Vorreiter: Die Molkerei Berchtesgadener Land hat den Deutschen Nachhaltigkeitspreis erhalten. Geschäftsführer Bernhard Pointner verrät im Interview, warum das Thema zieht.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Molkerei Berchtesgadener Land Chiemgau eG errichtet in Piding eine neue Produktionshalle mit einer Abfüllanlage für Mehrwegglasflaschen.
- Die Genossenschaft investiert insgesamt 32,5 Millionen Euro in das Projekt. Betriebsaufnahme ist voraussichtlich im Herbst 2021.
- Der Freistaat Bayern unterstützt die Investition der Molkerei zusammen mit Bund und EU mit einem Zuschuss aus dem Topf der Marktstrukturförderung.
- Der GVB hat die Molkerei Berchtesgadener Land bei der Beantragung der Fördermittel unterstützt.
- In der aktuellen Förderperiode hat der GVB bislang 26 Anträge seiner Mitglieder auf Marktstrukturförderung betreut.
- Die Unternehmen konnten sich dabei Zuschüsse in Höhe von insgesamt 15,8 Millionen Euro sichern. Weitere Anträge sind derzeit in Bearbeitung.
Herr Althammer, Herr Scheiblegger, auf dem Gelände der Molkerei Berchtesgadener Land in Piding arbeiten Handwerker und Bauleute gerade emsig an einem neuen Gebäude. Was genau entsteht dort?
Paul Althammer: Derzeit entsteht auf dem Gelände der Molkerei Berchtesgadener Land ein neues Gebäude für die geplante Produktion IV. Die Hebefeier fand Ende letzten Jahres statt. Aktuell erfolgen der Innenausbau und die Außenverkleidung des Gebäudes. In dem neuen Produktionsgebäude wird im ersten Stock eine neue Sauermilchabteilung für die Herstellung von gesäuerten Milchprodukten wie Joghurt, Dickmilch, Kefir oder Buttermilch aufgebaut. Im Erdgeschoss soll im kommenden Jahr eine neue Abfüllanlage für Mehrwegflaschen aus Glas aufgestellt werden. Sie soll die alte Anlage im Herbst 2021 ablösen.
Welche Gründe haben zu der Entscheidung geführt, eine neue Abfüllanlage für Mehrwegglasflaschen zu bauen?
Althammer: Dafür sprachen verschiedene molkereiinterne und ebenso markttechnische Gründe: Wir füllen Milch in der Mehrwegglasflasche schon seit Anfang der 90er Jahre ab. Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, unsere Flaschenabfüllanlage ist derzeit voll ausgelastet. Verbraucher bewerten die Mehrwegglasflasche als eine hochwertige Premiumverpackung für unsere frische Bergbauern-Milch und unsere Demeter Bio-Alpenmilch. In Zeiten von Plastikinseln im Meer wird die Nachfrage nach Milch in der Mehrwegglasflasche unserer Meinung nach weiter ansteigen und sie ist eine Verpackungsart, die wir im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie weiter ausbauen wollen.
Wann wird die erste Bergbauernmilch durch die neue Abfüllanlage fließen?
Althammer: Hoffentlich im Herbst 2021! Neben der frischen Bergbauern-Milch in der glasklaren Mehrwegflasche füllen wir dann auch weiterhin die Demeter-Bio-Alpenmilch in der Ein-Liter-Mehrwegflasche aus braunem Lichtschutzglas sowie Bio-Schlagrahm in der Halbliterflasche ab.
