Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Herr Müller, auf Seite 71 des Koalitionsvertrags von Union und SPD heißt es: „Wir wollen die bisherigen Maßnahmen zum finanziellen Verbraucherschutz evaluieren.“ Was ist die Motivation für diesen Prüfauftrag?

Stefan Müller: Der finanzielle Verbraucherschutz ist wichtig, seine genaue Ausgestaltung aber nicht einfach. Prinzipiell sollte eine Bank oder ein Finanzdienstleister zu Produkten wie Aktien und Anleihen, die angeboten werden, dem Kunden ausreichende Informationen zur Verfügung stellen. Wie so oft gilt auch in diesem Bereich: Gut gemeint ist nicht zwingend gleichbedeutend mit gut gemacht. Im schlechtesten Fall können gut gemeinte Maßnahmen sogar kontraproduktiv wirken, wenn zum Beispiel stapelweise Infoblätter dazu führen, dass ein Verbraucher den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Insofern ist eine Evaluierung von Verbraucherinformationen sinnvoll, um Fehlinformationen oder Fehlkäufe künftig besser vermeiden zu können. Sollten sich im Rahmen der Evaluierung Lücken in der Regulierung zeigen, werden wir diese dann auch schließen.
 

Welcher Zeitschiene sollte dieser Evaluierungsprozess folgen?

Müller: Aus meiner Sicht gilt: Je schneller, desto besser – wobei natürlich auch die Gründlichkeit nicht leiden darf. Der Koalitionsvertrag ist im Februar 2018 geschlossen worden, insofern hoffe ich, dass bald mit Ergebnissen gerechnet werden kann.

Zur Person

Stefan Müller (*1975) gehört dem Deutschen Bundestag seit 2002 an. Er vertritt den Wahlkreis Erlangen. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann und einem berufsbegleitenden Bankstudium war er einige Zeit Privatkundenbetreuer bei der Raiffeisenbank Seebachgrund. Seit Oktober 2017 ist Müller Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Dieses Amt hatte er zwischen 2009 und 2013 schon einmal inne. Von 2013 bis 2017 war Müller Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Wie sollte die Evaluierung der Verbraucherschutzregeln durchgeführt werden?

Müller: Ich gehe davon aus, dass das Bundesfinanzministerium und das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz in einen engen Dialog mit allen Betroffenen treten werden, also mit den Verbrauchern, die Finanzprodukte kaufen, mit den Banken und Finanzdienstleistern sowie mit den Verbraucherschützern. Dann werden die beiden Ministerien einen Evaluierungsbericht vorlegen. Aus meiner Sicht wäre ein Runder Tisch eine Möglichkeit für den Evaluierungsprozess. Ich halte es für vorstellbar, dass konkrete Einzelfälle durchexerziert werden, also Verkaufsprozesse simuliert werden, um wirklich zu erfahren, wie sich abstrakte gesetzliche Vorschriften in der Praxis auswirken. Mit anderen Worten: Was bekommt der Kunde, wenn er sich mit einem konkreten Produktwunsch an eine Bank wendet? Wie hilfreich sind die Informationen bei der Kaufentscheidung? Am Ende können alle von dieser Evaluierung profitieren.

„So wie sich ein Smartphone in der Praxis bewähren muss, so muss sich auch ein Gesetz als praxistauglich erweisen.“

Was halten Sie davon, Verbraucherschutzregulierung automatisch in regelmäßigen Abständen auf ihre Praxiswirkung hin zu überprüfen und das entsprechend in den einschlägigen Gesetzen zu verankern?

Müller: Ich denke, es ist durchaus sinnvoll, Gesetze auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und einen permanenten Praxistest durchzuführen. Gesetze unterscheiden sich an dieser Stelle für mich nicht von Produkten, wie sie die Industrie herstellt. So wie sich ein Smartphone in der Praxis bewähren und permanent verbessert werden muss, so muss sich auch ein Gesetz als praxistauglich erweisen und gegebenenfalls verbessert werden. Evaluierungsklauseln in den jeweiligen Gesetzen können ein hilfreiches Instrument sein, um den Prozess zu formalisieren.
 

Herr Müller, vielen Dank für das Interview!

Artikel lesen
Topthema