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Der Innovationspreis der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken geht dieses Jahr an die Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee. Das Kreditinstitut erhält die vom Genossenschaftsverband Bayern (GVB) zum zweiten Mal ausgelobte Auszeichnung für den selbst entwickelten „BankingGuide Online“. Mit dem im Frühjahr 2019 gestarteten Angebot können Firmenkunden Konten komplett und ohne Medienbruch am PC, mit ihrem Smartphone oder Tablet eröffnen – ohne eine Filiale zu betreten und ohne im Nachgang per Post einen Legitimationsprozess zu durchlaufen.

Die Auszeichnung wurde auf dem Marketing- und VertriebsForum des Zentralen Werbefonds Bayerischer Genossenschaftsbanken (ZWF) in Fürstenfeldbruck verliehen (siehe auch Kasten am Ende des Beitrags). Anlässlich der Übergabe des Preises sagte Roland Seidl, Vorstandsmitglied der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee: „Digitale Kompetenz unter Beweis zu stellen und dadurch den Erwartungen der Firmenkunden gerecht zu werden – das war die Grundidee der Innovation. Und dieses Ziel haben wir erfolgreich umgesetzt.“

Unternehmer erwarten unkomplizierte Lösungen

Der BankingGuide Online wurde in enger Zusammenarbeit mit dem externen Dienstleister BMS MMM BankingGuide GmbH in rund zwölf Monaten aufgesetzt und verprobt. In die Weiterentwicklung sind neben der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee auch die Hannoversche Volksbank, die Volksbank Braunschweig Wolfsburg sowie die Berliner Volksbank eingebunden.

Die Vorteile des BankingGuides Online erkennt man am besten, wenn man sich zuerst den Prozess einer klassischen Kontoeröffnung vor Augen führe, sagt Magnus Nilsson vom Prozess- und IT-Management bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee. Bisher müssen Neukunden einen Termin vereinbaren, in eine Filiale gehen und alle benötigten Dokumente mitbringen, wenn sie ein Konto eröffnen wollen. Der Berater muss das Konto einrichten oder dieses im Nachgang anlegen. Dabei geht viel Beratungs- und Vertriebszeit verloren. „Die Eröffnung von Girokonten für Firmenkunden ist ein komplexer Vorgang. Es müssen meistens mehrere natürliche und juristische Personen mit der korrekten rechtlichen Beziehung erfasst werden. Insbesondere auf die Einhaltung der Vorschriften aus dem Geldwäschegesetz und zahlreicher anderer Rechtsnormen wird streng geachtet“, sagt Nilsson.

Mit dem BankingGuide Online könne dieser oft papierhafte Prozess nicht nur vereinfacht, sondern auch effizienter gestaltet werden, so Nilsson. Außerdem ist eine Kontoeröffnung auch außerhalb der Öffnungszeiten oder trotz räumlicher Trennung möglich – ein Vorteil, den immer mehr Unternehmer zu schätzen wissen. „Sie erwarten von ihrer Bank schnelle und unkomplizierte digitale Lösungen“, weiß er. Um zu sehen, wie einfach die Anwendung funktioniert, emfpiehlt Nilsson, diese einfach mal auf der Webseite der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee zu testen.

Legitimation per Video-Chat

Die Firmenkunden – aber auch Neukunden – werden beim BankingGuide Online in drei Schritten durch den Eröffnungsprozess geführt. Das Tool läuft auf allen internetfähigen Geräten, kann aber auch vom Berater im Kundengespräch eingesetzt werden. Ein Dienstleister übernimmt die Identifizierung des Nutzers per Video-Chat. Das geht online am PC oder auf dem Smartphone. Die Kunden zeigten sich überrascht, wie unkompliziert das Verfahren ist, berichtet Nilsson. Die Resonanz der Nutzer spiegele die Vorteile des Tools sehr genau wider: ein leicht verständlicher Eröffnungsprozess, nur wenige Erfassungsschritte und ein sehr geringer Zeitaufwand.

„Die Kunden können die Kontoeröffnung oder die Legitimation individuell dann durchführen, wenn sie Zeit dafür haben“, ergänzt Jan-Marvin Beyer von der BMS MMM BankingGuide GmbH, der für die Entwicklung des Tools mit verantwortlich zeichnet. Das ist besonders dann von Vorteil, wenn mehrere Personen für das Konto zeichnungsberechtigt sein sollen, die vielleicht auch noch an unterschiedlichen Standorten sitzen und selten alle gleichzeitig greifbar sind. Die Leistungen des Kontos – zum Beispiel, wie viele Karten benötigt werden – können in Ruhe zusammengestellt werden. „Und an seinem Arbeitsplatz hat ein Kunde in der Regel alle Unterlagen zur Hand, es muss also nichts nachgereicht werden“, sagt Beyer.

Ein weiterer Vorteil: Die Daten zur Identifikation der Firma sowie der vertretungsberechtigten Personen werden gemäß Geldwäschegesetz automatisiert erfasst, ohne dass der Nutzer diese Unterlagen selbst beibringen muss. Dazu gehört ein Auszug aus dem Handelsregister, in dem wichtige Angaben zum Unternehmen festgehalten sind. „So ist sichergestellt, dass wir aktuelle Daten aus dem Handelsregister erhalten. Wenn die Kunden veraltete Unterlagen mitbringen, ist das für beide Seiten ärgerlich“, sagt Nilsson. Der BankingGuide Online ist dabei so programmiert, dass er kausale Abhängigkeiten erkennt und so Falscheingaben verhindert. „Wenn es zwei nur gemeinsam Vertretungsberechtigte im Unternehmen gibt, kann einer alleine das Konto nicht eröffnen“, nennt Beyer ein Beispiel. In einem nächsten Schritt soll der BankingGuide Online zudem über die neue Programmierschnittstelle (API) der Fiducia & GAD an das Banksystem Agree21 angebunden werden. Dann stehen die Daten aus der Kontoeröffnung automatisch auch in anderen Agree21-Anwendungen zur Verfügung – das nimmt dem Berater Verwaltungsarbeit ab und er kann sich intensiver dem Kunden widmen.