Über 15 Millionen Euro Förderung für bayerische Genossenschaften
Die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Land- und Ernährungswirtschaft stärken: Das ist das primäre Ziel der Förderangebote des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Profitieren können davon auch die bayerischen Warengenossenschaften, wenn sie sich rechtzeitig um die Anträge kümmern. Hierbei unterstützt sie der GVB vollumfänglich. In der aktuellen Förderperiode, die sich auf die Jahre 2014 bis 2020 erstreckt, hat der GVB bislang 26 Anträge seiner Mitglieder auf Marktstrukturförderung in den Bereichen Milch, Raiffeisen-Handel, Kartoffelverarbeitung sowie Vieh und Fleisch betreut. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf insgesamt 115,6 Millionen Euro. Die Unternehmen konnten sich dabei Zuschüsse in Höhe von insgesamt 15,8 Millionen Euro sichern. Weitere Anträge sind derzeit in Bearbeitung. Kontakt zum GVB: Bereich_Ware(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3570.
Wie viel Geld investieren Sie in die Halle und die neuen Produktionsanlagen?
Reinhold Scheiblegger: Die Investitionssumme liegt bei 32,5 Millionen Euro, wobei die neuen Produktionsanlagen mit insgesamt 1,5 Millionen Euro von Freistaat, Bund und EU gefördert werden.
Welche Fördermitteltöpfe haben Sie für den Bau der neuen Produktionsanlage angezapft?
Scheiblegger: Wir haben für diese Investition die Marktstrukturförderung („Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse“) des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantragt. Dieses Förderprogramm passt sehr gut zu landwirtschaftlichen Verwertungsgenossenschaften wie der Molkerei Berchtesgadener Land. Deshalb haben wir uns dafür entschieden. Außerdem hat sich die zuständige Bewilligungsbehörde im Rahmen der Zusammenarbeit durch ihre effiziente und lösungsorientierte Arbeitsweise als äußerst kompetent erwiesen. Dabei handelt es sich um die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die direkt dem Ministerium unterstellt ist.
Zuschüsse bis 1,5 Millionen Euro
Ländliche Genossenschaften haben Zugang zu unterschiedlichen Förderprogrammen, die vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten verantwortet werden. Der GVB begleitet seine Mitglieder bei der Antragserstellung als zentraler Ansprechpartner in allen Schritten. Welche Programme sind für die Genossenschaften besonders relevant?
Marktstrukturförderung
Die größte Bedeutung für die ländlichen Genossenschaften in Bayern hat die sogenannte Marktstrukturförderung. Mit diesem Programm bezuschusst der Freistaat Investitionen, etwa in den Bereichen Erfassung, Lagerung oder Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Voraussetzung ist, dass der Investitionsstandort in Bayern liegt und die Investitionen von Unternehmen getätigt werden, die zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als 750 Personen beschäftigen oder einen Jahresumsatz von weniger als 200 Millionen Euro erzielen. Förderfähig sind Investitionen in den Sektoren Milch und Milcherzeugnisse, Fleisch (einschließlich lebender Tiere), Mähdruschfrüchte, Kartoffeln (einschließlich Pflanzkartoffeln), Obst und Gemüse und gärtnerische Erzeugnisse.
Möglich sind Zuschüsse in Höhe von 20 Prozent bei konventionell wirtschaftenden Betrieben und 25 Prozent bei Unternehmen, die ausschließlich ökologisch erzeugte Produkte verarbeiten. Die maximale Höhe der Zuschüsse liegt bei 1,5 Millionen Euro pro Antrag. Grundvoraussetzung für eine Förderung ist immer die Wirtschaftlichkeit der geplanten Investition. Die Vorhaben werden nach einem Punktesystem bewertet. Je mehr Punkte eine Investition erzielt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Zuschusses. Kriterien dafür sind zum Beispiel die Einführung von Verfahrens- und Organisationsinnovationen oder die Einsparung von Energie und Wasser. Mittlerweile können auch Investitionen gefördert werden, mit denen bereits begonnen wurde. Allerdings sind dann nur noch die Teile des Investitionsprojektes förderfähig, die erst nach der Bewilligung in Auftrag gegeben werden. Neu ist seit Mitte 2020, dass ein Unternehmen mehrere Anträge gleichzeitig stellen kann. Das heißt, ein Antrag muss nicht – wie bisher – abgeschlossen sein, damit ein neuer Antrag für ein weiteres Projekt gestellt werden kann.
