Inspiration: Zufriedene Kunden sind die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg jedes Unternehmens. Wie lassen sich die Erwartungen erfüllen? Ein Bankvorstand und ein Professor berichten.
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„Fanmacher“-Konzept der VR-Bank Landsberg-Ammersee: Mehr bieten, als der Kunde erwartet
Stefan Jörg hat ein ehrgeiziges Ziel. Die Leistungen und das Auftreten der VR-Bank Landsberg-Ammersee sollen so überzeugend sein, dass Kunden, Mitglieder und Menschen in der Region nicht nur zufrieden sind, sondern zu Fans der Kreditgenossenschaft werden. Warum dem Vorstandsvorsitzenden der Begriff „Fan“ so wichtig ist, hat viel mit einem Video zu tun, das er 2011 zu seiner Einführung als Vorstand bei der VR-Bank Landsberg-Ammersee der Belegschaft vorführte. Dort wird zu Bildern der Rock-Ikone Tina Turner, Leistungssportlern und jubelnden Menschen gefragt, was Fans von Kunden unterscheidet. Die als Text eingeblendeten Antworten haben es Stefan Jörg angetan:
Kunden muss man locken. Fans kommen von selbst. Kunden geben ihr Geld. Fans geben ihr Herz. Kunden suchen Rabatte. Fans suchen Leistung. Kunden reklamieren. Fans verzeihen. Kunden sind Kritiker. Fans sind Werbeträger. Kunden wechseln. Fans bleiben. Wer Fans hat, hat Erfolg. Allerdings, Fans kann man nicht kaufen. Einen Fan muss man erobern. Mit Leistung. Mit Emotion. Mit Qualität.
Mit dem Video setzte Jörg einen ersten Impuls, der am Ende in das „Fanmacher“-Konzept der Bank mündete. Der Name war tatsächlich eher Zufall: „Nach der Veranstaltung entwickelte sich eine gewisse Dynamik. Wenn wir unsere Kunden zu Fans machen, sind wir die ,Fanmacher‘. Der Begriff hat sich schnell im Haus etabliert. Alle Kampagnen, die dazu dienen sollten, unsere Kunden von uns und unseren Leistungen zu begeistern und schlussendlich zu Fans zu machen, haben wir fortan unter dieses Schlagwort gestellt“, berichtet Jörg. Die Ziele des Konzepts beschreibt der Vorstandsvorsitzende so. „Grundsätzlich wollen wir unsere Kunden zu Fans unserer Bank machen, indem wir mehr bieten, als der Kunde es erwartet. Letzten Endes möchten wir unsere Reichweite steigern, Bestandskunden an uns binden und Neukunden gewinnen.“
Die drei Komponenten des „Fanmacher“-Konzepts
Das „Fanmacher“-Konzept der VR-Bank Landsberg-Ammersee beinhaltet drei Komponenten:
- Wir begeistern unsere Kunden durch unsere Leistungen: „Wir bieten immer ein bisschen mehr, als die Kunden in diesem Moment erwarten“, erklärt Jörg. Dies beginne bei Kleinigkeiten: „Beispielsweise öffnen wir fünf Minuten vor der angekündigten Zeit, jedem Kunden werden bei Beratungsgesprächen Getränke angeboten und wir nehmen den Kundinnen und Kunden die Jacke oder den Mantel ab. Dazu sind unsere Beratungsräume absolut störungsfrei“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Wenn es beim Italiener nach der Pizza einen gratis Espresso gebe, sorge das beim Kunden für ein gutes Gefühl, weil er damit nicht gerechnet habe, zieht Jörg einen Vergleich.
- Wir verkaufen grundsätzlich keine Produkte, sondern gehen gemäß der Genossenschaftlichen Beratung auf die Ziele und Wünsche der Kunden und Mitglieder ein: „Unsere Beraterinnen und Berater haben keine Produktziele, sondern sie müssen ,nur‘ eine bestimmte Anzahl Beratungen vorweisen. Abschlüsse sind nicht relevant, kommen jedoch auf Grund dieses Prinzips von allein“, sagt Jörg.
