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„Sport ist mein Leben. Der absolute Mittelpunkt, um den sich alles dreht.“ Benedikt Ernst sagt diesen Satz nicht einfach so dahin, das merkt man sofort. Der 32-Jährige aus Weilheim in Oberbayern hat seine Passion zum Beruf gemacht: Er arbeitet für den Deutschen Eishockey-Bund als Fitnesscoach der Frauen-Nationalmannschaften, im American Football ist er Chefcoach der Jugend bei den Starnberg Argonauts – und Trainer sowie Mitgründer des wahrscheinlich einzigen genossenschaftlichen Fitness-Studios in Deutschland, der Workout-Box Weilheim eG.

Wenn Ernst nicht andere trainiert, trainiert er meistens selbst. Bei den Starnberg Argonauts ist er nicht nur Jugendtrainer, sondern auch Spieler. „Wide Receiver, Running Back, Safety, Tight End oder Cornerback – ich spiele da, wo ich gebraucht werde, nur nicht in der Offensive Line und in der Defensive Line“, sagt Ernst. Die Fachbegriffe im American Football sind eine Wissenschaft für sich. Ansonsten misst sich Ernst gerne mit anderen Athleten bei Extremhindernisläufen über 24 Stunden – sogenannten „Spartan Races“. Die körpergestählten Helden aus der griechischen Mythologie haben es ihm angetan. Ob EM in Tirol, WM im griechischen Sparta oder 24-Stunden-Ultra-Marathon in Island – Ernst war dabei.

Mit dem Eishockey-Nationalteam zur WM

Auch beruflich ist der Trainer schon viel herumgekommen. Im März 2019 kümmerte er sich bei der WM in Finnland um die Fitness der deutschen Eishockey-Frauen. Erst in der K.-o.-Runde flog das A-Team des Deutschen Eishockey-Bunds gegen Kanada aus dem Turnier und sicherte sich Platz fünf. „Kanada ist eine Eishockey-Nation. Gegen die darf man verlieren“, sagt Ernst. Den U18-Frauen gelang dagegen bei ihrer Eishockey-WM in Füssen das perfekte Turnier: Sie wurden im Januar 2020 vor heimischem Publikum Weltmeister. Mit im Team: Benedikt Ernst als Athletiktrainer. Aktuell ist er vor allem für die Fitness der U18-Eishockeyfrauen zuständig, außerdem hilft er in der U16-Mannschaft aus.

Fit bleiben mit Benedikt Ernst

Fitnesscoach Benedikt Ernst hat exklusiv für die Leserinnen und Leser von „Profil“ einige einfache Übungen zusammengestellt, damit sie trotz langer Tage im Mobile Office fit bleiben, ohne Rückenschmerzen durch die Corona-Zeit kommen und der Weihnachtsspeck zwischen den Jahren keine Chance hat. Mit Trainingsvideos. Den Beitrag finden Sie im Top-Thema dieser Ausgabe.

Seine Trainerlaufbahn startete Ernst in England. Nach sieben Jahren im Sportinternat studierte er dort drei Jahre Sportmanagement. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück und bildete sich weiter, unter anderem zum Fitness- und Gesundheitstrainer sowie zum Personal- und Athletiktrainer. 2013 eröffnete er sein eigenes Fitness-Studio, das „Body & Event“ in Weilheim. Als ihn jedoch der Deutsche Eishockey-Bund als Athletiktrainer engagierte, fehlte ihm immer öfter die Zeit dafür – zumal er bei Großveranstaltungen wie der WM in Finnland oft drei bis vier Wochen am Stück gebunden war. „Das war extrem interessant, aber ich konnte mich nicht mehr so um mein Studio und die Mitglieder kümmern, wie ich es wollte“, erzählt Ernst. Deshalb wollte er das „Body & Event“ schweren Herzens aufgeben.

Eine mitgliederstarke Organisation

Der Genossenschaftsverband Bayern e.V. (GVB) vertritt seit mehr als 125 Jahren die Interessen bayerischer Genossenschaften. Zu seinen 1.212 Mitgliedern zählen 227 Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie 985 Unternehmen aus Branchen wie Landwirtschaft, Energie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen. Sie bilden mit rund 50.000 Beschäftigten und 2,9 Millionen Anteilseignern eine der größten mittelständischen Wirtschaftsorganisationen im Freistaat. (Stand: 31. Dezember 2019)

