„VRe@sy“: Deutschlandweit nutzen 31 Volksbanken und Raiffeisenbanken das Beratungskonzept der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz. „Profil“ stellt die Anwendung vor.
Wie trete ich am besten an junge Bankkundinnen und Bankkunden heran? Was sollte eine Bank bieten, damit sie für junge Erwachsene attraktiv ist und bleibt? Diese Fragen zu beantworten, liegt Thomas Mirwald, Marktbereichsleiter sowie Leiter Marketing und Medialer Vertrieb der Raiffeisenbank Kreis Kelheim, sehr am Herzen. Ein „Weiter wie bisher“ dürfe es seiner Ansicht nach insbesondere bei dieser Zielgruppe nicht geben. Neue und zusätzliche Maßnahmen, auf diese zwischen 1996 und 2009 geborenen Menschen zugeschnitten, seien jetzt dringend nötig, damit jungen Bankkundinnen und Bankkunden nicht abwandern.
„Noch spüren wir es vielleicht nicht, aber in fünf bis zehn Jahren werden wir die Folgen deutlich merken, wenn wir nicht schon jetzt unser Privatkundengeschäft auf das Finanzverhalten der Generation Z anpassen“, sagt Mirwald. In seiner Projektarbeit im Genossenschaftlichen Bank-Führungsseminar (GBF) hatte er sich damit befasst, wie man das Betreuungskonzept von Privatkunden erweitern kann zur Bindung einer jungen Zielgruppe an ihre regionale Volks- und Raiffeisenbank.
Kein Interesse an Jugendprodukten
Um im täglichen Bankgeschäft auf junge Menschen besser eingehen zu können, sollten sich Banken deren Bedürfnisse vor Augen führen. „Diese junge Zielgruppe will mit anderen Erwachsenen gleichgestellt sein“, betont Mirwald. Vertreter der Generation Z seien nicht interessiert an „Jugendprodukten“, vielmehr wollten sie als „vollwertige Kunden“ wahrgenommen und „auf Augenhöhe beraten“ werden. „Dabei muss der Preis stimmen. Die jungen Kunden wollen fair und transparent informiert werden. Und natürlich ist es für sie selbstverständlich, dass sie von überall her eine Beratung auf digitalem Weg in Anspruch nehmen können.“
Attraktive Angebote für unter 30-Jährige
Wenn Mirwald von Maßnahmen für eine junge Zielgruppe spricht, würde er gerne die Altersspanne bis zu einem Alter von etwa 30 Jahren ausweiten. „Im Alter zwischen 25 und 30 haben die jungen Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium beendet und beziehen ihr erstes Gehalt“, sagt Mirwald. Mit deutlich mehr Geld auf dem Konto rücken dementsprechend andere Themen in den Fokus. Wer nun im Berufsleben steht, der denkt womöglich über den Kauf einer Wohnung nach, ein anderer macht sich Gedanken, wie er sein Geld sparen oder anlegen könne. Nur Kundinnen und Kunden bis zum Alter von 25 Jahren interessante Angebote zu machen, sei daher zu kurzfristig gedacht, sagt Mirwald.
Jungen Menschen unter 30 gelte es daher, mit attraktiven Angeboten an ihre Bank zu binden. „Ein einfaches Bindungsprojekt ist die kostenlose Kreditkarte für junge Menschen. Unser Vorstand hat entschieden, diese nun anzubieten“, sagt Mirwald. Denn Zahlungen per Smartphone oder Smartwatch werden immer häufiger, die Kreditkarte ist ein bedeutendes Produkt im Zahlungsverkehr für die Gen Z.
Mobile Zahlungsmethoden bevorzugt
Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Initiative Deutsche Zahlungssysteme zahlen 44 Prozent der Generation Z lieber mobil, 40 Prozent mit Karte und nur 25 Prozent nutzen Bargeld. Besonders die einfache Zahlung ohne PIN-Eingabe ist ein entscheidender Vorteil. 37 Prozent der jungen Generation würden „Cash only“-Geschäfte meiden, und 62 Prozent fordern eine gesetzliche Pflicht zur Akzeptanz von Kartenzahlungen. Für Händler bedeutet das, dass sie flexible und digitale Zahlungsmethoden anbieten müssen, um die Gen Z als Kunden zu gewinnen und zu halten.
Quelle: "Mobile Payment first: Wie das Bezahlverhalten der Gen Z den Zahlungsmarkt verändert" in der T3N vom 16.12.2024
Die Gen Z und ihre Kinder erreichen
13 Prozent der Deutschen gehören in Deutschland zur Generation Z, weiß Mirwald. Sie sind etwa zwischen 15 und 28 Jahre alt. So denkt Mirwald einen Schritt weiter: „Wir müssen die Generation Z als Kundinnen und Kunden gewinnen und halten. Sollten wir diese verlieren, haben wir auch keine Chance mehr, ihre Kinder zu erreichen“, gibt er zu bedenken. Bereits jetzt bestehe großer Handlungsbedarf, wie das Ergebnis einer Umfrage der Stuttgarter Unternehmensberatung MM1 aus dem Jahr 2022 belegt: Bei der Studie kam heraus, dass weniger als die Hälfte der jungen Erwachsenen nach dem Eintritt ins Berufsleben ihren Regionalbanken treu bleibe.
