Im Fokus: Einsatz gegen Verschärfungen bei Eigenkapitalanforderungen, Identifikation von Kostentreibern im Meldewesen und Ergebnisse des Heimatindex.
Bundesrat fordert Nachbesserung bei Bankenregeln
Der Bundesrat hat die Bundesregierung Mitte September aufgefordert zu überprüfen, welche Corona-bedingten regulatorischen Erleichterungen in Zukunft beibehalten werden sollen. Dabei folgt die Länderkammer in ihrem Appell einer Initiative des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Dieser hatte im Rahmen der Ratifizierung des sogenannten Risikoreduzierungsgesetzes (RiG) für eine stärkere Verhältnismäßigkeit in der Bankenregulierung geworben. „Die regulatorischen Erleichterungen haben den Banken geholfen, in der Krise die Wirtschaft schnell und effektiv mit Finanzierungen zu versorgen. Diesen Schwung gilt es beizubehalten. Wer jetzt die regulatorischen Schrauben zu stark und zu schnell wieder anzieht, droht den Finanzierungsmotor abzuwürgen“, kommentierte GVB-Präsident Jürgen Gros in einer Pressemitteilung. Nun sei es an der Zeit, Lehren aus der Krise zu ziehen und im Sinne der wirtschaftlichen Erholung eine Bankenregulierung zu schaffen, die Sicherheit gibt, ohne den Handlungsspielraum von Finanzinstituten übermäßig einzuschränken. Der GVB hat seine Position zum Risikoreduzierungsgesetz in einem Standpunkt zusammengefasst.
Eigenkapital im Mittelstand stärken
Gemeinsam mit Vertretern der bayerischen Finanz- und Realwirtschaft spricht sich der GVB in einem Positionspapier für gezielte Maßnahmen aus, um die Eigenkapitalsituation des von der Corona-Krise getroffenen Mittelstands zu verbessern. Durch die Corona-Pandemie mussten viele Unternehmen Umsatzeinbußen hinnehmen. Die Folge: Rund ein Drittel der Unternehmen klagt über einen Rückgang des Eigenkapitals. Durch die Verschlechterung der Eigenkapitalsituation sinkt die Bonität der Unternehmen, die Kreditfinanzierung wird erschwert und der wirtschaftliche Aufschwung verliert an Fahrt. Bund und Länder haben auf dieses Problem reagiert, allerdings zielen Maßnahmen wie der Bayern-Fonds auf größere Unternehmen. Für die Breite der mittelständischen Unternehmen gibt es keine passenden Instrumente zur Eigenkapitalstärkung. In dem Positionspapier fordern die Verbände daher unter anderem steuerliche Verbesserungen, damit Mittelständler ihre Eigenkapitalpositionen rasch wieder aufbauen können. Zudem wird die Auflage eines kreditnahen Produkts der Förderbanken vorgeschlagen, das Nachrang- beziehungsweise Eigenmittelcharakter hat. „Profil“ gibt das Positionspapier im Wortlaut wieder.
EU-Parlamentarier mahnt Kommunikation der EBA auf Deutsch an
Auf Anregung des GVB hat ein führender EU-Parlamentarier bei der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) angemahnt, bei ihrer Umfrage zum Meldewesen auch Rückmeldungen in deutscher Sprache zu akzeptieren. Die EBA befragt momentan europäische Banken, wie das komplexe Meldewesen entschlackt werden kann. Allerdings ist die Teilnahme an der Umfrage bisher nur möglich, wenn die Banken ihre Antworten auf Englisch einreichen. Das widerspricht dem Grundsatz der EU, nach dem die Behörden in Amtssprache mit Unternehmen und Bürgern kommunizieren sollen und erschwert Regionalbanken die Teilnahme. Auf diesen Missstand machte der GVB einen Vertreter im EU-Wirtschaftsausschuss aufmerksam, der sich daraufhin an die EBA wandte und Nachbesserungen einforderte. Eine Antwort der EBA steht noch aus. Siehe dazu auch den „Profil“-Artikel „Wächter der Amtssprache“ in dieser Ausgabe.
