Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Wohnimmobilien: Die Hoffnung auf schnell sinkende Preise ist trügerisch

Von Rainer Eichwede, Bausparkasse Schwäbisch Hall

Jetzt kaufen oder lieber abwarten? Diese Frage beschäftigt derzeit viele Immobilieninteressenten. Denn ein Hauserwerb war lange nicht mehr so teuer wie heute. Schuld sind einerseits kräftig gestiegene Bauzinsen und andererseits hohe Immobilienpreise. Müssten die gestiegenen Zinsen aber nicht zu einem Rückgang der Immobilienpreise führen? Immerhin berichten viele Marktteilnehmer von gestoppten Immobilienprojekten, genehmigten, aber nicht gebauten Häusern und von Bauherren, die den Zuschlag für Immobilien angesichts der Zinsen wieder zurückgeben.

Schauen wir uns die aktuelle Lage genauer an: Bei den Darlehenszinsen herrscht zurzeit ein wenig Ruhe nach dem Sturm des Anstiegs von ein auf über drei Prozent. Die meisten Kapitalmarktexperten gehen aber davon aus, dass sich die Baufinanzierungszinsen zum Jahresende weiter nach oben bewegen werden, Richtung Vier-Prozent-Marke. Auch deshalb wird in den Medien immer lauter über sinkende Immobilienpreise, sogar über das Platzen einer Preisblase am Immobilienmarkt spekuliert.

Doch um es klar zu sagen: Auf flächendeckend sinkende Immobilienpreise zu hoffen, wäre der falsche, sprich teurere Weg. Das IW Köln hat im aktuellen Wohnkostenreport berechnet, dass sich steigende Baufinanzierungszinsen erst dann wirklich dämpfend auf die Preisentwicklung am Immobilienmarkt auswirken, wenn sie die Schwelle von drei Prozent deutlich überschreiten. Und tatsächlich: Im ersten Quartal messen die Statistiken bei Immobilienpreisen noch ein Plus von zwölf Prozent. Für Mai weist der Europace-Hauspreisindex nur noch ein Wachstum von 0,5 Prozentpunkten aus.

Keine Frage: Eine Dämpfung des Anstiegs ist aus Käufersicht wünschenswert, bisher sehen wir aber keine Anzeichen, dass die Preise tatsächlich flächendeckend sinken. Zwar kann ein Rückgang der Nachfrage kurzfristig das hohe Preisniveau abmildern, jedoch vergrößert ein Rückgang der Bauaktivität mittelfristig die Angebotslücke. Das kann nach einer Pause wieder zu Preissteigerungen führen. Insgesamt glauben wir daher, dass der Wohnungsmarkt stabil ist, denn wir können weder Kredit- noch Bauexzesse beobachten. Hauptrisiko derzeit ist eine schwere Rezession kombiniert mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit, zum Beispiel aufgrund einer unterbrochenen Gasversorgung. Dieses Risiko ist nicht sehr wahrscheinlich, aber wir können es momentan auch nicht ausschließen.

Was vielen derzeit zur Realisierung ihres Wohntraums fehlt, ist die wirtschaftliche Zuversicht und oft das notwendige Eigenkapital. Daher spüren die Baufinanzierungsinstitute, dass der Vorzieheffekt bei Darlehensanfragen aus dem ersten Halbjahr zu Ende ist, und viele Finanzierungswillige derzeit abwarten wollen, wie sich die wirtschaftliche Lage angesichts der drohenden Energiekrise im Herbst und Winter entwickelt.

Das führt zu einer interessanten Umkehrbewegung am Immobilienmarkt: Standen lange Neubauten auf der Wunschliste ganz vorn, suchen Kaufinteressenten momentan verstärkt Gebrauchtimmobilien und die vermehrt im ländlichen Raum. Das ist nachvollziehbar, denn in Landkreisen außerhalb der Metropolregionen liegen die Preise rund ein Drittel niedriger als in Städten und Gemeinden, die zu einem Ballungszentrum gehören. Auch die Sanierungsaktivitäten bei Bestandsgebäuden nehmen weiter Fahrt auf. Insbesondere die Anfragen zum Austausch der Heizung übersteigen die Handwerker-Kapazitäten derzeit bei Weitem.

