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Es gibt zwei Wege: Entweder man setzt ein Projekt als Einzelperson um und rechnet mit einer großen Rendite. Oder man tut sich zusammen, schafft einen Mehrwert für viele und die Region. So fasst es Johannes Riegel, Vorstand der Bürgerenergie Aurach, vereinfacht in Worte. Dementsprechend lautet das Leitbild der Energiegenossenschaft im mittelfränkischen Landkreis Ansbach: „Wertschöpfung für die Region, unsere Heimat und die Förderung unserer Mitglieder stehen vor der Gewinnmaximierung des Einzelnen.“

In Aurach liegt die Energiewende in Bürgerhand. Mit der Gründung ihrer Bürger-Energie haben die Auracher die Möglichkeit geschaffen, regional Strom zu beziehen. Seit Mai 2024 bieten sie ihren Stromtarif gemeinsam mit den Würzburger Stadtwerken online an. „Der Stromanschluss muss allerdings im Umkreis von rund 50 Kilometern um den Standort unserer PV-Anlage liegen“, sagt Riegel. Doch um ihre Region ging es den Mittelfranken ja schließlich, als sie sich zu einer Genossenschaft zusammenschlossen, um die Energiewende in der Gemeinde Aurach zu gestalten.

„Für uns ist die regionale Wertschöpfung vorrangig und der Gedanke, gemeinsam etwas zu erreichen.“

„Unser Ziel ist es nicht, überproportionale Renditen zu machen. Uns geht es um die Heimat“, das kann Johannes Riegel nicht oft genug hervorheben. „Wir wollen echte Mehrwerte für unsere Mitglieder bieten, ein eigener Stromtarif ist hierfür ideal, um sich als regionale Genossenschaft abzuheben. Für uns ist die regionale Wertschöpfung vorrangig und der Gedanke, gemeinsam etwas zu erreichen.“

Etwa 270 Mitglieder hat die Bürger-Energie Aurach, neben zahlreichen Einzelpersonen sind auch die Regionalstrom Franken, die regionale VR Bank, die Gemeinde Aurach sowie Vereine und Firmen Mitglieder der Bürgergenossenschaft. „Wenn man all diese Akteure aus der Region ins Boot holt und vor allem auch die Bank, in unserem Fall die VR-Bank Mittelfranken Mitte, dann gelingt es leicht, Mehrwerte für alle zu schaffen. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, erklärt Riegel.

Immer nur dem billigsten Preis hinterherzujagen, darum kann es nicht gehen. „Wir sind, wenn man sich die Vergleiche einholt, ein sehr attraktiver Stromanbieter“, fügt Riegel hinzu. „Uns aber geht es ja um mehr: Wir wollen gemeinsam die Energiewende gestalten. Wir haben soziale Zwecke im Auge. Wir haben uns aufgerafft, anstatt immer nur über den Ist-Zustand zu schimpfen.“

Mitglied statt nur Kunde

Als Genossenschaftsmitglied ist man beteiligt – am Gewinn, aber vielmehr am Beitrag zur Wertschöpfung. „Gemeinsam als Energiegenossenschaft sind wir sinnstiftend unterwegs“, bringt es Riegel auf den Punkt.

Als ihm das Grundstück neben der Autobahn angeboten wurde, um es als Solarfläche zu pachten, war Riegel schnell klar, dass er dieses Projekt genossenschaftlich stemmen möchte. Riegel ist im Bereich Energie erprobt, gemeinsam mit Günther Heidingsfelder ist er Geschäftsführer der Firma HEG Energie. „Im ländlichen Bereich steht man immer wieder vor einer ähnlichen Situation: Oft kommen Investoren von außen und nehmen Einfluss. Bei dieser Solarfläche allerdings sollte es nicht die Einzelperson sein, die aktiv wird. Es muss einen geben, der es in die Hand nimmt, in diesem Fall eben die Gemeinschaft“, sagt Riegel. Es sei der Puls der Zeit, nicht tatenlos zu bleiben, sondern aktiv zu werden.