GVB erteilt EDIS erneut eine Absage
Mitte September legte die EU-Kommission in der jährlichen „Aussprache zur Lage der Union“ (SOTEU) gegenüber den Mitgliedern des Europäischen Parlaments Rechenschaft über ihre Tätigkeit ab. Den Auftakt bildete die Rede zur Lage der Union von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Wir müssen jetzt die Gelegenheit nutzen, um strukturelle Reformen in unseren Volkswirtschaften anzupacken, und die Kapitalmarktunion und die Bankenunion zu vollenden“, hatte von der Leyen in ihrer Rede gefordert. Auf Twitter warnte GVB-Präsident Jürgen Gros vor einer raschen Vollendung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion in Europa – insbesondere in Hinsicht auf die geplante europäische Einlagensicherung (EDIS), die einer Transferunion in Europa Tür und Tor öffnen würde und die der GVB deshalb weiterhin mit Nachdruck ablehnt.
Chancen für besseren Anlegerschutz nutzen
Die EU überarbeitet momentan ihre MiFID-Finanzmarktregeln, um die Lehren aus der Corona-Pandemie am Kapitalmarkt umzusetzen. Diese sogenannten „Quick fixes“ (Schnelländerungen) hat der GVB zum Anlass genommen, um sich für weitere Nachbesserungen einzusetzen. Diese wurden inzwischen auch im EU-Parlament aufgegriffen. So hat sich der für die Überarbeitung der EU-Wertpapierregeln MiFID zuständige EU-Parlamentarier Markus Ferber für weitere, coronabedingte Lockerungen an den Kundeninformationspflichten ausgesprochen. Unter anderem schlägt der Parlamentarier vor, einfache Anlageprodukte künftig von den strengen Vorschriften zur Product Governance auszunehmen. Zudem regt er an, Kundeninformationen zu Verlusten im Portfolio erst bei stärkeren Ausschlägen zu versenden. Bisher müssen Banken ihre Kunden informieren, wenn deren Depots mehr als zehn Prozent Verlust erleiden. In volatiler Marktsituation kann die daraus resultierende Informationsflut zu häufigen und kostspieligen Portfolioumschichtungen führen. Das EU-Parlament muss im nächsten Schritt über die vorgeschlagenen Änderungen abstimmen. Parallel dazu beraten die Mitgliedsstaaten.
Mängel im Kampf gegen Geldwäsche beseitigen
Die EU will stärker gegen illegale Finanzgeschäfte vorgehen und dafür die nationalen Gesetze vereinheitlichen. Aus dem US-Finanzministerium geschleuste geheime Geldwäsche-Verdachtsmeldungen – die sogenannten FinCEN-Files – gaben dem Thema Mitte September weiteren Schub. GVB-Präsident Jürgen Gros forderte die EU und nationalen Gesetzgeber auf, erst einmal bestehende Regeln konsequent anzuwenden. Es gebe kein Regelungsdefizit, sondern ein Umsetzungsproblem. Der GVB hat seine Forderungen zur Beseitigung der Mängel im Kampf gegen Geldwäsche in einem Standpunkt deutlich gemacht.
Bundesregierung bringt EEG-Novelle auf den Weg
Die Bundesregierung hat eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen, mit der die Förderung regenerativer Energien überarbeitet wird. Für die Energiegenossenschaften im Freistaat sind die von der Regierung vorgelegten Änderungen zweischneidig. Im Bereich der Biogasanlagen und beim Mieterstrom enthält der Entwurf wichtige Weichenstellungen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen. Allerdings verpasst die Bundesregierung eine Chance, die regionale Versorgung zu verbessern. So enthält die EEG-Novelle nach wie vor keine Regelung, mit der die genossenschaftliche Mitgliederversorgung mit der Eigenversorgung gleichgestellt wird. Daneben will die Bundesregierung die Ausschreibungsgrenze für Solardachanlagen absenken. Dies lehnt der GVB ab. Der Grund: Die Teilnahme an komplexen Ausschreibungsverfahren ist für kleinere Akteure wie Energiegenossenschaften nicht leistbar. Eine Absenkung könnte daher zahlreiche genossenschaftliche Solarprojekte zum Erliegen bringen. Der GVB wird sich in enger Zusammenarbeit mit dem DGRV für Nachbesserungen einsetzen.