Der GVB begleitet seine Mitglieder bei der Antragserstellung auf Marktstrukturförderung als zentraler Ansprechpartner in allen Schritten. Die Mitarbeiter besprechen mit den Genossenschaften erste Projektideen, reden mit den Behörden, helfen beim Ausfüllen der Anträge sowie beim Zusammentragen der Nachweise und erstellen das erforderliche Wirtschaftlichkeitsgutachten. Auf Wunsch unterstützen sie auch bei der Evaluierung der geförderten Maßnahmen.
Für die umfangreichen Vorarbeiten für einen Antrag auf Marktstrukturförderung sind mindestens zwei bis drei Monate einzuplanen. Daher empfiehlt der GVB seinen Mitgliedern, sich frühzeitig mit dem Verband in Verbindung zu setzen, um ein strukturiertes Vorgehen zu gewährleisten.
VuVregio-Programm
Das Programm zur Stärkung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (VuVregio-Programm) ist die kleine Schwester der Marktstrukturförderung. Es wird seit 2012 vom Freistaat Bayern aufgelegt, um speziell die Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte zu unterstützen. Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen, die konventionelle Produkte herstellen, können bis zu 25 Prozent der Investitionssumme als Zuschuss erhalten. Bei ausschließlich ökologischer Auslastung des Vorhabens beträgt der Zuschuss bis zu 30 Prozent. Das förderfähige Investitionsvolumen ist auf 250.000 Euro begrenzt. Zusätzlich zu den Investitionen können Vermarktungsmaßnahmen oder Marktstudien, die in Zusammenhang mit den Investitionen stehen, mit einem Ausgabevolumen von maximal 50.000 Euro gefördert werden. Ähnlich wie bei der Marktstrukturförderung unterstützt der GVB seine Mitglieder bei der Antragstellung. Des Weiteren berechnen die GVB-Fachleute die Wirtschaftlichkeit der geplanten Investition und bestätigen diese.
Kontakt zum GVB
Der GVB berät und unterstützt die ländlichen Genossenschaften in Bayern in allen Fragen der Investitionsförderung. Kontakt: Bereich_Ware(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3570.
Bei der Beantragung haben Sie mit den Fördermittel-Experten des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) zusammengearbeitet. Warum?
Scheiblegger: Als Molkereigenossenschaft sind wir seit Jahrzehnten Mitglied im Genossenschaftsverband Bayern und werden von ihm bestens fachlich betreut. Der GVB verfügt über die fachliche Kompetenz zur Beantragung von staatlichen Fördermitteln. Die Experten dort sind extrem engagiert und fachlich versiert. Mithilfe des GVB haben wir uns deshalb die besten Chancen ausgerechnet, die Fördermittel erfolgreich zu beantragen.
Wie bewerten Sie die Unterstützungsleistung des GVB?
Scheiblegger: Da waren und sind wir wirklich sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit verlief auch bei diesem Projekt wieder äußerst konstruktiv, erfolgsorientiert und insgesamt sehr angenehm. Dazu trug sicher der gelebte genossenschaftliche Grundgedanke der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen bei. Unser gemeinsames Ziel war die Bewilligung der beantragten Fördergelder. Dank der individuellen Beratung und Unterstützung des GVB haben wir die Fördermittel bewilligt bekommen. Dafür möchten wir uns nochmals ganz herzlich bedanken.
Hätten Sie die Fördermittel auch alleine beantragen können?
Scheiblegger: Das ist nicht unser Tagesgeschäft und bedarf Unterstützung durch einen kompetenten Berater. Alleine schon deshalb, weil für die Antragstellung unter anderem ein wirtschaftliches Gutachten notwendig war. Alleine wäre das nicht zu stemmen gewesen.
Herr Althammer, Herr Scheiblegger, vielen Dank für das Gespräch!