Da machten jedoch die Mitglieder nicht mit. „Sie wollten ihr Studio behalten. So beschlossen sie, es als Genossenschaft weiterzuführen und mich als freien Trainer anzustellen. Das nehme ich als Riesenkompliment an meine Arbeit“, sagt Ernst. „Das kann man so sagen“, meint auch Markus Kunzendorf. Er steht zusammen mit Udo Schwarz der Genossenschaft vor. Gemeinsam mit Silke Gottschalk, Petra Kastenmeier, Barbara Holder, Nici Gutmann, Tanya Schwarz und Trainer Benedikt Ernst gründeten Schwarz und Kunzendorf im Oktober 2019 die Workout-Box Weilheim eG. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützte die Fitnesssportler bei der Gründung und nahm die Workout-Box eG als Mitglied auf. Nachdem auch der Eintrag beim Registergericht erledigt war, konnte das Team im Februar 2020 loslegen.

Aus dem „Body & Event“ wurde die Workout-Box, zudem zog das Studio an der gleichen Adresse im Weilheimer Gewerbegebiet Holzhofring in größere und besser geeignete Räume. Unter anderem gibt es nun eine Galerie in der Workout-Box. Zusammen bauten die Gründungsmitglieder das neue Domizil um, malerten die Räume und richteten die Umkleidekabinen ein. „Das war ein richtiges Gemeinschaftsprojekt, in dem unser Herzblut steckt. Das merkt man auch“, sagt Kunzendorf.

Das Konzept des genossenschaftlichen Fitness-Studios geht dabei über das rein Sportliche hinaus: „Wir betreiben die Workout-Box-Weilheim ökologisch nachhaltig. Bei uns gibt es Bio-Nahrung und Bio-Getränke aus regionaler Herkunft und unseren Strom beziehen wir aus erneuerbaren Energien“, berichtet Kunzendorf. Sogar die Nahrungsergänzungsmittel sowie die Putzmittel sind bio, soweit das möglich ist. Die gesamte Ausstattung wurde gebraucht gekauft. So wird der ökologische Fußabdruck des Studios minimiert. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, das gut ankommt, auch wenn die Möglichkeiten bei einem Fitness-Studio natürlich begrenzt sind“, sagt Kunzendorf.

Die Vorteile der Rechtsform Genossenschaft

Die demokratische Unternehmensverfassung

Jedes Mitglied hat eine Stimme – und zwar unabhängig von der Höhe der finanziellen Beteiligung. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass kein Mitglied aufgrund einer höheren Kapitalbeteiligung die anderen Teilhaber überstimmen kann.

Förderung der Mitglieder

Das Ziel jeder Genossenschaft ist es, die Wirtschaft oder die kulturellen respektive sozialen Belange der Teilhaber zu fördern. Auf diese Weise können Mitglieder Leistungen in Anspruch nehmen, die sie alleine in dieser Form nicht erbringen könnten. Überschüsse erhalten die Teilhaber als Dividende zurück. Alternativ werden sie für Investitionen verwendet oder fließen in die Rücklage.

Die Anteile bilden das Eigenkapital

Jedes Mitglied erwirbt beim Eintritt in eine Genossenschaft einen oder mehrere Geschäftsanteile. Diese bilden das Eigenkapital des Unternehmens. Die Genossenschaft finanziert sich aus ihrem Eigenkapital sowie aus den Einnahmen des laufenden Geschäftsbetriebs.

Die begrenzte Haftung

Die Mitglieder einer Genossenschaft haften nur mit ihren Geschäftsanteilen. Ausnahme: Für den Fall einer Insolvenz sieht das Genossenschaftsgesetz die Möglichkeit vor, dass es eine Nachschusspflicht gibt. Damit sollen die Forderungen der Gläubiger bedient werden. Genossenschaften haben jedoch die Möglichkeit, die Nachschusspflicht in ihrer Satzung zu begrenzen oder sogar ausdrücklich auszuschließen.

Markus Kunzendorf arbeitet als Finanzberater und engagiert sich im Landkreis Weilheim in der Politik. Dort hatte er auch die Rechtsform Genossenschaft kennen und schätzen gelernt. „Unser Ziel ist es nicht, mit der Workout-Box viel Geld zu verdienen, sondern wir wollen das Studio gemeinsam erhalten und betreiben. Da ist die Genossenschaft genau das Richtige“, sagt Kunzendorf. Zudem sei es bei einer Genossenschaft wesentlich einfacher als bei anderen Rechtsformen, neue Mitglieder als Gesellschafter aufzunehmen, die Verantwortung für ihr Unternehmen übernehmen wollen.

