Heimatindex: Die Bayern feiern die Normalisierung des Lebens nach dem Wegfall der Corona-Beschränkungen, wie die jüngste Erhebung zeigt. Alle Ergebnisse im Überblick.
Der Heimatindex der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken, der halbjährlich die Zufriedenheit der Bayern mit ihren Lebensumständen misst, zeigt sich mit 66 Punkten leicht rückläufig. Bei der letzten Befragung im Winter 2022/23 war er noch einen Zähler höher gelegen. Diese geringe Veränderung ist durch teilweise gravierende Verschlechterungen in einzelnen Teilindices bedingt. So wird der Zustand der Umwelt von den 2.007 Befragten mit nur noch 57 Punkten (minus 5 Zähler) sowie die Verkehrsinfrastruktur (47 Punkte – minus zehn Zähler) besonders schlecht eingeschätzt. „Die Bayern sind insgesamt zufrieden, aber sie beurteilen ihr Umfeld und die Infrastruktur vor Ort zunehmend kritischer. Es ist wichtig, das ernst zu nehmen, sonst wird die Stimmung weiter sinken“, erklärte Gregor Scheller, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), zur Vorstellung des Heimatindex Mitte September in München.
Rest der Republik holt auf
Während sich Bayern bei der Lebenszufriedenheit bei der vorherigen Befragung noch deutlich mit 20 Zählern absetzen konnte, schmilzt der Abstand jetzt auf 15 Punkte zusammen. Zwar legte die Lebenszufriedenheit in Bayern um einen Zähler auf 74 Punkte zu. Im Rest der Bundesrepublik wuchs der Wert aber um sechs Zähler auf 59 Punkte an. Besonders zufrieden sind die Oberfranken mit 77 Punkten und die Unterfranken mit 75 Punkten. Auf 74 Punkte kommen Niederbayern und Schwaben, Oberbayern auf 73, Oberpfalz und Mittelfranken auf 72 Punkte. „Seinen Sonderstatus kann Bayern zwar verteidigen. Aber der Rest der Republik holt auf“, sagte Scheller. Auch die Unterschiede in den einzelnen Regierungsbezirken haben im Vergleich zur vorherigen Befragung zugenommen.
Die größten Verluste verzeichnet der Teilindex „Technische Infrastruktur und Grundversorgung“. Dieser gibt vier Zähler auf 51 Punkte nach. Mittelfranken vergeben hier 52 Punkte, Oberbayern und Oberpfälzer je 51 Punkte, Niederbayern, Oberfranken und Schwaben je 50 und Unterfranken 49 Punkte. Zehn Zähler auf 47 Punkte verliert die Unterkategorie „Verkehrsinfrastruktur“. „Im Internet und vor allem auf Social-Media-Kanälen häufen sich Berichte über Bahnverspätungen. In Städten und auf Autobahnen bremsen teilweise Dauerbaustellen den Verkehr aus. Das mag zu dieser schlechteren Einstellung beigetragen haben“, folgerte Scheller. Mit 46 Punkten (minus acht Zähler) wird die Unterkategorie „Gesundheitsversorgung“ bewertet. Anfang des Jahres waren teilweise Medikamente für Kinder nicht oder schwer lieferbar. Die Abhängigkeit von Lieferungen von Arzneimitteln aus anderen Weltregionen schlägt hier durch.
Sechs Zähler auf 57 Punkte gibt die Unterkategorie „Einkaufsmöglichkeiten“ nach. Die Verkürzung von Öffnungszeiten vieler Geschäfte aufgrund von Personalmangel sowie das fortschreitende Aussterben von Innenstädten mag zu dieser Beurteilung ebenso beigetragen haben wie inflationsbedingt geringere finanzielle Spielräume. Fünf Zähler besser mit jetzt 61 Punkten schneidet dagegen die Beurteilung der „Verfügbarkeit und Geschwindigkeit der Anbindung an das Internet“ ab. Hier zeigt sich auch über die Altersgruppen hinweg ein harmonisches Bild mit wenigen, nur geringen Ausschlägen. Der Ausbau des schnellen Internets kommt offenbar spürbar voran.