„Wer seine Wunschimmobilie schon fest im Blick hat, sollte sich die Finanzierung zeitnah sichern.“

So oder so gilt: Wer seine Wunschimmobilie schon fest im Blick hat, sollte sich die Finanzierung zeitnah sichern. Aber in einem volatilen Marktumfeld ist es wichtig, nicht unter Druck zu handeln, sonst kann der Schuss schnell nach hinten losgehen.

Wer also noch auf der Suche nach Wohneigentum ist, dem rate ich, nicht nur auf sinkende Immobilienpreise zu hoffen, sondern aktiv zu werden. Zwar werden die Preisspielräume bei Neubauten angesichts der schwierigen Material- und Personallage bei den Baufirmen nicht beliebig groß sein, aber verhandeln kann sich lohnen. Es gibt Marktsignale, dass gerade Verkäufer von Bestandsimmobilien über den Preis mit sich reden lassen. Vielleicht ist genau bei der Wunsch-Immobilie eine Preissenkung möglich.

Rainer Eichwede ist Kapitalmarktexperte und Leiter Finanzcontrolling bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Büro- und Handelsimmobilien: Bedarf geht zurück, doch moderne Flächen sind gefragt

Von René Beckert, DZ HYP

Der Büroimmobilienmarkt befindet sich generell im Umbruch – Arbeitgeber und Beschäftigte bevorzugen einen deutlich höheren Anteil an Homeoffice als vor der Corona-Pandemie. Wie geht es nun weiter? Denn mit der sinkenden Anzahl an Schreibtischen könnte der Flächenbedarf zukünftig nachgeben. Bürogebäude werden mit ihren Vorzügen bei Kommunikation und Teamarbeit aber keineswegs überflüssig. So dürfte die Nachfrage nach modernen und hochwertigen Flächen vom hybriden Arbeitskonzept profitieren. Hohe Nachhaltigkeitsstandards gewinnen ebenfalls an Relevanz.

Doch anziehende Baukosten und ein Mangel an Material aufgrund von gestörten Lieferketten bremsen den Neubau. Dazu kommen die inzwischen wesentlich höheren Finanzierungskosten als zusätzlicher Belastungsfaktor. Angesichts derzeit noch niedriger Leerstände werden somit auch ältere Büroobjekte gebraucht. Die perspektivisch zunehmende Anzahl freistehender Büros dürfte sich auf schwächere Lagen konzentrieren.

„Der Trend steigender Spitzenmieten wird sich voraussichtlich auf dem bayerischen Büromarkt mit moderatem Tempo weiter fortsetzen.“

Der Trend steigender Spitzenmieten wird sich voraussichtlich auf dem bayerischen Büromarkt mit moderatem Tempo weiter fortsetzen. Allerdings könnten ausgeprägte wirtschaftliche Verwerfungen als Folge des Ukraine-Kriegs auf den Markt durchschlagen und die Mieten belasten. Dagegen dürfte sich ein steigendes Flächenangebot kaum dämpfend auswirken, da nach vielen Jahren geringer Neubauaktivität der Bedarf an zeitgemäßen Büros hinreichend groß ausfällt. Unangefochtener Spitzenreiter mit einem Quadratmeterpreis von 42,50 Euro ist weiterhin München. Der teuerste regionale Standort mit 16,30 pro Quadratmeter in sehr guten Lagen ist Nürnberg gefolgt von Erlangen und Regensburg. In Würzburg und Fürth dürften mit 12,60 Euro beziehungsweise 12,50 Euro die geringsten Mieten zu erzielen sein.

Blicken wir auf die Handelsimmobilien. Die bayerischen Einzelhandelsmärkte sind von einem hohen Einkommensniveau der Bevölkerung und vielerorts von einem florierenden Tourismus geprägt. Beide Faktoren haben die Schwächen des Innenstadthandels an vielen Standorten lange Zeit überlagert. Mit der Corona-Pandemie gingen in den vergangenen beiden Jahren allerdings hohe Umsatzeinbußen einher. Dies verhalf dem E-Commerce zu einem weiteren Schub. Besonders das Segment Mode und Textilien ist von Online-Shopping betroffen. Im laufenden Jahr könnte fast die Hälfte des Modegeschäfts über die virtuelle Ladentheke gehen.

