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Die vbw warnt vor detaillierten Berichtspflichten für Unternehmen:

„Die neue Taxonomie [für nachhaltige Investitionen] muss […] mit bestehenden gesetzlichen Vorgaben und technischen Standards kompatibel sein und in den Mitgliedstaaten der EU, besser noch auf OECD-Ebene, einheitlich interpretiert werden. Ein wesentliches Ziel muss es sein, durch dieses Vorgehen den mit dem neuen Instrumentarium verbundenen Bürokratieaufwand und die mit der Einhaltung der Taxonomie in den Investments verbundenen Nachweisbedürfnisse für Unternehmen jeder Größe ohne weiteres beherrschbar zu halten. Nicht angebracht sind in diesem Zusammenhang im Europäischen Parlament angedachte hochgradig detaillierte Vorgaben zur Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken.“

Dazu meine ich: „Die Pläne des EU-Parlaments sehen ein Übermaß an Ökobürokratie vor. Für die Vergabe eines Mittelstandskredits müssten die Banken eine Reihe zusätzlicher Daten bei den Unternehmen abfragen. Selbst kleine und mittlere Firmen würden damit indirekt dazu verpflichtet, die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle nachzuweisen und dauerhaft zu dokumentieren. Dadurch würden sie übermäßig belastet. Zugleich verschlechtern sich die Kreditkonditionen für alle Betriebe, die keinen Nachhaltigkeitsnachweis vorlegen können. Ihnen droht ein Wettbewerbsnachteil. Das kommt einer Strukturpolitik gleich, die Bayerns mittelständische Wirtschaft erheblich verändern würde.“

Die vbw lehnt die Privilegierung nachhaltiger Investitionsprojekte bei der Kreditvergabe ab:

„Bei falscher Gewichtung drängen Nachhaltigkeitsziele wichtige Stabilitätsziele, wie die Funktionsfähigkeit und die Stabilität einzelner Banken, Versicherungsunternehmen und des Finanzsystems als Ganzem, in den Hintergrund. Dies ist zu vermeiden. Einen nicht risikoadäquaten ,Green Supporting Factor', also ohne entsprechenden Risikobezug niedrigere Pflichten zur Eigenkapitalhinterlegung von Finanzierungen, darf es deshalb ebenso wenig geben wie einen ‚Brown Penalising Factor‘, also nicht mit entsprechenden Risikogehalt begründete Nachteile für ökologisch als nicht nachhaltig eingestufte Finanzierungen.“

Dazu meine ich: „Richtig. Ein ,Green Supporting Factor‘ führt dazu, dass Banken weniger Eigenkapital für ,grüne Kredite‘ vorhalten müssen. Banken würden somit zur Finanzierung nachhaltiger Investitionsprojekte weniger Sicherheiten für den Fall zurücklegen, dass der Kreditnehmer seine Schulden nicht zurückbezahlen kann. Eine solche Privilegierung von klima- und umweltfreundlichen Kreditengagements halte ich für gefährlich. Es ist keineswegs erwiesen, dass solche Projekte per se risikoärmer sind als andere. Während der letzten Finanzkrise haben wir gesehen, was passiert, wenn die Politik Kapitalströme lenkt. Die Keimzelle war damals die massiv von der US-Regierung begünstigte Kreditvergabe am Immobilienmarkt. Diese Eingriffe führten zu einem Finanzmarktdesaster, dessen Auswirkungen wir heute noch spüren. Jetzt sollte die EU-Politik nicht den Fehler wiederholen, indem sie versucht, Nachhaltigkeitsziele auf Kosten der Finanzstabilität zu erreichen.“

Die vbw hält die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen von Privatanlegern nicht für erforderlich:

„Neue, auf Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden bezogene Anforderungen an Beratungsgespräche sind nicht erforderlich. Schon nach geltendem Recht müssen Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden berücksichtigt werden. […]
Zudem müsste neuen Pflichten eine umfassende Kürzung bestehender Auflagen an Beratungsgespräche vorausgehen. Ansonsten entwickelt sich ein zusätzliches Hindernis für qualifizierte Anlageberatung im Massengeschäft und damit für eine breite Teilhabe an unternehmerischen Ertragsperspektiven.“

Dazu meine ich: „Neue Vorgaben zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung sind nicht nur unnötig, sie können den Bankkunden sogar schaden. Denn Anleger sollen nicht mehr nur zu Person, Einkommen und Lebensplanung befragt werden. Sie sollen auch ihre Einstellung zu Fragen der Umwelt-, Klima- oder Sozialpolitik offenlegen. Was macht eine Bank dann mit Kunden, deren Anlegerpräferenzen von der staatlich verordneten Nachhaltigkeitsdoktrin abweichen? Verweigert sie diesen Kunden die Dienstleistung? Die Nachhaltigkeits-Vorschläge der EU-Kommission erhöhen nicht nur den zusätzlichen Bürokratieaufwand, sie bergen auch die Gefahr eines Bevormundungsstaates.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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