Weltmeister: Per Mertesacker ist das Gesicht der Sportsbanking-Kampagne der DZ Privatbank. „Profil“ befragte ihn zu Talent, Erfolgsdruck und Genossenschaften.
Das zweite Februarwochenende war schon lange in meinem Terminkalender blockiert, genau genommen seit einem Jahr. Als Anfang 2018 bei den Geno-Winterspielen in Berchtesgaden der Termin für die Neuauflage 2019 in Bad Tölz bekanntgegeben wurde, habe ich mir den 8. bis 10. Februar gleich eingetragen. Wegen der vielen netten Teilnehmer und der ausgelassenen Stimmung ist die Sportveranstaltung mittlerweile ein Pflichttermin für mich. Teilnehmen dürfen die Mitarbeiter von Genossenschaften aus Bayern und Baden-Württemberg.
Vor allem aber liebe ich die sportliche Herausforderung. Ich bin nicht unsportlich, aber aus Mangel an Zeit und Gelegenheiten kein ausgewiesener Wintersportler. Deshalb gilt für mich die Devise: Dabei sein ist alles. Der Ehrgeiz hat mich trotzdem gepackt. Also melde ich mich gleich für drei Disziplinen an: Rodeln, Biathlon und Ski Alpin. Vergangenes Jahr bin ich noch mit meiner Uralt-Ausrüstung angetreten. Meine Langlaufbretter hatte ich mir in den 1990er Jahren gekauft, die Alpinski waren auch nicht viel jünger.
Dieser Fehler passiert mir kein zweites Mal. Die unterirdischen Zeiten vom vergangenen Jahr ärgern mich noch heute. Also reise ich mit neuen Alpinski nach Lenggries ins Skigebiet Brauneck. Dort ist heuer das sportliche Zentrum der Geno-Winterspiele. Die Langlaufski leihe ich mir vor Ort aus. Schuhe, Stöcke und Skater. 20 Euro kostet mich der Spaß, aber das ist es mir wert.
Eine lange Tradition
2.000 Teilnehmer von bayerischen und baden-württembergischen Genossenschaftsbanken trafen sich vom 8. bis 10. Februar 2019 in Bad Tölz und Lenggries, um sich bei den Geno-Winterspielen in den sportlichen Disziplinen Ski Alpin, Snowboard, Biathlon, Rodeln und Eisstockschießen zu messen und gemeinsam zu feiern. Die Sportveranstaltung der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken hat eine lange Tradition im Genossenschaftsverband Bayern (GVB). Dieses Jahr erfuhr sie ihre 49. Auflage. Bereits zum 19. Mal waren auch die Mitglieder des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV) dabei. Gastgeber war die Raiffeisenbank im Oberland. Über 100 Helfer des Kreditinstituts sorgten mit Unterstützung des GVB für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltungen. Mit von der Partie waren die Skiclubs Lenggries und Reichersbeuern sowie die Stockschützen des TSV Hartpenning, die mit ihren Helfern für die Organisation der sportlichen Wettkämpfe verantwortlich zeichneten. Die Bergwacht Lenggries sicherte die ärztliche Versorgung vor Ort. Rund die Hälfte der Teilnehmer nahm auch an den Sportveranstaltungen teil. Alle Ergebnislisten gibt es im Internet unter www.geno-winterspiele.de.
Zuerst ist jedoch Rodeln dran. Kurz nach 9 Uhr bin ich am Freitag vor Ort. Die Sonne strahlt. Trotz der frühen Stunde ist am Zieleinlauf der Rodelstrecke schon mächtig was los. Im Halbminutentakt brettern die Rodler die etwa 500 Meter lange Strecke hinunter und werden im Ziel ausgiebig bejubelt. „Einfach laufen lassen und so wenig wie möglich lenken. Das geht am besten“, gibt mir mein GVB-Kollege Klaus Schrallhammer mit auf den Weg.
Von wegen „einfach laufen lassen“
Die schweren Rodel aus Holz werden vom Liftbetreiber gestellt und lassen sich in den Schleppliftanker einhängen. So geht es erst einmal ganz gemütlich nach oben. Am Start bleibt kaum Zeit, die Aussicht zu genießen und den Kinnriemen des Helms enger zu stellen, dann bin ich auch schon an der Reihe. „Am Start ist die Nummer 147“, gibt der Helfer des Skiclubs Reichersbeuern per Funk durch. Wenige Sekunden später pfeift mir bereits der Wind um die Ohren. Von wegen „einfach laufen lassen“. Der Schlitten will permanent nach links oder rechts ausbrechen. So stelle ich mir einen Ritt auf einem bockigen Rennpferd vor. Trotzdem schaffe ich es, auf einigermaßen gerader Spur ins Ziel zu kommen. Gut 31 Sekunden brauche ich, sechs Sekunden mehr als der Schnellste. Ein Platz unter den ersten 20 Prozent in der Gesamtwertung ist die Belohnung. Das ist doch mal ein Anfang.