- Durch verschiedene Events in der Bank und außerhalb treffen wir unsere Kunden auch im privaten Bereich: Einmal im Jahr kurz vor dem Oktoberfest veranstaltet die VR-Bank Landsberg-Ammersee die „Oide Wiesn“ in der Landsberger Altstadt. Dafür baut sie vis-à-vis zur eigenen Geschäftsstelle ein großes Bierzelt mit Ochsenbraterei auf. Zudem können sich auf der „Oidn Wiesn“ in Landsberg verschiedene Direktvermarkter präsentieren und der Bauernverband veranstaltet eine Großmaschinenschau. „Jedes Jahr kommen zwischen 3.000 und 5.000 Menschen zu unserer Oidn Wiesn. Als Fanmacher haben wir Events ins Leben gerufen, die es so vorher nicht gab“, sagt Jörg. Als weitere Veranstaltungen nennt der Vorstandsvorsitzende die VR-ClassicCar Rallye, eine Old- und Youngtimer-Rallye in familiärer Atmosphäre, sowie den VR-Sozialpreis, der laut Jörg weit über die Landkreisgrenzen hinaus wahrgenommen wird und über den auch schon im Engagementbericht des Bundesverbands der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) ausführlich berichtet wurde. „Bei allen diesen Engagements arbeiten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ehrenamtlich mit und sind so in Situationen außerhalb des üblichen Bankgeschäfts ganz nah am Kunden – hier schaffen wir uns ganz besonders viele Fans“, erklärt Jörg.
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Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien es auch, die als „VR-mitMenschen“ teils in ihrer Freizeit, teils freigestellt, ehrenamtlich soziale Arbeiten durchführen, wie Jörg berichtet. Die „VR-mitMenschen“ wurden bereits im BVR-Engagementbericht 2015 porträtiert, wie sie die Hundezwinger des Landsberger Tierheims saniert haben. „Wenn Spenden nicht mehr helfen, dann packen wir eben gemeinsam an. Das alles trägt dazu bei, die Menschen in der Region zu unseren Fans zu machen und unsere Wahrnehmung zu stärken“, erzählt Manfred Doll, Leiter Marketing und Kommunikation bei der VR-Bank Landsberg-Ammersee. Über allen Fanmacher-Aktionen stehe die zentrale und öffentlich ausgesprochene Frage: „Was würde den Menschen fehlen, wenn es uns nicht gäbe?“
Gewöhnungseffekt bei den Kunden
Die Veränderungen im „Tun“ der Bank seien bei Kunden und Mitgliedern sowie in der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen worden, berichtet Doll. „Früher wurden wir belächelt, heute spricht man uns auf unsere Veranstaltungen an. Immer wieder erhalten wir das Feedback, dass sich die Kunden bei uns wohler fühlen als bei unseren Mitwettbewerbern“, sagt Doll. Mittlerweile habe sich bei den Kunden jedoch ein Gewöhnungseffekt eingestellt. Deswegen müsse das Konzept intensiv weitergelebt werden, da ein Rückgang der Qualität sofort registriert werde. „Wir müssen uns den eigenen Spiegel vorhalten lassen. Deshalb ist bei uns das Beschwerdemanagement sehr hoch aufgehängt, um im Fall der Fälle schnell und angemessen reagieren zu können“, sagt Doll.
Weil sich der Erfolg des „Fanmacher“-Konzepts direkt nur schwer messen lässt, führt der Vorstandsvorsitzende der VR-Bank Landsberg-Ammersee andere Zahlen ins Feld. „Seit der Einführung des Konzepts und der Veränderung unseres Tuns in den vergangenen zehn Jahren haben wir nahezu alle Werte der Bank verdoppelt: Die Bilanzsumme ist von 500 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro geklettert, das betreute Kundenvolumen von einer Milliarde Euro auf 2,2 Milliarden Euro und die Zahl der Mitglieder haben wir von 10.000 auf 20.000 erhöht. Unsere Mitgliederquote liegt mittlerweile bei 55 Prozent“, berichtet Jörg stolz.
Mitarbeiter sind Schlüssel zum Erfolg
Der Schlüssel für diese enorme Leistung seien definitiv die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der VR-Bank Landsberg-Ammersee, betonen Jörg und Doll. „Nur begeisterte Mitarbeiter können auch die Kunden begeistern. Diesen Zusammenhang sehe ich unbedingt“, sagt Vorstandsvorsitzender Jörg. Deshalb müsse das Fanmacher-Konzept auch nach innen wirken. Er sei überzeugt, dass sich das gute Image der Bank und der selbstbewusste Auftritt als erfolgreiches Unternehmen positiv auf die Motivation und die Zufriedenheit der Mitarbeiter auswirken, so Jörg.
