wohnungen vermietet.
Bei der Raiffeisenbank Roth-Schwabach zeigt sich beispielhaft eine Entwicklung, die bei vielen Regionalbanken zu beobachten ist: Sie modernisieren und konsolidieren die Infrastruktur vor Ort. Grund dafür ist, dass sich die Bedeutung von Servicefilialen für Bankkunden zugunsten digitale Kanäle relativiert hat. Das liegt daran, dass viele Verbraucher Standardtransaktionen lieber per Online- oder Mobile-Banking abwickeln. „Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das Bankgeschäft der Zukunft rein digital ist, wäre jedoch voreilig“, sagt Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).
Dichtes Filialnetz
Von Aschaffenburg bis Berchtesgaden, von Hof bis Lindau: Die bayerischen Genossenschaftsbanken sind überall im Freistaat präsent. Zusammen unterhalten sie deutlich mehr als 2.000 Filialen.
Tatsächlich bleibt die Präsenz vor Ort weiterhin essenziell, wie eine kürzlich durchgeführte repräsentative GVB-Erhebung unter bayerischen Bankkunden gezeigt hat. Denn ein gutes Viertel der Befragten (28 Prozent) gab an, Finanzdienstleistungen am liebsten in einer Filiale in Anspruch zu nehmen. Gemeinsam mit den „hybriden“ Kunden (36 Prozent), die ihren Zugangsweg je nach Bedarf wählen, stellen sie die Mehrheit. Übrigens schätzen auch junge Kunden die Präsenz vor Ort. In Summe wünscht knapp die Hälfte der unter 35-Jährigen eine Filiale als Kontaktpunkt. Deshalb können sich wohl überlegte Investitionen in Filialstrukturen durchaus auszahlen.
Jeder Tag ein neuer Kunde
Die Raiffeisenbank Roth-Schwabach hat für den Neubau der beiden Standorte deutlich, aber mit Maß und Ziel investiert. Die Kunden sind zufrieden: „Viele Menschen sind neugierig und kommen vorbei, um sich die Räumlichkeiten anzuschauen. Besonders freut uns, dass Kunden mit Potenzial zu uns wechseln“, sagt Bereichsleiterin Ulrike von der Heyde über die Innenstadtfiliale. Das Ziel, jeden Tag einen neuen Kunden zu gewinnen, wird derzeit übertroffen. Die Verantwortlichen sind sich sicher, die Investitionskosten in weniger als zehn Jahren einzuspielen.
Zielgruppe der neuen Geschäftsstelle ist die Laufkundschaft aus der Innenstadt. Sie können Serviceleistungen und Standard-Beratungsdienste in Anspruch nehmen. „Wir beobachten, dass Kunden für eine qualifizierte Beratung, etwa zum Thema Immobilienfinanzierung, gerne bereit sind, ein paar Kilometer zu fahren und ins RaiBaCenter zu kommen. Aber einfache Dienste sollten vor Ort möglich sein“, sagt Bereichsleiterin Ulrike von der Heyde.
Um die Kunden anzusprechen, hat die Bank der Filiale ein modernes Erscheinungsbild verpasst. Unterstützung gab es vom Bauunternehmen Dreika. Die Räume sind hell und offen gestaltet, warme Farben wie Orange sollen positive Gefühle wecken. An den Wänden hängen großformatige und beleuchtete Bilder, auf denen Schwabacher Wahrzeichen wie der Königsplatz mit Rathaus zu sehen sind. „Wir betonen unsere regionalen Identität“, sagt Bereichsleiterin von der Heyde. Bei den Kunden kommt auch die Glaswand am Service-Punkt gut an, die auf Bedarf zufährt. Auf diese Weise bleibt die Diskretion gewahrt, wenn Kunden über Vertrauliches sprechen möchten.
In den nächsten Monaten wird die Raiffeisenbank Roth-Schwabach weiter in ihre Kundeninfrastruktur investieren. So soll das Kundenservicecenter (KSC) zum Kundendialogcenter (KDC) ausgebaut werden. Künftig können sich dann Experten – etwa für Wertpapiere – von dort in Filialen wie in der Schwabacher Innenstadt zuschalten. Dort hat die Bank für solche Zwecke bereits eine Videokabine einbauen lassen. Eine zweite Einsatzmöglichkeit für die Videoübertragung ist die Beratung von Kunden, die außerhalb des Geschäftsgebiets wohnen oder das Gespräch von zu Hause aus führen wollen. Mit der Software GoToMeeting ist es dann zum Beispiel möglich, dass die Bankberater die Inhalte von ihrem Bildschirm auf den PC des Kunden daheim übertragen.