Zudem wirken sich die noch nicht absehbaren Folgen des Ukraine-Kriegs belastend aus. Dies wiederum könnte alternativen Handelskonzepten gleichzeitig Chancen bieten. Gesunkene Mieten und frei gewordene Verkaufsflächen sind somit eine Chance für Anbieter, die bislang nicht in den Eins-a-Lagen vertreten waren. Die Innenstädte sind nach wie vor gut besucht. Für den langfristigen Erfolg sind allerdings passende Maßnahmen notwendig. Die schon begonnene Umnutzung obsoleter Handelsobjekte hat bereits begonnen – etwa durch die Umwandlung geschlossener Kaufhäuser in Quartierslösungen mit einem Mix aus Handel, Büros, Hotels und Wohnungen.

Dem bundesweiten Trend entsprechend sinkt die Spitzenmiete im Einzelhandel auch in den bayerischen Städten. Mit einem Quadratmeterpreis von 315 Euro ist in München bundesweit die höchste Miete zu zahlen. Unter den Oberzentren ist Nürnberg mit 135 Euro der teuerste regionale Standort, gefolgt von Würzburg und Augsburg mit 108 Euro beziehungsweise 92 Euro. Ingolstadt, Regensburg und Erlangen liegen bei einem Quadratmeterpreis von rund 65 Euro. Das Schlusslicht mit 36 Euro ist Fürth.

Die bayerischen Immobilienstandorte dürften sich auch dank ihrer wirtschaftlichen Stärke weiterhin stabil entwickeln. Auch wenn der Bedarf für Büro- und Handelsflächen angesichts eines höheren Homeoffice-Anteils und wachsenden Online-Shoppings zurückgehen dürfte, werden moderne Flächen durchaus benötigt und sind entsprechend gefragt. Steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie eine mögliche Corona-Herbstwelle werden zwar spürbar sein, sollten für die starken bayerischen Standorte aber dennoch vergleichsweise gut verkraftbar sein.

René Beckert ist Leiter des DZ HYP Immobilienzentrums München.

Immobilien-Investmentmärkte: Kein Boom, aber auch kein Crash

Von Olaf Janßen, Union Investment

Der Boom an den Immobilienmärkten macht Pause. Und das nicht erst seit Beginn des Ukraine-Kriegs. Denn die Corona-Pandemie hat bereits Anfang 2020 trotz der damals noch niedrigen Zinsen einen der längsten Immobilienzyklen Europas beendet. Rekordverdächtige elfeinhalb Jahre hat er gedauert. Mit steigender Impfquote und abnehmenden Reise- und Zugangsbeschränkungen wurden die Immobilien-Investoren bereits wieder optimistischer – bis im Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschierten. Die langjährige Ära der extrem niedrigen Zinsen endete abrupt im Frühjahr dieses Jahres. Diese Entwicklung geht auch an den Immobilienmärkten nicht spurlos vorbei.

„Viele Verkäufer verlangen derzeit die Preise von gestern für die Produkte von morgen.“

An den Investmentmärkten wird es ruhiger. Denn wenn die Zinsen steigen, müssen Investoren, die Fremdkapital einsetzen, ihre Renditeberechnungen neu kalibrieren. Viele Verkäufer verlangen derzeit aber noch die Preise von gestern für die Produkte von morgen. Deshalb dauern die Verhandlungen aktuell länger. Noch sind die Immobilien-Investoren in der Preisfindungsphase. Von einer kompletten Abkehr vom Immobilienmarkt kann aber keine Rede sein.

