Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Herr Ferber, die Europäische Kommission hat erneut ein Provisionsverbot für die Anlageberatung ins Spiel gebracht. Es könnte Teil ihrer Kleinanlegerstrategie werden, die in Kürze vorgestellt werden soll. Was halten Sie von der Idee?

Markus Ferber: Wenn die Kommission tatsächlich ein Provisionsverbot für die Anlageberatung vorschlägt, erweist sie den Kleinanlegern damit einen Bärendienst. Dann wird der Zugang zu guter Anlageberatung auf einen Schlag sehr viel teurer und unattraktiver. Ich habe meine Bedenken hinsichtlich eines drohenden Provisionsverbots bereits schriftlich an EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness herangetragen.

„Die meisten Kleinanleger wollen für die Anlageberatung schlichtweg nicht erst einmal hundert Euro oder mehr auf den Tisch legen.“

Welche Bedenken äußern Sie?

Ferber: Ich warne insbesondere davor, dass es durch ein Provisionsverbot für viele Kunden künftig schwieriger werden könnte, Zugang zu qualitativ hochwertiger Finanzberatung zu bekommen. Gerade wenn nur ein kleiner Betrag angelegt werden soll, bietet Provisionsberatung offenkundige Vorteile gegenüber der Honorarberatung. Die meisten Kleinanleger wollen für die Anlageberatung schlichtweg nicht erst einmal hundert Euro oder mehr auf den Tisch legen. Ich habe die Sorge, dass sich dadurch viele Kleinanleger anderen Informationskanälen zuwenden könnten. Wenn Anlageberatung nicht mehr zu erschwinglichen Konditionen zugänglich ist, werden sich Kunden entweder insgesamt von den Finanzmärkten abwenden oder ihre Informationen auf eigene Faust zusammensuchen. Das ist nicht im Sinne der Kapitalmarktunion.

„Es gibt mit der Provisionsberatung kein strukturelles Problem.“

Wie bewerten Sie mögliche Alternativen zur Provisionsberatung, zum Beispiel die automatisierte Anlageberatung, auch „Robo Advice“ genannt?

Ferber: Ich halte wenig von der Idee, Anleger als Alternative zur Provisionsberatung künftig verstärkt hin zu kostengünstigen automatisierten Beratungsangeboten zu lenken. Die Europäische Kommission sollte Anleger mit ihren individuellen Zielen und Problemen nicht in Algorithmen treiben. Wenn der Kunde statt individueller Beratung ein undurchschaubares Computer-Programm bekommt, ist das kein Fortschritt. Standardisierte Roboterberatung ist am Ende nicht mehr Verbraucherschutz, sondern weniger. Ich sehe darüber hinaus keinen Grund für ein Provisionsverbot. Es gibt mit der Provisionsberatung kein strukturelles Problem. Wenn die Kommission in einigen Mitgliedstaaten in Einzelfällen Probleme identifiziert hat, kann man auch mit niederschwelligen Maßnahmen wie Transparenzvorschriften oder Preisobergrenzen arbeiten.


Herr Ferber, vielen Dank für das Interview!


Markus Ferber ist wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament.

Artikel lesen
Positionen