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Wie bedeutend ist es für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken, junge Menschen frühzeitig als Kunden zu gewinnen? „In unserem Haus sehen wir das als eine zentrale Aufgabe an“, betont Thomas Erhardt. Der Bereichsleiter Privatkunden bei der VR Bank Augsburg-Ostallgäu verweist dabei vor allem auf die demografische Entwicklung. „In einer immer älter werdenden Gesellschaft ist es für die langfristige Zukunftsfähigkeit unserer Bank von elementarer Bedeutung, in der Zielgruppe Junge Kunden Marktanteile zu gewinnen. Sie sind – im Sinne des Worts – unsere Zukunft“, betont Erhardt. Außerdem führt er ins Feld, dass das Kreditinstitut als regional verwurzelte Genossenschaftsbank einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen möchte. Junge Menschen bedarfsgerecht bei finanziellen Themen zu begleiten, sei eine nachhaltige Investition in die wirtschaftliche Entwicklung der Region, sagt Erhardt.

Vielfältige Ansprache mit bedarfsgerechten Lösungen nötig

An dieser Stelle beginnen für Banken die Herausforderungen. Denn auf der einen Seite ticken Jugendliche und junge Erwachsene heute anders als die Generationen vor ihnen. Sie nutzen Smartphone, Internet und soziale Medien noch intensiver und legen großen Wert auf einfache, digital abschlussfähige Angebote. Das erfordert eine andere Ansprache als früher (mehr dazu im Interview mit Experten des Marktforschungsunternehmens Kantar in dieser Ausgabe). Auf der anderen Seite können sie in vielen Branchen aus einem sehr breiten Dienstleistungsangebot wählen – auch bei Finanzdienstleistungen. Neben den traditionellen Wettbewerbern buhlen beispielsweise Neobanken wie N26 um sie. „Wir müssen die junge Zielgruppe mit passenden und kreativen Konzepten überzeugen. Sonst finden wir dort nicht statt und verlieren langfristig Kundensegmente“, erklärt Erhardt.

Doch welche Erwartungen haben junge Menschen an eine moderne Regionalbank? Dazu hat sich Stephanie Ammé Gedanken gemacht. Sie ist Abteilungsleiterin Marketing und Kommunikation bei der VR Bank Augsburg-Ostallgäu. Ein Muss seien digitale Lösungen, sagt Ammé. Als Beispiele zählt sie die VR-BankingApp sowie das elektronische Postfach oder die virtuelle Kreditkarte auf. Auch das veränderte Nutzungsverhalten sollte beachtet werden. Anstatt anzurufen, präferieren es junge Menschen über digitale Kanäle in Kontakt zu treten oder sich Fragen per Co-Browsing (Steuerung eines Computers aus der Ferne) helfen zu lassen. Die Videoberatung werde gerne von der Zielgruppe genutzt. Außerdem interessiert sich die Zielgruppe mehr für verantwortungsvolles und wertebewusstes Handeln. Jungen Menschen sei es wichtig, dass sich Unternehmen nachhaltig aufstellen. „Als regionale Genossenschaftsbank können wir diese Erwartungen gut erfüllen. Wir müssen allerdings darauf achten, unsere Handlungen auch richtig und angemessen zu kommunizieren, damit sie wahrgenommen werden“, sagt Ammé.

VR Bank möchte verstärkt junge Kunden gewinnen

Die VR Bank Augsburg-Ostallgäu hat sich vorgenommen, möglichst viele junge Menschen von ihren Leistungen zu überzeugen. „Wir wollen den Kundenanteil in dieser Gruppe deutlich ausbauen“, umschreibt Erhardt das Ziel. Um sich von den Wettbewerbern abzuheben, konzentriert sich das Kreditinstitut auf drei Schwerpunkte: Erstens, ein modernes und auf alle Lebenslagen ausgerichtetes Informations- und Beratungsangebot zu bieten. Zweitens, dieses Angebot auf allen Kanälen zur Verfügung zu stellen – digital, hybrid und persönlich. Auf diese Weise können die jungen Menschen selbst entscheiden, wie sie mit dem Institut in Kontakt treten. Drittens, eine ganz neues Banking-Erlebnis zu schaffen. Dazu hat die VR Bank die Marke „VREE“ aus der Taufe gehoben – der Begriff setzt sich aus den Worten „VR“ und „free“ (englisch für frei) zusammen.