Sicherlich spielen einige Investoren mit dem Gedanken, das Kapital, mit dem sie bisher Immobilien gekauft hätten, kurzfristig in andere Anlageklassen zu investieren – beispielsweise in Staatsanleihen. Immerhin ist die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen deutlich nach oben geklettert. Andererseits sind viele Investoren vor dem Hintergrund der hohen Inflation aber auch bereit, bei Immobilien eine geringere Risikoprämie zu akzeptieren. Denn Immobilien sind Sachwerte, und oft sind die Mieten mittels indexierter Verträge an die Inflation gekoppelt. Laut einer Umfrage von Union Investment unter 150 Immobilienunternehmen und institutionellen Immobilien-Investoren in Deutschland, Frankreich und Großbritannien halten trotz der deutlich gestiegenen Zinsen 50 Prozent der Befragten nach wie vor an ihrer Investmentstrategie fest. 39 Prozent wollen in den kommenden zwölf Monaten weniger in Immobilien investieren. Überhaupt keine Immobilien mehr zu kaufen, ist nur für drei Prozent der Umfrage-Teilnehmer eine Option. Die aktuellen Anpassungszeiten bieten für eigenkapitalstarke, langfristig orientierte Investoren die große Chance, sich jetzt Immobilien von hoher Qualität zu sichern.

Dennoch müssten in der Gemengelage aus steigenden Zinsen und rückläufiger Nachfrage theoretisch die Preise von Immobilien sinken. Das ist allerdings, zumindest bis Mitte 2022, auf breiter Front noch nicht der Fall. Trotz der gestiegenen Zinsen ist in den wichtigen europäischen Ländern kein genereller Preisrutsch zu beobachten. Denn attraktive Flächen in gut angebundener Lage, die zugleich nachhaltig sowie modern und flexibel gestaltbar sind, bleiben weiterhin sehr gefragt. Ihre Preise sind bisher stabil geblieben.

Das zeigt sich auch an den Mietmärkten. In Deutschland sind die Büro-Spitzenmieten im zweiten Quartal dieses Jahres weiter gestiegen. Trotz nachlassender konjunktureller Dynamik und einer erhöhten Unsicherheit über die künftige Entwicklung dürfte sich dieser positive Trend auf den Mietmärkten weiter fortsetzen. Denn viele Unternehmen, die ihre Anmietungsentscheidungen während der Corona-Pandemie zurückgestellt haben, kehren nun an den Markt zurück und suchen im Zuge der Back-to-Office-Regelungen verstärkt nach hochwertigen und flexiblen Büroflächen, in denen sich moderne Arbeitswelten realisieren lassen. Da das Angebot an geeigneten Flächen auch künftig knapp bleiben dürfte, ist bei den Spitzenmieten mit einem weiteren Aufwärtstrend zu rechnen. Hinzu kommt, dass viele Baustoffe aufgrund der Pandemie knapp geworden und die Preise hierfür entsprechend gestiegen sind. Das wirkt sich über höhere Erstellungskosten stabilisierend auf die Mietniveaus aus. Zu den Immobilienmarktsegmenten, in denen sich zuverlässig Mieterträge erzielen lassen, und die dementsprechend einen weitgehenden Inflationsschutz bieten, sofern im Mietvertrag eine entsprechende Mietpreisanpassungsklausel vereinbart wurde, zählen unter anderem Büro-, Wohn- und Logistikimmobilien.

Die Ankaufsrenditen auf den Immobilienmärkten geraten im Zuge der höheren Finanzierungskosten grundsätzlich unter moderaten Aufwärtsdruck. Vereinzelt sind sie auch schon leicht gestiegen. Für Bestandportfolios indes sind die Renditen trotz Zinswende sowie steigender Inflationsraten, Bau- und Energiekosten aktuell noch stabil. Das belegt auch die Investoren-Studie von Union Investment: Von den 150 Befragten rechnen 37 Prozent in den kommenden zwölf Monaten mit einer Rendite von zwei bis drei Prozent für ihr Bestandsportfolio. 32 Prozent erwarten sogar ein Plus zwischen vier und fünf Prozent. Ein Vorteil der steigenden Zinsen: Die Cash-Positionen im Portfolio werfen wieder Rendite ab.

Der Blick in die Zukunft ist derzeit schwierig. Grundsätzlich bewegen sich die Immobilienmärkte analog zum nationalen beziehungsweise globalen Wirtschaftszyklus. Inflation, Lieferengpässe und Krieg begrenzen derzeit das Wirtschaftswachstum. Dennoch wächst die Wirtschaft: Consensus Economics prognostizierte im August dieses Jahres für 2022 ein Plus von 1,5 Prozent und für das kommende Jahr immerhin noch 0,7 Prozent.

Olaf Janßen ist Leiter Immobilien-Research von Union Investment.

Artikel lesen
Topthema