Kreditverträge: Für Genossenschaften kann es attraktiv sein, Investitionen durch Mitgliederdarlehen zu finanzieren. „Profil“ zeigt, worauf es juristisch ankommt.
Am 1. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Ein wesentliches Element dieser Reform ist die Schaffung eines dem Handelsregister ähnlichen Gesellschaftsregisters, in das sich Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbRs) eintragen lassen können.
Historische Entwicklung der GbR
Ursprünglich wurde die GbR als eine nicht rechtsfähige, zur Durchführung einer nur begrenzten Anzahl von Einzelgeschäften gegründete Gesamthandsgemeinschaft konzeptioniert. Das Wesen einer Gesamthandsgemeinschaft besteht darin, dass deren Vermögen den Gesamthändern, bei einer GbR also den Gesellschaftern, gemeinschaftlich zusteht. Die Praxis hat sich jedoch in eine andere Richtung entwickelt. Viele GbRs werden zur dauerhaften Ausübung einer Geschäftstätigkeit gegründet und schließen daher eine Vielzahl von Rechtsgeschäften mit Dritten ab. Dem hat der Bundesgerichtshof (BGH) dadurch Rechnung getragen, dass er im Jahr 2001 die Rechtsfähigkeit und im Jahr 2008 die Grundbuchfähigkeit der GbR anerkannt hat.
Ziele des MoPeG
Entsprechend der Entwicklung der GbR hat die Bundesregierung im Gesetzentwurf zum MoPeG unter anderem als Ziel formuliert, „das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu konsolidieren und die geltenden Vorschriften an die praktischen Bedürfnisse von Gesellschaften und Gesellschaftern anzupassen. Hierfür sollen die Vorschriften auf das Leitbild einer auf Dauer angelegten Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgerichtet werden, die als solche am Rechtsverkehr teilnimmt, selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann und hierfür durch Eintragung in ein eigenes Register mit Subjektpublizität ausgestattet werden kann.“
Rechtsfähigkeit und Abkehr vom Gesamthandsprinzip
Mit dem MoPeG wird sich künftig direkt und eindeutig aus dem Gesetz ergeben, dass die GbR selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, wenn sie nach dem Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll.
Darüber hinaus wird das Gesellschaftsvermögen künftig nicht mehr gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter sein, sondern Vermögen der GbR selbst. Damit wird für die GbR das Gesamthandsprinzip abgeschafft.
Der GVB unterstützt Mitglieder in Rechtsfragen
Die GVB-Rechtsberatung unterstützt die Mitglieder des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) gerne in allen Rechtsfragen. Kontakt: recht(at)gv-bayern.de oder +49 89 2868-3730. Alle Dienstleistungen, Ansprechpartner und aktuelle Meldungen der GVB-Rechtsberatung finden Verbandsmitglieder im GVB-Mitgliederportal.
Möglichkeit zur Eintragung in das Gesellschaftsregister
Ab dem Jahreswechsel können sich GbRs in ein Gesellschaftsregister eintragen lassen. Die Eintragung ist freiwillig und keine Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der GbR. Dies gilt gleichermaßen für bestehende GbRs wie für solche, die neu gegründet werden. Sogleich sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass sich ein faktischer Zwang zur Eintragung beispielsweise daraus ergeben kann, dass die GbR Grundbesitz erwerben möchte; Genaueres hierzu siehe unten.
Zur Kenntlichmachung der im Register eingetragenen Gesellschaften müssen diese als Namenszusatz die Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder kurz „eGbR“ tragen. Eine weitere Konsequenz der Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister ist die Pflicht zur Eintragung der GbR und ihrer wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister.
Die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister hat aber keine Auswirkung auf ihre rechtliche Einordnung entweder als Verbraucher oder als Unternehmer. Ist die Verbrauchereigenschaft einer GbR zu bejahen, erhält sie sämtliche Verbraucherrechte. Ein bekanntes Beispiel aus dem Bankrecht ist das 14-tägige Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehen, über das die Bank informieren muss. Gemäß der in den Gesetzesmaterialien veröffentlichten FAQ-Liste zum MoPeG heißt es, dass der Gesetzentwurf an dem klassischen Kaufmannsbegriff festhält. Damit gelten die bekannten Kriterien zur Abgrenzung der Verbraucher- und Unternehmereigenschaft fort.