Das VREE-Angebot umfasst unter anderem ein kostenfreies Girokonto, ein Tagesgeldkonto und ein Wertpapierdepot. Inkludiert sind dabei eine Girocard, eine Standard-Kreditkarte und der Zugang zum Online-Banking. Zentrales Element ist die VREE-Community auf bevree.de mit regelmäßigen Gewinnspielen. Etwa alle zwei Wochen verlost die Bank zielgruppenspezifische Preise, beispielsweise Konzerttickets, Gutscheine für Amazon oder Netflix sowie Elektronikartikel wie Apple AirPods. Um teilzunehmen, müssen die VREE-Kontoinhaber nur einen Link anklicken, den sie per SMS erhalten. Für diese Lösung hat sich die Bank aus technischen Gründen entschieden. Denn eine automatisierte Gewinnermittlung sei per SMS gut programmierbar und es gebe keine Abhängigkeiten von Messenger-Anbietern. Wenige Zeit später erfahren die Teilnehmer, ob sie gewonnen haben. „Mit dem Gewinnspiel schaffen wir es, regelmäßig bei den Kundinnen und Kunden präsent zu sein, ohne dabei aufdringliche Produktwerbung zu betreiben“, erklärt Stephanie Ammé. Die Gewinner erhalten die Preise nicht per Post, sondern sollen sie in ihrer Filiale abholen. So entsteht ein weiterer Kontaktpunkt.

VREE: Mehr als ein Girokonto

Ziel der VR Bank ist es, dass die jungen Leute mehr mit VREE verbinden als ein Bankkonto. „Mit VREE sollen vor allem Aspekte wie Erlebnisse, Freude und Action verknüpft werden. Wie wollen zeigen, dass es Spaß machen kann, Kunde bei einer Bank zu sein“, erklärt Ammé. Mit der Resonanz ist sie zufrieden. Derzeit sind rund 1.400 Nutzerinnen und Nutzer für die Gewinnspiele registriert. Die Teilnahmequote liegt je nach Gewinnspiel zwischen 60 und 80 Prozent. Auch die Reichweiten und Nutzerzahlen der Social-Media-Kanäle, die die Bank für VREE betreibt, entwickeln sich positiv. Besonders gut kämen Beiträge über das soziale Engagement der Bank, zu Nachhaltigkeits-Themen und über Veranstaltungen an, erzählt Ammé. „Mit VREE finden wir im Alltag der Jugendlichen und jungen Erwachsenen statt. Wir schaffen es, dass sie sich mit uns beschäftigen und ein positives Bild von uns haben“, sagt sie.

Raiffeisenbank Chamer Land: Verstärkt auf Social Media unterwegs

Junge Menschen wollen anders angesprochen werden als früher, beobachtet auch Reinhard Paulus. Es sei noch gar nicht so lange her, dass die Bank Briefe verschickt habe, um beispielsweise auf Aktionen und Gewinnspiele hinzuweisen, erzählt der Vorstand der Raiffeisenbank Chamer Land. „Heute kommt man damit nicht mehr weit. Wenn wir die junge Zielgruppe erreichen möchten, müssen wir sie dort ansprechen, wo sie sich aufhalten. Und das sind die sozialen Netzwerke“, sagt er. Die Bank hat deshalb ihre Präsenz ausgebaut und ist nun auf Facebook, Instagram und YouTube vertreten. Dort könne man zeigen, wie nahbar und modern die Raiffeisenbank sei, betont Paulus. Viele „Likes“ gab es zuletzt beispielsweise für ein Video zur Spende von Hochbeeten an Kindergärten sowie zur Übergabe eines Porsches an einen Gewinnsparer.