Hightech im Gewehr
Mir bleibt nur Zeit für ein isotonisches Getränk, dann eile ich zur Langlaufstrecke nebenan. Ich will noch etwas trainieren, bevor der Tölzer Landrat Josef Niedermaier um 11 Uhr den Startschuss gibt. Biathlon-Legende Fritz Fischer hat bereits seinen Schießstand aufgebaut. Geschossen wird mit Laser-Gewehren, die den im Biathlon üblichen Kleinkaliber-Waffen nachempfunden sind. „Ausatmen, ruhig zielen, beherzt abdrücken und nachladen nicht vergessen“, klärt mich ein Helfer am Schießstand auf. Trifft der Laserstrahl auf die Scheibe, wechselt diese wie bei den Profis von schwarz auf weiß. Das Schussgeräusch kommt aus dem Lautsprecher. Dank Hightech im Gewehr eine fast perfekte Illusion.
Mein Ziel: besser sein als letztes Jahr. In Berchtesgaden habe ich im Liegendschießen alle fünf Scheiben getroffen, im Stehendschießen aber nur eine. Jetzt im Training komme ich auf ähnliche Quoten. Oh Mann, es ist aber auch wirklich schwer, das Gewehr ruhig zu halten. Immer wieder schieße ich so weit daneben, dass nicht mal das elektronische Schussgeräusch ertönt. Oder ist das Gewehr kaputt? Mühsam versuche ich die Zieloptik mit der schwarzen Scheibe in Einklang zu bringen, fast immer vergebens. Plötzlich fallen alle Scheiben auf meiner Bahn in kurzem Abstand. Wie kann das sein? Ein Blick nach links klärt mich auf. Dort steht Fritz Fischer und räumt mit seinem Gewehr eine Scheibe nach der anderen ab. „Schieß halt selber“, ruft er mir zu. Versuche ich ja, klappt aber nicht. Der Biathlon-Profi ist und bleibt ein Könner – auch 30 Jahre nach seinen Weltcuperfolgen.
Um 11 Uhr wird es ernst. Landrat Josef Niedermaier eröffnet das Rennen und dreht dann außer Konkurrenz selbst einige Runden auf der Langlaufstrecke. Respekt. Schließlich bin ich an der Reihe. Meine Startnummer ist die 58. Werde ich mit meinen geliehenen Ski zurechtkommen? Kurz nach dem Start geht es in einer langgezogenen Rechtskurve bergab. Ich komme schnell ins Gleiten und schnaufe erst einmal durch. Läuft. Vergangenes Jahr musste ich permanent mit den Stöcken nachschieben, um überhaupt vorwärts zu kommen.
Auch im flachen Teil der Strecke komme ich gut zurecht. Dummerweise geht es kurz vor dem Schießstand wieder bergauf. Sobald die Steigung anzieht, komme ich aus dem Rhythmus und stelle mich an wie ein Hampelmann. Das kostet Zeit. Schließlich sinke ich auf die Gummimatte nieder und bekomme ein Gewehr überreicht. Ich atme mehrmals durch, stütze die Waffe auf die Ellenbogen und ziele. Der erste Schuss geht noch daneben, dann mache ich einen auf Fritz Fischer. Zack, zack, zack, zack. Vier von fünf Treffern liegend. Macht eine Ehrenrunde. Passt. Und weiter geht‘s.
Jedes Mal drücke ich im falschen Moment ab
In Runde zwei überhole ich sogar zwei Teilnehmer, ein gutes Gefühl. Dann geht es wieder zum Schießstand. Dieses Mal schieße ich stehend. Mein Puls fliegt, der Gewehrlauf eiert von Scheibe zu Scheibe. Jedes Mal drücke ich im falschen Moment ab. Wie machen die das nur im echten Biathlon? „Konzentriere dich. Du schaffst das!“, ermuntert mich mein Aufpasser. Und wirklich: Schuss vier und fünf sitzen. Das ist ausbaufähig, aber besser als letztes Jahr. Drei Strafrunden bekomme ich trotzdem aufgebrummt.