Um die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern, müsse aber auch die Bank die extra Meile gehen. „Einmal im Jahr die Belegschaft zum Betriebsausflug und zur Weihnachtsfeier einzuladen, ist wahrscheinlich zu wenig“, meint Jörg. Die VR-Bank Landsberg-Ammersee veranstaltet zusätzlich zwei Mal im Jahr Mitarbeiter-Veranstaltungen mit einem großen Rahmenprogramm. Aktuell hat der Vorstand die Belegschaft zum Beispiel zur VR-Bank-Party eingeladen. Die Bank hat auch schon das örtliche Kino gemietet. Nach dem offiziellen Teil und dem Catering konnten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann noch einen Kinofilm anschauen. Zu den Veranstaltungen gehört auch, dass der Vorstand allen Mitarbeitern Rede und Antwort zu aktuellen und geplanten Themen steht. „Die Nähe zur obersten Führungsebene ist ganz wichtig, um alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen“, betont Jörg.
Grundleistungen müssen stimmen
Neben dem besonderen Engagement der Mitarbeiter müssten jedoch auch die Basisleistungen der Bank stimmen, sagt der Vorstandsvorsitzende. Sie seien der zweite Schlüssel zum Erfolg. „Wenn grundlegende Angebote wie zum Beispiel die telefonische Erreichbarkeit, eine schnelle Bearbeitung der Anliegen oder funktionierende Selbstbedienungsgeräte nicht den Erwartungen entsprechen, werde ich mit Extra-Leistungen niemanden begeistern“, sagt Jörg. Deshalb garantiert die Bank ihren Mitgliedern verschiedene Leistungen wie funktionierende Selbstbedienungs-Automaten, schnelle Bearbeitungszeiten bei Krediten oder die telefonische Erreichbarkeit der Bank von Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr. Wenn diese Leistungen nicht eingehalten werden, erhält das Mitglied einen finanziellen Ausgleich von bis zu 50 Euro.
Ebenso wichtig erachtet Jörg neben den digitalen Kanälen der Bank weiterhin den persönlichen Kontakt und die Präsenz in der Fläche. Die VR-Bank Landsberg-Ammersee ist weiter mit 20 personell besetzten Geschäftsstellen und vier Automatenstandorten in ihrem Geschäftsgebiet vertreten. In Pflugdorf-Stadl errichtete die Bank vor Kurzem ein neues Wohn- und Geschäftshaus. Auch die eigene Filiale fand in dem Gebäude eine Heimat. Die Einwohner hatten sich schon vor Jahren dafür eingesetzt, dass die VR-Bank Landsberg-Ammersee in dem Ortsteil der Gemeinde Vilgertshofen eine neue Filiale errichtet, nachdem sie zuvor dort nicht vertreten war. „Nach ausführlichen Gesprächen und Überlegungen haben wir 2018 zunächst mit einer Kleinstfiliale den Geschäftsstellenbetrieb testweise aufgenommen. Der Erfolg war überwältigend, so dass wir jetzt – fast pünktlich zu unserer fünfjährigen Präsenz vor Ort – unsere neu gebaute Filiale eröffnen konnten“, berichtet Jörg.
Leistungsversprechen der VR-Bank Mittelfranken Mitte: Kompass für eine hohe Qualität
Ähnlich wie die VR-Bank Landsberg-Ammersee hat auch die VR-Bank Mittelfranken Mitte ein Leistungsversprechen gegenüber ihren Mitglieder abgegeben. Diese erhalten eine Entschädigung in Höhe von fünf bis 50 Euro, wenn bestimmte Versprechen seitens der Bank nicht eingehalten wurden. Es handelt sich dabei um insgesamt vier Leistungsversprechen (die Details gibt es auf der Webseite der Bank):
- funktionierende Selbstbedienungsgeräte,
- schnelle Entscheidung bei Kreditanfragen,
- ganzheitliche genossenschaftliche Beratung,
- zeitnahe Beantwortung von Telefon- und E-Mail-Anfragen.