Ein Verbraucher definiert sich dadurch, dass er ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder seiner gewerblichen noch seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Im Gegensatz dazu handelt ein Unternehmer bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit. Diese Definitionen werden durch eine umfangreiche Rechtsprechung ausgefüllt. Beispielsweise erfüllt die Verwaltung und Anlage eigenen Vermögens, auch die Anlage von Geld in Immobilien, grundsätzlich nicht den Unternehmerbegriff.
Gesellschaftsregister
Das neue Gesellschaftsregister wird elektronisch geführt und kann von jedermann eingesehen werden. Zuständig ist dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk die GbR ihren Sitz hat. Anzumelden sind der Name, der Sitz und die Anschrift der GbR, nähere Angaben zu jedem Gesellschafter, die Vertretungsbefugnis und die Versicherung, dass die GbR nicht bereits im Handels- oder Partnerschaftsregister eingetragen ist. Ergeben sich Änderungen der Angaben, so müssen diese ebenso zur Eintragung angemeldet werden.
Die Anmeldungen sind elektronisch, in öffentlich beglaubigter Form und grundsätzlich von sämtlichen Gesellschaftern einzureichen. In der Praxis werden sicherlich die Notare eingeschaltet, die die Erklärungen auf ihre Eintragungsfähigkeit überprüfen, beglaubigen und in elektronischer Form an das zuständige Amtsgericht weiterleiten.
Öffentlicher Glaube und Publizität des Registers
Das Register genießt öffentlichen Glauben, das heißt Dritte dürfen in gleicher Weise auf den Inhalt des Gesellschaftsregisters vertrauen, wie auf den Inhalt des Handelsregisters. Bei eGbRs wird man beispielsweise die Gesellschafter und deren Vertretungsbefugnis zuverlässig aus dem Register entnehmen können. Wegen der Publizität, was so viel bedeutet wie Bekanntmachung in der Öffentlichkeit, müssen sich Dritte die Registereintragungen aber auch entgegenhalten lassen. Das heißt, sie können sich nicht auf Nichtwissen berufen. Für Geschäftspartner einer eGbR bedeutet dies, dass sie die Änderungen im Gesellschaftsregister beobachten müssen.
Was die Führung eines Kontos einer eGbR anbelangt, bietet es sich daher an, zur Sicherheit zusätzlich Kontovollmachten hereinzunehmen. Diese behalten nämlich gegenüber der Bank ihre Gültigkeit bis zum Zugang einer Widerrufserklärung.
Die Einführung des neuen Gesellschaftsregisters hat auch Auswirkungen auf die Nachhaftung, wenn ein Gesellschafters ausscheidet. Das MoPeG hält zwar dem Grunde nach an den bisherigen Regeln zur fünfjährigen Nachhaftung ausgeschiedener Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GbR fest. Die Fünfjahresfrist beginnt allerdings, sobald der Gläubiger von dem Ausscheiden des Gesellschafters Kenntnis erlangt hat oder das Ausscheiden im Gesellschaftsregister eingetragen worden ist. Damit könnte das Risiko einer Fristversäumnis steigen. Dem kann durch die Hereinnahme von Gesellschafterbürgschaften begegnet werden.
Die Hereinnahme von Gesellschafterbürgschaften entspricht bereits deshalb einer langjährigen Empfehlung der Rechtsberatung des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB), weil die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GbR im Falle einer Insolvenz der GbR nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann, nicht hingegen vom Gläubiger selbst.
Faktischer Zwang zur Eintragung
Mit Geltung des MoPeG kann für eine GbR ein Recht im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Will beispielsweise eine GbR das Eigentum an einem Grundstück erwerben oder soll für eine GbR eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen werden, so muss sie sich zuvor in das Gesellschaftsregister eintragen lassen. Da die nötige Transparenz durch diese Voreintragung gewahrt ist, wird die eGbR im Grundbuch künftig nur noch mit ihrem Namen, dem Sitz und den Registerangaben eingetragen. Die Gesellschafter werden nicht mehr im Grundbuch aufgeführt, sodass künftig auch das Erfordernis, bei Änderungen im Gesellschafterbestand das Grundbuch zu berichtigen, entfällt.
