Wachstumsfeld: Die Finanzierung der Energiewende ist ein stark wachsender Markt, aber das Potenzial wird von vielen Banken noch nicht ausgeschöpft. Wie lässt es sich heben?
Der Vorteil von Agri-Photovoltaik liegt auf der Hand: Agrarflächen lassen sich für die Erzeugung von Sonnenstrom nutzen, ohne dass die landwirtschaftliche Verwendung aufgegeben werden muss. So lässt sich die Energiewende vorantreiben und gleichzeitig der hohe Flächenverbrauch zum Nachteil der Landwirtschaft reduzieren – zumal der Gesetzgeber mit dem Solarpaket 1 beschlossen hat, bei Agri-PV-Anlagen bis zu einem Megawatt installierter Leistung in diesem Jahr einen Zuschlag von 2,5 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich zur regulären Einspeisevergütung von sieben Cent pro Kilowattstunde für normale Freiflächen-PV-Anlagen gleicher Größenordnung zu gewähren.
9,5 Cent pro Kilowattstunde sind ein ordentliches Entgelt, wenn man bedenkt, dass die EEG-Vergütung für Strom aus Freiflächen-PV-Anlagen, die in einer Ausschreibung ermittelt wurde, aktuell im Schnitt bei rund fünf Cent pro Kilowattstunde liegt. Das macht die Mehrkosten etwa für die höhere Aufständerung der PV-Module und die tiefere Gründung mehr als wett. Die attraktive Vergütung in Verbindung mit dem Umstand, dass die Flächen für die Landwirtschaft nicht verloren gehen, macht Agri-PV für viele Landwirte und auch für Investoren interessant. „Wir erhalten vermehrt Anfragen von Landwirten, die sich für Agri-PV interessieren, der Markt gerät in Dynamik“, bestätigt Christian Haberger, Vertriebsdirektor Firmenkunden bei der VR-Bank Rottal-Inn. Einziger Wermutstropfen: Die erhöhte Vergütung für Agri-PV-Anlagen steht noch unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission, die bisher nicht erfolgt ist (siehe dazu auch den Kasten am Textende).
Ein neues Segment im Bereich Erneuerbare Energien
Für die Kreditgenossenschaft mit Sitz im niederbayerischen Pfarrkirchen ist Agri-PV ein interessantes Geschäftsfeld im Bereich der Erneuerbaren Energien, in dem die Bank ohnehin sehr stark engagiert ist (siehe dazu auch den Beitrag „Energiewende: Ein Geschäftsfeld mit Potenzial“ in „Profil“ 8/2024). Zwar hat die VR-Bank Rottal-Inn bisher nur mit einem Kunden eine Agri-PV-Anlage komplett durchfinanziert, „aber wir bearbeiten in dem Segment verschiedenste Finanzierungsanfragen in ganz unterschiedlichen Stadien“, sagt Haberger. Denn man dürfe nicht außer Acht lassen, dass Agri-PV noch ein sehr neues Segment der Erneuerbaren Energien ist. „Agri-PV wurde im EEG 2023 erstmals gesetzlich verankert, Agri-PV-Anlagen werden erst seit März 2023 bei den Ausschreibungen der EEG-Vergütung gesondert berücksichtigt“, sagt Haberger. Von daher habe es bisher noch nicht viel zeitlichen Vorlauf gegeben, um Agri-PV-Anlagen zu entwickeln, zumal mit einer längeren Planungszeit zu rechnen sei.
