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Mitte Oktober wurde die Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2022 verkündet. Erfreulicherweise wird es kommendes Jahr zu einer deutlichen Absenkung und damit Entlastung der Verbraucher kommen. Eine erfolgreiche Energiewende durch Elektrifizierung braucht allerdings zwei Voraussetzungen. Erstens eine Verringerung der Strompreise, wodurch der potenziell grüne Energieträger Strom im Vergleich zu fossilen Alternativen günstiger wird und nicht zuletzt auch untere Einkommensschichten deutlich entlastet werden. Zweitens ist eine Bereitstellung ausreichender Mengen an grünem Strom unabdingbar.

Einerseits braucht es Anreize zum Umstieg, andererseits muss auch die steigende Nachfrage gedeckt werden können, um eine klimaneutrale Energieversorgung in allen Sektoren zu ermöglichen. Die bisherigen Ausbauziele, die erst zu Beginn des Jahres verabschiedet wurden, reichen dazu bei Weitem nicht aus. Ein daraus resultierendes Verpassen der Klimaziele hätte nicht nur politische Folgen, sondern vor allem ökologische Kosten.

Trotz Effizienzsteigerungen wird durch die sektorenübergreifende Elektrifizierung vieler Anwendungen wie beispielsweise in Gestalt von Elektroautos und Wärmepumpen zukünftig deutlich mehr Strom benötigt werden. Die Ausbauziele der EEG-Novelle 2021 gingen bisher von einem nahezu konstanten Stromverbrauch bis 2030 in Deutschland aus. Dabei sehen die bisherigen Ziele vor, dass 65 Prozent dieses Stromverbrauchs über erneuerbare Energien gedeckt werden sollen. Seitdem hat das Bundeswirtschaftsministerium den erwarteten Stromverbrauch für 2030 allerdings in einem ersten wichtigen Schritt um knapp 15 Prozent auf bis zu 655 Terawattstunden angehoben.

Grünstromanteil muss angepasst werden

Aber auch der relative Grünstromanteil muss für die in diesem Jahr hochgeschraubten Klimaziele angepasst werden, die dem Energiesektor im Jahr 2030 statt 175 nur noch 108 Millionen Tonnen CO2 zugestehen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss daher ebenfalls erhöht werden. Jede fehlende Kilowattstunde Ökostrom müsste bei einem zu geringen Ausbau der erneuerbaren Energien ansonsten weiterhin konventionell erzeugt werden. Dadurch würde Deutschland die eigenen Ziele reißen und deutlich mehr CO2 in der Stromerzeugung emittieren.

Im vergangenen Jahr lag der CO2-Abdruck einer fossil erzeugten Kilowattstunde Strom durch Kohle und Gas bei etwa 800 Gramm. Unter der Annahme eines deutlichen Rückgangs der Kohlekraftwerke im Rahmen des gesetzlichen Ausstiegs wird der relative Anteil der Stromerzeugung weniger klimaschädlicher Gaskraftwerke zunehmen, wodurch auch der CO2-Abdruck einer durchschnittlich fossil erzeugten Kilowattstunde zurückgeht. So geht die jüngst erschienene Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) davon aus, dass im Jahr 2030 etwa 90 Prozent der fossilen Stromerzeugung in Deutschland durch Gaskraftwerke gedeckt werden. Auch der Import von Strom aus den Nachbarländern spielt eine deutlich größere Rolle.

Der Rückgang der Kohleverstromung ergibt sich aus dem geplanten Rückbau der Kraftwerke, allerdings ist zukünftig aufgrund steigender CO2-Preise auch von einer mangelnden Wirtschaftlichkeit der Kohleverstromung auszugehen. Daher werden die restlichen Kohlekraftwerke deutlich weniger zur Stromerzeugung beitragen und hauptsächlich von erneuerbaren Energien verdrängt werden, die nach den Ergebnissen der Studie einen Anteil an der Stromerzeugung von etwa 70 Prozent ausmachen. Dazu müssen die erneuerbaren Energien aber auch zur Verfügung stehen.

Gesteht man den verbleibenden Kohlekraftwerken im Jahr 2030 allerdings eine höhere Auslastung zu, als es in der Studie der Fall ist, würde man trotzdem einen stärkeren Ausbau der erneuerbaren benötigen, als bisher vorgesehen. Unter Einhaltung des sektoralen Klimaziels und einer weiterhin stärkeren Auslastung der Gaskraftwerke im Vergleich zur Kohle wäre eine Deckung von höchstens knapp 30 Prozent des vom Bundeswirtschaftsministerium erwarteten Strombedarfs in Deutschland möglich. Dabei würde der CO2-Abdruck einer Kilowattstunde fossil erzeugten Stroms auf etwa 570 Gramm absinken. Ohne eine zu große Abhängigkeit von Importen wäre daher auch bei einem Ausreizen des gesetzlichen CO2-Budgets ein Grünstromanteil von gut 70 Prozent notwendig, um die Nachfrage in Deutschland zu sichern. Dazu reichen die bisherigen Ausbauziele nicht aus.