Die beiden neuen Standorte tragen in Verbindung mit der Aufgabe der beiden Altstandorte dazu bei, die Raiffeisenbank zukunftsfest aufzustellen. So spart sich das Institut nicht nur die Miete für die ehemaligen Standorte, sondern generiert durch die Vermietung von Teilen des RaiBaCenters und der Wohnungen über der Innenstadt-Filiale zusätzliche Erträge. „Wir achten sehr auf die Cost-Income-Ratio“, sagt Krauß. Zudem ist er zuversichtlich, durch den Neustart Kräfte freizusetzen und weitere Kunden vom Institut zu überzeugen. „Unsere Stärke ist die Nähe zu den Menschen. Das hat uns in der Vergangenheit ausgezeichnet und wird uns auch in Zukunft stark machen. Ob digital oder vor Ort – wir sind bereit für die kommenden Herausforderungen“, sagt Krauß.
Zwei Geschäftsstellen binnen fünf Monaten
Davon ist auch Hans-Peter Lechner 40 Kilometer weiter nördlich überzeugt. Lechner ist Vorstand der VR-Bank Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach und berichtet im Gespräch mit „Profil“ ebenfalls von einer neuen Filiale. Zur Eröffnung des Standorts in Spardorf im Dezember kamen nicht nur die vier Bürgermeister der Verwaltungsgemeinde, sondern auch Pfarrer, Aufsichtsräte, Vertreter und Kunden. Lechner: „Das haben wir gebührend gefeiert, nicht nur weil der neue Standort sinnigerweise Spardorf heißt."
Mit ihrer neuen Filiale reagiert die Bank auf eine städtebauliche Entwicklung in ihrem Geschäftsgebiet. In Spardorf entsteht derzeit auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei ein Nahversorgungszentrum. Die Supermärkte Rewe und Lidl, die Drogerie Müller und die VR-Bank sind schon eingezogen. Ärzte, Apotheke, ein Restaurant und weitere Einrichtungen folgen bis Mai. „Es ist zu erwarten, dass sich die Kundenströme aus den umliegenden Orten zum Nahversorgungszentrum verlagern werden. Dem wollen wir Rechnung tragen“, sagt Lechner.
Die bisherigen Filialen im rund anderthalb Kilometer entfernten Uttenreuth sowie im zwei Kilometer entfernten Erlangen-Sieglitzhof werden geschlossen. „Früher waren das die richtigen Standorte, aber das Nahversorgungszentrum liegt verkehrsgünstiger an einem zentralen Punkt mit enormer Tagesfrequenz. Dort spielt künftig die Musik. Deshalb ziehen wir die beiden Filialen nach Spardorf um“, sagt Lechner.
Für den Innenausbau arbeitete das Institut mit der Firma 3X Banktechnik zusammen. Es ist die sechste Geschäftsstelle der VR-Bank Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach, die nach dem „GenoMax“-Prinzip von 3X eingerichtet ist. Das Konzept sieht beispielsweise einen offenen Eingangsbereich vor. Im SB-Bereich gibt es einen Dialogplatz, an dem Servicemitarbeiter die Kunden erwarten. „Das sorgt für eine angenehme Atmosphäre und schafft zusätzliche Kontaktpunkte“, sagt Lechner. In den Beratungszimmern gibt es raumhohe Bilder mit Motiven aus der Region. Eine weitere Facette ist der große Info-Monitor, der durchgehend läuft und auch von außen einzusehen ist. Dort werden beispielsweise Immobilienangebote gezeigt oder besondere Aktionen beworben.
GVB-Angebot Filialnetzoptimierung
Wenn Banken Geschäftsstellen neu eröffnen oder sanieren, dann greifen sie aktuelle Trends auf. „Elemente wie große Bildschirme, Bilder aus der Region und eine einheitliche Farbgestaltung sind beliebt und kommen bei den Kunden gut an“, sagt Manfred Karl. Er ist beim GVB unter anderem für die Beratungsleistung Filialnetzoptimierung zuständig. Das Angebot wurde vom GVB im Rahmen von KundenFokus Privatkunden zusammen mit dem DG Verlag auf Bundesebene entwickelt.
Ziel ist es, das Filialnetz fit für die Zukunft zu machen. Im Rahmen des rund zweimonatigen Projekts werden umfangreiche Analysen der Standorte vorgenommen. Dabei ermittelt der GVB unter anderem die Kundenfrequenz und erstellt eine Potenzialanalyse. Gemeinsam mit den Banken folgt daraus die Ableitung eines optimierten Filialnetz-Zielbilds in Bezug auf Standorte und Formate. Zudem bekommen die Teilnehmer Hinweise und Empfehlungen für ihr Marktbearbeitungskonzept. Anfragen zur Beratungsleistung Filialnetzoptimierung beantwortet Manfred Karl. E-Mail: mkarl[at]gv-bayern.de.