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Bioschafe unter den Solarmodulen
Der Landwirt, dessen Agri-PV-Anlage in Taufkirchen die VR-Bank Rottal-Inn finanziert hat, lässt Bioschafe unter den PV-Modulen weiden. Bei extensiv bewirtschafteten Flächen, wie das etwa bei Weidehaltung der Fall ist, müssen die Module an der Unterkante mindestens 2,10 Meter hoch aufgeständert sein, damit sie als Agri-PV durchgehen. Agri-PV sei für alle Beteiligten ein Gewinnermodell, findet Christian Haberger. „Der Betreiber der PV-Anlage kann durch die erhöhte EEG-Förderung die Mehrkosten der Anlage mehr als abdecken, der Landwirtschaft gehen keine Flächen verloren, und der Landwirt profitiert sogar drei Mal: Er kann die nutzbare Fläche unter den Modulen weiter bewirtschaften, dafür stehen ihm weiter die üblichen Agrarsubventionen zu, und er erhält Pacht für die PV-Anlage.“
Zwar müsse man im Vergleich zu normalen Freiflächen-Anlagen bei Agri-PV mehr investieren, dafür seien aber auch die Erträge höher. „Damit lässt sich eine gute Rendite erwirtschaften“, sagt Haberger. Zudem schützen die Module die darunterliegende Fläche vor Hitze, Starkregen, Hagel und anderen Wetterereignissen. Das habe auch der Biolandwirt bemerkt. „Die Agri-PV-Anlage verschattet die Fläche und reduziert dadurch die Verdunstung, das Gras verliert weniger Feuchtigkeit und bleibt saftiger. Auch das spricht für Agri-PV“, sagt Haberger. Zudem sei der Flächenverlust durch Agri-PV-Anlagen sehr gering. Werden unter den Modulen Tiere gehalten, gehe der Flächenverlust sogar gegen Null.
Definition von Agri-PV: Entscheidend ist die Norm DIN SPEC 91434
Der Gesetzgeber überlässt die Definition von Agri-PV der Bundesnetzagentur. Diese beruft sich dabei auf die Norm DIN SPEC 91434. Diese bestimmt die Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung. Es wird nach zwei Kategorien unterschieden. In die Kategorie 1 fallen die hoch aufgeständerten Agri-PV-Anlagen für Sonderkulturen. Die Module müssen mindestens in 2,10 Meter Höhe angebracht werden, damit landwirtschaftliche Fahrzeuge darunter hindurchfahren können. In der Regel werden die Module solcher Anlagen als Dach über der Fläche angeordnet. Kategorie 2 sind die bodennah aufgeständerten Anlagen. Die Agrarfläche wird hier zwischen den Modulreihen bewirtschaftet. Die Module werden entweder als Zaun zwischen den Agrarzeilen installiert oder auf einer beweglichen Konstruktion. Bei diesen sogenannten Trackern können die Module dem Sonnenstand nachgeführt werden. Zusätzlich gibt es noch die Norm DIN SPEC 91492. Sie definiert die Anforderungen an die Nutztierhaltung in Verbindung mit Agri-PV-Anlagen.
Gutachter muss Nutzung alle drei Jahre bestätigen
Für die Bank unterscheide sich die Finanzierung einer Agri-PV-Anlage nicht wesentlich von einer normalen Freiflächen-PV-Anlage, ein paar Besonderheiten gebe es aber schon, betont der Vertriebsdirektor Firmenkunden der VR-Bank Rottal-Inn. Maßgeblich für die Bestimmung einer Agri-PV-Anlage ist die Norm DIN SPEC 91434. Sie legt Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung im Bereich der Agri-Photovoltaik fest (siehe Kasten). Darauf abgestimmt müssen die Betreiber der Anlage ein Nutzungskonzept für die Fläche vorlegen, um bei der EEG-Förderung den Agri-PV-Zuschlag zu erhalten. Ein Gutachter muss die im Konzept festgehaltene Nutzung alle drei Jahre bestätigen, damit der Zuschlag weitergezahlt wird. „Der Anlagenbetreiber und der Landwirt sind also über die gesamte Laufzeit der EEG-Förderung von 20 Jahren eng miteinander verbunden. Da sollte die Chemie zwischen beiden schon stimmen“, sagt Haberger.
Wenn zum Beispiel der Landwirt irgendwann in den 20 Jahren beschließe, seinen Betrieb aufzugeben, dann müsse sich der Anlagenbetreiber darum kümmern, dass die Fläche von einem anderen Landwirt weiter bewirtschaftet wird. Liegen die Flächen brach, entfalle der Bonus für Agri-PV-Anlagen. Das sei schon eine zusätzliche Hürde. Haberger empfiehlt, diesen Punkt bei den Finanzierungsgesprächen vertraglich zu regeln. So könne die Bank zum Beispiel darauf achten, dass sich der Landwirt bereit erklärt, im Pachtvertrag die weitere Bewirtschaftung seiner Flächen zu erlauben, sollte er seinen Betrieb aufgeben.