Ausbauziele erhöhen

Sowohl aus den Berechnungen der dena-Leitstudie als auch aus dem hier beschriebenen Szenario ergibt sich nach Berücksichtigung der Ausbaupläne des EEG 2021 eine Grünstromlücke zwischen etwa 80 und 100 Terawattstunden. Das entspricht 14 bis 17 Prozent des durchschnittlichen deutschen Stromverbrauchs der letzten Jahre. Die bisherigen Pläne sehen einen jährlichen Zubau in den kommenden Jahren bei der Windenergie an Land von etwa 4 Gigawatt (GW) auf insgesamt 71 GW und bei der Solarenergie von jährlich 5 GW auf 100 GW im Jahr 2030 vor. Bei der Windenergie auf See nimmt der geplante Ausbau erst gegen Ende des Jahrzehnts Fahrt auf bis auf 20 GW im Jahr 2030.

Zur Erreichung der deutschen Klimaziele müssen bei der Windenergie an Land allerdings etwa 6 GW pro Jahr und bei der Solarenergie über 10 GW pro Jahr erreicht werden. Auch bei der Offshore-Windenergie benötigt es einen früheren und stärkeren Ausbau. Eine Möglichkeit zur Erreichung der gesteckten Ziele wäre eine Anhebung auf insgesamt knapp 90 GW Wind an Land, mindestens 140 GW Photovoltaik und 25 GW Wind Offshore im Jahr 2030. Dies könnte die erwartbare Grünstromlücke verhindern. Ebenso könnten, angelegt an den erwartbaren CO2-Abdruck des geschilderten Szenarios, durch die Vermeidung zusätzlicher fossiler Stromerzeugung insgesamt knapp 60 Millionen Tonnen CO2 in der jährlichen Stromerzeugung vermieden werden. Dies entspricht in etwa dem gesamten jährlichen CO2-Ausstoß Irlands. Bei einer stärkeren Auslastung der restlichen Kohlekraftwerke würde sogar noch deutlich mehr CO2 emittiert werden.

Weniger Hürden im Planungsrecht

Um die drohende Versorgungslücke von grünem Strom und die daraus folgende Zusatzbelastung für das Klima zu vermeiden, muss ein neuer Koalitionsvertrag eine deutliche Anhebung der geltenden Ausbauziele enthalten. Daneben müssen aber auch die Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet werden, um das Erreichen dieser Ziele überhaupt zu ermöglichen. Beispielsweise bedarf es verbindlicher Zusagen zur Bereitstellung von Flächen zur Windenergie und weniger Hürden im Planungsrecht.

Kontraproduktive Maßnahmen, wie die 2019 eingeführten Mindestabstände für Windanlagen, schaden dabei dem weiteren Ausbau. So hat das Umweltbundesamt vor zwei Jahren bereits berechnet, dass eine strikte Umsetzung dieser Regel in allen Bundesländern die Potenziale für Windenergie um knapp 40 Gigawatt verkleinern könnte (UBA 2019). Ausgehend von dem CO2-Abdruck der fossilen Stromerzeugung in Deutschland 2020 könnten Windenergieanlagen in diesem Umfang allein CO2-Emissionen von etwa 70 Millionen Tonnen im Jahr verhindern.

Zudem sind finanzielle Beteiligungen von Kommunen, wie sie seit der letzten EEG-Novelle verankert sind, ein deutlich besseres Mittel zur Schaffung von Akzeptanz. Des Weiteren müssen, wie im Wahlkampf versprochen, Genehmigungsverfahren vereinfacht und weitere Stellschrauben gedreht werden. Dazu bedarf es unter anderem besserer Anreize und Möglichkeiten zur Eigenversorgung mit grünem Strom und einer Erhöhung der Ausschreibungsmengen, gerade bei Photovoltaikdachanlagen. Ebenso muss beispielsweise der „atmende Deckel“ bei der Förderung von Photovoltaikanlagen den ambitionierteren Ausbauzielen angepasst werden.
 

Andreas Fischer ist Ökonom für Energie und Klimapolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

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