Ratgeber Steuer: Seit Jahresbeginn darf der Fiskus Kassen unangekündigt prüfen. Was bedeutet das für Genossenschaften?
Das Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentenstärkungsgesetz) hat zum Ziel, bei Arbeitnehmern ein höheres Versorgungsniveau im Alter durch kapitalgedeckte Zusatzrenten zu erreichen. Dazu soll die betriebliche Altersversorgung (bAV) gezielt gefördert und verbreitet werden. Die neuen Vorgaben richten sich insbesondere an kleinere Unternehmen und Beschäftigte mit geringem Einkommen. Sie bringen weitreichende tarif- und rentenrechtliche Änderungen mit sich, die von den Betrieben bei der Abwicklung der bAV-Verträge zu beachten sind. Obwohl das Gesetz bereits seit 1. Januar 2018 in Kraft ist, gab es bei der Steuerberatung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) immer wieder Nachfragen, wie bAV-Verträge nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz lohnsteuerlich zu behandeln sind. „Profil“ fasst die wichtigsten Punkte zusammen.
Wichtig ist, dass lediglich die sogenannten „versicherungsförmigen Durchführungswege“ vom Betriebsrentenstärkungsgesetz betroffen sind (Direktversicherungen, Pensionskassen, Pensionsfonds). bAV-Verträge im Rahmen einer Direktzusage des Arbeitgebers (Pensionszusage) oder einer Unterstützungskasse werden durch das neue Gesetz nicht berührt.
Steuerfreiheit der Beiträge
Der steuerfreie Höchstbeitrag in der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung wird seit 1. Januar 2018 von bisher 4 auf 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (West) angehoben. Im Gegenzug dazu entfällt der bis Ende 2017 geltende Aufstockungsbetrag in Höhe von 1.800 Euro. Pauschal versteuerte Beiträge, also Zusagen nach § 40b Einkommensteuergesetz alte Fassung (EStG a. F.), sind auf den neuen Höchstbetrag anzurechnen. Dabei bleiben weiterhin nur Beträge bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (West) ohne Sozialabgaben. Das ist der Pferdefuß der neuen Regelung.
Vereinfachte Abgrenzung von Alt- und Neuzusagen
Für Verträge ab dem 1. Januar 2018 entfällt die Unterscheidung nach Altzusagen (vor dem 1. Januar 2005 zugesagt) und Neuzusagen. Wurde eine Beitragsleistung vor 2018 nach § 40b EStG a.F. pauschal versteuert, darf für diesen Arbeitnehmer der Vertrag sein ganzes Leben lang pauschal versteuert werden. Das gilt auch bei Arbeitgeberwechseln. Bei Versorgungszusagen, die ab 2005 erteilt wurden, ist eine Pauschalversteuerung weiterhin nicht möglich, falls vor 2018 kein Beitrag pauschal besteuert wurde. Bei einem Arbeitgeberwechsel genügt es, wenn der Arbeitnehmer die Durchführung der pauschalen Versteuerung nachweist, zum Beispiel durch eine Gehaltsabrechnung oder Bescheinigung des alten Arbeitgebers oder der Pensionskasse/Versicherung.
Beiträge bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Aus Anlass der Beendigung eines Dienstverhältnisses geleistete Beiträge zu einer bAV sind steuerfrei: Dabei werden 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (West) mit der Anzahl der Kalenderjahre vervielfältigt, in denen das Arbeitsverhältnis bestand. Insgesamt dürfen jedoch zehn Kalenderjahre nicht überschritten werden. Diese Beiträge sind nach derzeitigem Rechtsstand sozialabgabenfrei, da Abfindungen, die für den Verlust des Arbeitsplatzes geleistet werden, in der Regel nicht zum Arbeitsentgelt gehören.
Nachzahlungen bei ruhendem Arbeitsverhältnis
Nachzahlungen von Beiträgen an kapitalgedeckte Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen können steuerfrei bis maximal 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung (West) geleistet werden, jedoch nur für volle Kalenderjahre, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und in Deutschland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde (zum Beispiel Elternzeit, Sabbatjahre, Entsendung ins Ausland). Die Nachzahlung kann maximal für zehn Kalenderjahre erfolgen.
bAV-Förderbetrag für Geringverdiener
Um den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung für Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen zu unterstützen, wurde ein neuer Förderbetrag nach § 100 EStG eingeführt. Der Arbeitgeber kann unter bestimmten Voraussetzungen 30 Prozent seines Arbeitgeberzuschusses zur bAV direkt von dem Betrag, der auf der Lohnsteueranmeldung erscheint, absetzen.
Der GVB berät
Fragen zur Versteuerung der betrieblichen Alterversorgung (bAV) ihrer Mitarbeiter können GVB-Mitgliedsunternehmen gerne an die GVB-Steuerberatung richten. Kontakt: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800.
Voraussetzung für diese Geringverdienerförderung ist jedoch, dass der laufende monatliche Arbeitslohn brutto 2.200 Euro nicht überschreitet. Maßgebend ist dabei der monatliche Arbeitslohn zum Zeitpunkt der Zahlung des Beitrags zur bAV. Förderfähig ist ein Zuschuss des Arbeitgebers von mindestens 240 Euro bis maximal 480 Euro pro Kalenderjahr. Damit liegt der maximal mögliche Förderbetrag für den Arbeitgeber bei 72 Euro bis maximal 144 Euro pro Kalenderjahr (30 Prozent des Zuschusses). Bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Geringverdienern gibt es allerdings eine Hürde: Bestand im Jahr 2016 bereits eine bAV-Vereinbarung, kann der Arbeitgeber den Förderbetrag nur in Anspruch nehmen, wenn er zusätzliche Mittel mindestens in Höhe des staatlichen Zuschusses für die bAV des Arbeitnehmers zur Verfügung stellt.
Prinzipiell sind die Änderungen durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz im steuerlichen Bereich zu begrüßen, vor allem die Ausweitung der steuerfreien Dotierungsmöglichkeiten im Bereich des § 3 Nr. 63 EStG (Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung). Der sozialversicherungsfreie Höchstbetrag bleibt jedoch weiterhin auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung (West) gedeckelt. Profitieren dürften daher vor allem die Arbeitnehmer, die bei den Sozialbeiträgen oberhalb der Bemessungsgrenzen liegen.
Karin Stiefken ist Steuerberaterin beim Genossenschaftsverband Bayern.