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Vermehrt Anfragen auch von Landwirten
„Die Herausforderung besteht am Anfang darin, sich als Bank intensiv mit den Besonderheiten von Agri-PV zu beschäftigen. Wenn diese bei der Finanzierung berücksichtigt werden, sehe ich eigentlich keine weiteren Schwierigkeiten, sofern die übrigen Modalitäten passen“, sagt Haberger. Der Vertriebsdirektor Firmenkunden der VR-Bank Rottal-Inn weist auf die besondere Bedeutung von Agri-PV hin. „Sie ermöglicht die Koexistenz von Photovoltaik und Landwirtschaft auf einer Fläche.“ Beides seien wichtige strategische Themen für die Volks- und Raiffeisenbanken. „Wir sind als Genossenschaftsbank eng verbunden mit der Landwirtschaft. Im Ausbau der Erneuerbaren Energien, insbesondere von Agri-PV, sehen wir Ertragschancen für die Landwirte, das wollen wir fördern.“ Kreditgenossenschaften, die sich zudem die Finanzierung der Energiewende auf die Fahnen geschrieben haben, könnten bei Agri-PV mit ihrer doppelten Kompetenz in den Bereichen Landwirtschaft und Erneuerbare Energien auch doppelt punkten.
Noch spiele Agri-PV im Mix der Erneuerbaren Energien eine sehr untergeordnete Rolle, doch die Kreditgenossenschaften könnten dazu beitragen, das zu ändern, findet Haberger, indem sie Know-how aufbauen und die Landwirte aufklären. Dort registriert der Vertriebsdirektor Firmenkunden der VR-Bank Rottal-Inn wachsendes Interesse. „Wir erhalten vermehrt Anfragen auch von Landwirten zu Agri-PV.“
Größenordnung für viele VR-Banken interessant
Nicht zuletzt sei Agri-PV auch von der Größenordnung der Finanzierung her für einen Großteil der Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern interessant, meint Haberger. Denn im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb im Außenbereich sind Agri-PV-Anlagen auf Flächen bis 2,5 Hektar ebenfalls privilegiert. Das bedeutet, dass ein Bauantrag ohne vorherige Aufstellung eines Bebauungsplanes genehmigt werden kann. Das spart Planungsaufwand und damit Kosten. „Mit Agri-PV lassen sich zwischen 300 Kilowatt und ein Megawatt installierte Leistung pro Hektar realisieren. Das heißt, bei zwei Hektar sind etwa zwei Megawatt installierte Leistung möglich. Damit bewegen wir uns bei der Investitionssumme zwischen 500.000 und einer Million Euro. Das sind Größenordnungen, die für Genossenschaftsbanken zum klassischen Geschäft gehören. Es sollte für die allermeisten Institute kein Problem sein, solche Summen darzustellen“, sagt Haberger.
EEG-Vergütung: Warten auf die beihilferechtliche Genehmigung
Wie ist die Vergütung von Agri-PV-Anlagen im EEG geregelt und welche Fördersätze gelten? René Groß, Leiter Politik und Recht bei der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands (DGRV), hat die wichtigsten Regeln zusammengestellt:
Wie ist die Vergütung von Agri-PV-Anlagen aktuell im EEG geregelt?
Allgemein gilt – wie bei anderen PV-Anlagen auch – die Trennung zwischen der Vergütung im Rahmen einer Ausschreibung und der gesetzlich festgelegten Vergütung. Eine Agri-PV-Anlage, die größer als 1 Megawatt (MW) installierte Leistung ist, muss sich die wettbewerbliche Marktprämie durch einen Zuschlag in einer Ausschreibung sichern. Für eine Agri-PV-Anlage kleiner als 1 MW bestimmt das EEG die Vergütung.