Junge Menschen sind eine wichtige Zielgruppe. Das steht auch für den Vorstand der Raiffeisenbank Chamer Land außer Frage. „Sie sind die Aktienbesitzer, Bausparer und Häuslebauer von morgen. Deshalb haben wir ein hohes Interesse, Kindern und Jugendlichen schon früh ein positives Bild von uns zu vermitteln, damit sie bei uns Kunde werden“, bekräftigt Paulus. Die Bereitschaft zu einem Kontowechsel habe zwar allgemein zugenommen. Doch wer erst einmal Kunde bei einer Bank ist, bleibe dort häufig ein Leben lang. Deshalb sei es sehr wichtig, frühzeitig auf die junge Zielgruppe zuzugehen.

Jugendclub mit regelmäßigen Aktionen

Um ihnen mehr zu bieten als ein Girokonto, unterhält das Kreditinstitut den #RaiffeisenJugendClub. Dieser richtet sich an Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren. Hausaufgabenhefte zum Schulstart, Gruppenausflüge in Freizeitparks oder Gewinnspiele: Das Angebot des Clubs ist vielfältig. Besonders gut kommt die sogenannte Kinowoche an, erklärt Paulus. Dafür reserviert die Bank bei einem regionalen Kino mehrere Vorführungen. Die Gutscheine für die Tickets erhalten die Kinder zur alljährlichen Sparwoche. Heuer ging es in „Die Schule der magischen Tiere – Teil 2“. Letztes Jahr stand der Vorgängerfilm auf dem Programm. „Mit dem Jugendclub gelingt es uns, dass die junge Zielgruppe positive Emotionen mit uns verbindet“, erklärt Paulus.

Für Kinder bis 16 Jahren ist häufig das Girokonto das einzig relevante Bankprodukt. Ab diesem Alter können weitere Leistungen hinzukommen, was die Gruppe auch aus vertrieblicher Sicht interessant macht. Ein Beispiel dafür ist das Bausparen. Vor dem Abschluss eines entsprechenden Vertrags ist es sinnvoll, sich beraten zu lassen. Reinhard Paulus hat festgestellt, dass es dabei einen großen Bedarf gibt: „Das Thema Finanzielle Bildung kommt in der Schule so gut wie nicht vor, wie wir beobachten. Wir müssen viele Grundlagen erklären.“ Dadurch ergebe sich aber die Chance, sich von anderen Banken abzuheben. „Wenn die jungen Leute merken, dass wir im Rahmen der genossenschaftlichen Beratung ihre Ziele und Wünsche in den Mittelpunkt stellen, dann erhöht sich unsere Kompetenzvermutung ungemein“, sagt der Bankvorstand. Trotzdem wäre es wünschenswert, wenn die Schulen mehr Finanzkompetenzen vermitteln würden, betont Paulus.

Brauchen junge Menschen die Bankfiliale?

Jugendliche und junge Erwachsene sind sehr digital-affin und nutzen für ihre täglichen Bankgeschäfte am liebsten Apps. Kommen sie denn überhaupt noch in die Filiale? „Die Frequenz hat gerade in dieser Altersgruppe abgenommen. Für den Zahlungsverkehr nutzen nur noch die wenigsten jungen Menschen die Filiale. Doch wenn es um Beratung geht, dann bevorzugen auch Jugendliche und junge Erwachsene häufig das persönliche Gespräch“, hat Reinhard Paulus von der Raiffeisenbank Chamer Land festgestellt. Und Thomas Erhardt von der VR Bank Augsburg-Ostallgäu ergänzt: „Wenn es um umfassende Beratung geht, wie zum Beispiel die erste Anlageberatung, die Aufnahme eines Ratenkredits oder eine Anfrage zur Baufinanzierung, dann vereinbaren auch junge Erwachsene einen persönlichen Termin in unseren Geschäftsstellen. Uns ist wichtig, dass wir im Rahmen der Omnikanalberatung alle Kanäle anbieten – die Entscheidung, welche davon genutzt werden, treffen die Kundinnen und Kunden dann selbst.“

Normalerweise segmentiert die Raiffeisenbank Chamer Land ihre Kundinnen und Kunden nach Einkommen und Vermögen. In der Altersgruppe 18 bis 27 Jahre ist diese Einordnung jedoch aufgehoben. Auch wenn sie nicht viel verdienen, werden sie nicht als Servicekunden geführt, sondern einem Berater oder einer Beraterin fest zugeordnet. „Auf diese Weise stellen wir eine persönliche Beziehung her. Es ist uns wichtig, vor allem auch junge Menschen bedarfsgerecht zu beraten. Denn gerade am Anfang seines Berufslebens sollte man auf die passenden Absicherungen und Sparprodukte achten“, bekräftigt Paulus.