Ich starte gerade zur dritten und finalen Runde, als ich höre, wie Moderator Bernhard Lingg meinen Hintermann mit der Startnummer 59 bereits für den Zieleinlauf ankündigt. Egal, nach guten 27 Minuten bin auch ich im Ziel und genehmige mir erst einmal drei Becher heißen Früchtetee. Zufrieden bin ich trotzdem, denn ein Blick auf die Startlisten verrät mir, mit welcher Konkurrenz ich es zu tun habe: Raiffeisenbank Kempten-Oberallgäu, Raiffeisenbank im Allgäuer Land, VR-Bank Werdenfels, Raiffeisenbank Aschau-Samerberg. Alles Banken mit Bergen und viel Schnee vor der Haustür. Beste Trainingsmöglichkeiten für die Mitarbeiter also. Da kann ich als Bewohner des schneearmen Münchner Umlands nicht mithalten.
Save the date
Die nächsten Geno-Winterspiele finden vom 14. bis 16. Februar 2020 bei der VR-Bank Werdenfels in Garmisch-Partenkirchen statt. Anmeldungen sind voraussichtlich von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 2019 über die Webseite www.geno-winterspiele.de möglich. Dort wird es wie üblich auch weitere Informationen über den Ablauf, die Wettbewerbe, die Zimmerreservierung und das Rahmenprogramm geben.
Nach einer Suppe aus der Gulaschkanone verbringe ich den Nachmittag mit Skifahren. Ich nutze die Gelegenheit und schaue mir die Piste an, auf der morgen der Abfahrtslauf stattfinden soll. Im Moment trainiert dort eine Jugendmannschaft in schnittigen Rennanzügen. „Keine Angst vor der Bodenwelle. Da hebt ihr nur ganz wenig ab“, gibt die Trainerin ihren Schützlingen mit auf den Weg. Ich schaue mir die Bodenwelle näher an und finde die Aussagen der Trainerin etwas untertrieben. Vielen Dank, ich habe leider keinen Flugschein. Das kann ja heiter werden.
Abends folgt der gesellige Teil in Bad Tölz. Zur großen Eröffnungsfeier der Geno-Winterspiele ziehen viele Teilnehmer kostümiert zum Marktplatz. Die Stimmung ist gelöst. „Beeindruckend“ findet der Tölzer Bürgermeister Josef Janker die Sportveranstaltung mit 2.000 Teilnehmern. Es liege ein „Hauch von Olympia“ in der Luft. Die offizielle Eröffnung übernimmt Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), gemeinsam mit dem Präsidenten des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), Roman Glaser. Gros ist es ein Anliegen, auch „die Freunde des BWGV“ zu begrüßen. Sie sind zum 19. Mal mit von der Partie und tragen mit ihrer Teilnahme zum Zusammenhalt der Genossenschaftsbanken im Süden bei. Anschließend spielt die Band „Twilight Zone and the Humpa Horns“ in der Tölzer Wee-Arena zur Eröffnungsparty. Ich feiere noch ein bisschen mit den Kollegen, dann falle ich ins Bett. Zum Abfahrtslauf am Samstag will ich fit sein.
Am Samstagmorgen passiert mir ein kleines Malheur. Mit der Startnummer 289 kann ich mir beim Frühstücken etwas Zeit lassen, bevor ich an der Reihe bin. So habe ich mir das jedenfalls ausgerechnet. Doch das Rennen läuft schneller als gedacht. Als ich am Starthäuschen stehe, sind bereits die Rennläufer mit 300er-Nummern an der Reihe. Ich darf trotzdem noch starten und stelle fest: Die Strecke ist nichts für Anfänger. Weltcuphang. Schwarze Piste. So weit ich den Hang überblicke, haben die Rennleiter vom Skiclub Lenggries einen anspruchsvollen Lauf gesteckt. Immerhin haben sie die Bodenwelle ausgelassen. Gott sei Dank. Beim Skifahren lege ich doch Wert auf Bodenhaftung.
Nach rund 300 Rennläufern ist die Piste trotz bester Präparation abgefahren, der Untergrund hart und extrem zerfurcht. Aber es gibt kein Zurück: „Drei, zwei, eins“, zählt der Rennleiter herunter, und schon bin ich unterwegs. Beim Abfahren schüttelt es mich ganz schön durch, nach kurzer Zeit schalte ich in den Sicherheitsmodus. Sollen andere gewinnen, ich möchte lieber mit heilen Knochen unten ankommen. Immerhin erwische ich ohne Probleme das letzte Tor vor dem Zieleinlauf, das andere noch zu abrupten Bremsmanövern zwingt. Meine gefahrene Zeit? Reden wir nicht darüber.