Für hochaufgeständerte Agri-PV-Anlagen (das heißt, die mindestens 2,1 Meter lichter Höhe hoch aufgeständert sind, sowie vertikale beziehungsweise senkrechte Agri-PV-Anlagen mit einer lichten Höhe von mindestens 0,80 Meter) und andere besondere PV-Anlagen ist mit der letzten großen EEG-Novelle, dem Solarpaket I, in § 37d EEG Mitte dieses Jahres das Zuschlagsverfahren neu angepasst wurden.
Das Zuschlagsverfahren bei PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ist zukünftig mehrstufig. Zuerst bezuschlagt die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Parkplatz-PV-Gebote, anschließend die restlichen besonderen PV-FFA-Gebote und zuletzt die restlichen PV-FFA-Gebote. Dadurch haben die Parkplatz-PV-Gebote beziehungsweise die restlichen besonderen PV-FFA-Gebote eine höhere Zuschlagswahrscheinlichkeit und können aufgrund ihrer höheren Kostenstruktur auch eher realisiert werden. Für die besonderen PV-FFA erhöht sich der Höchstwert in 2024 auf 9,5 ct/kWh. Ab 2025 bildet sich dieser aus einem Durchschnittswert plus 8 Prozent, § 37b EEG. Diese Verfahren und der höhere Höchstwert stehen aber unter dem beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission.
Mit dem Solarpaket I wurde auch die gesetzliche Vergütung für besondere PV-FFA wie auch hochaufgeständerte Agri-PV-Anlagen kleiner als 1 MW für 2024 auf 9,5 ct/kWh erhöht, § 48 Abs. 1b EEG. Aber auch diese Erhöhung steht unter dem beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt.
Das heißt, das neue Verfahren, der höhere Höchstwert und die erhöhte Vergütung dürfen erst nach der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission und nur nach Maßgabe dieser Genehmigung angewandt werden. Bisher wurde diese noch nicht erteilt. Über den aktuellen Stand informieren das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (FAQs zum Solarpaket I) oder die Bundesnetzagentur (Gebotstermin 1. Dezember 2024). Solange die Genehmigung noch nicht vorliegt, gelten die alten Regelungen des EEGs.
Welche Fördersätze gelten aktuell für Agri-PV-Anlagen?
Für Agri-PV-Anlagen größer als 1 MW findet bis zur beihilferechtlichen Genehmigung des neuen Verfahrens das allgemeine Zuschlagsverfahren gemäß § 32 EEG 2023 Anwendung. Solange keine Genehmigung vorliegt, gelten auch für die Aufschläge auf den anzulegenden Wert für bestimmte besondere Solaranlagen wie zum Beispiel hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen die „alten“ Regeln des EEG 2023: § 38b Abs. 1 Satz 2 und 3 EEG 2023 in der am 15. Mai 2024 anwendbaren Fassung (siehe § 101 Satz 2 EEG 2023). Welche Regeln bei der jeweilig aktuellen Ausschreibungsrunde gelten, darüber informiert die Bundesnetzagentur auf ihrer Webseite. Hier die Informationen für die nächste Runde im Dezember 2024. Die aktuellen Vergütungssätze für PV-Anlagen wie auch Agri-PV-Anlagen unter 1 MW stehen auf der Internetseite der Bundesnetzagentur: EEG-Förderung und -Fördersätze.
Was heißt das für potenzielle Betreiber beziehungsweise Investoren von Agri-PV-Anlagen, wenn die neuen Vergütungssätze noch nicht von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt wurden?
Solange keine Genehmigung vorliegt, gelten die alten EEG 2023-Regeln in der am 15. Mai 2024 anwendbaren Fassung. Die neuen Regeln wie zum Beispiel die erhöhten Vergütungssätze, gelten erst sicher, wenn die Genehmigung der EU-Kommission vorliegt. Ob Agri-PV-Anlagen kleiner als 1 MW, die zwischen dem Inkrafttreten des Solarpakets I am 16. Mai 2024 und der Bekanntgabe der beihilferechtlichen Genehmigung in Betrieb genommen werden beziehungsweise wurden, ebenfalls von den erhöhten Fördersätzen profitieren können, hängt von der beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission ab. Für Anlagenbetreiber kann es deswegen ratsam sein, die Agri-PV-Anlage erst nach der Bekanntgabe der beihilferechtlichen Genehmigung in Betrieb zu nehmen.