Bestehende GbRs bleiben aber auch ohne Eintragung im Gesellschaftsregister materiellrechtlich Inhaber ihrer im Grundbuch registrierten Rechtsposition. Stehen Änderungen an, so gilt auch hier das Erfordernis der Voreintragung im Gesellschaftsregister. Will beispielsweise eine GbR ihr Eigentum an einem Grundstück veräußern oder will eine GbR für ihre Bank eine Grundschuld bestellen, so muss sie sich zuvor in das Gesellschaftsregister eintragen lassen. Ergeben sich Änderungen im Gesellschafterbestand, so erfolgt die Berichtigung dadurch, dass die GbR zunächst mit ihrem korrekten Gesellschafterbestand im Gesellschaftsregister und sodann im Grundbuch eingetragen wird, wobei die Grundbucheintragung ohne Auflistung der Gesellschafter erfolgt.
Sinn und Zweck der Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister ist vor allem die Gewährleistung des rechtssicheren Immobilienverkehrs. Darüber hinaus kann sich ein faktischer Zwang zur Eintragung in das Gesellschaftsregister auch daraus ergeben, dass sich eine GbR an einer Umwandlung beteiligen oder einen Statuswechsel vollziehen will oder eine GbR in die Gesellschafterliste einer GmbH oder AG eingetragen werden soll. In diesen Fällen besteht ebenfalls das Erfordernis einer Voreintragung in das Gesellschaftsregister.
Was die Mitgliedschaft einer GbR bei einer eingetragenen Genossenschaft (eG) betrifft, regelt das Gesetz hingegen kein Erfordernis einer Voreintragung der GbR in das Gesellschaftsregister, sodass sich insoweit keine Änderungen ergeben. In den Mustersatzungen ist lediglich eine sprachliche Anpassung geplant, über die der GVB noch gesondert informieren wird.
Kundenpflege
Vor diesem Hintergrund bietet es sich für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken an, das Gespräch mit den GbRs in ihrem Kundenbestand zu suchen und auf die anstehenden gesetzlichen Änderungen durch das MoPeG zum 1. Januar 2024 hinzuweisen. Möglicherweise kann eine ohnehin vorgesehene Überarbeitung des Gesellschaftsvertrages mit einer Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister verbunden werden. Von Bedeutung kann das Gesellschaftsregister insbesondere für GbRs sein, die Grundstücksgeschäfte tätigen, wie etwa landwirtschaftliche GbRs und Besitz-GbRs.
Schulung
Zusammen mit der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) bietet der GVB in einem Express-Web-Seminar einen Kurzüberblick über die gesetzlichen Neuregelungen des MoPeG. Die Veranstaltung findet am 12. Dezember 2023 statt, dauert rund 30 Minuten und wendet sich insbesondere an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gewerbe- und Firmenkundenbetreuung der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es auf der Webseite der ABG: ABG-Webinar Express: Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) – Was in der Firmenkundenbetreuung zu beachten ist.
Der GVB berät
Der GVB wird die weitere Entwicklung für seine Mitglieder im Auge behalten. Die GVB-Rechtsberatung steht den Verbandsmitgliedern zu zivilrechtlichen Fragen rund um das MoPeG, die GbR und das Gesellschaftsregister jederzeit gerne zur Verfügung.
Kontakt:
GVB-Rechtsberatung
Telefon: +49 89 2868-3730
E-Mail: recht(at)gv-bayern.de
Matthias Kilian ist Rechtsanwalt beim Genossenschaftsverband Bayern.
Weiterführende Links
- Informationen zum Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) auf der Webseite des Bundesministeriums der Justiz
- Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) im Bundesgesetzblatt
- Der GVB-Bereich Steuern und Recht im GVB-Mitgliederportal
- ABG-Webinar Express: Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) – Was in der Firmenkundenbetreuung zu beachten ist