So sei das Feedback durchaus positiv gewesen, als sich in der Gemeinde Aurach herumsprach, was die Bürger-Energie Aurach als Genossenschaft plant. „Die Leute sind dankbar, dass sich vor Ort was rührt“, berichtet der Vorstand der Energiegenossenschaft. „Auch ein Aufsichtsrat bildet sich da schnell. Die Motivation ist groß, gemeinsam regional zu denken.“ In ihrem Fall sei alles recht flott über die Bühne gegangen. „Fünf Monate haben wir gebraucht, um unser Energieprojekt umzusetzen“, sagt Riegel. „Vor allem die sehr gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde Aurach, allen voran mit unserem Bürgermeister Simon Göttfert, war ein wichtiger Erfolgsfaktor. Im Dorfgemeinschaftshaus und im Schützenheim haben wir Informationsveranstaltungen für die Bürgerinnen und Bürger angeboten. Die Resonanz war jedes Mal überragend.“

Zusammenarbeit mit regionalen Partnern

Die Umsetzung eines solchen Energieprojekts bringe laut Riegel auch Herausforderungen mit sich, aber auch hierfür sei die Gemeinschaft die Lösung: „Wir haben Mitglieder, die Elektrotechniker sind, wir haben Imker, Ingenieure und Steuerberater in unserer Genossenschaft. Wir finden immer gute Lösungen für die Herausforderungen der Energiewende beziehungsweise den Betrieb eines Solarparks.“

Andere Gemeinden könnten ihrem Beispiel leicht folgen. „Gemeinsam mit der Gründungsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern, der jeweiligen Gemeinde, lokalen Partnern und der Bank vor Ort kann ein Solarpark umgesetzt werden. Hinzu kommt wie ein TÜV-Siegel die jährliche Prüfung durch den Genossenschaftsverband, da kann das Projekt doch nur gut werden“, fährt Riegel fort. Riegel möchte daher Mut machen, „gerade in Zeiten von immer schlechten Nachrichten, in und für die Region das Richtige zu tun“.

Um ihre Photovoltaik-Anlage in Aurach zu bauen, haben sie zu 80 Prozent mit regionalen Partnern zusammengearbeitet. „1,6 Millionen Euro wurden so in der Region ausgegeben“, sagt Riegel. „Wir haben uns ganz bewusst, so wie es möglich war, für die Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen im Landkreis Ansbach und in den benachbarten Landkreisen entschieden. Auch die Zusammenarbeit mit unserem Netzbetreiber N-Ergie hat sehr gut funktioniert.“

Die Erlöse sollen in der Region bleiben. „Wir wollen mit dem, was übrigbleibt, auch soziale Projekte unterstützen. Das Schöne ist auch da, dass aus der Genossenschaft Ideen und Impulse kommen, wen wir unterstützen können.“ Vieles sei da möglich, so Riegel. „Und mit einer sozialen Idee, die wiederum mit dem regionalen Energieprojekt verknüpft ist, inspiriert man ja vielleicht wieder Nachbargemeinden.“

Tag der offenen Tür für den Gemeinschaftssinn

Im September 2024 haben die Auracher, deren Bürgerstrom wenige Monate zuvor online ging, einen Tag der offenen Tür auf ihrem Solarpark veranstaltet. Für den Gemeinschaftssinn. Um zu informieren. „Da konnte der Trafo besichtigt werden, unser Imker war vor Ort, gemeinsam mit Kindern wurde das Biotop fertiggestellt“, erinnert sich Riegel. Höhepunkt war aber die Übergabe des Siegels „Unterstützer Team Energiewende Bayern“ des Bayerischen Wirtschaftsministeriums durch Katrin Leuzinger, Leiterin des Bereichs „Wirtschaft, Landesentwicklung und Verkehr“ der Regierung von Mittelfranken.

„Für uns bleibt es also weiterhin spannend“, erklärt der Vorstand der Bürger-Energie Aurach. „Gerade jetzt, wo erste Überlegungen zu Windkraftprojekten in unserer Region angestoßen werden. Mit 270 Mitgliedern vor Ort sind wir ein starker lokaler Akteur – und sollten solche Projekte konkreter werden, wird man sicherlich mit uns über eine mögliche Beteiligung sprechen.“ Regional erzeugte Energie vor Ort zu speichern und je nach Bedarf netzdienlich einzuspeisen, das werde ein entscheidender Faktor für die Energiewende sein, sagt Riegel. „Wir stehen hierfür bereit und beschäftigen uns bereits intensiv damit.“

Die Mitglieder der Bürger-Energie Aurach wären bereit, den nächsten Schritt zu gehen und ein weiteres Projekt anzugehen, betont ihr Vorstand. Von der Politik kurz vor der Bundestagswahl erhofft er sich aber Verlässlichkeit und eine deutlichere Unterstützung: „Energiegenossenschaften benötigen stabile Rahmenbedingungen, einen beschleunigten Netzausbau und gezielte Förderung für Speichertechnologien, um Erneuerbare Energien effizient ins Netz zu integrieren“, sagt Riegel. Seiner Ansicht nach sollte die zukünftige Bundesregierung „die Bürgerenergie stärken, die dezentrale Energiewende mit fairen Vergütungssystemen fördern und moderne Infrastrukturen vorantreiben – und dabei in Generationen denken, statt nur in Wahlperioden“.

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