„Die Leistungsversprechen sind unser Kompass, an dem wir uns orientieren, um eine hohe Qualität zu gewährleisten. Sie sind ein Versprechen an unsere Mitglieder, dass wir kontinuierlich an uns arbeiten und uns verbessern, um ihre Bedürfnisse und Anliegen bestmöglich zu erfüllen“, erklärt Robert Gehringer, Leiter Innovation und Nachhaltigkeit bei der VR-Bank Mittelfranken Mitte. Die Leistungsversprechen gab es historisch bedingt in Teilen der Bank schon früher, zum 1. Juni 2023 wurden sie für das Gesamthaus eingeführt.
Kontaktaufnahme digital oder persönlich
Die Mitglieder haben die Möglichkeit, das Leistungsversprechen entweder digital über die Webseite der Bank oder persönlich bei ihrer Beraterin oder ihrem Berater einzufordern. Wird das Leistungsversprechen über die Webseite eingefordert, erhält das Kundendialogcenter automatisch eine Nachricht und leitet diese an den zuständigen Berater weiter. Dieser nimmt Kontakt mit dem Mitglied auf und bespricht den Sachverhalt. Wendet sich das Mitglied an einen Servicemitarbeiter, informiert dieser ebenfalls den zuständigen Berater.
Am Ende entscheidet immer der Berater über die Beschwerde und überweist bei einem berechtigten Anliegen das Geld. Ziel ist es, den Überwachungsaufwand möglichst niedrig zu halten und auftretende Probleme schnell und unkompliziert zu lösen. Bei einem defekten Selbstbedienungs-Gerät wird der Berater zum Beispiel in der Filiale anrufen und sich das bestätigen lassen. Beschwert sich das Mitglied hingegen über eine sich hinziehende Kreditprüfung, kann das auch daran liegen, dass noch Unterlagen fehlen. Auch das kann der Berater dann klären.
Berater hält Kontakt zu Mitglied
„Wir betrachten ein nicht eingelöstes Leistungsversprechen auch als eine Art Beschwerde und möchten sicherstellen, dass der Berater engen Kontakt zu unserem Mitglied hält, wenn es mit unserer Leistung unzufrieden ist. Gleichzeitig erkennen wir, wenn Prozesse oder andere Aspekte nicht reibungslos funktionieren. Auf diese Weise können wir unsere Leistungen und unsere Qualität weiter verbessern“, sagt Gehringer. Schwerwiegendere Beschwerden laufen hingegen weiter über das offizielle Beschwerdemanagement der Bank. Das sei auch anders gar nicht möglich, sagt Gehringer. „Eine Beschwerde in der Wertpapierberatung muss ganz anders geprüft werden. Da gibt es strenge rechtliche Vorgaben. Das kann der Berater gar nicht leisten.“
Leistung exklusiv für Mitglieder
Das Leistungsversprechen richtet sich exklusiv an die Mitglieder der VR-Bank Mittelfranken Mitte. Aktuell liegt die Mitgliederquote der Kreditgenossenschaft bei 53 Prozent. „Unsere Mitglieder vertrauen uns, und deshalb streben wir eine einwandfreie Qualität an. Als Teilhaber unserer Bank haben sie ein besonderes Anrecht auf exzellente Leistungen. Die Leistungsversprechen sind das Herzstück unseres Engagements für unsere Mitglieder und sollen sicherstellen, dass wir ihre Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern auch übertreffen“, sagt Gehringer.
Beworben werden die Leistungsversprechen exklusiv für Mitglieder auf den digitalen Kanälen der Bank, insbesondere auf der Webseite, in den sozialen Medien sowie im Kundennewsletter. Außerdem werden die Leistungsversprechen auf einem Flyer erwähnt, der sich speziell an Neumitglieder richtet und die Vorteile der Mitgliedschaft aufzählt. „Das Ziel der Leistungsversprechen ist auch, neue Mitglieder zu gewinnen“, sagt Gehringer.
Vierteljährliche Auswertung
Die eingeforderten Leistungsversprechen werden vierteljährlich ausgewertet, um Häufungen zu erkennen. Vier Monate nach der Einführung würden die Beschwerden hauptsächlich nicht funktionierende Selbstbedienungs-Geräte betreffen, berichtet Gehringer. Die Wartung der Geräte ist aktuell an einen externen Dienstleister ausgelagert. Die Bank überlegt nun, das wieder selbst zu machen. Bei den Mitgliedern kommen die Leistungsversprechen jedenfalls gut an. Gehringer: „Wir hören die Stimme der Mitglieder. Das wird durchaus wahrgenommen.“