Da die Angehörigen der Gen Z eine tiefe Affinität zu Technologie haben und als „digital natives“ gelten, erwarten sie von einer Bank auch ganz selbstverständlich gut funktionierende digitale Kommunikationswege. Jede Kontaktaufnahme, jedes Produkt müsse daher laut Mirwald „verpackt in die moderne Welt“ sein: „Es muss für Kunden und ihre Berater ganz simpel und sicher sein, via Tablet oder Smartphone miteinander in Kontakt zu treten. Innerhalb von Sekunden muss bei einer Videoberatung die Verbindung stehen. Egal ob vor Ort oder digital, wir nutzen die interaktive Beratungssoftware Demobird von der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz, die wir in RBKKonnect umbenannt haben. Jeder Berater wurde dazu mit einem IPad ausgestattet, um vollständig digital und modern beraten zu können."
Die Sprache des Gegenübers sprechen
Die von der jungen Generation gewünschte „Beratung auf Augenhöhe“ würde laut Mirwald am besten funktionieren, wenn Privatkundenberater und Kunde im ähnlichen Alter seien. „Diese Maßnahme konnten wir noch nicht umsetzen“, sagt Mirwald. „Nicht alles ist von heute auf morgen möglich.“ Was die Mitarbeitenden der Raiffeisenbank Kreis Kelheim bereits forciert haben: Sie haben sogenannte NextGen-Schulungen durchgeführt.
Bei diesen liegt das Augenmerk auf den Bedürfnissen und Werten der jungen Kunden – auf individuellen und sozialen, aber auch Sicherheitsbedürfnissen. „Die genossenschaftlichen Werte docken genau hier ja an. Das Geschäftsmodell der Genossenschaftsbank ,matcht‘ mit den Werten der Gen Z“, fasst Mirwald zusammen. „Die Bedarfsfelder eines genossenschaftlichen Finanzhauses treffen auf die Bedürfnisse der Gen Z zu. Sie wären demnach nicht der Grund für eine Abwanderung. Ganz im Gegenteil: Die genossenschaftliche Werte bilden eine solide Basis für eine erfolgreiche Kundenbeziehung.“
„Wir müssen allerdings die Sprache des Gegenübers sprechen. Nur wenn uns das gelingt, können wir die Generation Z als Kundinnen und Kunden gewinnen und halten“, lautet Mirwalds These. In seiner Bank bilden vier Gen Z-Berater ein Jugendmarktbearbeitungsteam. „So verlieren wir unsere wichtige Zielgruppe Gen Z nicht aus den Augen und können Maßnahmen beziehungsweise Vorschläge vorbereiten“, erklärt Mirwald.
Digital kommunizieren
Zum 18. und ebenso zum 25. Geburtstag erhielten die Kundinnen und Kunden der Raiffeisenbank Kreis Kelheim auf digitalem Wege Geburtstagsglückwünsche inklusive 50 Euro-Sparratengutschein für den ersten Fondssparplan. Überdies müsse Zeit sein, Informationsvideos und digitale Grußbotschaften selbst zu drehen und Reels zur Finanzbildung auf den eigenen Social-Media-Kanälen zu veröffentlichen. Die Raiffeisenbank Kreis Kelheim hat daher eine Social-Media-Stelle ausgeschrieben und gerade besetzen können. Wie indes schaffen sie es, junge Menschen zu erreichen? „Mit Gewinnspielen, die wir veranstalten, gelingt es uns, unsere Follower-Anzahl zu erhöhen. Aber das ist natürlich nur eine von vielen Möglichkeiten“, berichtet Mirwald weiter. „Um mehr Content aufzubauen und Follower zu generieren, da wird uns jetzt vor allem die Social-Media-Verstärkung helfen.“
„Wir könnten uns als Bank hervortun, indem das Wissen der Gen Z, das nicht immer so tiefgründig ist, mit Qualität veredeln und sie kompetent beraten.“
Für dieses Jahr hätten sie außerdem geplant, einen Finfluencer einzuladen, der im Livestream einen Vortrag halte. „Die Generation Z ist wissbegierig und zum Beispiel auch Wertpapier-affin. Aber wir könnten uns als Bank hervortun, indem das Wissen der Gen Z, das nicht immer so tiefgründig ist, mit Qualität veredeln und sie kompetent beraten“, sagt Mirwald.
Überhaupt sollte ein großes Augenmerk auf das Wertpapiergeschäft gelegt werden. Diese Entwicklung bestätigt auch eine von Union Investment in Auftrag gegebene Studie, durchgeführt von der Uni Marburg (siehe das Interview mit Oscar Stolper, „Wie junge Menschen ihr Geld anlegen in der „Profil“-Ausgabe 01/2024). Neun von zehn Gen Z-Anlegern würden positive Emotionen mit einer Wertpapieranlage verbinden, so das Ergebnis dieser Studie.