Unzulässige Kapitalanlage-Genossenschaften wirkungsvoll bekämpfen
In einer Stellungnahme an das Bayerische Wirtschaftsministerium hat sich der GVB für effektive Maßnahmen gegen unzulässige Kapitalanlage-Genossenschaften ausgesprochen. Anlass für die Stellungnahme sind einzelne Betrugsfälle außerhalb Bayerns, in denen die Rechtsform der Genossenschaft missbraucht worden ist, um unseriöse Anlagemodelle aufzusetzen und Anleger in einem Schnellballsystem zu prellen. Nun soll das Genossenschaftsgesetz angepasst werden. Zwar unterstützt der GVB das Bestreben, die Rechtsform der Genossenschaft zu schützen, warnt allerdings vor Aktionismus. Für nicht sinnvoll hält der GVB beispielsweise eine Ausweitung der Qualitätskontrollen. Das würde vor allem zu steigenden Dokumentationsanforderungen und mehr Bürokratie für die überwiegende Mehrzahl der seriös wirtschaftenden Genossenschaften führen.
GVB betont Solidität der Genossenschaftsbanken
Angesichts der in der aktuellen Lage der Wirtschaft immer wieder aufkommenden Befürchtungen, die nächste Bankenkrise stehe bevor, hat der GVB wiederholt auf die starke Position der Genossenschaftsbanken in Bayern verwiesen. So prognostizierte beispielsweise das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) infolge der Corona-Krise eine steigende Anzahl an Kreditausfällen im kommenden halben Jahr und sprach von einem „schlechten Ausblick für den Bankensektor“. GVB-Präsident Jürgen Gros widersprach auf Twitter und verwies auf die soliden Zahlen der bayerischen Kreditgenossenschaften.
Die starke Entwicklung der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken im ersten Halbjahr war auch Gegenstand verschiedener Medienberichte. Anlass war das Halbjahrespressegespräch des GVB („Profil“ berichtete). „Die Nähe zu den Kunden und den Märkten hat sich als große Stärke und als vertrauensstiftend erwiesen“, zitiert die „Bayerische Staatszeitung“ GVB-Präsident Jürgen Gros in der Ausgabe vom 4. September 2020. Während der Corona-Krise habe das Hausbankprinzip eine weitere Bewährungsprobe bestanden. Die Genossenschaftsbanken bleiben auf Wachstumspfad, schreibt die „Bayerische Gemeindezeitung“ am 10. September 2020 über das Pressegespräch. Die Geschäfte der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken hätten sich solide entwickelt, zitiert die Zeitung Gros. Im selben Tenor berichten das „Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt“ und die „Genossenschaftliche Allgemeine“ am 18. September 2020.
Bayerische Wirtschaft unterstützt Fitness-Check für Regulatorik
Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) hat zusammen mit weiteren Verbänden der bayerischen Real- und Finanzwirtschaft ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht. Darin unterstützen diese die Forderungen des GVB nach einer Überprüfung der Bankenregulierung im Zuge der Corona-Pandemie. Die „Bayerische Gemeindezeitung“ hat das Thema in ihrer Ausgabe vom 10. September 2020 aufgegriffen. Man solle „aus der Corona-Krise jetzt Lehren ziehen und überprüfen, was sich in der Regulierung bewährt hat, welche ad-hoc getroffenen Krisenmaßnahmen dauerhaft fortgeführt werden sollten und auf welche Regelungen verzichtet werden kann“, zitiert die Zeitung aus dem Positionspapier. Um dem Finanzierungsbedarf der Realwirtschaft während und nach der Corona-Krise dauerhaft gerecht zu werden, brauche es einen regulatorischen Rahmen, der dies zulasse.
Florian Christner ist Leitender Redakteur von „Profil – das bayerische Genossenschaftsblatt“.
Felix Ehrenfried ist Referent Verbandspolitik beim Genossenschaftsverband Bayern.