Junge Menschen bewerten den Zustand der Umwelt schlecht
Zwei Zähler auf 62 Punkte gibt der Teilindex „Wohnumfeld“ nach. Oberfranken und Unterfranken beurteilen dieses mit je 64 Punkten besonders positiv, Schwaben vergeben 63, Oberbayern und Mittelfranken 62, Oberpfälzer 61 und Niederbayern 59 Punkte. Mit fünf Zählern büßt die Beurteilung des „Zustands der Umwelt“ auf 57 Punkte am meisten ein. In dieser Unterkategorie fällt der Unterschied unter den Generationen besonders ins Gewicht. Aus Sicht der 18- bis 24-Jährigen ist der Zustand der Umwelt besonders schlecht – sie vergeben 16 Zähler (41 Punkte) weniger als der Durchschnitt. Die 25- bis 34-Jährigen sehen diese nur etwas besser und vergeben mit 45 Punkten zwölf Zähler weniger als der Durchschnitt. Alle anderen Altersgruppen vergeben drei bis fünf Zähler mehr als der Durchschnitt. Die umfangreiche Berichterstattung über Umweltthemen sowie große Hitze und Extremwetterereignisse scheinen hier ihren Niederschlag zu finden. Die Unterkategorie „Sicherheit vor Kriminalität und Verbrechen“ büßt drei Zähler auf jetzt 50 Punkte ein.
Traditionell die besten Werte hat auch dieses Mal der Teilindex „Vernetzung mit Freunden und Familie“, der aber drei Zähler auf 75 Punkte einbüßt. Mit 76 Punkten etwas besser beurteilen hier Oberbayern, Oberfranken und Unterfranken. In der Oberpfalz und in Schwaben sind es 75 Punkte, in Mittelfranken 74 und in Niederbayern 73. Zu Corona-Zeiten war die Zahl der Bezugspersonen reduziert, wodurch diese an Bedeutung für die Einzelnen gewonnen hatten. Das hat sich geändert, da die Menschen wieder anderen Aktivitäten nachgehen können und nicht mehr nur den Fokus auf Familie und Freunde legen. Die Unterkategorie „Familiäre Situation“ büßt einen Zähler auf 78 Punkte ein – in der Unterkategorie „Freundes- und Bekanntenkreis“ beträgt das Minus vier Zähler auf jetzt 72 Punkte.
Gestiegene Preise schlagen noch nicht durch
Bei unverändert 64 Punkten ist der Teilindex „Arbeitsplatz und persönliche finanzielle Situation“ gelandet. Oberbayern und Mittelfranken vergeben hier 65 Punkte, Oberpfälzer, Oberfranken und Unterfranken 64 Punkte, in Niederbayern und Schwaben sind es 63 Punkte. Die „Eigene wirtschaftliche und finanzielle Situation“ bewerten die Befragten mit 59 Punkten – ein Minus um einen Zähler. „Die inflationsbedingt gestiegenen Preise haben offenbar noch nicht spürbar auf das Empfinden der Bürgerinnen und Bürger durchgeschlagen“, analysierte Scheller. Die „Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz“ kommt unverändert auf 68 Punkte.
Ebenfalls unverändert zeigt sich der Teilindex „Freizeit, Kultur und Bildung“ mit 70 Punkten. Schwaben vergeben hier 72 Punkte, Mittelfranken 71, Oberpfälzer und Unterfranken 70, Oberbayern, Niederbayern und Oberfranken 69 Punkte. Die Unterkategorie „Schul- und Bildungsangebote“ verliert drei Zähler auf 70 Punkte. Einen Zähler Abzug erhält die Unterkategorie „Kulturelle Angebote“ mit jetzt 69 Punkten. Fünf Zähler auf 72 Punkte zulegen konnte die Unterkategorie „Freizeitangebot“.
Der Heimatindex der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken wird halbjährlich im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage vom Meinungsforschungsinstitut GMS Dr. Jung GmbH ermittelt. Dazu bewerten die Befragten einzelne Aspekte der Kategorien „Allgemeine Lebenszufriedenheit“, „Vernetzung mit Freunden und Familie“, „Freizeit, Kultur und Bildung“, „Arbeitsplatz und persönliche finanzielle Situation“, „Wohnen, Umwelt und Sicherheit“ sowie „Technische Infrastruktur und Grundversorgung“ mit 0 bis 100 Punkten. Aus diesen Teilergebnissen wird der Index berechnet. Für diesen Heimatindex wurden insgesamt 2.007 Teilnehmer in zwei Wellen vom 31. Mai bis 5. Juni 2023 und vom 28. Juni bis 3. Juli 2023 befragt.