Genossenschaften gründen

Sie überlegen, eine Genossenschaft zu gründen? Dann sprechen Sie gerne die Gründungsberater des Genossenschaftsverbands Bayern an, die Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützen. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Verbands. Wer mehr über die Rechtsform eG wissen will, für den hat der GVB eine Gründungsbroschüre mit Informationen zur Unternehmensform eG sowie bewährten Praxistipps veröffentlicht. Wie eine Gründung im Detail abläuft, beschreibt „Profil“ in der Februar-Ausgabe 2019 am Beispiel der Bürgerenergie Chiemgau eG.

Aktuell wird die Workout-Box von 20 Genossenschaftsmitgliedern getragen, zum Trainieren kommen Menschen „querbeet vom Jugendlichen bis zum Rentner“, sagt Kunzendorf. Sie alle sind vom Trainingskonzept des Studios überzeugt: Trainiert wird komplett ohne Maschinen und Geräte, nur mit dem eigenen Körpergewicht sowie mit verschiedenen Seilen und Hanteln. „Wir trainieren den gesamten Körper von oben bis unten – ganzheitlich und zielorientiert. Das Trainingsziel wird dabei individuell auf die Person abgestimmt. Bei uns gibt es keinen 08/15-Trainingsplan“, sagt Fitnesscoach Ernst. Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Bundeswehr erhalten neben einem Nachlass auf den Mitgliedsbeitrag speziell abgestimmte Trainingspläne. „In der Workout-Box trainieren viele Feuerwehrleute. Ich habe aber auch schon Anwärter auf die sportliche Aufnahmeprüfung ihrer Spezialeinheit vorbereitet, die sie auch bestanden haben“, berichtet Ernst stolz.

Auch Markus Kunzendorf ist wegen der individuellen Betreuung Mitglied geworden. Er bezeichnet sich selbst als Fitnessfan. Der Workout-Box ist er seit vier Jahren treu, nachdem er zuvor bei anderen Studios schlechte Erfahrungen gesammelt hatte. „Bei der Box ist das Training rein funktional, da gibt es Tausend Möglichkeiten, um zusammen mit dem Trainer ein Workout zu gestalten. Das macht richtig Spaß“, sagt Kunzendorf. Die Bewegungsabläufe beim Training seien sehr natürlich, zudem würden viele Muskelgruppen angesprochen und die Körperspannung gefördert. „Man trainiert einfach ganz anders als in einem normalen Fitness-Studio mit Geräten. Das bringt mir auch im Alltag was, ich fühle mich fitter und stärker“, sagt der Finanzberater.

Mit Crowdfunding durch die Corona-Krise

Langfristig peilt Kunzendorf 80 bis 90 Mitglieder an, damit die Workout-Box gut über die Runden kommt. Vier bis fünf neue Mitglieder sollten pro Monat hinzukommen, so der Plan. Doch Corona machte Kunzendorf und seinen Mitstreitern einen Strich durch die Rechnung, die Workout-Box musste gemäß der Vorgaben der Staatsregierung im November erneut schließen. „Die Pandemie ist uns nun schon zum zweiten Mal in die Parade gefahren, unsere ganzen geplanten Werbeaktionen für neue Mitglieder konnten wir in die Tonne treten“, ärgert sich Kunzendorf. Um die finanziellen Folgen etwas abzumildern, hat der Vorstand eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen. Wer will, kann die Box mit 50 Euro oder mehr unterstützen, um den Fortbestand zu sichern. Mit der Resonanz ist Kunzendorf sehr zufrieden. „Wir halten durch“, verspricht er.

Davon ist auch Benedikt Ernst überzeugt. Für ihn war die Rechtsform Genossenschaft anfangs komplettes Neuland, doch Kunzendorf musste den Fitnesscoach nicht lange überreden. „Wir haben einfach einen Weg gesucht, wie wir die Workout-Box auf stabile Füße stellen und die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen können“, sagt Ernst. Nach zwei bis drei Wochen Diskussion war auch für ihn klar, dass die Genossenschaft am besten dafür geeignet ist. „Die Rechtsform erleichtert die Arbeit ungemein, weil viele helfende Hände mit anpacken. So kann ich mich zum Beispiel auf das Training konzentrieren und muss mich nicht noch um die Buchhaltung kümmern. Das funktioniert richtig gut“, schwärmt Ernst. Denn ein Ende seines Studios hätte den Fitnesscoach sehr geschmerzt: „Da hätte mir wirklich das Herz geblutet. So ist es viel besser. Ich bin richtig zufrieden, wie es gelaufen ist.“

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