Ideen teilen im ZWF Innovationspool

Die positiven Erfahrungen mit dem BankingGuide Online möchte die Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee an andere Genossenschaftsbanken im Freistaat weitergeben. Deshalb hat sie das Tool in den ZWF Innovationspool eingestellt. Auf der Plattform des Zentralen Werbefonds Bayerischer Genossenschaftsbanken (ZWF) finden die bayerischen Genossenschaftsbanken nicht nur die Anwendung aus Rosenheim, sondern mehr als 80 Innovationen bayerischer Genossenschaftsbanken, die teilweise direkt für die eigene Bank übernommen werden können. Dazu gibt es Praxistipps zur Umsetzung in der eigenen Bank sowie Detailinformationen zu jeder innovativen Lösung. Ausgewählte Innovationen können durch das Engagement des ZWF entweder kostenfrei oder zu Sonderkonditionen von den ZWF-Mitgliedsbanken übernommen werden. „Profil“ berichtete in den Ausgaben 07 2018 und 04 2019 über den ZWF Innovationspool.

Der Entscheidung der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee, ihren Firmenkunden den BankingGuide Online anzubieten, liegen nicht nur praktische, sondern auch strategische Gedanken zugrunde. „Wir sind und bleiben die erste Wahl, wenn es um Finanzdienstleistungen für den Mittelstand geht. Dazu gehört ein digitales Angebot“, sagt Nilsson. Wenn sich die Kreditgenossenschaften nicht als moderner Dienstleister positionieren, werden die Kunden ihren Bedarf woanders decken, ist er überzeugt. Nilsson: „Immer mehr Fintechs bieten Geschäftskonten an. Strategisch geht es also um die Zukunftssicherung eines zentralen Geschäftsfelds für unsere Bank.“

Das Firmenkundengeschäft habe zudem eine hohe Bedeutung in der Zahlungsverkehrsstrategie der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee. „Der Zahlungsverkehr ist mit großem Abstand unser wichtigster Faktor bei den Provisionserträgen. Das Potenzial, durch eine Konzentration der Buchungen des Kunden in unserem Haus mehr Ertrag zu generieren, ist bei Firmenkunden deutlich größer als im Privatkundenbereich, wo pauschale Preismodelle überwiegen“, erklärt Nilsson.

Anderen Genossenschaftsbanken empfiehlt Nilsson, vergleichbare Vorhaben wie die Einführung des BankingGuide Online frühzeitig anzugehen. „Es bedeutet viel sachlichen Aufwand, neue und digitale Prozesse zu implementieren. Zudem müssen alle – vom Vorstand bis hin zum Mitarbeiter im Kundenservice – davon überzeugt werden, dass der neue Prozess, der die aus Jahrzehnten gewohnten Wege ablöst oder ergänzt, zuverlässig und rechtskonform ist.“ Der Aufwand lohnt sich aber in jedem Fall, ist Nilsson überzeugt. „Wir haben über den BankingGuide Online schon viele Neukunden gewonnen, die wir sonst nicht erreicht hätten. Der erste Neukontoinhaber, den wir über die neue Abschlussstrecke erreicht haben, wohnt 70 Kilometer von der nächsten Geschäftsstelle entfernt.“ Mit anderen Worten: „Das Tool hat Potenzial.“

580 Besucher bei Marketing- und VertriebsForen

Ein neues Konzept und aktuelle Themen aus der Digitalisierungsoffensive haben den Marketing- und VertriebsForen des Zentralen Werbefonds Bayerischer Genossenschaftsbanken (ZWF) am 18. September in Fürstenfeldbruck und am 1. Oktober in Bamberg ein Besucher-Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr beschert. Steven Ott, beim Genossenschaftsverband Bayern (GVB) verantwortlich für den Bereich Marketing und Vertrieb, hatte die Veranstaltungen mit den Schwerpunkten Digitalisierung, Marketing und Innovationen unter das Motto „Mission Possible“ gestellt. „Die Digitalisierungsoffensive ist ein dickes Brett, das die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken zu bohren haben, aber zusammen schaffen wir das“, sagte Ott. Wichtig sei, noch mehr Kunden von den Vorteilen des Online-Bankings und der VR-BankingApp zu überzeugen. Außerdem werde der Vertrieb von Kreditkarten immer bedeutender. Eine Kreditkarte ist zum Beispiel Voraussetzung, um Apple Pay nutzen zu können.

Insgesamt kamen mehr als 580 Teilnehmer von rund 170 Volksbanken und Raiffeisenbanken aus ganz Bayern zu den MuV-Foren. Das neue Konzept, die zentralen Vorträge auf der großen Bühne durch Kurzvorträge an den einzelnen Messeständen zu ergänzen, wurde von den Teilnehmern sehr gut angenommen. So konnte sich jeder Besucher sein eigenes Programm zusammenstellen. Ebenfalls neu: Bayerische Kreditgenossenschaften stellten eigene Innovationen wie zum Beispiel den BankingGuide Online vor. Der Wissenschaftler Jens Kleine präsentierte seine im Auftrag des GVB erstellte Studie zur Ausgestaltung eines Plattform-Managements für Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die Präsentationen der MuV-Foren stehen im MuV-Manager zum Download bereit.

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