Beim Filialnetz kann es Sinn machen, durch differenzierte Filialtypen das Spannungsfeld aus Kundennähe und Betriebskosten auszubalancieren. Auch die VR-Bank Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach unterhält verschiedene Klassen von Geschäftsstellen. Es gibt fünf Beratungszentren inklusive des Firmenkundenkompetenzzentrums, in denen alle Spezialisten vor Ort sind und neben Privatkunden auch Firmen- sowie Gewerbekunden beraten werden. In den 13 Beratungsfilialen wie Spardorf werden Serviceleistungen und Privatkundenberatungen angeboten, Spezialisten können bei Bedarf hinzugezogen werden. Zusätzlich gibt es 12 SB-Geschäftsstellen. „Als regionale Genossenschaftsbank halten wir an unserer Verantwortung fest, ein dichtes Filialnetz zu erhalten. Aber wir können nicht mehr in jedem Ort präsent sein. Eine Entfernung von rund fünf Kilometern halten wir für zumutbar“, sagt Lechner. Damit das Filialnetz auf einem aktuellen Stand bleibt, modernisiert die Bank pro Jahr durchschnittlich eine Geschäftsstelle.
Bei der Gestaltung der Filiale in Spardorf war es Vorstand Lechner wichtig, die Mitarbeiter einzubinden. Sie haben sich zum Beispiel bei der Planung der Beratungszimmer oder bei der Standortauswahl für den Geldautomaten eingebracht. „Das schafft eine hohe Identifikation und bindet auch Mitarbeiter, die zunächst nicht von der Veränderungen begeistert sind, mit ein“, sagt Lechner. Für die Spardorfer Filiale hat die Bank rund 520.000 Euro investiert. In Zukunft sollen Kundenfrequenz und Terminquoten im Vergleich zu den früheren Standorten gesteigert sowie Neukunden akquiriert werden.
Beratung „Von acht bis acht“
Die Supermärkte im Nahversorgungszentrum Spardorf haben branchenüblich von 8 bis 20 Uhr durchgehend geöffnet. Auch bei der VR-Bank gab es die Überlegung, sich an diese Geschäftszeiten anzupassen. In einer einmonatigen Testphase hatte das Institut abends bis 20 Uhr geöffnet. Das Ergebnis: Nach 18:30 Uhr kamen die Kunden fast ausschließlich, um Geld abzuheben. Eine zweite Testphase soll im Sommer stattfinden. In der Mittagszeit hat die Bank dagegen geöffnet, die Akzeptanz ist groß. Unabhängig davon bietet das Kreditinstitut Beratungen durchgehend von 8 bis 20 Uhr unter dem Slogan „Von acht bis acht“ an – auch zuhause. Wenn ein Kunde einen Termin um 19:30 Uhr in den eigenen vier Wänden wünscht, fährt ein Mitarbeiter zu ihm. „Das Angebot hat sich bewährt, wir haben gute Erfahrungen mit den Randzeiten gemacht“, sagt Lechner.
Lange muss der Bankvorstand aus Erlangen nicht warten, bis er die nächste Geschäftsstelle einweihen kann. Bereits im April eröffnet die Bank ein neues Beratungszentrum in Neunkirchen am Brand. Bisher war das Kreditinstitut in dem Ort mit zwei Filialen präsent, die Folge einer früheren Fusion. Nun sind die beiden Gebäude verkauft, der neue Standort liegt am zentralen Busbahnhof von Neunkirchen mit einer hohen Kundenfrequenz. Es ist ein kompletter Neubau, im Erdgeschoss befindet sich die Filiale, in den oberen Geschossen vermietet das Institut Wohnungen. „Unsere Stärke als Regionalbank ist eindeutig die Nähe zu den Kunden. Deshalb bleiben wir auch in Zukunft vor Ort präsent“, sagt Lechner.
Praxisbeispiele: Banken investieren in ihr Filialnetz
Neben der Raiffeisenbank Roth-Schwabach und der VR-Bank Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach haben viele weitere bayerische Kreditgenossenschaften in ihr Filialnetz investiert. Zum Beispiel die Volksbank Raiffeisenbank Würzburg. Die neue Geschäftsstelle im Stadtteil Würzburg-Hubland befindet sich in einem Einkaufszentrum; früher stand dort eine Kaserne. Die VR Bank Bamberg hat 2016 im Ertl-Einkaufszentrum in Hallstadt einen „Markenshop“ eröffnet. Dort testet die Bank aktuell den Einsatz von Virtual-Reality-Brillen im Kundengespräch. Und die Raiffeisenbank Straubing hat die Geschäftsstelle Rain modernisiert. Das Institut investierte eine Million Euro.