Unten dann die Überraschung. „Wo bist du gewesen? Wir haben dich angefeuert, aber dann kam statt dir die Nummer 290 durchs Ziel gefahren“, beschweren sich meine Kollegen bei mir. Das ist mir etwas peinlich. Sie haben mich bejubelt, während ich gefühlt noch beim Frühstück saß. Aber ich freue mich trotzdem sehr über die Unterstützung. Ich schaue mir noch das Snowboardrennen an, dann hole ich mir im Sponsorendorf etwas zu essen und zu trinken. Schupfnudeln mit Kraut, Käsesuppe oder doch lieber Grünkohl mit Bratkartoffeln und Mettwurstzipfel? An jedem Stand gibt es etwas anderes, ich entscheide mich erst für Käsesuppe und dann für Grünkohl. Ich brauche Kalorien, um bis zum Abend durchzuhalten.
Denn beim Skiball am Samstag geht es noch einmal hoch her. Nach der Siegerehrung sorgt dieses Mal die Band „Shark“ für Stimmung. Manfred Klaar, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank im Oberland, hat in der Tölzer Wee-Arena ein doppeltes Heimspiel. Einerseits als Vorstand der Gastgeber-Bank, andererseits als langjähriger Eishockeyspieler des EC Bad Tölz. In zwölf Saisonen bestritt Klaar als Stürmer und Kapitän 452 Spiele für die Tölzer Löwen und schoss 95 Tore. Der Vorstand lobt die „super Leistung“ des Organisationsteams sowie der Sponsoren der Geno-Winterspiele.
GVB-Präsident Jürgen Gros lässt zum Finale den Hit „Was für eine geile Zeit“ von Ben Zucker einspielen. Dieser besingt das Gemeinschaftsgefühl, wenn gute Freunde gemeinsam Zeit verbringen. „Der Song verdeutlicht, wie eng wir beim BWGV und beim GVB zusammenhalten“, betont Gros. Die Teilnehmer lassen sich nicht lange bitten und feiern ihre sportlichen Leistungen gemeinsam bis tief in die Nacht.
Ein Jahr Vorbereitung
An der Bar treffe ich dann noch Helga Vogt. „Alles ist super gelaufen, alles hat funktioniert“, berichtet die Chef-Organisatorin der Geno-Winterspiele 2019 von der Raiffeisenbank im Oberland. Zusammen mit Marion Waizmann, Tanja Volpert, Jakob Albin, Josef Reiter und Hans Glanz sowie weiteren 100 Helfern der Raiffeisenbank sorgte sie für einen reibungslosen Ablauf der gesamten Veranstaltung. Organisatorische Unterstützung erhielt sie von Wilfried Bichler und Sana‘a Wittmann vom GVB. Über ein Jahr lang dauerten die Vorbereitungen für die Geno-Winterspiele 2019, seit Oktober war die Organisation ein Vollzeitjob für Vogt. Die meiste Zeit hing sie am Telefon. „Die letzten Wochen waren wie ein Tunnel für mich. Jeden Tag gab es eine andere Überraschung, aber wir haben alles gemeistert“, berichtet Vogt.
Durch die Geno-Winterspiele sei auch die Raiffeisenbank im Oberland stärker zusammengewachsen, erzählt Vogt. 2017 hatte das Institut mit der Raiffeisenbank Tölzer Land fusioniert. „Ein Drittel der Bankbelegschaft hat bei der Organisation geholfen. Durch die intensive Zusammenarbeit haben wir uns richtig gut kennen gelernt“, berichtet die Chef-Organisatorin. Abgesehen davon seien die Geno-Winterspiele auch ein Wirtschaftsfaktor für die Region. „Großveranstaltungen mit 2.000 Gästen über drei Tage sehen die Hoteliers und Gastronomen im Tölzer Land auch nicht alle Tage“, sagt Vogt. Ihr Plan für Sonntag: Ausschlafen und dann noch ein paar Dinge erledigen, ehe es am Montag wieder in die Arbeit geht.
Das ist auch mein Plan, als ich mich am frühen Sonntagmorgen nach zwei langen Tagen und zwei umso kürzeren Nächten auf den Heimweg mache. Doch zuerst zücke ich mein Smartphone, um die wichtigste Nachricht des Abends in meinem Kalender zu notieren. Die nächsten Geno-Winterspiele werden vom 14. bis 16. Februar 2020 in Garmisch-Partenkirchen von der VR-Bank Werdenfels ausgetragen. Dann gibt es ein Doppeljubiläum zu feiern: Die 50. Geno-Winterspiele des GVB und die 20. Auflage zusammen mit den Kollegen aus Baden-Württemberg. Ich freue mich schon darauf.