Junge Menschen an Aktien heranführen

Der Bankvorstand hat festgestellt, dass junge Menschen deutlich wertpapieraffiner sind als die Generationen zuvor. Deshalb bietet die Raiffeisenbank Chamer Land ab Januar 2023 in Kooperation mit der DZ Bank die Lösung „MeinDepot“ an. Dieses richtet sich an die Altersgruppe 18 bis 30 Jahre. Es gibt keine monatliche oder jährliche Depotgebühr, sondern eine feste Orderpauschale in Höhe von 4,95 Euro. „Das ist ein attraktives Angebot für die junge Zielgruppe, mit dem sie Erfahrung am Aktienmarkt sammeln kann“, erklärt Paulus.

Finanzielle Wünsche und Ziele ändern sich schnell

Auch die VR Bank Augsburg-Ostallgäu hat festgestellt, dass junge Menschen kaum Berührungsängste mit Aktien haben. Vor dem Hintergrund der Inflation rücken zudem klassische Themen wie Sparen und Vorsorge weiter in den Vordergrund. „Was beispielsweise eine hohe Inflationsrate für ihre Finanzen bedeutet, wissen viele Jugendliche gar nicht. Zinserträge oder der Zinseszinseffekt sind nahezu Neuland, da diese Generation bisher nur die Niedrigzins-Ära kennengelernt hat. Sie sind dankbar, wenn wir die Zusammenhänge und Folgen erklären – sowohl im Netz als auch vor Ort“, erklärt Marketingleiterin Stephanie Ammé.

Eine zentrale Herausforderung für die Bankberater bleibt dabei: Junge Menschen durchlaufen innerhalb kürzester Zeit verschiedene Lebensphasen. Das führt dazu, dass Wünsche und Ziele schnell wechseln können. Für die Kundenberatung bedeutet das, dass in unterschiedlichen Lebenslagen und Phasen ganz unterschiedliche Produkte und Leistungen nachgefragt werden. Ob für den Berufseinsteiger das Girokonto, die VL-Anlage und die Absicherung oder für den nächsten Urlaub die virtuelle Kreditkarte. Und wenn das erste Geld verdient ist, dann steigt die Nachfrage nach dem kostenlosen Depot in Verbindung mit einem umfangreichen ETF-Angebot. Auch das E-Brokerage wird dann interessanter. Als Allfinanzdienstleister können diese Bedarfe und Wünsche auf unterschiedlichen Wegen abgedeckt werden. Die VR Bank Augsburg-Ostallgäu reagiert darauf zum einen mit Präsenz und Einfachheit im digitalen Bereich. Über die digitalen Abschlussstrecken können sich die jungen Erwachsenen selbstständig informieren und bei Interesse das passende Produkt abschließen. Zum anderen helfe das persönliche Beratungsgespräch. „Um komplexe Finanzthemen zu bearbeiten, ist eine langfristige Kundenbegleitung unerlässlich. So lässt sich gezielt auf die wechselnden Bedürfnisse reagieren“, betont Privatkundenleiter Thomas Erhardt.

Junge Menschen als Kunden zu gewinnen ist für Volksbanken und Raiffeisenbanken also eine laufende Herausforderung. Doch es lohnt sich, ist Stephanie Ammé überzeugt – und blickt ein halbes Jahrhundert in die Zukunft. „Wer heute 17 Jahre alt ist und ein Konto bei uns eröffnet, der ist im besten Fall auch dann noch Kunde bei uns, wenn er 2072 in Rente geht. Junge Menschen zu gewinnen und langfristig an unsere Bank zu binden, ist also ein sehr nachhaltiger Ansatz, den wir aus voller Überzeugung und mit großem Engagement verfolgen.“

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