Doch das klassische Depot-B-Geschäft verliere immer mehr an Attraktivität. Digitale Onlinebroker punkten bei jungen Menschen mit ihren Angeboten, das weiß auch Mirwald. „Kundinnen und Kunden der Gen Z ist Kostentransparenz besonders wichtig“, betont Mirwald. Um diese an die Bank zu binden, setzen sie daher auf das Pauschalpreismodell MeinDepot, das Kostentransparenz mit einer qualitativ hochwertigen Beratung ergänzt. Zusätzlich ist ein jährlich stattfindender kostenloser Finanz-TÜV Standard.
Finanzbildung an den Schulen
Doch nicht nur die älteren Jahrgänge der Generation Z, die bereits im Berufsleben stehen, hat Mirwalds Team im Auge. „Wir schicken Finanzbilder bei uns in der Region in die Schulen – in die neunten Klassen, ob das eine Realschule oder ein Gymnasium ist“, berichtet Mirwald. An Tablets schulen sie die Schülerinnen und Schüler. „Mit der Finanzbildung an Schulen machen wir sehr positive Erfahrungen. Die Neuntklässler sind sehr interessiert und offen. Sie sind auch noch in einem Alter, in dem sie alle möglichen Fragen stellen. Und ganz nebenbei kommen sie bei unserem Besuch an den Schulen auch in Kontakt mit dem Logo der Volks- und Raiffeisenbanken.“ Der Besuch an den Schulen zahle sich aus und sei vorausschauend: „Wenn wir jetzt nicht aktiv werden“, sagt Mirwald, „spüren wir die Auswirkungen in zehn Jahren“.
Zudem kann bei einer Finanzbildung Vertrauen aufgebaut werden. „Es geht nicht darum, etwas zu verkaufen. So werden wir bei der Finanzbildung nicht wahrgenommen. Vielmehr bilden wir junge Menschen in Finanzthemen. Und wir transportieren die Werte einer Genobank in die Schulen.“
Beratung in Club-Atmosphäre
Noch Zukunftsmusik sei für die Raiffeisenbank Kreis Kelheim eine eigene Gen Z-Geschäftsstelle. „Im Norden des Landes gibt es so etwas bereits“, weiß Mirwald. In der Bremerhavener Innenstadt finden junge Menschen ein besonderes Banking-Erlebnis, wenn sie die „Bankstage“ besuchen.
Ihre Bankgeschäfte können sie dort in Club-Atmosphäre erledigen und Informationen einholen – ob zur Kontoeröffnung, zu einem Kredit für ein Auto oder ein Studium oder zum Traum vom eigenen Heim. Auch Themen wie Berufsunfähigkeit, Altersvorsorge oder vermögenswirksame Leistungen können gemeinsam besprochen werden. Die „Bankstage“ wurde von der Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck initiiert mit dem Motto: „Bankstage kann alles, was die Bank auch kann – nur etwas lockerer, aber genauso seriös.“
Mirwald kann sich vorstellen, auch bei ihnen in Niederbayern eine solche innovative Gen Z-Beratungsstelle einzurichten, in der junge Menschen ihre Finanzen regeln. „Man bräuchte natürlich das Budget, aber eine komplette Zweigstelle, die einem trendigen Café ähnelt, mit Finanz-Beratung und einer Kleinkunstbühne, auf der auch Finfluencer auftreten könnten, käme bestimmt gut an.“
Eine Vertrauensbasis zwischen Berater und Kunde würde bei so einem Finanztreff entstehen, bei dem sich die Finanzwelt mit den Freizeitinteressen der jungen Kundinnen und Kunden verbinden. „Eine moderne, kompetente Beratung zu Finanzthemen wäre gewährleistet, allerdings in einer Atmosphäre ohne Anzugsträger.“
Finanzvortragsreihen könnten auch mit Events verknüpft werden. Und für nicht vor Ort präsente Kundinnen und Kunden könnten die Vorträge hybrid zur Verfügung gestellt werden. Das wiederum erhöht die Reichweite. Die jungen Menschen haben so die Option, Informationen zu Finanzthemen zu erhalten und sich einzuholen, wie es ihren Bedürfnissen entspricht: Von überall aus und wann immer es für sie gerade günstig ist. Der eine mag damit die Zeit beim Warten auf den Bus überbrücken, der andere verabredet sich mit Freunden in einer innovativen Bank-Zweigstelle.
Die Raiffeisenbank Kreis Kelheim baut zumindest in diesem Jahr die Hauptstelle Neustadt um. „Hier wird eine Art Lounge integriert. Dann können wir dort kleinere Veranstaltungen in lockerer Atmosphäre veranstalten und auch Reels drehen.“ Die Zukunft beginnt also in Niederbayern.